Année politique Suisse 1999 : Bildung, Kultur und Medien / Kultur, Sprache, Kirchen
 
Sprachen
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Mehrsprachigkeit
Mit einem überwiesenen Postulat regte Nationalrat Maitre (cvp, GE) an, der Bund solle in seinem Kompetenzbereich und in Zusammenarbeit mit den Kantonen sämtliche Massnahmen ergreifen, um Mittelschülern und Lehrlingen einen Aufenthalt im Gebiet einer anderen Landessprache zu ermöglichen [22].
Im Vorjahr hatte eine Expertengruppe im Auftrag der kantonalen Erziehungsdirektorenkonferenz eine Empfehlung zum Fremdsprachenunterricht erarbeitet. Danach sollten alle Schüler während der obligatorischen Schulzeit zwei Fremdsprachen erlernen, wobei der Kombination einer Landessprache mit Englisch die grössten Chancen eingeräumt wurden. Der Kanton Graubünden zog – nach dem Vorreiter Zürich, der die ganze Diskussion ins Rollen gebracht hatte – als erster die Konsequenzen aus dieser Empfehlung. Ab 2002 wird Italienisch oder Romanisch erste und Englisch zweite Fremdsprache an der Bündner Volksschule sein; Französisch wird nur noch fakultativ angeboten [23].
Freiburg möchte zur Vermittlung der kantonal vorgegebenen Zweisprachigkeit (Französisch und Deutsch) vom Kindergarten bis zur Gymnasialstufe neue Wege beschreiten. Bereits in der Vorschulstufe sollen die Kinder spielerisch mit der anderen Sprache vertraut gemacht werden. Ab der Primarschule werden dann bestimmte Fächer wie etwa Geographie, Geschichte und Zeichnen allein in der zweiten Sprache unterrichtet (Immersionsmethode). In den höheren Schulstufen soll Englisch nach der gleichen Methode umgangssprachlich gefördert werden. Für die Umsetzung dieses Projektes rechnet der Freiburger Regierungsrat mit rund acht Jahren [24].
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Rätoromanisch
Die Regierung des Kantons Graubünden hatte bereits bei mehreren Gelegenheiten bekundet, für alle kantonsumfassenden Fragen auf die „Retortensprache“ Rumantsch grischun setzen zu wollen. Das 1997 revidierte Schulgesetz des Kantons Graubünden, verpflichtet die Grundschulen in deutschsprachigen Gemeinden, ab der 4. Klasse als Zweitsprache Italienisch oder Romanisch einzuführen. Neu beschloss der Regierungsrat, neben den fünf regionalen Idiomen auch Rumantsch grischun zuzulassen [25]. Inskünftig werden auch das Bündner Rechtsbuch sowie alle kantonalen Abstimmungsunterlagen in Rumantsch grischun und nicht mehr wie bisher in Ladin und Sursilvan publiziert [26].
Mit der Übersetzung eines der sieben bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU – jenem über das Beschaffungswesen – in Rumantsch grischun lag erstmals ein internationaler Vertrag in der vierten Landessprache vor [27].
 
[22] Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2193.22
[23] BüZ, 3.4. und 10.9.99. Siehe SPJ 1998, S. 327 f.23
[24] Presse vom 18.9.99. Zu ähnlichen Bestrebungen in anderen welschen Kantonen siehe LT, 26.8.99.24
[25] BüZ, 7.5.99.25
[26] BüZ, 1.10 und 17.12.99.26
[27] BüZ, 26.6.99.27