Année politique Suisse 2003 : Bildung, Kultur und Medien / Medien
 
Radio und Fernsehen
Die Attraktivität des Deutschschweizer Fernsehen erlitt im Berichtsjahr Einbussen gegenüber dem Rekordjahr 2002. Der Marktanteil am Hauptabend sank von 44,1 auf 43,5%. SF1 hielt mit einem halben Prozentpunkt Verlust noch einen Marktanteil von 34,9%; SF2 sank mit 8,1% um 0,3 Prozentpunkte. Im Ganztagesvergleich ergab sich für das Schweizer Fernsehen mit 34,7% ein Verlust von 0,6 Prozentpunkten [22]. In der Romandie konnte das Westschweizer Fernsehen TSR dahingehend einen Erfolg verbuchen, als dass die hundert meistgesehenen Fernsehsendungen des Berichtsjahres in der Romandie allesamt von TSR ausgestrahlt worden waren. Eigenproduzierte Informationsformate konnten sich besonders gut behaupten [23].
Im Rahmen des vom Bakom teilfinanzierten Forschungsprojektes „Programmstrategien in der schweizerischen Radiolandschaft“ konnte festgestellt werden, dass die übliche Konzeption von Konkurrenz als Bereicherung in der Schweizer Radiolandschaft keine Entsprechung findet. Unter dem anhaltenden starken Wettbewerb war nämlich in den Regionen eine Homogenisierung der Privatradios zu beobachten. Beim Buhlen um Gebührengelder betonten zwar sowohl staatliche als auch private Medienhäuser die Wichtigkeit von (vielfältigen) Programminhalten bzw. die Notwendigkeit, sich inhaltlich von den Wettbewerbern abzugrenzen. In völligem Widerspruch hierzu tendierten in Wahrheit die Privatradios dazu, ihre Programmstrategien ähnlich auszurichten, das Musikformat zu verengen und auf Hitparadentitel zu konzentrieren sowie die Informationssendungen auf ein Minimum zu beschränken und mit Boulevardelementen anzureichern [24]. Diese Tendenzen schlugen sich in den mittels Radiocontrol für das erste Halbjahr 2003 erhobenen Daten nieder: Das öffentliche Radio befand sich auf Kosten der privaten Sender im Aufwind. Die drei Hauptketten von Radio DRS erreichten in der Deutschschweiz einen Marktanteil von 60,1% (Radio DRS total: 63%), was einem Zuwachs von 2,5% (total 2,2%) gegenüber dem zweiten Semester 2002 entsprach. Zulegen konnte DRS 1 um 0,5%, DRS 2 um 0,7% und DRS 3 gar um 1,3%. Demgegenüber konnte auf privater Seite nur Radio 24 von der Tamedia AG seinen Marktanteil von 3% halten; Verluste von rund 0,2% mussten Radio Z, Radio Top, Argovia und Zürisee einfahren. Die Ursache für den leisen und doch eindeutigen Aufschwung bei Radio DRS wurde eben gerade in jener harten Formatierung gesehen, von welcher sich die Privatsender so viel erhofft hatten – das heisst von repetitiven Moderationen, Verschmälerungen des Musikangebots und der Vernachlässigung des Wortanteils. Das Publikum schien dieser Formatierung wenig abgewinnen zu können und den Privatsendern nun die entsprechende Quittung zu präsentieren [25].
top
 
print
Radio- und Fernsehgesetz
Das zu revidierende Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) war auch im Berichtsjahr heiss umstritten und bot Anlass zur Austragung von Kämpfen um Besitzstände und Gebührenanteile. Zu Jahresbeginn war noch mit einer parlamentarischen Behandlung des lang ersehnten und Ende 2002 vorgelegten Gesetzesentwurfs in der Sommersession gerechnet worden – die Beratungen in der zuständigen Nationalratskommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) sollten sich aber im Laufe des Jahres als äusserst langwierig erweisen [26]. Im Januar äusserten die politischen Parteien ihre Standpunkte zum Gesetzesentwurf. Zu reglementarisch und zu kompliziert, meinte die SVP, die sich eine klarere Definition vom Begriff „Service public“ und eine Senkung der Gebühren wünschte. Die FDP fand Gefallen an der asymmetrischen Werbeordnung und an der Anerkennung des regionalen Service public, kritisierte jedoch die Verwässerung des dualen Mediensystems und die fehlenden Parameter zum Gebührensplitting. Am Status quo festhalten wollte die SP, die sich gegen die gebührenfinanzierte Unterstützung von defizitären Lokalsendern regionaler Zeitungsmonopolisten wehrte. Die CVP schliesslich verteidigte den Gesetzesentwurf als ausgewogene Lösung und gab zu bedenken, dass der Service public so eng nicht zu definieren und das duale System beim Radio nur möglich sei, weil die SRG in den Radioprogrammen nicht werben dürfe [27].
Im Februar konnten sich dann diverse Interessengruppen zum RTVG-Entwurf äussern, der in der Stossrichtung dem Grundsatz eines starken durch die SRG erbrachten Service public und eines grösseren Handlungsspielraums privater Regionalsender verpflichtet war. Einigkeit schien hinsichtlich des Gebührensplittings zu herrschen, von dem laut Bundesrat die Privaten vermehrt profitieren sollten, nicht ohne aber dafür Leistungen für den Service public zu erbringen. Wie schon beim Vorentwurf zum RTVG [28] ging für die SRG dieser neue Gesetzesentwurf ebenfalls zu stark ins Detail. Die SRG sah ihre Programmautonomie in Frage gestellt und lehnte zudem die Schaffung eines Beirats zur Überprüfung der Leistungsaufträge ab. Der Verband Schweizer Privatradios (VSP) lobte seinerseits die Absicht, die Funktion der privaten Radio- und Fernsehveranstalter als Träger des regionalen Service public auf Gesetzesstufe zu verankern; die privilegierte Stellung der SRG bei der Programmanzahl, der Finanzierung über Gebühren und Werbung sowie bei der Verbreitung sei jedoch zu relativieren [29].
In der 2. Lesung des Gesetzes schwächte die KVF entgegen der 1. Lesung die Bestimmungen gegen die Medienkonzentration ab – das heisst marktbeherrschenden Medienunternehmen sollte eine Konzession erteilt werden, wenn sie nicht Meinungs- und Angebotsvielfalt bedrohten – und sprach sich ebenfalls entgegen einem ihrer früheren Entscheide für die Möglichkeit aus, dass nichtkommerzielle Privatradios SRG-Gebührengelder erhielten und dass die SRG Spartenprogramme uneingeschränkt anbieten könne, solange sich keine privaten Stationen darum bewerben [30]. Betreffend der Fernsehwerbung dehnte die KVF das Werbeverbot auf alle alkoholische Getränke und auf alle Medikamente aus, ging zu strengeren Auflagen als der Bundesrat über, indem sie für die Radioprogramme der SRG ein generelles Werbe- und Sponsoringverbot verhängte, und verlangte vom Bundesrat die Ausarbeitung einer Verordnung zur Regelung der Unterbrecherwerbung und der maximalen Werbedauer bei konzessionierten Privatstationen. Die Konzeption des Bundesrates, einen starken Service public durch die SRG zu sichern und die Chancen der privaten Sender zu erhöhen, unterstützte die KVF im Grundsatz. Die KVF sprach sich gegen die Schaffung einer „Kommission für Fernmeldewesen und elektronische Medien“ aus, in welche die ComCom, die UBI sowie zu grossen Teilen auch das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) aufgegangen wären. Ebenfalls ablehnend stand die KVF der vom Bundesrat vorgesehenen Schaffung eines Beirats zur qualitativen Kontrolle der SRG gegenüber; vielmehr strebte sie eine Abschwächung und gleichzeitige Erweiterung dieses Ratskonzepts an und votierte für die Einrichtung eines Publikumsrats, der die Einhaltung der Leistungs- und Programmaufträge von SRG und Privatsendern überwachen solle [31].
Gegen die Vorschläge der Kommission, die Zulassungsbedingungen für Private zu verschärfen und marktmächtigen regionalen Medienunternehmen die Beteiligung an Radio- und TV-Stationen zu verbieten, hatten sich Mitte des Jahres insbesondere die Verlegerverbände (Schweizer Presse, Presse Romande und Associazione Ticinese Editori di Giornali) gewehrt [32]. Ebenfalls negative Reaktionen waren seitens der Unikom, der Union nichtkommerzorientierter Lokalradios, hinsichtlich des früheren Beschlusses der KVF laut geworden, das Gebührensplitting für Radios mit nichtkommerziellen Kontrastprogrammen in Agglomerationen abzuschaffen [33]. KVF-Präsident Peter Vollmer (sp, BE) liess verlauten, die Kommission habe eine Gesetzesgrundlage erarbeitet, die sich für die Medienvielfalt ausspreche, ohne die SRG in ihrer Substanz zu gefährden. Die KVF verabschiedete schliesslich im November das neue RTVG mit 20 zu einer Stimme bei einer Enthaltung. Da nicht weniger als 51 Minderheitsanträge angemeldet worden waren, musste die Diskussion des Gesetzes im Nationalrat von der Traktandenliste der Dezembersession gestrichen und auf die Frühjahrssession 2004 verschoben werden [34].
Gegen ein im Rahmen der RTVG-Revision diskutiertes Werbeverbot strahlte die SRG TV-Spots gegen Werbeverbote aus und zog damit massive Kritik seitens der Konsumentenorganisationen auf sich. Dem Argument, die TV-Spots widersprächen dem im RTVG statuierten Verbot politischer Werbung, entgegneten die SRG sowie die „Allianz gegen Werbeverbote“ mit dem Hinweis auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Jahre 2001, welches das Verbot politischer Werbung dahingehend abgeschwächt hatte, als dass es nur noch direkt auf Volksabstimmungen und Wahlen zielende Werbung untersagt [35]. Wegen eines politischen Werbespots „Jetzt ein Stromausfall“ der SRG klagte der Verein „Strom ohne Atom“ bei der UBI. Der Verein machte das im RTVG festgehaltene Verbot von Werbung mit politischem Inhalt geltend, wohingegen die SRG auf die vom Gesetz abweichende Praxis verwies, gemäss welcher das Verbot nur während zwei Monaten vor einer Abstimmung zu beachten sei [36]. Gegen „Jetzt ein Stromausfall“ hatte das Bakom bereits unabhängig von dieser Vereinsklage ein Verfahren eröffnet und die Ausstrahlung des Spots schliesslich verurteilt. Die SRG musste den Spot aus dem Programm nehmen und die damit erzielten Einnahmen dem Staat abliefern [37].
top
 
print
SRG
Die SRG hatte im Berichtsjahr gleich zweierlei zu feiern – einerseits ihren 50. Geburtstag  [38] und andererseits das Schreiben schwarzer Zahlen, nachdem sie zwei Jahre in Folge einen Verlust hatte verbuchen müssen. Bei einem Umsatz von 1,5 Mia. Fr. erwirtschaftete die SRG einen Gewinn von 16,1 Mio Fr., der von der Geschäftsleitung auf leicht höhere Erträge sowie Kostenreduktionen zurückgeführt wurde. Die Einnahmen über die Empfangsgebühren stiegen um 11 Mio auf 1,1 Mia Fr. – unter anderem aufgrund der Erschliessung neuer gebührenpflichtiger Haushalte; der kommerzielle Ertrag (Werbung) sank hingegen um vier auf 322 Mio Fr. [39].
Die Suche nach einer Nachfolge für den scheidenden Direktor von SF DRS, Peter Schellenberg, konkretisierte sich nach monatelangem Brodeln in der Gerüchteküche im Namen Ingrid Deltenre, Direktorin von Publisuisse, der Werbeakquisitionsfirma der SRG. Die 42jährige Medienmanagerin Deltenre setzte sich im Wahlverfahren des zuständigen DRS-Regionalrats mit 18 von 20 möglichen Stimmen bei zwei Enthaltungen durch. Nicht ihre Qualifikation, wohl aber das Verfahren, das zu ihrer Wahl geführt hatte, wurde von einigen Regionalratsmitgliedern als unprofessionell, intransparent und dubios kritisiert. Seit Mai 2002 war in mehreren Phasen versucht worden, unter Ausschluss der Öffentlichkeit und auf Basis eines vom Regionalratsausschuss entwickelten Anforderungsprofils die Nachfolge intern auszumachen. Angesichts des allgemeinen Interesses an der Besetzung dieser Schlüsselposition in der Schweizer Medienlandschaft hatte die Geheimhaltungsstrategie jedoch nicht eingehalten und wilden Spekulationen nicht Einhalt geboten werden können [40]. Zum stellvertretenden Generaldirektor der SRG wurde Daniel Eckmann, ehemaliger Informationschef des Eidgenössischen Finanzdepartements gewählt. Eckmann hatte gleichzeitig mit Bundesrat Kaspar Villiger den Dienst beim Bund verlassen und trat die Nachfolge von SRG-Generalsekretär Beat Durrer an [41].
Im Frühjahr wurde bekannt, dass für die neue Programmleitung des Westschweizer Fernsehen TSR aus zwei internen und einer externen Kandidatur ein Triumvirat gewählt worden war – bestehend aus zwei Männern und einer Frau: Die unabhängige Produzentin Chantal Bernheim, der Chef der TSR-Magazine Gilles Pache und der TSR-Generalsekretär Yves Ménestrier traten im September die Nachfolge von TSR-Programmleiter Raymond Vouillamoz an [42].
Der Bundesrat erteilte der SRG die Konzession zur Einführung einer digitalen terrestrischen Verbreitung von Fernsehprogrammen (DVB-T). Landesweit sollten bis ins Jahr 2009 auf dem ersten Sendernetz vier SRG-Programme digital ausgestrahlt werden. Abgelehnt hatte der Bundesrat hingegen eine zwischenzeitliche Gebührenerhöhung zwecks Finanzierung dieser technischen Umstellung. Auch Privatsendern sollte gemäss Bundesrat die Chance offen stehen, auf dem digitalen Netz Programme anzubieten, wobei dieser Zugang an eine Kostenbeteiligung gebunden sein würde [43]. Die SRG hatte DVB-T bereits im Tessin und im Engadin eingeführt. Dank dem schrittweisen Ausbau von DVB-T sollten die bisherigen Verbreitungskanäle ergänzt und der digitale Empfang von SRG-Programmen über Antenne ermöglicht werden [44].
Auf April trat ein neuer Mann an die Spitze von DRS 3, des dritten Programms von Schweizer Radio DRS. Bendicht Luginbühl, Gründer und Geschäftsführer des Internet-Unternehmens Swisscontent und Mitglied der Geschäftsleitung der Vermarktungsfirma Goldbach Media, übernahm die Nachfolge von Andreas Schefer und kündigte eine Verstärkung der publizistischen Gesamtleistung von DRS 3 sowie mehr Präsenz in den Regionen an. Unter dem Motto „Musik ist Information“ versprach Luginbühl auch eine entsprechende Leistungssteigerung in den Begleitprogrammen des Senders [45].
Im April entschied der Zentralratsausschuss der SRG, einem vom Westschweizer Radio RSR geplanten Info-Kanal grünes Licht zu geben und den Bundesrat um eine entsprechende Konzessionsänderung zu ersuchen. Der Kanal soll rund um die Uhr viertelstündlich laufend aktualisierte Nachrichten aus Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur ausstrahlen. Damit hoffte RSR der starken Konkurrenz aus Frankreich begegnen zu können, denn das neue Angebot sah einerseits die Nutzung von Synergien zwischen den RSR-Redaktionen und andererseits die Förderung einer engen Kooperation mit kommerziellen Regionalradios vor. Bald schon regte sich jedoch Kritik am Projekt seitens des Westschweizer Verlegerverbandes Presse Romande, der dem Info-Kanal keinen Service public-Charakter zugestehen wollte [46].
top
 
print
Privates sprachregionales Fernsehen
Nachdem sich schon das Bakom 2001 erfolglos dem Werbefenster des französischen Fernsehsenders M6 für die Westschweiz widersetzt hatte, klagte im Berichtsjahr das Westschweizer Fernsehen TSR gegen M6 beim Zivilgericht Freiburg. TSR warf dem Sender unlauteren Wettbewerb und die Verletzung von Exklusivrechten vor. Das Freiburger Gericht trat teilweise auf die Klage ein, da M6 in der Westschweiz ohne die Einholung der entsprechenden Rechte ein Programm verbreite, das von seinem ursprünglichen Programm abweiche. TSR gelangte in dieser Sache auch an die höchste französische Verwaltungsinstanz, den Conseil d’Etat, der die Klage jedoch abwies [47].
Der Bundesrat erteilte dem Privatsender U1 die Konzession für die Verbreitung eines deutschsprachigen Vollprogramms mit nationaler Ausrichtung und den Schwerpunkten Unterhaltung, Sport und Dokumentation. Als Trägerin des Senders zeichnete die Kanal 1 TV AG verantwortlich. Der Bundesrat hatte anfänglich Skepsis hinsichtlich einer längerfristigen Sicherung der Finanzierung des Senders geäussert. Anfangs Dezember nahm U1 seinen Betrieb auf [48].
top
 
print
Regionalfernsehen
Dem Gesuch um Zwangsaufschaltung des Regionalfernsehprogramms „ZüriPlus“ auf das Kabelnetz der Cablecom entsprach das Bakom nicht. Die Voraussetzungen für eine Zwangsaufschaltung seien nicht erfüllt, da einerseits die Cablecom über keine freien Kapazitäten verfüge und andererseits das Programm von „ZüriPlus“ keinen spezifischen Beitrag zur Erfüllung des gesetzlichen Leistungsauftrags von Radio und Fernsehen leiste. Nach eigenen Angaben der „ZüriPlus“-Geschäftsleitung bedeutete dieser Entscheid das Ende des Senders, der Ende März des Berichtsjahres als Nachfolgeprojekt von Hasli-TV auf Sendung gegangen war – einem 1982 aufgeschalteten, 1998 aber Konkurs gegangenen Pionier des Schweizer Privatfernsehens [49].
Das Projekt Interjura TV für ein interjurassisches Lokalfernsehen scheiterte endgültig, nachdem dessen Konzession bereits zweimal verlängert worden war. Der Lokalradiounternehmer Pierre Streulet fand nach dem Ausstieg seiner Hauptpartner, zweier Zeitungsverleger, keine neuen Geldgeber. Interjura TV wäre im Jura, im Berner Jura und in den Neuenburger Städten Le Locle sowie La Chaux-de-Fonds ausgestrahlt worden [50].
Nachdem dem Regionalsender Tele Ostschweiz eine Erweiterung seines Sendegebiets 2001 durch den Bundesrat verweigert worden war und daraufhin die angestrebte Verbreiterung der Trägerschaft nicht zustande kam, entschloss sich die Besitzerin, die St. Galler Tagblatt AG, für eine Integration von Tele Ostschweiz in die Tagblatt AG und die Weiterführung des Senders als selbständiges Geschäftsfeld. Mit dieser Eingliederung des mittlerweile in St. Gallen, beiden Appenzell und im Thurgau täglich rund 100 000 Zuschauer erreichenden Senders erhoffte sich die Geschäftsleitung, Synergien in den Bereichen Verkauf, Informatik, Personaldienst, Finanz- und Rechnungswesen nutzen zu können [51].
In akuten Finanzsorgen befand sich der Solothurner Regionalfernsehsender Intro TV. Gegen Ende des Berichtsjahres war der Sender nur noch in Solothurn, Grenchen und Langenthal aufgeschaltet, nachdem die Swisscom die Zubringerleitungen von Intro TV zwangsweise abgeschaltet hatte. Die Fernsehstation schuldete dem Unternehmen über 70 000 Franken und sah sich nach einer neuen Eigentümerschaft um [52].
top
 
print
Spartenfernsehen
Der Bundesrat erteilte dem französischsprachigen Musiksender TVM3 die Konzession. Über Kabel verbreitet das an 15- bis 30-Jährige gerichtete Fernsehprogramm ein aktuelles Musikprogramm sowie Informations- und Spielsendungen, Sport- und Kulturnachrichten [53].
top
 
print
Schweizer Radio International
Swissinfo/SRI, der Schweizer Auslanddienst, baute 35 von insgesamt 147 Vollzeitstellen ab. Im Rahmen seines Entlastungsprogramms hatte der Bund im Mai die Reduktion der Bundesbeiträge für das SRG-Auslandprogramm von 18 auf 5 Mio Fr. ab dem Jahr 2005 bekannt gegeben; ab 2006 sollen die Bundesbeiträge ganz wegfallen. Die SRG erwog daraufhin, die einschneidende Sparmassnahme mit einer Gebührenerhöhung auszugleichen, so wie dies der Bundesrat auch empfohlen hatte, stellte sich dann aber auf den Standpunkt, dass Gebührenzahlende nur zur Kasse gebeten werden könnten für etwas, das ihnen auch zugute komme. Swissinfo erfülle jedoch eine Aufgabe im Auftrag des Bundes – nämlich die Förderung der Präsenz der Schweiz im Ausland und der Verbindung zu den Auslandschweizern. Vom schliesslich beschlossenen Stellenabbau bei Swissinfo betroffen waren vor allem Journalistinnen und Journalisten in der englisch-, französisch-, italienisch- und deutschsprachigen Redaktion, wohingegen die arabischen, spanischen, portugiesischen, japanischen und chinesischen Angebote kaum berührt wurden [54]. Im August trat unvermittelt und aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit der Direktion in Bezug auf Führungsverständnis und Umsetzung der publizistischen Vorgaben der Chefredaktor von Swissinfo, Peter Salvisberg, von seinem Posten zurück [55].
top
 
print
Sparten- und Lokalradios
Sechs Radiomacher bewarben sich um eine UKW-Konzession für ein neues Jugendradio in Zürich. Sehr unterschiedliche Konzepte lagen vor, wobei sich die Vorgaben des Bundes auf die anzusprechende Altersgruppe (15- bis 24-Jährige) und die finanziellen Mittel bezogen. Wert wurde zudem auf die Glaubhaftigkeit der Anwärterinnen und Anwärter gelegt, mit ihrem Konzept eine Konzessionsdauer von zehn Jahren durchhalten zu können. Heiss wurde im Hinblick auf die Konzessionserteilung die Frage diskutiert, ob ein Jugendradio kommerziell ausgerichtet sein müsse, um die Jugendlichen zu erreichen, oder ob es im Gegenteil gar nicht kommerziell sein dürfe, um überhaupt noch ein Jugendradio zu sein. Der Entscheid des Bundes über die Vergabe der Konzession wurde nicht vor Frühjahr 2004 erwartet [56].
Gegen das Rheintaler Lokalradio Radio Ri eröffnete das Bakom ein Strafverfahren betreffend politisches Sponsoring. Der Sender hatte sich für die Ausstrahlung von Podiumsdiskussionen mit Nationalratskandidaten einen Teil der Infrastruktur von Parteien finanzieren lassen [57].
Der ehemalige Lokalsender Radio Edelweiss startete Mitte des Berichtsjahres unter dem neuen Namen Radio Basel 1. Ziel der formalen wie auch inhaltlichen Neugestaltung war es nach Angaben der Basler Mediengruppe als Hauptaktionärin von Edelweiss, den Sender nicht nur im Kanton Baselland, sondern in der ganzen Nordwestschweiz besser zu positionieren und gegenüber dem Sender Basilisk, der von der Konkurrenz – nämlich dem Zürcher Tamedia-Konzern – kontrolliert wird, zu stärken [58]. Einen Energieschub erhoffte sich auch der Lokalsender Hitradio Z mit einem Neustart unter dem Namen Energy Zürich  [59]. Im Frühjahr war die Romandie um einen Lokalsender reicher geworden: Radio M24 – was für „la musique puissance 24“ stehen soll – ging mit der Absicht auf Sendung, die 15- bis 55-Jährigen anzusprechen und insbesondere Musikgruppen aus der Region zu einer Plattform zu verhelfen [60].
Der Bundesrat erteilte der Radio Top AG eine Konzession für die Veranstaltung eines Programms Radio Top Two international, das mit Unterhaltungsmusik und Informationen die Hörerschaft des Bodenseeraumes sowie der ganzen deutschsprachigen Schweiz ansprechen soll. Die Konzession verpflichtet den neuen Sender insbesondere auf einen Beitrag zur besseren medialen Vertretung der Ostschweiz im Bodenseeraum und in der deutschsprachigen Schweiz sowie zur Förderung des schweizerischen Kulturschaffens [61].
top
 
print
Ombudsstellen im Radio- und Fernsehbereich / UBI
Mit 118 Beschwerden gingen im Berichtsjahr nochmals weniger Beanstandungen bei der DRS-Ombudsstelle ein als im Vorjahr (162). Davon wurden 35 Beanstandungen (37%) als für mehr oder weniger berechtigt eingestuft und 6 Fälle an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) weitergezogen. Am häufigsten wurde der Vorwurf vorgebracht, eine Sendung sei unsachgemäss, (politisch) tendenziös oder diffamierend. Betroffen waren insbesondere Radionachrichten oder von der „Tagesschau“, „10 vor 10“ und „Schweiz aktuell“ verbreitete Sendungen [62].
Insgesamt 14 neue Beschwerden gingen im Berichtsjahr bei der UBI ein (2002: 18); diese fällte 17 Entscheide (2003: 18). Die eingegangenen Beschwerden betrafen neben zwölf Fernseh- auch zwei Radiosendungen – elf deutschsprachige, zwei französischsprachige Ausstrahlungen sowie eine italienischsprachige Sendung. Gegenstand der Beschwerde waren in zwölf Fällen Beiträge von SRG-Programmen, in zwei Fällen solche von privaten Fernsehveranstaltern. Lediglich eine Beschwerde wurde von der UBI gutgeheissen (2003: 6). Der sachlich unbegründete Vorwurf des Missmangagements, der in einem "10 vor 10"-Beitrag von SF DRS an die Adresse des Flughafen Unique erhoben worden war, hatte das Sachgerechtigkeitsgebot verletzt. Bei den beanstandeten Ausstrahlungen handelte es sich überwiegend um Informationssendungen. Thematisch bildete die politische Meinungsbildung den Schwerpunkt. Die UBI nahm schliesslich auch einige Änderungen in der Entscheidredaktion vor. Neu wird demnach das Stimmenverhältnis bekannt gegeben und in kontroversen Fällen die abweichende Position von Mitgliedern veröffentlicht [63].
 
[22] AZ, 6.2.04.
[23] NZZ, 16.1.04.
[24] NZZ, 29.8.03. Zur Gebührenerhebung und Mittelbeschaffung bei der SRG siehe auch die bundesrätliche Antwort zur Interpellation Peter Föhn (SZ, svp) betreffend die Finanzierung des SRG-Leistungsauftrages (AB NR, 2003, S. 1734).
[25] AZ, 22.7.03; NZZ, 23.7.03; TA, 26.7.03.
[26] BBl, 2003, S. 1569 ff. (Botschaft); vgl. auch SPJ 2002, S. 287 f.
[27] NZZ, 29.1.03; Bund, 31.1.03.
[28] Vgl. SPJ 2001, S. 253 f.
[29] Presse vom 11.2.03; TA, 13.2.03; NZZ, 14.2.03; SGT, 26.3.03. Für diverse Kommentare zum RTVG-Entwurf von Medienfachleuten und Interessengruppen vgl. NZZ, 21.2., 28.2., 11.4., 17.4., 26.5. und 5.9.03; AZ, 18.7.03; SGT, 17.9. und 20.9.03.
[30] Zur 1. Lesung in der KVF vgl. Presse vom 3.7. und 5.7.03. Zu Beiträgen aus dem Gebührensplitting an nichtkommerzielle Lokalradios siehe BaZ, 6.8.03.
[31] Presse vom 16.4., 13.8. und 12.11.03.
[32] Presse vom 4.7.03.
[33] NZZ, 8.7.03; WoZ, 17.7.03; AZ, 2.8.03.
[34] Presse vom 3.9.03.
[35] Presse vom 28.11.03.
[36] Presse vom 28.2.03.
[37] Presse vom 15.3.03.
[38] Für diverse Rückblicke auf die Geschichte des Schweizer Fernsehens vgl. WoZ, 9.1.03; NZZ, 7.3., 21.3., 28.3., 7.6., 20.6. und 19.9.03; SGT, 28.3., 11.4. und 13.6.03; AZ, 12.6.03; BaZ, 20.9.03.
[39] NZZ, 26.3.2004.
[40] AZ, 3.1., 7.1. und 14.1.03; SoZ, 5.1.03; Presse vom 8.1., 11.1., 18.1., 23.1. und 24.1.03; BaZ, 23.1.03; Ww, 30.1.03; NZZ, 7.2. und 22.12.03; BZ, 14.8.03.
[41] NZZ, 9.12.03; LT, 9.12.03.
[42] Presse vom 15.2.03.
[43] BBl, 2003, S. 5915 f.; AZ, 14.4.03; NZZ, 26.6.03.
[44] BüZ, 1.2.03; Presse vom 7.8.03; NZZ, 8.8.03; BaZ, 8.8.03. Zur bundesrätlichen Antwort auf die Interpellation Hajo Leutenegger (ZG, fdp) betreffend die Notwendigkeit einer flächendeckenden Versorgung mit terrestrisch digital verteiltem Fernsehen vgl. AB NR, 2003, S. 514.
[45] Presse vom 16.1. und 27.8.03: vgl. auch SPJ 2001, S. 254.
[46] AZ, 1.3.03; LT, 3.4.03; Presse vom 1.7.03; NZZ, 2.7.03.
[47] 24h, 1.4. und 22.11.03; Presse vom 20.11.03; NZZ, 21.11.03; QJ, 22.11.03; vgl. SPJ 2001, S. 256.
[48] NZZ, 17.6.03; Presse vom 13.11.03; AZ, 14.11.03; SHZ, 3.12.03; BaZ, 10.12.03.
[49] NZZ, 7.2., 14.2. und 27.12.03; TA; 1.4. und 29.12.03.
[50] QJ, 12.3.03; LT, 12.3.03; NZZ, 13.3.03.
[51] Presse vom 26.6.03. Vgl. SPJ 2000, S. 305 sowie 2001, S. 256.
[52] SZ, 9.10., 11.10., 28.20. und 12.11.03.
[53] BBl, 2003, S. 5588 ff.; NZZ, 3.7.03.
[54] TA, 10.5.03; SoZ, 11.5.03; Presse vom 12.5.03; NZZ, 4.12.03.
[55] NZZ, 5.8.03.
[56] BBl, 2003, S. 3718 ff.; TA, 12.2. und 27.8.03; NZZ, 12.2., 28.5., 2.9. und 22.10.03.
[57] SGT, 6.10. und 16.10.03; NZZ, 7.10.03; BüZ, 7.10.03.
[58] BaZ, 25.7. und 26.8.03.
[59] NZZ, 6.8.03; TA, 7.8. und 15.8.03.
[60] NZZ, 21.2.03.
[61] BBl 2003, S. 3973 ff.
[62] AZ, 13.2.04; NZZ, 13.2.04.
[63] http://www.ubi.admin.ch/presse/2004