Année politique Suisse 1979 : Infrastruktur und Lebensraum / Verkehr und Kommunikation
 
Strassenbau
Die von Nationalrat Walter Biel (Idu, ZH) präsidierte Kommission, die mit der Überprüfung umstrittener Teilstücke im Netz der Nationalstrassen beauftragt ist, konnte im Berichtsjahr die Bestandesaufnahme durchführen. Vorstösse, noch weitere Nationalstrassenprojekte in dieses Examinationsverfahren aufzunehmen, drangen nicht durch. Es betraf dies die von lokalen Sozialdemokraten bekämpfte Umfahrung der Stadt Genf und die Autobahn durch das Wallis (N9), gegen die sich eine mit rund 30 000 Unterschriften versehene Petition gerichtet hatte. Immerhin sicherte der Bundesrat für die N9 die Überprüfung des Ausbaustandards zu [20]. Nach den Kantonen Bern und Jura, welche den Bau einer sog. «Transjurane» als Nationalstrasse fordern, verlangt nun ebenfalls Neuenburg den Anschluss seiner im Jura gelegenen Gebiete an die Nationalstrassen im Mittelland [21]. Nicht nur in Genf, sondern auch in andern Städten ist die Linienführung und die Lage der Anschlüsse der Umfahrungsautobahnen umstritten. Den mit einer Motion und einer Petition geforderten Verzicht auf den Anschluss Splügenplatz in St. Gallen lehnte der Nationalrat ab [22].
Ebenfalls erfolglos verlief der Versuch, in der Waadt eine Standesinitiative gegen den Autobahnzubringer im Osten Lausannes zu ergreifen. Die von den Initianten verlangte Verfassungsänderung, welche die Voraussetzung für die Einreichung der Standesinitiative durch das Volk gebildet hätte, fand beim Souverän keine Zustimmung. In Basel, wo über den Verlauf der Nordtangente noch keine Einigkeit besteht, forderte die SP mit einer Initiative die Mitbestimmung des Volkes beim Nationalstrassenbau [23]. Im Kanton Zürich hatte die SP gleich zwei Initiativen für die Überdeckung von Autobahnteilstücken eingereicht. In beiden Fällen sprach sich der Kantonsrat wegen der hohen Kosten gegen das Begehren aus, worauf die Initiative für die Überdeckung des baulich bereits weit fortgeschrittenen Nordastes des sogenannten Y zurückgezogen wurde. Zur Volksabstimmung kam es hingegen über die vor allem aus landschaftsschützerischen Gründen verlangte teilweise Überdachung der nördlichen Umfahrungsautobahn (N20). Dabei setzte sich die von der SP, dem Landesring und der extremen Linken unterstützte Forderung relativ deutlich durch [24].
Die Zunahme des Nationalstrassennetzes blieb 1979 mit 22,8 km (1978:21,1 km) gering. Im Betrieb befanden sich am Jahresende 1057,8 km, gebaut wurde an 378,8 km (1978:393,3 km) [25].
top
 
print
Kantonaler Strassenbau
Die Bestrebungen, dem Stimmbürger das Mitentscheidungsrecht über den Bau von kantonalen Strassenprojekten zukommen zu lassen, erzielten unterschiedliche Erfolge. Im Falle des Kantons Bern entschied das Bundesgericht, dass in Zukunft auch Strassenbaukredite dem bestehenden Finanzreferendum unterstellt werden müssen. Nach dem Willen von Vertretern aller Parteien soll diese Regelung auch im Kanton Luzern eingeführt werden; darüber hinaus soll die Entscheidkompetenz über die Strassenplanung von der Exekutive auf das Parlament übertragen werden. Eine entsprechende Volksinitiative wurde angekündigt. Ein Volksbegehren mit ähnlicher Zielsetzung war im Kanton Thurgau 1978 vom Landesring eingereicht worden. Die von der SP unterstützten Initianten drangen in der Volksabstimmung jedoch nicht durch [26]. Einer wachsenden Skepsis gegen die bisherige Strassenbaupolitik gaben die Parlamente der Kantone Aargau und Wallis Ausdruck. Der Aargauer Grosse Rat beschloss gegen den anfänglichen Widerstand der Exekutive eine Reduktion des automatisch in die Strassenbaukasse fliessenden Budgetanteils. Die Walliser Volksvertreter machten die in letzter Zeit der Regierung stillschweigend gewährten Kompetenzen in Sachen Strassenbau wieder rückgäingig [27]. Eine Kompetenzumverteilung anderer Art plant der Regierungsrat des Kantons Zürich mit der Revision des Strassengesetzes durchzuführen. Die für die Revision des Gemeindegesetzes vorgeschlagene neue Aufgabenteilung würde allerdings für die Städte Zürich und Winterthur den Verlust ihres bisherigen Sonderrechtes, selbständig über Kantonsstrassen auf Gemeindegebiet entscheiden zu dürfen, mit sich bringen [28].
 
[20] Kommission Biel: NZZ (sda), 8, 11.1.79 ; Bund, 255, 31.10.79 ; siehe auch SPJ, 1978, S. 103. Genf: Amtl. Bull. NR, 1979, S. 1373; VO, 245, 20.12.79. Wallis: Amtl. Bull. NR, 1979, S. 102 ff. (Motion Aubert ) ; 24 Heures, 279, 30.1 1.79. Die N9 dürfte durch den Beschluss der italienischen Regierung, die Zufahrt zum Simplonpass auszubauen, noch an Bedeutung gewonnen haben (TLM, 109. 19.4.79).
[21] Transjurane : TLM, 322, 18.11.79 ; SPJ, 1977. S. 105 und 1973. S. 92 f. Von Bedeutung für die Transjurane könnte auch die kantonale solothurnische Volksinitiative für den Bau eines Strassentunnels zwischen Welschenrohr und der Kantonshauptstadt sein (Bund, 233, 5.10.79; 300. 22.12.79). Neuenburg: TLM, 30, 30.1.79; 290, 17.10.79; Verhandl. B.vers.. 1979, IV, S. 11.
[22] Amtl. Bull. NR, 1979. S. 1055 ff.
[23] Waadt: 24 Heures, 144, 17.5.79; 179, 21.5.79 (47 723 Ja: 50 089 Nein); siehe ebenfalls SPJ, 1978, S. 103. Basel: BaZ, 245, 19.10.79; Amtl. Bull. StR, 1979, S. 177.
[24] Y-Nordast : NZZ, 36, 13.2.79 ; Vr, 48, 26.2.79 ; 53, 2.3.79 ; Ldb, 153, 6.7.79. N20: NZZ, 36, 13.2.79 ; TA, 109, 2.5.79; 113, 17.5.79; 116, 21.5.79. Vgl. auch SPJ, 1977, S. 104.
[25] Gesch. ber., 1979, S. 51 ff.
[26] Bern: BZ, 116, 19.5.79; BaZ, 175, 30.7.79; TW, 176, 31.7.79. Luzern: LNN, 33, 9.2.79; 85, 11.4.79; 270, 21.11.79. Thurgau: NZZ (sda), 85, 11.4.79; TA, 141, 21.6.79; SGT (sda), 145, 25.6.79 (11 912 Ja: 15 407 Nein); siehe auch SPJ, 1978, S. 103.
[27] Aargau: LNN, 107, 9.5.79; 206. 6.9.79; 271, 22.11.79; 280, 3.12.79 (in der Volksabstimmung mit 34 999 Ja: 17 318 Nein angenommen). Wallis: TLM, 322, 18.11.79.
[28] NZZ, 27, 2.2.79; TA, 244, 20.10.79. Siehe auch oben, Teil I, 1d (Gemeinden).