Année politique Suisse 1994 : Grundlagen der Staatsordnung
Wahlen
Bei den kantonalen Parlamentswahlen kam es durchwegs nur zu leichten Sitzverschiebungen. Während die FDP und die SVP einige Sitze gewannen, mussten die CVP und die SP leichte Mandatseinbussen hinnehmen. - Die Erosion der Grünen setzte sich fort, hingegen zogen sie erstmals in die Waadtländische Kantons- und die Zürcher Stadtexekutive ein. - Die Zürcher Stadtwahlen waren durch einen aussergewöhnlich harten Wahlkampf geprägt und bescherten der SVP im Parlament einen Erdrutschsieg. - Die Frauen machten sowohl in den Parlamenten wie auch in den Regierungen massiv Terrain gut.
Wahlen in kantonale Parlamente
Für die detaillierten Resultate siehe die Tabellen im Anhang (
anhang_1994.pdf). Zu den Parteien vgl. auch Teil IIIa.
Bei den Gesamterneuerungswahlen für acht Kantonalparlamente (BE, GL, GR, JU, NW, OW, VD, ZG) kam es nur zu leichten Sitzverschiebungen. Die FDP und die SVP konnten mit fünf, respektive drei Sitzgewinnen ihren Aufwärtstrend insgesamt leicht fortsetzen, wobei dieser in den verschiedenen Kantonen nicht einheitlich verlief. In Zug, wo die SVP zum ersten Mal antrat, erreichte sie auf Anhieb Fraktionsstärke. Die CVP konnte ihre Erosion bremsen und büsste gesamtschweizerisch - vor allem dank fünf Sitzgewinnen in Ob- und Nidwalden - nur einen Sitz ein, wobei sie in Zug mit drei Sitzen die meisten Mandate verlor. Die SP konnte im Kanton Waadt drei Sitze dazugewinnen, büsste aber insgesamt vier Sitze ein. Gleich sechs Mandatsverluste und somit den grössten Aderlass musste die Grüne Partei hinnehmen, wobei die Verluste im Kanton Bern mit vier Sitzeinbussen am empfindlichsten waren. Dafür konnte im Kanton Bern die Auto-Partei (neu Freiheits-Partei) fünf Sitze dazugewinnen.
Sehr ausgeprägt bestätigte sich auch dieses Jahr der
Zuwachs des Frauenanteils in den Kantonalparlamenten
[1]. Während in Bern 16 Frauen neu ins Parlament einzogen, waren es im Kanton Waadt und im Graubünden je 10, was im Graubünden einer Verdoppelung des Frauenanteils gleichkommt. Obwalden und Nidwalden konnten ihren Frauenanteil ebenfalls fast verdoppeln. Lediglich im Kanton Jura blieb der Frauenanteil konstant. Insgesamt waren in den acht Kantonen von 855 gewählten Parlamentsmitgliedern 169 Frauen (19,8%), wobei die SP mit 50 einmal mehr am meisten Frauen in die kantonalen Legislativen schickte. Gesamtschweizerisch lag der Frauenanteil in den kantonalen Parlamenten Ende 1994 bei 21% (1993: 19,1%), wobei sich Genf mit 36% weiterhin an der Spitze befindet. Glarus bildet mit 7,5% das Schlusslicht.
Deutlich manifestierte sich auch im Berichtsjahr eine sinkende Wahlbeteiligung, ein Trend, von dem lediglich der Kanton Waadt leicht abwich. Im Kanton Baselland, wo es sechs zusätzliche Mandate im Landrat zu verteilen gab, fanden Ergänzungswahlen statt.
Im Baselbiet wurde der Landrat mit sechs
Laufentaler Sitzen von 84 auf 90 Sitze aufgestockt. Dabei war der Wahlausgang geprägt vom jahrelangen und ziemlich ausgeglichenen Kampf um die Kantonszugehörigkeit des Laufentals:
Pro-Berner und Pro-Baselbieter erhielten je drei Sitze. Bei einer Stimmbeteiligung von 49% ging die Liste der FDP und Proberner (VBL) dank eines Restmandats mit drei Sitzen als klarer Sieger der Ergänzungswahlen hervor, die basellandfreundlichen Freisinnigen gingen leer aus. Zwei Mandate gingen an die CVP, lediglich eines an die SP. Keinen Erfolg erzielen konnten die im Laufental neu gegründete SVP und die SD. Leer gingen auch die Frauen aus; sämtliche neuen Sitze gingen an Männer
[2].
Bei der Wahl des 200köpfigen Berner Grossrats konnten die
Parteien des rechten Spektrums zulegen: die Auto-Partei (heute Freiheits-Partei) erzielte mit einem aggressiven Wahlkampf fünf Sitzgewinne und hält neu sechs Mandate, die Eidgenössisch-Demokratische Union erzielte einen Sitzgewinn. Trotz Gewinnen am rechten Rand dürften sich die politischen Gewichte jedoch nur geringfügig verschieben: die klar dominierenden bürgerlichen Parteien SVP (71) und FDP (35) gehen mit unveränderter Sitzzahl in die nächste Legislatur und behalten so eine Mehrheit von 106 Sitzen. Die SP bleibt trotz drei Sitzverlusten mit 54 Mandaten die zweitgrösste Partei im Grossen Rat. Über die Klinge springen musste jedoch als prominentestes Opfer der SP der noch amtierende Grossratspräsident Peter Bieri. Die Schweizer Demokraten, der LdU und die CVP verloren je einen Sitz. Die EVP konnte drei Sitze dazugewinnen, das Grüne Bündnis zwei. Vier Sitze verloren dafür die in der GPS organisierten Grünen: die Grüne Partei Bern ist neu nicht mehr im Parlament vertreten, während Junges Bern/Freie Liste noch auf zehn (-2) Mandate kommt. Eigentliche Gewinnerinnen dieser Kantonalwahlen waren die
Frauen, welche 16 Grossratsmandate zulegen konnten und nun 51 von 200 Sitzen stellen. Unter den 21 abgewählten Grossräten befand sich keine einzige Frau
[3].
Bei den Landratswahlen Im Kanton Glarus konnte die
FDP als einzige Partei ihre Sitzzahl vergrössern (+4). Die Gewinne gingen auf Kosten der SVP (-1) und der SP (-1). Zwei lokale Gruppierungen, die Freie Liste Mitlödi und Junge Biltner, die 1990 je einen Sitz gewannen, traten nicht mehr an. Die CVP und die Grünen konnten ihre Sitze im 80köpfigen Landrat verteidigen. Mit neu sechs Landrätinnen bleiben die Frauen in Glarus weiterhin stark untervertreten. Wiesen 1990 die Kantone Schwyz und Appenzell Innerrhoden noch einen geringeren Frauenanteil auf, so verzeichnete Glarus Ende 1994
gesamtschweizerisch den
geringsten Frauenanteil [4].
Im 120köpfigen Bündner Grossen Rat kam es, wie das Majorzsystem erwarten liess, zu keinen grossen parteipolitischen Verschiebungen. Die
Bürgerlichen dominieren in Graubünden
fast unverändert, wobei die zwei stärksten Parteien SVP und CVP je einen Sitz einbüssten; die FDP realisierte zwei Gewinne. Die CSP und die DSP konnten ihre Sitze halten, die SP verlor einen Sitz. Nicht mehr im Parlament vertreten sind die Unabhängige Demokratische Partei Davos und die Linke Alternative. Gut schnitten die Frauen ab: der Frauenanteil erfuhr mit neu 18 Kantonsrätinnen eine Verdoppelung
[5].
Das jurassische Stimmvolk entschied sich bei den Parlamentswahlen für stabile Verhältnisse. Im sechzigköpfigen Parlament kam es nur gerade zu einer Sitzverschiebung: Die CVP gewann einen Sitz und konnte ihre Sitzzahl von 21 auf 22 erhöhen, während die linksgrüne Gruppierung Combat socialiste einen ihrer drei Sitze verlor. Die FDP mit 15, die SP mit 12, die CSP mit 8 und die SVP mit einem Sitz verfügen über eine unveränderte Sitzzahl. Die Grünen, die erstmals antraten, schafften den Sprung ins Parlament nicht. Der Frauenanteil blieb mit 13,3% unverändert.
Im Nidwaldner Landrat konnte die CVP mit drei Sitzgewinnen die absolute Mehrheit zurückerobern und hält nun 33 der 60 Sitze. Ein Sitzgewinn ging auf Kosten der Liberalen (fdp), die anderen zwei auf Kosten der rot-grünen Oppositionspartei Demokratisches Nidwalden, die neu nur noch sechs Mitglieder stellt. Deren Kampf gegen die Nagra-Endlagerpläne am Wellenberg, vorab aber die Kritik an der Exportpolitik der Pilatus-Flugzeugwerke, wurden vom Stimmvolk nicht honoriert. Die Frauen, allesamt bürgerlich, konnten ihre Sitzzahl um sechs auf 13 erhöhen.
Im 55köpfigen Obwaldner Kantonsrat konnte die CVP mit neu 37 Sitzen zwei Mandate hinzugewinnen; zehn ihrer Abgeordneten gehören dem christlich-sozialen Flügel an. Innerhalb der Fraktion kam es insofern zu einer Gewichtsverschiebung, als die CVP einen Sitz einbüsste und die CSP drei Sitze hinzugewinnen konnte. Die CVP allein verlor damit ihre absolute Mehrheit. Die Liberalen (FDP) konnten ihre Sitze halten, das Demokratische Obwalden verlor einen der bisher fünf Sitze. Die Auto-Partei, die zum zweiten Mal antrat, konnte ihren Wähleranteil von 0,2% im Jahre 1990 nicht erhöhen. Fast verdoppeln konnten die Frauen ihren Anteil mit neu elf Kantonsrätinnen. Die Stimmbeteiligung von 43% fiel für Obwaldner Verhältnisse tief aus.
Im 200köpfigen Grossen Rat behielten die Bürgerlichen trotz leichten Sitzverlusten eine solide Mehrheit von 128 Sitzen. Die mächtigste Waadtländer Partei, die FDP, verlor drei Sitze, die Liberalen einen Sitz. Der CVP gelang es nicht, ihren Wählerschwund einzudämmen: Ihre Delegation reduzierte sich um die Hälfte auf zwei Sitze. Die SVP konnte als einzige bürgerliche Partei Mandate zulegen (+2). Gewinne machten vor allem die SP und die PdA mit je drei zusätzlichen Sitzen. Die Kommunisten, die vor acht Jahren noch von einer Elimination bedroht waren, konnten ihre Delegation somit fast verdoppeln. Hingegen mussten die Grünen zwei Sitze abgeben. Insgesamt hat die links-grüne Minderheit vier Grossräte dazugewonnen. Wiederum konnten auch die Frauen zulegen; sie verbesserten den Frauenanteil um zehn auf neu 41 Grossrätinnen.
Bei den Zuger Kantonalwahlen bestätigte sich der Rechtstrend der wenige Wochen zuvor abgehaltenen Gemeindewahlen. Zu den Siegern gehören mit je drei Sitzgewinnen die FDP und die erstmals kandidierende SVP, die auf Anhieb in Fraktionsstärke (drei Sitze) in den achzigköpfigen Kantonsrat einziehen konnte. Die grössten Verluste erlitt mit drei Sitzen die CVP, während die SP zwei Sitze abgeben musste. Die Sozialistisch-Grüne Alternative (SGA) verlor einen ihrer vier Sitze. Die Frauen kamen mit acht zusätzlichen Mandaten neu auf 21 Sitze.
Wahlen in kantonale Regierungen
Bei den Wahlen in die Kantonsregierungen kam es parteipolitisch in vier Kantonen zu einer neuen Zusammensetzung: In Glarus konnte die SP der CVP einen Regierungssitz wegnehmen, in Baselland gewann die CVP einen Sitz auf Kosten der SVP. Im Waadt verlor die FDP einen Sitz zugunsten der Grünen, während im Jura der Combat socialiste und die CSP ausschieden und der FDP und der SP den Wiedereintritt in die Regierung ebneten. Auffällig ist die Nichtbestätigung gleich dreier bisheriger Regierungsmitglieder: Jules Landolt (cvp, GL), Odile Montavon (combat socialiste, JU) und Philippe Pidoux (fdp, VD) wurden nicht wiedergewählt. Deutlich ist auch die Zunahme des Frauenanteils in den Exekutiven: Baselland und Zug wählten ihr erstes weibliches Regierungsmitglied, während Appenzell Ausserrhoden auf Anhieb zwei Frauen in die Regierung schickte und damit dem Beispiel des Kantons Bern folgte, der mit Elisabeth Zölch ebenfalls eine zweite Frau in die Regierung gewählt hat. Bis Ende des Berichtsjahres waren damit von 166 kantonalen Exekutivämtern 16 (9,6%) von Frauen besetzt (1993: 11 (6,6%)).
Fünf Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts wählte Ausserrhoden - als zweiter Kanton nach Bern - gleich zwei Frauen in die Regierung. Während die fünf Bisherigen an der Landsgemeinde problemlos ihre Wiederwahl schafften, bewarben sich insgesamt sechs Kandidaten für die freiwerdenden Sitze von Hans Ueli Hohl und Alfred Stricker (beide fdp), darunter auch erstmals die kleinen Parteien CVP und SVP. Mit Marianne Kleiner (fdp) und der ebenfalls von der FDP portierten Alice Scherrer (parteilos) schafften die beiden weiblichen Kandidaten den Sprung in den Regierungsrat, zumal sie auch von der SP und dem Bunten Ausserrhoden Unterstützung erhielten. Ausserrhoden ist damit der erste Ostschweizer Kanton, in dem Frauen Einzug in die Exekutive hielten.
In
Innerrhoden wurden bei den jährlich stattfindenden Regierungsratswahlen an der Landsgemeinde sämtliche neun CVP-Regierungsräte bestätigt
[12].
Im Kanton Bern waren nach den Rücktritten von Peter Siegenthaler und Ueli Augsburger (beide svp), dem seine Partei nicht zuletzt wegen den Milliardenverlusten der Kantonalbank das Vertrauen entzogen hat und der sich schliesslich gegen eine wilde Kandidatur entschloss, zwei Regierungssitze neu zu besetzen. Dabei hat sich das traditionelle Wahlbündnis zwischen SVP und FDP ein weiteres Mal bewährt; die fünf Kandidaten auf der gemeinsamen Liste wurden mit klarem Vorsprung auf die zwei Sozialdemokraten gewählt. Die Regierung setzt sich nun weiterhin aus drei SVP-Mitgliedern, zwei Freisinnigen und zwei Sozialdemokraten zusammen: Mit dem Spitzenresultat wiedergewählt wurde der Vertreter des Berner Juras, Mario Annoni (fdp), der sich als Jura-Vermittler profiliert hatte, gefolgt von SVP-Nationalrätin Elisabeth Zölch. Mit ihr verfügt nun auch die SVP - als letzte Bundesratspartei - über eine Regierungsrätin. Wiedergewählt wurden auch Peter Schmid (svp) und Peter Widmer (fdp). Dazu kommt neu Oberzolldirektor Hans Lauri (svp), womit die SVP erstmals ohne Landwirt in der Regierung vertreten ist. Das Wahlziel klar verfehlt haben die SP und die zur GPS gehörende Freie Liste, die mit Unterstützung des Landesrings und der links-grünen Parteien die Mehrheit in der bernischen Regierung anstrebten. Gewählt wurden auf der rot-grünen Vierer-Liste lediglich die beiden bisherigen SP-Regierungsratsmitglieder Dori Schaer und Hermann Fehr, während Nationalrat Ruedi Baumann (fl) die Wahl knapp und Ruth-Gaby Vermot (sp) deutlich verfehlte. Weit abgeschlagen landeten die Kandidaten der EVP, EDU, SD und der Auto-Partei. Mit Elisabeth Zölch und Dori Schaer sitzen erstmals zwei Frauen in einer Kantonsregierung.
In Glarus hatte eine Führerausweis-Affäre von Landammann Jules Landolt, welcher deshalb von der CVP nicht mehr portiert wurde, Folgen. Landolt verpasste im Alleingang die Wahl knapp, wie auch die offizielle Kandidatin der CVP, Theres Pianta. Lachende Gewinnerin war die SP, welche von der CVP im fünften Anlauf den zweiten Sitz zurückholen konnte. Damit wurde die seit fast drei Jahrzehnten bestehende parteipolitische Zusammensetzung der Regierung (2 CVP, 2 SVP, 2 FDP, 1 SP) gesprengt. Neu hielt Jakob Kamm (sp) in der Exekutive Einzug. Die sechs anderen Regierungsmitglieder wurden problemlos wiedergewählt.
Bei den Gesamterneuerungswahlen der Bündner Regierung erreichten im ersten Wahlgang nur die drei Bisherigen Peter Aliesch (fdp), Joachim Caluori (cvp) und Luzi Bärtsch (svp) das absolute Mehr. Ein für sie enttäuschendes Resultat erreichte die zuvor als chancenreich gehandelte, aber im Wahlkampf stark angegriffene sozialdemokratische Kandidatin Anna Ratti, die deshalb nicht zum zweiten Wahlgang antrat. Somit bleibt die SP weiterhin, und das seit 1971, von der kantonalen Exekutive ausgeschlossen. Im zweiten Wahlgang wurden erwartungsgemäss auch der Bisherige Aluis Maissen (cvp) und der Neue Klaus Huber (svp) gewählt, welcher den zurücktretenden Christoffel Brändli (svp) ersetzt. Die Beteiligung im zweite Wahlgang war mit 16,3% mager, weil die zwei Regierungssitze nach dem Rückzug von Anna Ratti konkurrenzlos bereitstanden.
Im Jura mussten die letzten Minister der ersten Stunde, François Lachat (cvp), Pierre Boillat (cvp) und Jean-Pierre Beuret (unabh. csp) wegen der Amtszeitbeschränkung ausscheiden. Zudem galt es für die FDP und die SP, ihre im Vorjahr bei Ergänzungswahlen verlorenen Sitze zurückzuerobern. Im ersten Durchgang schaffte keiner der 19 Kandidierenden das absolute Mehr für einen der fünf Regierungssitze, wobei mit drei CVP- und einem FDP-Vertreter die Bürgerlichen die Rangliste anführten. Bereits wurde über eine rein bürgerliche Regierung nach dem Vorbild Genfs spekuliert, was der zweite Wahlgang aber nicht bestätigte: Mit dem zweitbesten Resultat konnte sich der Sozialdemokrat Claude Hêche durchsetzen. Mit drei gewählten Kandidaten, dem Bisherigen Pierre Kohler sowie den Neuen Jean-François Roth und Gérald Schaller, eroberte die CVP das absolute Mehr in der Regierung. Die Freisinnigen konnten ihren 1993 verlorenen Sitz mit einer Frau, Anita Rion, zurückgewinnen, verpassten aber ihr Ziel einer Zweiervertretung knapp. Nicht wiedergewählt wurde Odile Montavon von der linksgrünen Gruppierung Combat socialiste, die 1993 bei den Ergänzungswahlen als erste Frau in die jurassische Regierung gewählt worden war.
Die Nidwaldner Regierung
behielt ihre Zusammensetzung von fünf Christlichdemokraten und vier Liberalen (FDP). Als Ersatz für Kurt Blöchlinger wurde von der Landsgemeinde der Liberale Roberto Geering gewählt. Er siegte knapp vor dem Nagra-Gegner Leo Odermatt vom Demokratischen Nidwalden und deutlich vor der wild kandidierenden Susanne Tobler (fdp). In Obwalden wurden an der Landsgemeinde die vier bisherigen Regierungsmitglieder, welche sich einer Wiederwahl stellen mussten, bestätigt.
In der Waadt gelang es der Linken, der bürgerlichen Entente einen Sitz abzunehmen und damit die seit 1962 geltende "Zauberformel" (3 FDP, 1 LP, 1 SVP, 2 SP) zu durchbrechen. Dieser Verlauf zeichnete sich bereits nach dem ersten Wahlgang ab, bei dem nur drei der fünf bürgerlichen Kandidaten, der Liberale Claude Ruey, Jacques Martin (fdp) und Pierre-François Veillon (svp) das absolute Mehr erreichten. Die Bisherigen Philippe Pidoux (fdp) und Daniel Schmutz (sp) sowie knapp auch der neue FDP-Kandidat Charles Favre verpassten die Wahl im ersten Durchgang. Der Grüne Philippe Biéler wurde zwar nicht gewählt, konnte sich aber an fünfter Stelle plazieren. Im zweiten Wahlgang wurde von den Bürgerlichen nur Charles Favre gewählt; das beste Resultat erzielte Daniel Schmutz (sp). Der Grüne Biéler, bekannt als Mieteranwalt, setzte sich noch vor den zweiten SP-Vertreter Jean-Jacques Schwaab. Erstmals zog somit die Grüne Partei in die Waadtländer Regierung ein. Der PdA-Kandidat und Nationalrat Josef Zisyadis erreichte in beiden Wahlgängen einen Achtungserfolg. Nicht wiedergewählt wurde Philippe Pidoux, welcher bei den Wahlberechtigten vor allem wegen seiner Spitalpolitik in Ungnade gefallen war. Damit wurde in der Waadt erstmals seit 110 Jahren ein Regierungsrat abgewählt. Der auf vier Vertreter geschwächten Entente steht nun eine gestärkte rot-grüne Minderheit gegenüber. Eine weitere kleine Sensation bildete für den Kanton Waadt die Wahl zweier Katholiken (Favre und Schwaab); der letzte katholische Staatsrat amtierte 1803.
Der Zuger Regierungsrat setzt sich weiterhin aus drei CVP-Vertretern sowie aus zwei Freisinnigen und je einem SP- bzw. SGA-Mitglied zusammen. Alle fünf wieder kandidierenden Regierungsräte wurden bestätigt: Robert Bisig (cvp) mit dem Spitzenresultat, Walter Suter (cvp), Paul Twerenbold (cvp), Hanspeter Uster (sga) und Urs Birchler (sp). Neu gewählt wurden als Nachfolger von Andreas Iten und Urs Kohler (beide fdp) die Freisinnigen Peter Bossard und Ruth Schwerzmann. Damit nimmt auch in der Zuger Exekutive erstmals eine Frau Einsitz.
Ersatzwahlen
Nach einem Unterbruch von drei Jahren ist die
CVP wieder in der Regierung des Kantons Basel-Landschaft
vertreten. Elsbeth Schneider wurde mit 53,2% als erste Frau in die Baselbieter Exekutive gewählt und konnte den Sitz zurückerobern, den die CVP in den letzten Regierungswahlen an die FDP verloren hatte. Peter Holinger konnte den Sitz des zurücktretenden Werner Spitteler für die
SVP nicht verteidigen. Diese
schied somit aus der Regierung
aus, für die sie seit 1950 ununterbrochen Mitglieder gestellt hatte. Das bevölkerungsreiche Unterbaselbiet, erstmals ist dazu auch das Laufental zu zählen, dominierte die Wahl klar und überstimmte die ländlichen, eher svp-orientierten Bezirke
[20].
Bei der Regierungsratsersatzwahl in Basel-Stadt konnte sich der Kandidat der Demokratisch-Sozialen Partei (DSP), Hans Martin Tschudi, klar durchsetzen. Er wurde im Wahlkampf auch vom bürgerlichen Lager getragen und erreichte 57% der Stimmen. Tschudi tritt die Nachfolge von Karl Schnyder an, welcher die DSP als Abspaltung von der SP 1982 gegründet hatte. Nur gerade 41% der Stimmen wurden für die sozialdemokratische Kandidatin Beatrice Breitenmoser abgegeben, womit die SP einmal mehr ihren Anspruch auf einen dritten Regierungssitz nicht durchsetzen konnte.
Bei den Ersatzwahlen in den Thurgauer Regierungsrat konnte sich im Rennen um den freiwerdenden Sitz von Hanspeter Fischer (svp) erst im zweiten Durchgang Bauernsekretär Roland Eberle (svp) durchsetzen. Die von der EVP portierte Odette Butz Huggenberger verpasste den Regierungssitz um rund 3000 Stimmen.
Kommunalwahlen
Auch auf kommunaler Ebene konnten die Frauen weiter Terrain gutmachen. Der Frauenanteil in den Regierungen der acht grössten Städte (exklusive Basel) erhöhte sich von 25,9 (1993) auf 29,6%; auf Parlamentsebene erfuhr der Frauenanteil eine Erhöhung von 31,1 auf 33,6%.
Für die detaillierten Resultate siehe die Tabellen im Anhang (
anhang_1994.pdf).
In Winterthur, wo die Wahlen im Schatten der gleichzeitig stattfindenden Zürcher Wahlen standen, kam es zu keinen grossen parteipolitischen Veränderungen. Erstmals zieht jedoch eine Frau in den Stadtrat ein: Die Gewerkschafterin Aurelia Favre konnte den dritten SP-Sitz des zurücktretenden Walter Ryser verteidigen und setzte sich damit gegen zwei Mitbewerberinnen der FDP und der DP durch. Die sechs bisherigen Exekutivmitglieder wurden alle bestätigt.
Die Wahlen in das Stadtparlament ergaben zwei Sitzgewinne für die SVP und je einen für die FDP, die EDU und die SP, welche stärkste Partei bleibt. CVP, EVP und FP (ex-AP) konnten ihre Sitze halten, während LdU, SD, DP und die Grünen je einen Sitz verloren
[23].
Die Wahlen des Stadtrates und des Gemeinderates waren in Zürich durch einen aussergewöhnlich harten Kampf geprägt. Zürcher Wahlkampfthemen wie das Wohlgroth-Areal und die SVP-Inseratekampagne über "die Linken und die Netten" (mit den Netten waren die anderen bürgerlichen Parteien gemeint) fanden in der ganzen Schweiz Beachtung, wobei vor allem der politischer Stil umstritten war. Die SVP-Negativ-Kampagne, welche die Schuld an Kriminalität, Drogenelend und Arbeitslosigkeit in Zürich pauschal der linken Regierungsmehrheit in die Schuhe schob und nicht davor zurückschreckte, in ihren Inseraten eine falsche Graphik zur Kriminalität zu verwenden, fiel jedoch nicht nur durch ihre argumentatorische Härte auf. Sie wurde auch als der teuerste Wahlkampf eingeschätzt, den eine Lokalpartei in der Schweiz je geführt hat.
In der Zürcher Stadtregierung kam es dann nicht zur angestrebten bürgerlichen Wende: Die bürgerlichen Parteien konnten ihre Vertretung auf Kosten der EVP zwar von drei auf vier Mandate erhöhen, doch die rot/grün/christlich-soziale Mehrheit stellt mit der Wahl von Monika Stocker (gp) weiterhin fünf von neun Stadtratsmitgliedern. Mit Monika Stocker sind die Grünen erstmals in der Stadtzürcher Exekutive vertreten; sie übernahm den Sitz der zurücktretenden parteilosen Emilie Lieberherr (ex-sp). Die SP besetzt mit ihren Bisherigen Ursula Koch, Josef Estermann und Robert Neukomm unverändert drei Sitze. Die CVP konnte ihren Sitz mit Wolfgang Nigg halten, nachdem sie sich von Willy Küng getrennt hatte. Willy Küng erreichte als von der CSP portierter Parteiloser dann gerade noch den neunten Regierungssitz. Die beiden Freisinnigen Hans Wehrli und Thomas Wagner, dieser mit dem Spitzenresultat, wurden wiedergewählt; einen dritten FDP-Sitz gewann zudem Kathrin Martelli (fdp) mit dem viertbesten Resultat. Ruedi Aeschbacher (evp) wurde nach 16 Jahren Amsttätigkeit abgewählt. Als einziger amtierender Stadtrat war er weder auf der rot-grünen noch auf der bürgerlichen Sechserliste aufgeführt und wurde Opfer des stark polarisierten Wahlkampfes. Die Wahl verpasst hat auch Andreas Müller (svp), der zudem erfolglos als bürgerlicher Herausforderer gegen den sozialdemokratischen Stadtpräsidenten Estermann antrat.
Anders als in der Exekutive büsste die Linke im Gemeinderat mit neun Sitzverlusten ihre 1990 errungene absolute Mehrheit ein. Neu stehen 55 Sitze der rot-grünen Parteien 57 bürgerlichen Sitzen gegenüber. Die SVP verzeichnete einen Erdrutschsieg: ihre Fraktion im Zürcher Stadtparlament wuchs um zwölf auf 19 Sitze; die FDP legte drei Sitze zu. Die CVP büsste weitere zwei Sitze ein, die SD verlor einen Sitz, während die Auto-Partei ganz leer ausging. LdU und EVP verloren einen resp. zwei Sitze. Die SP behauptete sich trotz vier Sitzverlusten als stärkste Partei, verloren haben aber ihre Partner: Die Grünen büssten die Hälfte ihrer Sitze ein und kamen noch auf fünf Mandate. Die Alternative Liste gab zwei Sitze an die Frauenliste FraP ab, die neu auf fünf Sitze kommt. Die Vertretung der Frauen erhöhte sich um sieben auf 47 von insgesamt 125 Mandaten (37,6%).
Ständeratswahlen
Im Kanton Glarus wurden die beiden bisherigen Ständeräte Fritz Schiesser und Kaspar Rhyner (beide fdp) für eine weitere Amtsperiode gewählt.
Bei den Ständeratswahlen im Kanton Graubünden stiegen vier Parteien ins Rennen. Während die SVP den Sitz des zurücktretenden Ulrich Gadient mit
Christoffel Brändli bereits im ersten Wahlgang erfolgreich verteidigte, musste die CVP darum zittern, nach 95 Jahren keinen Ständerat mehr stellen zu dürfen. Der CVP-Kandidat
Theo Maissen erreichte das absolute Mehr nicht, konnte sich aber vor dem SP-Kandidaten Nationalrat Andrea Hämmerle und dem FDP-Kandidaten Johannes Flury plazieren. Im zweiten Wahlgang schlug Theo Maissen Andrea Hämmerle dann klar mit einem Vorsprung von fast 8000 Stimmen. Er ersetzte Luregn Mathias Cavelty
[25].
Der in die jurassische Regierung gewählte Jean-François Roth (cvp) musste seinen Sitz im Ständerat aufgrund kantonaler Bestimmungen aufgeben. Ständerat Michel Flückiger (fdp) trat zurück. Da der Jura - als einziger Kanton - den Ständerat im Proporzverfahren wählt, rutschten die Zweitplazierten nach: Roth wurde durch die Christlichdemokratin
Marie-Madeleine Prongué ersetzt, die damit die fünfte Ständerätin wurde. Den Sitz von Michel Flückiger übernahm
Nicolas Carnat (fdp)
[26].
An der Landsgemeinde in Nidwalden wurde der amtierende Ständerat
Peter Josef Schallberger (cvp) erwartungsgemäss bestätigt. Ebenfalls erwartungsgemäss wurde an der Landsgemeinde in Obwalden Ständerat
Niklaus Küchler (cvp) für eine weitere Amtsperiode gewählt
[27].
Beim ersten Wahlgang für den Ständerat erreichte keiner der sieben Kandidaten, davon vier Frauen, das absolute Mehr. Der Bisherige
Andreas Iten (fdp) verpasste die Wahl allerdings nur um 94 Stimmen. Die offizielle CVP-Kandidatin Martha Hitz-Würms erreichte den dritten Platz hinter dem auf einer bürgerlichen Liste "wild" kandidierenden Urs B. Wyss (cvp). Für den zweiten Wahlgang wechselte die CVP deshalb das Zugpferd und setzte auf
Peter Bieri. Der Wechsel wurde von gewissen Kreisen kritisiert, machte sich für die CVP aber bezahlt: Peter Bieri, der die Nachfolge von Markus Kündig antritt, erzielte das zweitbeste Resultat hinter dem klar Bestplazierten Andreas Iten. Wyss scheiterte relativ knapp
[28].
Weiterführende Literatur
Amtsblätter und Statistiken der betreffenden Kantone und Städte.
Staatskanzlei des Kantons Bern, Die Ergebnisse der Grossrats- und Regierungsratswahlen im Kanton Bern vom 17. April 1994, Bern 1994.
Standeskanzlei Nidwalden, Landratswahlen 1994, Stans 1994.
Stadtkanzlei Winterthur, Wahl des Grossen Gemeinderates der Stadt Winterthur. Resultate und Auswertungen, Winterthur 1994.
Stadt Zürich, Wahlergebnisse vom 6. März 1994, Zürich 1994.
K. Armingeon, "Gründe und Folgen geringer Wahlbeteiligung", in Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 46/1994, S. 43 ff.
Eidg. Kommission für Frauenfragen, Frauen ins Parlament! Ein Leitfaden für Parteien, Frauenorganisationen und Medien zu den Eidg. Wahlen 1995, Bern 1995.
H. Girard / P. Pauli, Etude socio-démographique de l'électorat genevois, Genève (OCSTAT) 1994.
W. Seitz, Der lange Weg ins Parlament. Die Frauen bei den Nationalratswahlen von 1971 bis 1991, Bern (BFS) 1994.
[1] Der Vergleich basiert auf den kantonalen Wahlen 1990. Später ins Parlament nachrutschende bzw. zurücktretende Frauen wurden nicht berücksichtigt.1
[2] Ergänzungswahl vom 27.3.94: Presse vom 28.3.94.2
[3] Wahlen vom 17.4.94: Presse vom 18.4. und 19.4.94. Siehe auch Beilage "Bern hat gewählt" in
Bund, 19.4.94.3
[4] Wahlen vom 29.5.94: Presse vom 30.5.94.4
[5] Wahlen vom 1.5.94: Presse vom 2.5.94.5
[12] Landsgemeinde vom 24.4.94:
NZZ, 25.4.94. Zu Verfassungsänderungen von AI, die u.a. die Reduktion von Regierung und Grossem Rat beinhalten, siehe oben, Teil I, 1a (Totalrevision von Kantonsverfassungen).12
[20] Ersatzwahlen vom 27.3.94: Presse vom 28.3.94. Letzte Gesamterneuerungswahlen siehe
SPJ 1991, S. 66.20
[23] Wahlen vom 6.3.94: Presse vom 7.3. und 8.3.94.23
[25] 1. Wahlgang vom 25.9.94: Presse vom 26.9.94. 2. Wahlgang vom 16.10.94: Presse vom 17.10.94.25
[27] Ständeratswahlen in Obwalden vom 24.4.94:
LZ, 25.4.94. Ständeratswahlen in Nidwalden vom 24.4.94:
NZZ und
LZ, 25.5.94.27
[28] 1. Wahlgang vom 13.11.94: Presse vom 14.11.94. 2. Wahlgang vom 18.12.94: Presse vom 19.12.94.28
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