Année politique Suisse 1996 : Bildung, Kultur und Medien / Medien
 
Radio und Fernsehen
print
SRG
Nach längeren Spekulationen wurde im Frühjahr als Nachfolger von Antonio Riva Armin Walpen zum SRG-Generaldirektor gewählt. Damit stellt die CVP diesen Posten zum dritten Mal in Folge. Walpen war bisher Generalsekretär im EJPD und zuvor Chef des Radio- und Fernsehdienstes im EVED. Als weitere Kandidaten waren unter anderem DRS-Fernsehdirektor Peter Schellenberg gehandelt worden sowie insbesondere Max Friedli, Direktor des Bundesamtes für Verkehr, der dann allerdings seine Kandidatur vorzeitig zurückzog. Zum neuen Präsidenten der Radio- und Fernsehgesellschaft DRS wurde der bisherige Vizepräsident, der Solothurner alt Regierungsrat Fritz Schneider (fdp) gewählt. Er wird ab 1997 Franz Hagmann ersetzen [21].
Die Rechnung 1996 der SRG schloss mit einem Gewinn von rund 20 Mio Fr. (1995: 49 Mio) ab [22].
SF DRS und TSR mussten im Berichtsjahr sowohl im Ganztagesvergleich als auch in der Hauptsendezeit einen Marktanteilverlust von je 1% hinnehmen. SF DRS hielt über 24 Stunden gesehen einen Marktanteil von noch 28%, TSR einen von 28,8%. Diese leichte Abnahme konnte aber durch höhere Marktanteile bei Schweiz 4/Suisse 4 mehr als kompensiert werden. Schweiz 4 konnte sich von 3,9% auf 5,4% steigern und verschaffte damit der SRG in der Deutschschweiz mit 34,5% ein besseres Resultat als 1995 (+0,4%). In der Romandie ermöglichte Suisse 4 der SRG mit einem Anteil von 3,9% (1995: 2,3%) ein leicht besseres Resultat als im Vorjahr (+0,3% auf 35,1%). Die TSI verzeichnete über 24 Stunden eine deutliche Zunahme ihrer Marktanteile von 26% auf 28,4%. Schweiz 4 kam im Tessin auf 1,8%. Wie im Vorjahr entfielen 1996 in der Deutschschweiz 50% der Radionutzung auf die SRG-Programme. In der Romandie sank der Marktanteil von 51% auf 47%, während er im Tessin von 68% auf 71% stieg [23].
Auf dem Motionsweg forderte Ständerat Iten (fdp, ZG) von der SRG, das schweizerische Musikschaffen an Radio und Fernsehen besonders zu berücksichtigen und das Radio- und Fernsehgesetz (Art. 31) entsprechend zu ergänzen. Eine ausdrückliche Erwähnung findet dort bisher nur die Förderung der schweizerischen audiovisuellen Produktion. Während der Ständerat die Motion im Frühling mit 26 zu 7 Stimmen guthiess, folgte der Nationalrat in der Herbstsession dem Bundesrat, welcher der vorgeschlagenen Formulierung nur programmatische Wirkung zugestand, und überwies den Vorstoss in der Form des Postulats [24].
Keine Chance hatte eine Motion Zisyadis (pda, VD), die zur Erhaltung und Förderung einer eigenständigen Musikkultur in den verschiedenen Sprachregionen für die Radioprogramme eine Quote für regionales Liedgut von 40% der musikalischen Werke forderte. Der Nationalrat lehnte die starre Regelung mit 62:15 Stimmen ab [25].
Auch eine weitere von Zisyadis eingereichte Motion, die eine 50-Prozent-Quote für europäische Werke im Fernsehen forderte, lehnte der Nationalrat auf Antrag des Bundesrates mit 18:57 Stimmen ab. Bundesrat Leuenberger wies aber darauf hin, dass 1995 rund 80% der SRG-Fernsehproduktionen schweizerischen oder europäischen Ursprungs waren und eine verbindliche Quote für europäische Werke - wie sie im EU-Parlament schon gefordert wurde - für die Schweiz daher kein Problem darstellen würde [26].
Radio DRS expandierte ab 1. Oktober mit "Musigwälle 531" auf Mittelwelle und konkurriert damit direkt den privaten Volksmusiksender Radio Eviva. Der Bundesrat schränkte den Spielraum von Radio DRS jedoch ein. So ist dem Sender eine Entwicklung in Richtung volkstümliches Spartenradio nicht erlaubt. Programmodifikationen zu DRS 1 dürfen sich nur auf die Musik beziehen, alle wichtigen Informationsgefässe von DRS 1 müssen auch auf Mittelwelle ausgestrahlt werden. Radio Suisse romande erhielt grünes Licht für "Option musique" [27].
Radio Suisse romande verstärkte mit einem neuen Studio in Zürich seine Präsenz in der Deutschschweiz, um das Verständnis zwischen der deutschen und der welschen Schweiz zu fördern. Ausserdem vereinbarten RSR und vier Lokalredaktionen von Radio France - Elsass, Belfort, Besançon und Savoyen - einen Austausch von Lokalbeiträgen. Damit sollen Themen von grenzüberschreitendem Interesse besser abgedeckt werden können.
SF DRS wandelt den Bereich Produktion und Technik ab 1997 zum selbständigen Profit-Center um. Das neue TV-Produktionszentrum, das im Fernsehen DRS integriert bleibt, soll mit eigenem Marktauftritt vermehrt Aufträge ausserhalb der SRG akquirieren, wobei es insbesondere den süddeutschen Raum im Visier hat. Im Gegenzug dürfen DRS-Programme auch auswärts produziert werden [29].
Nach dem Konkurrenzprogramm "S Plus" vermochte auch der als Mischprogramm konzipierte Nachfolgesender "Schweiz 4/ Suisse 4/ Svizzera 4" den Erwartungen nicht zu entsprechen. Einem Aufwand von rund 80 Mio Fr. standen 1996 Werbeeinnahmen von lediglich 4,5 Mio. Fr. gegenüber. Die SRG und die Presse-TV warfen dem vierten SRG-Kanal Profillosigkeit und zu geringe Zuschauerquoten und Werbeeinnahmen vor und verlangten eine erneute Umstrukturierung des Senders. Im Juni wurde S-4-Chef Dario Robbiani fristlos entlassen, weil er eine vorerst intern diskutierte Umgestaltung des Senders publik machte und bekämpfte. Mitte September kündigte die SRG-Spitze einen dritten Anlauf für "Schweiz 4" im Herbst 1997 an. Danach soll das nationale Programm der vierten Senderkette aufgegeben und regionalisiert werden. Die nationale Integrationsfunktion - das ursprüngliche Konzept der vierten Kette - will die SRG vermehrt in den drei Hauptprogrammen wahrnehmen und verstärken. Die Verantwortung für die vierte Senderkette soll direkt den Direktionen der ersten SRG-Programme in den jeweiligen Sprachregionen unterstellt werden, was eine autonome Direktion obsolet macht. In der Deutschschweiz soll der unter dem Namen "SF 2" gehandelte Nachfolgesender als Ergänzungskanal mit einfachem und einprägsamem Profil insbesondere ein jüngeres Publikum ansprechen, da dieses zu den ausländischen Privatsendern abzuwandern droht. Zentrales Element bleibt aber die Übertragung von Sportereignissen, daneben wird die Presse-TV vorwiegend am Wochenende in Programmblöcken Akzente setzen. Vom zweiten Programm in der Deutschschweiz erhofft sich die SRG insbesondere auch neue Werbegelder. In der Westschweiz und in der italienischsprachigen Schweiz will die SRG den eingeschlagenen Weg mit "Suisse 4" und "Svizzera 4" weitergehen und ausbauen. So sollen die Mittel für "Suisse 4" auf sieben bis acht Mio Fr. verdoppelt werden, und das Tessin soll neu etwa fünf Mio Fr. erhalten, um im Umfeld der Sportübertragungen die Eigenleistungen zu verbessern. Im Dezember kündigte der Bundesrat die SRG-Konzession in einzelnen Punkten, um das Angebot von Schweiz 4 grundsätzlich neu auszuhandeln; der Schritt erfolgte in Übereinstimmung mit der SRG. Kurz vor Jahresende reichte sie ihr Gesuch für eine Konzessionsänderung ein.
Der Publikumsrat des Schweizer Fernsehens DRS kritisierte die Werbung vor Kinder- und Jugendsendungen und sprach sich aus ästhetischen und pädagogischen Gründen für ein werbefreies oder zumindest verantwortungsvolles Umfeld solcher Sendungen aus [31].
Der ausländische Druck auf den Schweizer TV-Werbemarkt verstärkte sich. Nach dem deutschen Privatsender RTL, der den Umweg über eine reaktivierte Lizenz in Luxemburg gewählt hatte, werden auf den 1. Januar 1997 auch Sat 1 und Pro 7 ein Schweizer Werbefenster einrichten. Das BAKOM hatte stets Fragezeichen hinter die rechtliche Zulässigkeit solcher Werbefenster gesetzt. Sat 1 und Pro 7 verschafften sich aber Lizenzen in Grossbritannien und Deutschland. Mit RTL 2 und Kabel 1 stehen weitere Interessenten für ein Schweizer Werbefenster in den Startlöchern [32].
Nach dem BAKOM nahm auch die Kartellkommission Stellung zu den SRG-Aktivitäten im Printbereich. Sie rügte die Unterstützung, welche die SRG dem "K-Tip", der Begleitzeitschrift der Fernsehsendung Kassensturz während der Einführung zukommen liess, als ungerechtfertigt. Gemäss Kartellkommission hätte sich der "K-Tip" ohne diese Unterstützung nicht oder nur schwer auf dem Markt etablieren können. Die SRG räumte gewisse kartellrechtliche Schwierigkeiten ein, widersetzte sich aber dem Vorschlag der Kartellkommission, einen Kodex zum SRG-Verhalten auf dem Printmedienmarkt auszuhandeln [33].
Der Bundesrat erteilte der SRG die Bewilligung, ihre Radio- und Fernsehprogramme zusätzlich über Satellit zu verbreiten. Die SRG-Programme werden ab Mitte 1997 vorerst vom Satelliten Eutelsat Hot Bird 3 verbreitet. Neben den normalen Programmen kann die SRG künftig auch die beiden Telefonrundspruch-Programme "Classic" und "Light" sowie ihr neues Kulturprogramm "Swiss Prime" via Weltall verbreiten. Die Kosten belaufen sich auf 9,4 Mio. Fr. pro Jahr [34].
Zum neuen Rahmenabkommen zwischen dem Fernsehen und dem unabhängigen Schweizer Filmschaffen siehe oben, Teil I, 8b (Kulturpolitik). Zur Werbung für Heilmittel an Radio und Fernsehen siehe oben, Teil 1, 7b (Gesundheitspolitik).
top
 
print
Regionalfernsehen
Die Lokalfernsehstationen erkämpften sich 1996 einen Marktanteil von 1,2%. Am besten etablieren konnte sich TeleZüri, das in seinem Verbreitungsgebiet 3,6% Marktanteil erzielte [35].
Am 21. Oktober ging das Genfer Regionalfernsehen Léman bleu mit einem einstündigen, täglich mehrfach wiederholten Programm auf Sendung. Das Jahresbudget beträgt 2,3 Mio Fr. Mit entsprechenden Antennen kann Léman bleu auch im benachbarten Gebiet des Kantons Waadt und im umliegenden Frankreich empfangen werden [36].
Das Zürcher Regionalfernsehen Züri 1 musste nach nur elf Monaten den Sendebetrieb einstellen. Das mehrfach modifizierte Sendekonzept konnte nicht genügend Zuschauerinnen und Zuschauer an das Programm binden, womit auch die nötigen Werbeeinnahmen fehlten. Der Verband der schweizerischen Regionalfernsehen Telesuisse kritisierte danach, dass die rechtlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für Regionalfernsehen in der Schweiz ungenügend seien. Telesuisse forderte das BAKOM auf, den Schweizer Regionalfernsehstationen bessere Entwicklungschancen zu verschaffen. Absolut dringend sei auch die Revision des Radio- und Fernsehgesetzes, das in keiner Weise auf die Existenz von Regionalfernsehen eingehe [37].
Das BAKOM verfügte die Abschaltung des Regionalsenders TeleBärn in einer Reihe von solothurnischen Gemeinden. TeleBärn war bis anhin entgegen der erteilten Konzession auch in knapp 10 000 Haushalten der Solothurner Bezirke Thal und Gäu sowie in weiteren Gemeinden im Raum Olten zu empfangen [38]. Dagegen verfügte das BAKOM, dass das Programm von TeleBärn in der südöstlichen Region des Bielersees ins Kabelnetz einzuspeisen ist, da diese Gemeinden im Konzessionsgebiet von TeleBärn liegen; die Kabelnetzbesitzerin hatte sich dagegen gewehrt [39]. Trotz entsprechender Konzessionsauflage musste TeleBärn im Berichtsjahr kein Programmfenster in französischer Sprache für den zweisprachigen Raum Biel öffnen: Mit Blick auf das hängige Gesuch für das Lokalfernsehprojekt TeleBielingue verlängerte das EVED die Frist für die Erfüllung dieser Konzessionsauflage.
top
 
print
Spartenfernsehen und Pay-TV
Die S Media Vision reichte beim BAKOM ein Gesuch für "Swiss-Hits", einen Deutschschweizer Musik- und Jugendkanal rund um die Uhr, ein. Als leitendes Organ der S Media Vision zeichnete u.a. Denner-Chef Karl Schweri [41].
Das einzige Schweizer Pay-TV, Teleclub, erhielt vom Bundesrat eine erweiterte Konzession. Neu darf der Sender, dessen Programmschwergewicht Spielfilme bilden, auch ausländische Sportanlässe ins verschlüsselte Programm aufnehmen. Vereinbarungen und Geschäftspraktiken, die die Verbreitung ausländischer Sportanlässe durch die SRG ausschliessen, sind Teleclub aber untersagt [42].
top
 
print
Schweizer Radio International
Schweizer Radio International (SRI) beteiligte sich erstmals mit einem eigenen deutschsprachigen Beitrag am Programm von "Radio E", dem Sender der Europäischen Union. Obwohl die Schweiz nicht der EU angehört, ist künftig eine regelmässige Zusammenarbeit geplant [43].
In seiner Antwort auf eine Petition "Schwarzenburg ohne Kurzwellensender" stellte Bundesrat Leuenberger eine Reduktion des Nachtsendebetriebes in Aussicht, erteilte der Forderung nach einer Schliessung des Senders bis ins Jahr 2000 aber eine Absage. Anfang Dezember legte die PTT eine umstrittene Antenne still und beauftragte einen deutschen Sender, Nordeuropa, Nordafrika und die GUS-Staaten mit dem Schweizer Programm zu versorgen. Damit schickt erstmals ein ausländischer Sender Programmteile von SRI in den Äther [44].
top
 
print
Privat- und Lokalradios
Der private Volksmusik-Sender Eviva, der bisher nur über Satellit und Kabel empfangbar war, darf seit Oktober auch über Mittelwelle senden. Damit erhielt Eviva als erste private Radioveranstalterin neben der SRG eine terrestrische Konzession auf sprachregionaler Ebene. Das BAKOM hatte die Konzession für ein auf Mittelwelle verbreitetes Spartenradio für die deutschsprachige Schweiz ausgeschrieben. Eviva muss allerdings dem Evangeliums-Rundfunk Schweiz (ERF) ein tägliches Programmfenster einräumen, womit erstmals ein religiös motiviertes Privatunternehmen im Schweizer Äther Programmhoheit erhält. Das Projekt "Opus II" von Roger Schawinski ging leer aus. Ende Jahr beklagte sich Radio Eviva über den schlechten Empfang im Raum Zürich über Mittelwelle und beschuldigte das BAKOM der irreführenden Information. Eviva drohte mit dem Einstellen des Sendebetriebs [45].
Im Mai legte der Bundesrat in einer zweiten Etappe der UKW-Sendernetzplanung die Sendegebiete für die Lokalradios im östlichen Mittelland, der Zentral- und der Ostschweiz fest, wobei die definitiven Konzessionen erst im März 1997 erteilt werden. Insgesamt kann das EVED in dieser zweiten Etappe 22 Konzessionen in 20 Versorgungsgebieten erteilen. 13 Versorgungsgebiete entsprechen Gebieten, in denen bereits heute 15 Lokalradios - mit einer Versuchserlaubnis - auf Sendung sind. Einem weiteren bestehenden Veranstalter wird ein neues Versorgungsgebiet zugewiesen (Region Aargau-Mitte für das schwachkommerzielle Aargauer Regionalradio, das bisher auf den Frequenzen von Radio Argovia sendet). Sechs Versorgungsgebiete sind neu: Emmental/Entlebuch (in dieser Region gab es bisher kein auf die Region ausgerichtetes Lokalradio), Stadt Zürich, Solothurn, Stadt Luzern, Stadt Schaffhausen und Stadt St. Gallen. Mit Ausnahme der Radios für das Emmental/Entlebuch und die Stadt Zürich sollen in den neuen Versorgungsgebieten schwach- oder nichtkommerzielle Kontrastprogramme konzessioniert werden. In der Region Zürich trug der Bundesrat den besonderen Verhältnissen in der grössten Agglomeration Rechnung. Zu den bisherigen drei Lokalradios im Grossraum Zürich, wovon eines ein Kontrastprogramm sendet, kommt ein zusätzliches kommerzielles Kontrastradio für die Stadt Zürich. In einem ersten, von den Betroffenen sowie von der Zürcher Regierung (welcher noch der jetzige, mit dem Dossier betraute Bundesrat Leuenberger angehörte) stark kritisierten Entwurf hatte das BAKOM vorgeschlagen, das Sendegebiet der Lokalsender Radio 24 und Radio Z um die sogenannten Überreichweiten einzuschränken und den Sendern als neuen Sendestandort den tieferen Zürichberg zuzuweisen. Den beiden Sendern wird ihr bisheriger Standort Üetliberg nun aber belassen. Den gewährten "Sonderfall Zürich" begründete der Bundesrat mit den Hörergewohnheiten der Zürcherinnen und Zürcher. Insgesamt hatten sich 34 Lokalradios um eine Sendekonzession beworben, darunter zehn im Raum Zürich (bzw. in der Grossregion Zürich - mit Eulach und Zürisee - zwölf) [46].
Die UKW-Frequenzzuteilung wurde von diversen Lokalradios stark kritisiert und als "Lex Zürich" bezeichnet. Sieben Ostschweizer Lokalradios forderten vom Bundesrat, als Ausgleich für die Ungleichbehandlung gegenüber den Zürchern den Sendestandort Säntis für die Privatradios zu öffnen, die Berner Lokalradios forderten den Zugang zum günstigeren Höhenstandort Bantiger. Verschiedene alternative Radiostationen warfen dem Bundesrat ausserdem vor, die Kontrastprogramme mit kleineren und ungünstigeren Gebieten und Sendestandorten abzuspeisen als die kommerziellen Mitbewerber. Auch der Publikumsrat DRS äusserte sich unzufrieden. Die Lokalradios würden gegenüber Radio DRS stark bevorzugt, urteilte er. So müsse das Programm von DRS 3 in Zürich auf eine neue Frequenz wechseln, während Radio 24 und Radio Z weiterhin vom privilegierten Üetliberg aus senden dürften. Auch der Entscheid, im Fricktal die Frequenz des Regionaljournals Aargau/Solothurn von DRS künftig Radio Argovia zur Verfügung zu stellen, kritisierte der Publikumsrat als medien- und staatspolitisch fragwürdig [47].
Im März gingen in Bern das werbefreie alternative Lokalradio RaBe und in der Region Genf der Jugendsender One FM (ehemals No Radio) auf Sendung. Der Genfer Wirtschaftssender World Radio Geneva begann im Mai zu senden. Die drei Sender waren vom Bundesrat in einer ersten Etappe der UKW-Sendernetzplanung neu konzessioniert worden. Noch nicht auf Sendung gehen konnte im Berichtsjahr Radio Ticino, dem auf Kosten von "90.6 La Voce del Bellinzonese" ebenfalls neu eine definitive Konzession für die nächsten zehn Jahre erteilt worden war. Erst im Oktober wies der Bundesrat den Rekurs von "90.6 La Voce del Bellinzonese" ab [48].
Mit einer Revision der ersten Etappe der UKW-Sendernetzplanung schuf der Bundesrat ausserdem in der Region Basel doch noch die Voraussetzungen für ein drittes Lokalradio neben den beiden bestehenden Stationen Basilisk und Edelweiss und schrieb eine entsprechende Konzession aus. Gute Chancen hat der schwachkommerzielle Jugend- und Kultursender Radio X, dessen Gesuch in einer ersten Phase abgelehnt worden war, worauf dieser erfolglos rekurrierte [49].
Im August übernahm der französische kommerzielle Musiksender Nostalgie das in finanziellen Nöten steckende linksalternative Lausanner Lokalradio AciduL und sendete von da an ein Programm, das jenem der Konzession kaum mehr entsprach. Sowohl der Schweizer Verband der Journalistinnen und Journalisten als auch der Verband Schweizer Privatradios forderten daraufhin die Suspendierung bzw. den Entzug der AciduL-Konzession. Das BAKOM erkannte auf Konzessionsverletzung und gab Nostalgie eine einmonatige Frist, um ein konformes Programm herzustellen; Nostalgie legte Berufung ein. Es handelt sich um die erste Beteiligung einer ausländischen Gesellschaft an einem Schweizer Lokalradio. Das Rundfunkgesetz verbietet zwar ausländische Beteiligungen nicht generell, doch drängte sich für das BAKOM und den Bundesrat die Klärung dieser Frage auch vor dem Hintergrund der gesetzlich beschränkten, überregionalen Programmzusammenarbeit auf [50].
Nachdem Radio DRS seinen bisherigen Vorzugspreis für DRS-Nachrichten auf Ende 1994 gestrichen hatte, schlossen sich die acht Lokalradios Thurgau, Gonzen, Schwyz, Wil, Munot, Eulach, Aktuell und Zürichsee zu einem Nachrichtenpool (Rana Radionachrichten GmbH) zusammen. Eine ähnliche Zusammenarbeit stellten verschiedene Westschweizer Lokalradios auf die Beine. Einzig Radio Fribourg übernahm die DRS-Nachrichten zu den neuen Konditionen [51].
Die fünf Deutschschweizer Lokalradios Radio 24, Argovia, Sunshine, ExtraBern und Förderband traten aus dem Verband Schweizer Privatradios (VSP) aus und gründeten eine eigene Vereinigung "Pro Privatradio", innerhalb der sie künftig gemeinsame Projekte angehen wollen [52].
top
 
print
Ombudsstelle und UBI
Der Bundesrat ernannte den Journalisten und Medienrechtler Denis Barrelet zum neuen Präsidenten der Unabhängigen Beschwerdeinstanz (UBI) ab 1997. Er wird Ursula Nordmann ablösen, die ans Bundesgericht gewählt wurde [53].
Die Beschwerden bei der Ombudsstelle von Radio und Fernsehen DRS verdoppelten sich 1996, wobei Zeitungsaufrufe von diversen Gruppierungen, die gleichzeitig Standard-Reklamationsbriefe abdruckten, viel zu dieser Entwicklung beitrugen. Von 286 Beanstandungen behandelte die Ombudsstelle 226, wobei 190 das Fernsehen und nur 36 das Radio betrafen. Doppelt so häufig wie im Vorjahr wurde mit 22% die Verletzung religiöser Gefühle geltend gemacht. Hielt die Ombudsstelle 1995 noch 44% der Beschwerden für berechtigt, waren es im Berichtsjahr nur noch 25%. 6% oder 16 Fälle (1995: 23) leitete sie an die UBI weiter [54].
 
[21] Ww, 22.2.96; Presse vom 29.2.96 (Walpen); NZZ, 3.6.96 (Schneider).21
[22] Presse vom 20.3.97.22
[23] Presse vom 16.4.97.23
[24] Amt. Bull. StR, 1996, S. 276 ff.; Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1475 f.; Ww, 21.3.96.24
[25] Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1511 f. Gemäss einer vom Schweizer Musikrat initiierten Studie liegt der Mittelwert des Anteils einheimischer Musik der drei DRS-Programme bei knapp 20%. Wesentlich tiefer sind mit durchschnittlich 5,5% die Werte bei 22 untersuchten Lokalradios. Vor allem in den städtischen Zentren sei der Anteil heimischen Musikschaffens sehr bescheiden (BZ, 16.4.96).25
[26] Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1513 f.26
[27] Presse vom 15.8.96; Ww, 22.8.96. Eine weitere MW-Konzession erhielt Radio Eviva (siehe unten). Vgl. auch SPJ 1995, S. 309.27
[29] BaZ, Bund und TA, 6.3.96.29
[31] SGT, 30.4.96.31
[32] SoZ, 5.5.96; NZZ, 13.6. und 22.11.96.32
[33] TA, 20.11.96. Vgl. SPJ 1995, S. 306.33
[34] SoZ, 10.11.96; TA und NZZ, 10.12.96.34
[35] Presse vom 16.4.97.35
[36] JdG, 29.5., 19.10. und 22.10.96.36
[37] Presse vom 31.1.96. Kritik Telesuisse: NZZ, 2.2.96.37
[38] Bund, 17.2.96. Auf nachträgliches Gesuch von TeleBärn hin bewilligte das EVED im Juli in einer Konzessionsänderung die Erweiterung des Konzessionsgebietes um die betreffende Region, so dass die rund 10 000 Haushaltungen seither legal TeleBärn empfangen können. Gleichzeitig erweiterte das EVED auch das Konzessionsgebiet des aargauischen Regionalsenders Tele M 1 um die Bezirke Gäu und Thal.38
[39] Die vom Entscheid betroffene Kabelnetzbetreiberin Evard AG rekurrierte beim EVED gegen den BAKOM-Entscheid. Das Verfahren wurde im Oktober aber eingestellt, nachdem sich Evard und TeleBärn in einem Vergleich auf eine Aufschaltung des Programms einigen konnten.39
[41] AT, 17.6.96.41
[42] BBl, 1996, IV, S. 1329; NZZ, 17.10.96.42
[43] SGT, 23.11.96.43
[44] BZ, 8.5. und 10.12.96. Vgl. SPJ 1995, S. 309 f.44
[45] BBl, 1996, III, S. 1385 ff. (Eviva); BBl, 1997, I, S. 750 ff. (ERF); TA und NZZ, 18.12.96.45
[46] BBl, 1996, II, S. 982 ff. und 1551 ff.; Presse vom 9.5.96. Siehe auch SPJ 1995, S. 308 f.46
[47] SGT, BZ und AT, 9.5.96; AT, 14.5.96; WoZ, 24.5.96. In der Herbstsession reichte NR Loeb (fdp) ein von der ganzen Berner NR-Delegation unterschriebenes Postulat ein, das für den Raum Bern gleiche Sendevoraussetzungen für die Lokalradios fordert wie in anderen städtischen Agglomerationen (Verhandl. B.vers., 1996, IV, S. 117). In Antwort auf eine Frage Bircher (cvp, AG) betonte BR Leuenberger, dass bei Frequenzknappheit die Lokalradios gegenüber regionalen SRG-Programmen Priorität haben (Amtl. Bull. NR, 1996, S. 800 f.).47
[48] RaBe: Bund, 28.2.96; WoZ, 1.3.96. One FM: JdG, 2.2.96. World Radio Geneva: JdG, 25.6.96. Radio Ticino: CdT, 25.10.96. Siehe auch SPJ 1995, S. 308.48
[49] BBl, 1996, V, S. 1044; BaZ, 10.12.96. Vgl. SPJ 1995, S. 309.49
[50] JdG, 27.8. und 25.9.96; Klartext, 1996, Nr. 5, S. 17. Zu ausländischen Beteiligungen an Schweizer Lokalradios siehe auch die Antwort des BR auf ein Postulat Zisyadis (pda, VD), das anschliessend zurückgezogen wurde (Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1514). Im Februar 97 erwarb die französische Gruppe "Radio Nostalgie" auch 20% des Baselbieter Lokalradios "Edelweiss" (BaZ, 26.2.97).50
[51] NLZ, 25.1.96. Vgl. SPJ 1995, S. 309.51
[52] Bund, 27.3.96.52
[53] 24 Heures, 19.12.96.53
[54] BZ, 14.3.97; NZZ, 19.3.97.54