Année politique Suisse 2006 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung
Datenschutz und Statistik
Bei der
Teilrevision des
Datenschutzgesetzes räumten zu Jahresbeginn die Parlamentskammern die wenigen verbliebenen Differenzen aus
[5].
Das ursprüngliche Projekt einer neuen einheitlichen
Personenidentifikationsnummer (PIN), die sich in verschiedenen Bereichen der Verwaltung einsetzen lässt und unter Umständen auch Verknüpfungen erlaubt, und welche auch statistische Auswertungen erleichtern würde, hatte der Bundesrat Ende 2005 fallen gelassen. An deren Stelle hatte er eine Neukonzeption der AHV-Nummer und ihre Umwandlung in eine umfassende
Sozialversicherungsnummer vorgeschlagen. Trotz der Einwände des eidgenössischen Beauftragten für Datenschutz, Hanspeter Thür, akzeptierte der Ständerat diese neue AHV-Nummer einstimmig. Im Nationalrat forderte die SVP-Fraktion Rückweisung an den Bundesrat mit der Auflage, den Verwendungsbereich dieser neuen Nummer strikte auf den AHV-Bereich zu beschränken. Nachdem dieser Antrag abgelehnt worden war, verlangten die Grünen in der Detailberatung erfolglos Ähnliches. Auf Antrag der Kommission fügte der Rat allerdings die Bestimmung ein, dass für die systematische Verwendung dieser Nummer in anderen Bereichen als der Sozialversicherung eine Gesetzesgrundlage notwendig sei. Einzelne Bereiche, in denen kantonales Recht vollzogen wird (z.B. Krankenkassenprämienverbilligungen, Bildungsinstitutionen) wurden zur systematischen Verwendung der neuen Nummer ermächtigt. In der Schlussabstimmung im Nationalrat sprachen sich die SVP und die GP mehrheitlich gegen die neue Versichertennummer aus
[6].
Das Parlament verabschiedete ebenfalls das neue Bundesgesetz über die Harmonisierung der Einwohnerregister und anderer amtlicher Personenregister (
Registerharmonisierungsgesetz, RHG). Auch hier kam die Opposition in erster Linie von der SVP, welche im Nationalrat erfolglos Nichteintreten beantragte. Die Harmonisierung der Register an sich akzeptierte sie zwar, die Verwendung von Registerdaten zu statistischen Zwecken und vor allem ihre mögliche Verknüpfung lehnte sie aber ab. Die Bundesversammlung bewilligte zur Umsetzung dieses Beschlusses auch die erforderlichen Geldmittel von knapp 16 Mio Fr. für die Dauer von fünf Jahren
[7].
Die beiden neuen Gesetze über die Sozialversicherungsnummer und die Registerharmonisierung schufen die technischen Voraussetzungen für die angestrebte Reform der Volkszählung. Gegen Jahresende beantragte der Bundesrat dem Parlament eine Totalrevision des Bundesgesetzes über die
Volkszählung. Wie bereits im Vorjahr vom Bundesamt für Statistik angekündigt, soll die Volkszählung in Zukunft nicht mehr mittels einer Vollerhebung mit Fragebogen, sondern auf der Grundlage der bei den Behörden (vor allem den kommunalen Einwohnermeldeämtern) vorliegenden Registerdaten durchgeführt werden. Als Ergänzung dazu kommen Repräsentativbefragungen zur Erfassung von Strukturdaten, welche in den Registern nicht enthalten sind (z.B. Sprache, Bildung, Verkehrsverhalten). Die Stichproben in diesen jährlichen Repräsentativbefragungen sollen derart umfangreich sein, dass ihre über einige Jahre kumulierten Ergebnisse auch Aussagen zu kleinräumigen Gebieten ermöglichen. Das würde den im Vorjahr vorgebrachten Haupteinwand gegen das neue System entkräften. Die neue Methode bringt nicht nur grosse Kosteneinsparungen. Die Volkszählungsdaten werden dank den im Jahresrhythmus gewonnenen Informationen aus den Registern und den Repräsentativbefragungen auch wesentlich aktueller sein als diejenigen der bisherigen, alle zehn Jahre durchgeführten Erhebung. Für die nach diesem neuen System durchzuführende nächste Volkszählung beantragte der Bundesrat einen Kredit von 69 Mio Fr. Das ist nur etwa halb soviel wie die in der Botschaft als Alternative ebenfalls präsentierte Variante der Kantone, welche die Registerdaten nicht mit Repräsentativbefragungen, sondern mit Vollerhebungen zu Strukturdaten kombinieren wollten
[8].
Im März verabschiedete der Bundesrat die Rechtsgrundlagen für ein
Pilotprojekt zur Ausstellung eines neuen Passes mit elektronisch gespeicherten biometrischen Daten. Zu Reden gaben weniger die datenschutzspezifischen Aspekte als vielmehr der als viel zu hoch kritisierte Abgabepreis des neuen Dokuments
[9].
[5]
AB NR, 2006, S. 135 ff. und 512;
AB SR, 2006, S. 251 und 300;
BBl, 2006, S. 3547 ff. und 3649 f. (Beitritt der Schweiz zum Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über den Datenschutz beim grenzüberschreitenden Datenaustausch). Siehe auch
SPJ 2005, S. 18 f.
[6]
BBl, 2006, S. 501 ff.;
AB SR, 2006, S. 242 ff., 245, 405 und 618;
AB NR, 2006, S. 722 ff., 731 ff. und 1147;
BBl, 2006, S. 5777 ff.;
Bund, 7.6.05; Einwände: Hanspeter Thür, „Der Pferdefuss der neuen AHV-Nummer“, in
NZZ, 27.5.06. Siehe
SPJ 2005, S. 19.
[7]
AB SR, 2006, S. 242 ff., 245 ff., 405 und 619;
AB NR, 2006, S. 722 ff., 734 ff. und 1148;
BBl, 2006, S. 5789 ff. sowie 8659 (Kreditbeschluss). Siehe
SPJ 2005, S. 19.
[8]
BBl, 2007, S. 53 ff. Vgl.
SPJ 2005, S. 19 f. Siehe auch die Interpellation Bieri (cvp, ZG) in
AB SR, 2006, S. 249 ff. und I, Beilagen, S. 57 ff. Die Präsentation eines Alternativvorschlags hatte NR Gutzwiller (fdp, ZH) mit einer im Berichtsjahr noch nicht behandelten Motion verlangt (
SPJ 2005, S. 20).
[9]
AB NR, 2006, III, Beilagen, S. 528 f. und 538 f.
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