Année politique Suisse 1995 : Grundlagen der Staatsordnung / Politische Grundfragen und Nationalbewusstsein
 
Kantonale Verfassungsrevisionen
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Gewährleistung durch den Bund
Der Ständerat gewährleistete in der Frühjahrssession die Verfassungsänderungen der Kantone Glarus, Solothurn, Appenzell Innerrhoden und Wallis. In letzterem Falle hatte die zuständige Kommission zunächst erwogen, den Beschluss über die Volksrechte und die öffentliche Gewalt, der in der Volksabstimmung vom 24. Oktober 1993 von 78% der stimmberechtigten Walliser Bevölkerung angenommen worden war, nur unter Vorbehalt gewährleisten zu lassen. Grund zur Skepsis sah die Kommission zum einen in dem weiten Umfang der Teilrevision, welcher die Frage nach der Einheit der Materie aufwerfe. Zum anderen ist bei einem der behandelten Verfassungsartikel die grundsätzliche Revidierbarkeit nicht ausdrücklich gewährleistet. Da sich die Eidgenössische Verwaltung vom Staatsrat des Kantons Wallis die in der Botschaft festgehaltenen Zusagen hatte geben lassen, verzichtete die Kommission auf die Einreichung eines Vorbehalts. Die Verfassungsänderungen wurden dergestalt vom Plenum und in der Sommersession auch vom Nationalrat ohne Gegenstimme angenommen [27].
Ohne Schwierigkeiten verlief im Ständerat die Gewährleistung der Verfassungsänderungen in den Kantonen Zürich, Luzern, Nidwalden, Zug, Solothurn und Basel-Stadt. Der Nationalrat hat zu diesen Revisionen im Berichtsjahr noch nicht Stellung genommen [28].
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Verfassungsänderungen in den Kantonen
Am 25. Juni nahmen die Stimmberechtigten in Sankt Gallen die Erarbeitung einer neuen Kantonsverfassung in der Legislaturperiode 1996-2000 grundsätzlich an, und zwar mit einer Mehrheit von 78,7% der Stimmen. Die Frage, ob diese in die Kompetenz des Grossen Rats gestellt oder zu diesem Zweck eigens ein Verfassungsrat gebildet werden solle, wurde zugunsten des bestehenden Gremiums entschieden: 56,4% der Stimmberechtigten sprachen sich für den Grossen Rat aus, 47,7% für einen Verfassungsrat [29]. In Appenzell Ausserrhoden wurde die neue Kantonsverfassung am 30. April von der Landsgemeinde angenommen. In Neuenburg sprach sich der Grosse Rat für die Revision der bestehenden Kantonsverfassung aus dem Jahre 1858 aus. Zu diesem Zweck soll eine konstituierende Versammlung geschaffen werden, die auf Mitglieder des Grossen Rates beschränkt werden soll. In Schaffhausen schliesslich hiess der Grosse Rat die Einleitung des Verfahrens zur Totalrevision der Kantonsverfassung gut [30].
 
[27] BBl, 1995, I, S. 969 ff.; Amtl. Bull. StR, 1995, S. 325 f.; Amtl. Bull. NR, 1995, S. 1232 f.; BBl, 1995, III, S. 567 f. Zur Verfassungsrevision in AI vgl. SPJ 1994, S. 18.27
[28] BBl, 1995, III, S. 1413; Amtl. Bull. StR, 1995, S. 1174.28
[29] SGT, 26.6.95. Vgl. SPJ 1994, S. 19.29
[30] AR: SGT, 2.5.95. NE: Express, 3.10.95. SH: SN, 17.1.95. Zu AR und SH vgl. auch SPJ 1994, S. 19.30