Année politique Suisse 1988 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik
Wettbewerbspolitik
Nachdem sich 1987 im Parlament niemand für die "Eidgenössische Konsumentenschutz-Initiative" der Denner AG, welche in bestimmten Bereichen des Konsumgüterhandels ein
Kartellverbot verankern wollte, eingesetzt hatte, und auch die Interessenorganisationen der Konsumentinnen auf Distanz gegangen waren, beschlossen die Initianten den Rückzug. Sie kündigten allerdings an, dass sie die Lancierung einer umfassenderen Kartellverbotsinitative überprüfen wollen
[22].
Der Chef der Denner AG, Karl Schweri, hatte mit dieser Volksinitiative vor allem die Kartelle für Tabakerzeugnisse und Bier ins Visier genommen. Das letztere Kartell blieb im Berichtsjahr vor Auflockerungserscheinungen nicht verschont. Um im Preiskampf mit den einen wachsenden Marktanteil beanspruchenden Importbieren bestehen zu können, hatten die beiden grössten schweizerischen Brauereien (Feldschlösschen und Sibra) eine Lockerung der Preisbindung der zweiten Hand — d.h. im Detailverkauf — angestrebt. Nachdem die übrigen Produzenten dies abgelehnt hatten, unterzeichnete die Sibra den neuen Kartellvertrag nicht mehr und kündigte Preissenkungen im Detailhandel an
[23].
Die eidgenössische Kartellkommission veröffentlichte ihren Bericht zum Sachversicherungsmarkt. Sie empfahl in dieser ersten aufgrund des neuen Kartellrechts vorgenommenen Untersuchung unter anderem die Aufhebung der Kartellabsprache über die Tarife. Da der Interessenverband der Sachversiçherer dies ablehnte, beantragte die Kommission dem Bundesrat, diese und weitere Empfehlungen in Verfügungen umzuwandeln
[24].
Der Bundesrat nahm Stellung zur 2.
Preisüberwachungsinitiative bei Kartellen und kartellähnlichen Organisationen und beauftragte das EVD mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Botschaft. Er beschloss, die von den Konsumentinnenorganisationen eingereichte Volksinitiative zur Ablehnung zu empfehlen, ihr jedoch als indirekten Gegenvorschlag eine Teilrevision des Preisüberwachungsgesetzes gegenüberzustellen. Damit soll eines der Hauptanliegen der Initiative, die Unterstellung der Kredite und damit der Zinsen unter das Gesetz, verwirklicht werden
[25].
Der Ständerat befasste sich mit einer
Teilrevision des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb (UWG). Nachdem die kleine Kammer im Vorjahr eine entsprechende parlamentarische Initiative Schönenberger (cvp, SG) überwiesen hatte, beantragte ihre vorberatende Kommission nun eine Streichung der Bestimmungen, die sich auf das Kleinkreditwesen beziehen. Gemäss ihrer Argumentation fehlt diesem Begriff nach der ständerätlichen Ablehnung des Kleinkreditgesetzes in der Schlussabstimmung eine rechtliche Definition. Der Bundesrat sprach sich gegen diese Teilrevision aus. Für ihn stellt das Fehlen einer rechtlichen Definition keinen Mangel dar, da auch andere im UWG verwendete Begriffe, wie z. B. "aggressive Verkaufsmethoden" oder "Leistungen", rechtlich nicht definiert sind. Zudem rief er in Erinnerung, dass es bei den Bestimmungen des UWG über das Kleinkreditwesen lediglich um die Lauterkeit in der Werbung und bei der Vertragsvorbereitung gehe und nicht um den Sozialschutz für Kleinkreditnehmer. Der Ständerat folgte indessen seiner Kommission und strich mit 22:17 Stimmen die umstrittenen Artikel. Die vorberatende Nationalratskommission schloss sich demgegenüber den Argumenten der Exekutive an und wird dem Plenum Ablehnung empfehlen
[26].
Nachdem im Vorjahr der Ständerat recht ungnädig mit den beiden Vorlagen des Bundesrates zur Verbesserung der Stellung der Konsumenten umgesprungen war, gab im Berichtsjahr die vorberatende Kommission des Nationalrats Gegensteuer. Sie strich beim
Bundesgesetz über die Konsumenteninformation die von der kleinen Kammer beschlossene restriktive Aufzählung der für Tests subventionsberechtigten Organisationen und sprach sich auch dagegen aus, dass die konsultative Kommission für Konsumentenfragen paritätisch besetzt sein müsse. Die zweite Vorlage, in welcher es unter anderem um das Widerrufsrecht bei Verkäufen ausserhalb von Geschäftslokalitäten geht, konnte von der Kommission im Berichtsjahr noch nicht zu Ende beraten werden. Im Gegensatz zum Ständerat beschloss sie aber, darauf einzutreten
[27].
Nationalrat Neukomm (sp, BE) verlangte mit einer parlamentarischen Initiative die Schaffung eines eigentlichen
Touristenrechts, welches Reisende unter anderem vor Übervorteilung bei Verträgen mit Reisebüros schützen soll. Die vorberatende Kommission hält dies nicht für nötig, da ihrer Ansicht nach die Vereinbarungen der Reisebranche genügen würden. Sie will lediglich den Bundesrat mit einem Postulat beauftragen, die diesbezügliche Entwicklung in der EG zu beobachten und gegebenenfalls dem Parlament eine Anpassung der schweizerischen Bestimmungen vorzuschlagen
[28].
Unmittelbar nach der 1986 erfolgten Ablehnung des
Kleinkreditgesetzes durch den Ständerat hatte der Sozialdemokrat Eggli (ZH) in der Volkskammer eine parlamentarische Initiative für ein Verbot der Lohnzession bei Kleinkreditverträgen eingereicht. Auf Antrag seiner vorberatenden Kommission stimmte der Nationalrat diesem Vorstoss zu, wobei er es allerdings noch offen liess, ob eine entsprechende Revision des Obligationenrechts von einer Ratskommission selbst vorbereitet werden soll, oder ob der Bundesrat mit einer Motion damit zu beauftragen sei
[29].
[22] BBl, 1988, II, S. 619; Presse vom 27.4.88; vgl. SPJ 1987, S. 98 f.
[23] NZZ, 23.4., 9.7., 15.7. und 16.7.88; TA, 28.4., 3.6. und 20.7.88; Presse vom 21.9.88.
[24] NZZ, 16.12. und 21.12.88. Siehe auch Veröffentlichungen der Schweizerischen Kartellkommission, 1989, Heft 1b (Jahresbericht 1988).
[25] Presse vorn 25.8.88. Siehe auch SPJ 1987, S. 99.
[26] BBl, 1988, II, S. 629 ff. (Korn. StR) und S. 638 ff. (BR);Amtl. Bull. StR, 1988, S. 75 ff.; NZZ, 8.9.88 (Kom. NR). Vgl. auch SHZ, 11.2.88 sowie SPJ 1986, S. 72 und 1987, S. 99.
[27] NZZ, 19.1. und 1.11.88; TA, 14.4.88. Siehe auch SPJ 1987, S. 99.
[28] Verhandl. B.vers., 1988, IV, S. 20; NZZ und SZ, 21.10.88.
[29] Amtl. Bull. NR, 1988, S. 1495 f.; SPJ 1986, S. 72.
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