Année politique Suisse 1991 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen
 
Wahlen in kantonale Regierungen
Siehe die Tabellen: anhang_1991.pdf
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Zürich
Die Rückeroberung des vor 28 Jahren an die CVP verlorenen zweiten sozialdemokratischen Sitzes auf Kosten der SVP war das zentrale Ereignis der Zürcher Regierungsratswahlen. Anstelle des zurückgetretenen Jakob Stucki (svp) schaffte Moritz Leuenberger (sp) den Ratseintritt an fünfter Stelle. Ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen entwickelte sich zwischen dem neuen Kandidaten der SVP, Grossratspräsident Ueli Maurer, und dem vom LdU abgesprungenen Erziehungsdirektor Alfred Gilgen, der schliesslich mit über 1500 Stimmen Vorsprung das Rennen gewann. Als Ersatz für den abgetretenen Hans Künzi (fdp) trat der Unternehmer Ernst Homberger (fdp) in die Regierung ein. Am meisten Stimmen erzielte Baudirektor Eric Honegger (fdp), der damit die Spitzenreiterin der letzten Wahlen, Justizdirektorin Hedi Lang (sp), überholte. Der Kandidat des LdU, Roland Wiederkehr, plazierte sich an letzter Stelle, ohne das absolute Mehr zu erreichen. Verena Diener (gp) erreichte zwar das absolute Mehr, schied aber als überzählig aus [44].
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Baselland
Bei den Baselbieter Regierungsratswahlen hat die CVP, welche seit 55 Jahren in der Regierung vertreten war, eine Allianz mit der FDP und der SVP ausgeschlagen, und büsste ihren Sitz zugunsten der FDP ein. Letztere ist somit wieder mit zwei Sitzen vertreten, nachdem sie in einer Ersatzwahl vor zwei Jahren ein Mandat an die SP verloren hatte. Der freisinnige Herausforderer Andreas Koellreuter übertraf sogar den bisherigen Sanitätsdirektor Werner Spitteler (svp) um 6000 Stimmen. Dieser konnte sich mit ca. 2000 Stimmen Vorsprung vor dem Christlichdemokraten Max Kamber, welcher als überzählig ausschied, plazieren. Die einzige Regierungsratskandidatin, Dorothee Widmer von der GP – drei Parteigruppierungen traten vereint als "Grünes Baselbiet" an – und Peter Brunner von den SD blieben chancenlos. Baudirektor Edi Belser (sp), der als Beirat der Widerstandsorganisation P-27 in die Schlagzeilen geraten war, erreichte das beste Resultat [45].
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Luzern
Im Kanton Luzern kandidierten sämtliche bisherigen Regierungsräte erneut; ausser dem sozialdemokratischen Vertreter wurden alle im ersten Wahlgang wiedergewählt. Justizdirektor Paul Huber (sp) wurde in stiller Wahl bestätigt, nachdem die Sprengkandidaten Thomas Röösli (gb) und Laura Gallati (Unabhängige Frauenliste) für den zweiten Wahlgang nicht mehr kandidierten [46].
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Tessin
Bei der Wahl in die Kantonsregierung, welche nach dem Proporzsystem durchgeführt wird, fand zwar keine erdrutschartige Verschiebung wie bei den Grossratswahlen statt, aber die Sozialdemokraten mussten ihren seit 69 Jahren gehaltenen Sitz an die CVP abtreten, welche ihrerseits durch den bisherigen Renzo Respini und den neuen Alex Pedrazzini wieder mit zwei Räten vertreten ist. Die parteipolitische Konstellation der seit 1922 geltenden Zauberformel (2 FDP, 2 CVP, 1 SP), welche 1987 durch den PSU durchbrochen wurde, ist damit wiederhergestellt, mit dem Unterschied, dass die sozialdemokratische Abspaltung mit dem 1987 gewählten Pietro Martinelli und nicht die SP selbst den Regierungssitz inne hat. Im Gegensatz zu den letzten Wahlen erhielt die SP mit ihrem bisherigen Regierungsrat Rossano Bervini diesmal keine Unterstützung von den bürgerlichen Parteien.
Bei den letzten Regierungswahlen hatte unter anderem auch das Wahlgesetz den Christlichdemokraten ein Bein gestellt: Um den ersten Sitz zu bekommen, mussten damals 20% der Stimmen erreicht werden, für den zweiten wurden die besten Restresultate gezählt; mit dem Restresultat von 10% blieb die CVP damals für die Zuteilung ihres zweiten Sitzes knapp hinter PST und PSU zurück. In der vergangenen Legislaturperiode war dann auf Initiative der CVP das Wahlgesetz zugunsten der grossen Parteien geändert worden [47].
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Freiburg
Bei den Freiburger Staatsratswahlen — welche infolge von vier Rücktritten besonders umstritten waren — erreichte von 21 Kandidatinnen und Kandidaten im ersten Wahlgang niemand das absolute Mehr. Am besten schnitten die Kandidaten der CVP ab, wobei aber die einzige Frau in einer Westschweizer Regierung, Baudirektorin Roselyne Crausaz (cvp), innerhalb ihrer Partei nur den fünften Platz belegte. In der Gesamtauswertung folgten auf die drei erstplazierten CVP-Vertreter der bisherige Justiz- und Polizeidirektor Raphael Rimaz (svp), der Neue Pierre Ecoffey (cvp) und erst auf dem sechsten Rang Crausaz. Der bisherige Finanzdirektor und Begründer der freiburgischen demokratisch-sozialen Partei, Félicien Morel, erreichte nur den siebten Rang, gefolgt von den Sozialdemokraten Pierre Aeby und Ruth Lüthi. Die Delegiertenversammlung der CVP entschied, dass nur die drei erstplazierten Kandidaten ihrer Partei zum zweiten Wahlgang antreten durften, womit die Bisherige Roselyne Crausaz ausschied [48].
Im zweiten Wahlgang musste die drittstärkste Partei im Kantonsparlament, die FDP, ihren einzigen Regierungssitz an die SP abtreten. Das beste Resultat erreichte der Vorsteher des Amtes für Wirtschaftsförderung, Michel Pittet (cvp); seine Parteikollegen Urs Schwaller und Augustin Macheret erreichten die Plätze vier und sechs. Auf dem zweiten und dritten Rang folgten Raphael Rimaz (svp) und Félicien Morel (dsp). Den Sozialdemokraten gelang es nach 1971 zum zweiten Mal, die FDP aus der Regierung zu verdrängen; die Kantonalparteipräsidentin Ruth Lüthi eroberte den siebten Platz in der Regierungssitzvergabe, während sich ihr Parteikollege Pierre Aeby als fünfter klassierte [49].
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Ersatzwahlen
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Waadt
Als Nachfolger des auf Ende Jahr zurücktretenden Baudirektors Marcel Blanc (svp), der während dreizehn Jahren der Exekutive angehört hatte, wählten die Waadtländer Stimmberechtigten bei einer Beteiligung von 25,1 5,1% von der bürgerlichen Entente vaudoise vorgeschlagenen Pierre-François Veillon (svp) in die Regierung. Dieser distanzierte seine Konkurrentin, Nationalrätin Irène GardiolVodoz (gp), ganz klar; noch deutlicher abgeschlagen war der ohne die Unterstützung seiner eigenen Partei kandidierende Robert Rittener (sp) [50].
 
[44] Wahlen vom 7.4.91: Presse vom 8.4.91. Wahlkampf: NZZ, 19.1.91. Letzte Wahlen siehe SPJ 1987, S. 63. Departementsverteilung: TA, 7.5.91.
[45] Wahlen vom 24.3.91: BaZ und NZZ, 25.3.91; Wahlkampagne: BaZ, 2., 6. und 18.3.91; NZZ, 20.3.91. Letzte Wahlen siehe SPJ 1987, S. 55 ff. Departementsverteilung: LNN, 25.3.91. Vgl. auch unten, Teil IIIa (Grüne und links-grüne Gruppierungen).
[46] Wahlen vom 21.4.91: LNN, 22.4.91; Wahlkampagne: LNN, 13.4.91; Vat., 12.4.91. Stille Wahl Hubers: LNN, 26.4.91. Letzte Wahlen siehe SPJ 1987, S. 60.
[47] Wahlen vom 14.4.91: Presse vom 16.4.91. Wahlkampf: NZZ, 12.2.91; BaZ, 23.3.91; CdT, 6.4.91. Letzte Wahlen siehe SPJ 1987, S. 62.
[48] 1. Wahlgang vom 18.11.91: Lib., 18.11.91; LNN, 19.11.91; BZ.,23.11.91.
[49] 2. Wahlgang vom 8.12.91: Presse vom 9.12.91. Zu Ruth Lüthi vgl. Ww, 5.12.91; 24 Heures, 10.12.91: L'Hebdo, 12.12.91. Departementsverteilung: Lib., 12.12.91.
[50] Ersatzwahl vom 3.11.91: Presse vom 4.11.91.