Année politique Suisse 2004 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen
Wahlen in kantonale Parlamente
Für die detaillierten Resultate siehe die Tabellen im Anhang (
anhang_2004.pdf).
2004 bestellten die Wahlberechtigten von sechs Kantonen (BS, SG, SH, SZ, TG, UR)
[1] ihre Parlamente neu. Gemessen an ihrer bisherigen Stärke legten die
Grünen am meisten zu; sie konnten ihre Vertretung von 25 auf 47 Sitze nahezu verdoppeln. Allein in Basel-Stadt eroberten sie neun zusätzliche Mandate, in St. Gallen sieben, im Thurgau fünf und in Uri eines. Bei den Bundesratsparteien gehörten die
SVP (+24) und die
SP (+22) zu den
Gewinnerinnen: Die SVP gewann in Schwyz sieben zusätzliche Sitze hinzu, im Thurgau und in Uri je fünf, in Schaffhausen und in St. Gallen je drei und in Basel-Stadt einen. Die Sozialdemokraten erzielten acht Gewinne in St. Gallen, sieben in Basel-Stadt, vier in Schwyz, drei in Schaffhausen und einen im Thurgau; in Uri mussten sie einen Sitz abtreten. Die Gewinne
gingen auf Kosten der CVP (-26) und der FDP (-23): Allein in Schwyz büssten die Christlichdemokraten neun Mandate ein, in St. Gallen sieben, im Thurgau fünf, in Basel-Stadt drei und in Schaffhausen zwei; nur in Uri konnten sie alle ihre Sitze verteidigen. Die Freisinnigen mussten in St. Gallen acht Mandate abtreten, in Uri sechs, im Thurgau vier, in Schaffhausen und in Schwyz je zwei und in Basel-Stadt eines. Bei den kleineren Parteien hatten mit Ausnahme der Grünen alle Einbussen in Kauf zu nehmen: Die Liberalen verloren vier Sitze in Basel-Stadt, die EVP je einen in Schaffhausen und im Thurgau, und der LdU in St. Gallen, wo er nicht mehr zu den Wahlen angetreten war, drei. Die Schweizer Demokraten verpassten in Basel-Stadt die 5%-Hürde und sind nicht mehr im Parlament vertreten, ebenso wenig wie die Freiheitspartei im Thurgau, wo diese ihres einzigen Sitzes verlustig ging.
Von den insgesamt 684 in den sechs Kantonen zu vergebenden Parlamentssitzen gingen deren 181 (26,5%) an
Frauen. Zugenommen hat der Frauenanteil in St. Gallen (+10 Mandate), im Thurgau (+7) und in Schwyz (+4). Auch in Basel-Stadt ist eine Frau mehr im Parlament vertreten. Während Uri gleich viele Frauen in den Landrat delegiert wie vor vier Jahren, verloren die Schaffhauserinnen ein Mandat. Gesamtschweizerisch am meisten Parlamentarierinnen delegierte Basel-Stadt (35,4%), am wenigsten Glarus (10,0%); der Frauenanteil in den kantonalen Parlamenten stieg auf Ende 2004 leicht auf 25,1% an (2003: 24,2%)
[2].
Für die Gesamterneuerungswahlen von Ende Oktober traten sämtliche der im Grossen Rat vertretenen Parteien erneut an: die FDP, die Liberal-Demokratische Partei (lp), die SP, die Vereinigung Evangelischer Wähler (vew), die CVP, die Demokratisch-Soziale Partei (dsp), die EDU, die SVP und die von ihr abgespaltene Bürgerpartei mit je eigenen Listen, BastA! und die GP gemeinsam als Grünes Bündnis, die SD gemeinsam mit einer Splittergruppe. Insgesamt kandidierten 998 Personen auf 16 Listen für die 130 Sitze. Das
links-grüne Lager ging als
Siegerin aus den Wahlen hervor: Die SP erzielte das beste Resultat seit 1944 und stellt neu 46 Abgeordnete (+7). Das Grüne Bündnis konnte seine Vertretung auf 16 Sitze ausbauen (+4): BastA! hält davon 10 Mandate, die GP 6. Dank ihrer Listenverbindung konnten VEW und DSP ihre je 6 Sitze halten. Mit 62 von 130 Sitzen verfügt die Linke zwar nicht über eine absolute Mehrheit; da die Mitteparteien VEW und DSP aber fallweise mit ihr stimmen, dürften es bürgerliche Anliegen laut Presseeinschätzungen schwerer haben. Die traditionellen bürgerlichen Parteien mussten insgesamt 8 Sitze abgeben: Am meisten Einbussen erlitten die Liberalen, die einen Viertel ihrer Fraktion verloren und noch 12 Abgeordnete stellen. Die FDP verfügt über 17 Sitze (-1) und die CVP über 11 (-3). Mit lediglich 15 Grossräten (+1) verfehlte die SVP ihr Wahlziel von mindestens zwanzig Sitzen klar, obschon sie die Mandate der abtrünnigen Schweizer Bürgerpartei problemlos erben konnte, welche erst im Frühling von sieben ehemaligen SVP-Grossräten nach einem Streit mit Parteipräsidentin Angelika Zanolari gegründet worden war. Die Schweizer Demokraten mussten ihre fünf bisherigen Sitze abgeben und sind nicht mehr im Kantonsparlament vertreten, da sie in keinem der Wahlkreise einen Wähleranteil von 5% erreichten. Der im Majorzverfahren gewählte parteilose Vertreter der Gemeinde Bettingen schloss sich der FDP-Fraktion an. Der Frauenanteil des neu zusammengesetzten Basler Grossen Rates erhöhte sich leicht auf 35,4% (46 Sitze)
[3].
2004 bestellten Schaffhauserinnen und Schaffhauser einen Monat nach den Regierungsratswahlen zum letzten Mal ein aus 80 Mitgliedern bestehendes Parlament; in vier Jahren soll der Kantonsrat auf 60 Personen verkleinert werden. In den sechs Wahlkreisen liessen sich insgesamt 299 Männer und 111 Frauen auf 34 Listen aufstellen. Während in der Vergangenheit vor allem die bürgerlichen Parteien CVP, EVP, FDP und SVP Listenverbindungen eingegangen waren, machte nun auch die Linke vom taktischen Schulterschluss Gebrauch. In Neuhausen, im Klettgau und im Reiat spannte die SP mit den eher rechts von ihr stehenden Ökoliberalen zusammen. Im Wahlkreis Schaffhausen hingegen verbanden sich diese im Einklang zu der im Parlament bestehenden Fraktionsgemeinschaft mit der EVP. Die CVP verzichtete weitgehend auf eine Wahlallianz, einzig in Neuhausen schloss sie sich wie bisher der FDP-SVP-Gruppe an. Ohne Listenverbindung blieb die erstmals ohne ihren Initiator antretende Senioren-Allianz. Bei den Wahlen im September vermochte die
SVP ihre starke Stellung innerhalb der bürgerlichen Parteien dank dem Erfolg ihrer Jungpartei (+3) mit 30 Sitzen weiter auszubauen. Die
SP konnte sich vom Rückschlag vor vier Jahren erholen und erzielte neu 24 Mandate (+3). Zu den erfolgreichen Gruppierungen gehörten auch die Ökoliberale Bewegung mit 6 Sitzen (+1) und die Alternative Liste Schaffhausen, die erstmals mit einem Vertreter in den Kantonsrat einzieht. Verluste erlitten hingegen die CVP, die FDP und die Senioren-Allianz, die alle je zwei Mandate abgeben mussten: Die FDP blieb trotz massiven Einbussen an Wählerstimmen mit 14 Sitzen drittgrösste Kraft, die CVP erreichte mit nur noch 3 Vertretern die Fraktionsstärke nicht mehr, und die bürgerliche, aber in sozialen Fragen oft sozialdemokratisch politisierende Senioren-Allianz verlor zwei ihrer drei Mandate. Zu den Verliererinnen gehörten auch die EVP, deren bisher zwei Sitze umfassende Vertretung halbiert wurde, und das Grüne Bündnis, das von vornherein auf eine eigene Liste verzichtet hatte; seine bisherige Vertreterin wurde auf der SP-Liste als Kantonsrätin bestätigt. Der Frauenanteil im Schaffhauser Parlament sank auf 21,3% (17 Frauen)
[4].
In Schwyz bewarben sich 319 Kandidierende auf die 100 Sitze im Kantonsrat, 26 mehr als vor vier Jahren. Spannung kam im Vorfeld der Wahlen vor allem in mehreren kleinen Gemeinden auf, wo sich die SVP einen Sitz erhoffte. Sie übertraf mit sieben zusätzlichen Mandaten ihr Wahlziel von vier bis fünf Gewinnen und stellt neu mit 27 Abgeordneten die zweitstärkste Fraktion hinter der
CVP mit nur noch 34 Vertretern; die Christlichdemokraten mussten gleich
neun Sitze abtreten, so viele wie noch nie zuvor. Die zwei Verluste der FDP (24 Sitze) hielten sich hingegen in Grenzen. Zu den Gewinnerinnen gehörte auch die SP, die vier zusätzliche Mandate eroberte und neu 15 Parlamentsmitglieder stellt. Die Zahl der Frauen im Schwyzer Kantonsrat erhöhte sich um vier auf 18 (18%)
[5].
Erstmals fanden die Wahlen in den Kantonsrat zeitgleich mit jenen in die Regierung statt und zwar in acht Wahlkreisen statt wie bis vor vier Jahren in den vierzehn Bezirken. Insgesamt kandidierten 924 Personen, davon 263 Frauen, auf 63 Listen für die 180 Sitze. Nach den Wahlen im März bleibt die CVP mit 55 Sitzen zwar stärkste Fraktion, doch büsste sie sieben Sitze ein, vier mehr als bei den letzten Wahlen. Die FDP verlor gar acht Mandate und stellt mit 32 Kantonsräten hinter der SP nur noch die viertstärkste politische Kraft dar. Die SVP konnte ihren Siegeszug nicht fortsetzen. Zwar hat sie von 42 auf 45 Sitze zugelegt, aber ihr Wahlziel, die CVP als stärkste Fraktion abzulösen, deutlich verfehlt. Die
Sozialdemokraten gewannen acht Sitze hinzu und liegen mit 35 Mandaten über dem historischen Hoch von 1996.
Erfolgreich waren auch die
Grünen: Sie legten von drei auf 10 Sitze zu und erreichen damit neu Fraktionsstärke – sieben Sitze sind dafür das Minimum. Damit gehört die Fraktion der Unabhängigen, Grünen und der EVP (UGE) der Vergangenheit an. Die Unabhängigen gingen in der SP auf (zwei Kandidaten wurden auf der SP-Liste gewählt), die EVP konnte ihre 2 Sitze halten. Ebenfalls wieder gewählt wurde der ehemalige LdU-Politiker Reto Antenen auf der Regio-Stadtliste. Die Frauen konnten ihren Anteil im Kantonsrat um 5,6 Prozentpunkte auf 25% (45 Frauen) erhöhen
[6].
Für die Gesamterneuerungswahlen traten nur die vier Regierungsparteien SVP, SP, CVP und FDP in allen acht Bezirken an. Die ebenfalls im Kantonsrat vertretenen Grünen und die EVP kandidierten je in sieben Bezirken, die EDU in fünf. Die SD nahmen nicht an den Wahlen teil, gaben jedoch Empfehlungen zugunsten einzelner Personen ab. Die fast von der parteipolitischen Bühne verschwundene Freiheitspartei trat ebenfalls nicht mehr an. Die Listenverbindungen zwischen den einzelnen Parteien gestalteten sich vielfältig: SVP und FDP hielten fast lückenlos an ihrer traditionellen Allianz fest, nur in Kreuzlingen traten die drei grossen bürgerlichen Parteien getrennt an. Die CVP verstärkte im Gegensatz zu 2000 statt in fünf nur noch in zwei Bezirken den Bürgerblock, und in Diessenhofen spannte sie erstmals mit der SP zusammen. Traditionell verbanden sich die Grünen mit der SP, in Münchwilen hingegen mit der EVP. Letztere hatte nicht weniger als vier verschiedene Partner: zweimal die CVP, in Kreuzlingen die Grünen sowie die EVP-nahe Lokalliste und in Weinfelden die EDU. Sowohl die
SVP als auch die
Grünen gingen mit je fünf zusätzlichen Sitzen als
Gewinnerinnen aus den Kantonsratswahlen hervor: Die SVP konnte ihre Vertretung im 130-köpfigen Grossen Rat auf 47 Abgeordnete ausbauen und wurde damit doppelt so stark wie die zweitplatzierte SP mit 23 Mitgliedern (+1). Historische Bedeutung hatte der Sitzgewinn in Münchwilen, weil sich die SVP in den katholischen Stammlanden erstmals vor der CVP platzieren konnte. Während der Sieg der SVP nicht unerwartet ausfiel, kam der Zuwachs der Grünen für Thurgauer Verhältnisse einer Überraschung gleich: Neu sind sie mit 13 Kantonsräten vertreten. Verliererinnen der Wahlen waren die FDP und die CVP: Die Christlichdemokraten mit nur mehr 22 Sitzen mussten einen Verlust von fünf Mandaten hinnehmen, obschon sie lediglich 1,8% der Wählerstimmen verloren. Die Freisinnigen schnitten wählerstimmenmässig noch schlechter ab als die CVP, verloren aber nur vier Sitze und stellen neu 20 Kantonsräte. In der EVP-EDU-Fraktion verlor die EVP zwar einen ihrer fünf Sitze, doch sicherte die Wiederwahl des EDU-Vertreters dem Bündnis den Fraktionsstatus. Die Frauen konnten ihre Vertretung von 33 auf 40 Parlamentarierinnen erhöhen (30,8%)
[7].
Während jene Gemeinden, denen drei und mehr Sitze zustehen, ihre Vertreter im Proporzverfahren bestimmen, wählen kleinere Gemeinden ihre Delegierten in den 64-köpfigen Landrat im Majorzverfahren.
Gewinnerin der Wahlen war die
SVP; sie konnte ihre Mandate von vier auf 9 mehr als verdoppeln. Verluste mussten hingegen die Freisinnigen hinnehmen, die nur noch über 15 Sitze verfügen (-6). Die CVP stellt wie bisher mit 29 Parlamentsmitgliedern die stärkste Fraktion. Auch die vereinigte Urner Linke (SP und Grüne) konnte ihre 10 Sitze verteidigen: Die SP büsste zwar einen ihrer neun Sitze ein, dafür konnten die Grünen ein Mandat hinzugewinnen. Realp wählte eine der FDP nahe stehende, parteilose Vertreterin in den Landrat. Der Frauenanteil im Kantonsparlament stagnierte bei 23,4% (15 Frauen)
[8].
[1] In UR wird nach dem Majorzsystem gewählt. Daher ist ein Vergleich der Stimmenanteile mit den letzten Wahlen nicht möglich.
[2] Die Vergleiche basieren auf den kantonalen Wahlen 2000. Später ins Parlament nachgerückte resp. zurückgetretene Frauen wurden nicht berücksichtigt. Zu den Parteien siehe auch unten, Teil IIIa.
[3] Wahlen vom 24.10.04: Presse vom 25.10.04;
BaZ, 26.10.04. Wahlkampf:
BaZ, 31.8.-16.10.04.
[4] Wahlen vom 26.9.04: Presse vom 27.9.04;
SN, 28.9.04. Wahlkampf:
SN, 18.6.-23.9.04. Siehe auch
SPJ 2003, S. 313.
[5] Wahlen vom 28.3.04: Presse vom 29.3.04. Wahlkampf:
NLZ, 28.2.04.
[6] Wahlen vom 14.3.04: Presse vom 15.3.04;
SGT, 16.3.04. Wahlkampf:
SGT, 14.1.-11.3.04. Siehe auch
SPJ 2002, S. 305 und
2003, S. 315, zur SP siehe
SPJ 1996, S. 50.
[7] Wahlen vom 28.3.04: Presse vom 29.3.04;
SGT, 30.3.04. Wahlkampf:
SGT, 4.2.-8.3.04.
[8] Wahlen vom 21.3. und 16.5.04 (Hospental): Presse vom 22.3.04;
NZZ, 17.5.04.
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