Année politique Suisse 2006 : Bildung, Kultur und Medien / Medien
Radio und Fernsehen
Von den drei Landesteilen wendete die Bevölkerung der
italienische Schweiz 2006 im Tagesmittel mit
180 Minuten am meisten Zeit für Fernsehkonsum auf. Dies bedeutete gegenüber 2005 eine Zunahme von 5 Minuten. Rückgängig war die Sehdauer hingegen in der
Romandie und der
Deutschschweiz, sie sank um je eine Minute auf
170 bzw. 146 Minuten pro Tag. Das Radio musste 2006 sowohl bei der Reichweite, als auch bei der Hördauer Einbussen hinnehmen, es blieb aber das am intensivsten genutzte Medium.
Insgesamt hörten
90,3% der Bevölkerung täglich Radio, 2005 waren es noch 91%. Der durchschnittliche tägliche Konsum sank um 4% auf 100 Minuten pro Person und Tag
[16].
Die Swisscom lancierte 2006 ein
digitales Fernsehangebot („Bluewin-TV“), das über Telefonleitungen verbreitet wird. Dieses umfasst über hundert Fernsehprogramme und 70 Radiokanäle. Dieses neue Angebot der Swisscom führte dazu, dass die Konkurrentin Cablecom die Preise für das digitale Fernsehen drastisch senkte
[17].
Nach zweijähriger Debatte im Parlament konnte in der Frühjahrssession des Berichtsjahres das totalrevidierte
Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) verabschiedet werden
[18].
Bei der letzten Runde der Differenzbereinigung beschloss der
Nationalrat beim
Gebührensplitting an seinem Beschluss festzuhalten und den privaten Radio- und Fernsehveranstaltern einen fixen Satz von je 4% zu überlassen. Der Antrag von Stamm (svp, AG), den privaten Radiosendern einen fixen Satz von 4% und den privaten Fernsehstationen einen Gebührenanteil zwischen 3 und 5% zu überlassen, hatte trotz der Unterstützung durch die CVP-Fraktion keine Chance. Bei der Beschwerdeinstanz folgte der Rat entgegen dem Vorschlag seiner Kommission dem Konzept des Ständerats. Die
Unabhängige Beschwerdeinstanz (UBI) beurteilt demnach weiterhin nur den redaktionellen Teil von Radio und Fernsehen, während die Einhaltung der Vorschriften über Werbung, Sponsoring und neu auch des Verbots politischer und religiöser Werbung durch das Bundesamt für Kommunikation beaufsichtigt wird. Ebenfalls dem Ständerat folgte der Nationalrat bei der
Finanzierung des Auslandangebots der SRG, der Bund übernimmt künftig die Hälfte der Kosten
[19].
Das Geschäft ging zurück an den
Ständerat, dieser schloss sich bei allen verbleibenden Differenzen dem Nationalrat an. Er folgte dabei den Anträgen seiner Kommission, die die Chancen einer Einigungskonferenz als gering beurteilte, weil der Nationalrat bei allen bestehenden Differenzen mit relativ klaren Mehrheiten entschieden hatte
[20].
Durch die Revision des RTVG waren die Motionen von Lombardi (cvp, TI) zur
Erhaltung des Angebots von Swissinfo/SRI und von Borer (svp, SO) zur
Aufhebung des Reklameverbots sowie die parlamentarische Initiative von Schmid (cvp, AI) zur
Revision des RTVG bereits gesetzgeberisch erfüllt und konnten abgeschrieben werden
[21].
Im Berichtsjahr feierte die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) ihren
75. Geburtstag. Zu ihrem Jubiläum gab sie sich eine Programmcharta mit ethischen Grundsätzen und ein Leitbild
[22].
Die SRG konnte auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. In der repräsentativen Imagestudie des Instituts Demoscope war das Schweizer Fernsehen in allen Sparten
der Sender erster Wahl und die
Qualität der Programme wurde abgesehen vom Sport besser bewertet als 2005. Die drei Sender SF1, SF2 und SFInfo konnten ihren Marktanteil gegenüber dem Vorjahr um 1,2% auf 34,5% steigern. TSR und TSI erreichten Marktanteile von 32,3% bzw. 31,3%. Die SRG-Radios konnten ihren Marktanteil um 0,8% auf 67,7% steigern
[23].
Der Bundesrat hatte die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) 2005 beauftragt, im Hinblick auf die Inkraftsetzung des neuen Radio- und Fernsehgesetzes die Wirtschaftlichkeit und die Finanzlage der SRG zu überprüfen. Die EFK stellte der SRG grundsätzlich ein gutes Zeugnis aus; in ihrem Bericht hielt sie fest,
dass die SRG mit ihren Geldmitteln sorgfältig und zielgerichtet umgehe. Allerdings wies sie darauf hin, dass die dezentralen Strukturen der SRG teilweise zu Synergieverlusten führten. Ferner empfahl sie dem UVEK, die Finanzaufsicht über die SRG zu intensivieren
[24].
Der Bundesrat beschloss im Dezember, die
Empfangsgebühren für Radio- und Fernsehen um 2,5% von 450 Fr. auf 462 Fr. pro Jahr zu erhöhen. Er anerkannte damit einen Mehrbedarf der SRG von 25 Mio Fr. Die SRG selbst hatte einen zusätzlichen Finanzbedarf von 72 Mio Fr. geltend gemacht und eine Gebührenerhöhung von 6,5% gefordert. Dieser Anspruch wurde von den bürgerlichen Parteien vehement abgelehnt. Nationalrat Hegetschweiler (fdp, ZH) reichte eine Motion ein, in der der Bundesrat aufgefordert wird, von einer Gebührenerhöhung abzusehen
[25].
Nach dem neuen Radio- und Fernsehgesetz (siehe oben) erhalten die
Regionalfernsehstationen künftig knapp
30 Mio Fr. Subventionen aus dem Gebührentopf. Während im Radiobereich die bisherige Subventionspraxis weitgehend fortgesetzt werden kann, muss fürs Fernsehen ein neues Verteilungssystem geschaffen werden. Bereits kurz nach der Verabschiedung des Gesetzes veröffentlichte der
Verlegerverband ein Positionspapier, in dem er forderte, dass die Schweiz in 14 Sendegebiete aufgeteilt werde. Mit der Ausnahme von Telebasel sollen dabei ausschliesslich Sender von der Subventionierung profitieren, die sich ganz oder mehrheitlich in Verlegerbesitz befinden
[26].
In der Westschweiz brachte die Aussicht auf eine beschränkte Zahl von Konzessionen bereits Bewegung in die Fernsehlandschaft. „TV Région Lausannoise“, „Ici-TV“ (Vevey, VD), „Canal Nord Vaudois“ (Yverdon, VD) und „Téléreseau de la région nyonnaise“ haben sich unter der Beteiligung des grossen Verlagshauses Edipresse zum „
Vaud-TV“ zusammengeschlossen, um damit voraussichtlich eine der Westschweizer Konzessionen zu ergattern
[27].
Im Oktober präsentierte das UVEK seinen Entwurf. Gemäss diesen Planungsrichtlinien soll die Schweiz flächendeckend in
13 regionale TV-Versorgungsgebiete mit Gebührenanteilen aufgeteilt werden. Die Anhörungsfrist war Ende 2006 noch nicht abgelaufen
[28].
Im September des Berichtsjahres startete „
TV3+“ als neuer nationaler Privatsender. Mit seinem Programm setzt er vorwiegend auf Unterhaltung und Interaktion
[29].
Das Bundesamt für Kommunikation bewilligte die geplante Mehrheitsbeteiligung der Stadt Genf beim Fernsehen
„Léman Bleu“ nicht. Der Entscheid wurde damit begründet, dass die Garantie der Medienfreiheit durch die Mehrheitsbeteiligung der Stadt gefährdet werden könnte
[30].
[17]
BZ,
LT und
TG, 1.11.06.
[18]
AB NR, 2006, S. 511;
AB SR, 2006, S. 299;
BBl, 2006, S. 3587 ff. Vgl.
SPJ 2005, S. 244 f.
[19]
AB NR, 2006, S. 2 ff.
[20]
AB SR, 2006, S. 91 ff.
[21]
AB NR, 2006, S. 11 (Lombardi);
AB NR, 2006, S. 1131 (Borer);
AB NR, 2006 S. 1107 (Schmid).
[22] Presse vom 25.2.06;
AZ und
TA, 1.11.06.
[23]
AZ und
TA, 1.11.06; Marktanteile der SRG:
Bund, 18.4.07.
[24]
AZ und
TA, 5.5.06;
NZZ, 6.5.06. Vgl.
SPJ 2005, S. 244.
[25]
Blick, 8.11.06;
LT, 16.10. und 8.12.06;
NLZ, 9.12.06; Motion: Mo. 06.3664.
[26]
BaZ, 27.3.06;
NZZ, 28.3.06.
[28]
NZZ,
TA und
24h, 24.10.06.
[30]
TG, 29.4., 2.5. und 11.5.06;
LT, 11.5.06. Vgl.
SPJ 2005, S. 245.
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