Année politique Suisse 2007 : Bildung, Kultur und Medien / Medien
Radio und Fernsehen
Von den drei Landesteilen wendete die Bevölkerung der italienische Schweiz 2007 im Tagesmittel mit 173 Minuten am meisten Zeit für
Fernsehkonsum auf. Dies bedeutete gegenüber 2006 eine Abnahme von 7 Minuten. Ebenfalls um je 7 Minuten, auf 163 bzw. 139 Minuten pro Tag sank die Sehdauer in der Romandie und der Deutschschweiz. Das Radio war nach wie vor das am intensivsten genutzte Medium. Insgesamt hörten
90% der Bevölkerung täglich Radio [18].
Im Berichtsjahr wurde eine neue
Stiftung für die Erhebung wissenschaftlicher Daten zur Radio- und Fernsehnutzung in der Schweiz gegründet. Damit wurde eine unabhängige Instanz geschaffen, die eine möglichst objektive Erhebung der wichtigsten Nutzungsdaten garantieren soll. Bisher wurde diese Aufgabe durch die Mediapulse AG wahrgenommen, die eng mit der SRG verknüpft ist
[19].
Die Schweiz unterzeichnete im Oktober das
Media-Abkommen mit der EU. Die Teilnahme an der Filmförderung der EU steht unter der Voraussetzung, dass in der Schweiz ab 2009 eine weitere Bestimmung der EU-Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ zur Anwendung kommt. Dabei würden Webefenster ausländischer Sender nur noch den Vorschriften ihres Herkunftslandes und nicht mehr dem Schweizerischen Recht unterstehen. Dies hätte eine Lockerung der Werbebeschränkungen für Alkoholika, Politik und Religion zur Folge und würde eine Revision des neuen Radio- und Fernsehgesetzes erfordern. Beide Räte wiesen das Abkommen an den Bundesrat zurück. Dieser soll es in der vorläufig geltenden Version anwenden und versuchen, während der Übergangsfrist bessere Bedingungen auszuhandeln
[20].
Die
Digitalisierung des Fernsehens schritt weiter voran. 2007 wurden sowohl in der Romandie als auch in der Deutschschweiz die analogen TV-Sender ausgeschaltet. Das digitale Signal lässt sich zwar mit herkömmlichen Dachantennen empfangen, um aber die Signale in Bilder umzusetzen, braucht es eine Set-Top-Box oder ein neues Fernsehgerät mit einem integrierten Receiver. Der Ständerat hiess eine Motion von Sommaruga (sp, BE) gut, mit der gefordert wird, dass Kabelnetzbetreiber Haushalte nicht mehr dazu zwingen dürfen, teure Set-Top-Boxen zu mieten, für Programme, welche die Anbieter unentgeltlich übernehmen können
[21].
Die Swisscom erhielt im Berichtsjahr eine Konzession für den Aufbau eines digitalen
Handy-TV-Netzes. Das Angebot soll rechtzeitig für die Fussballeuropameisterschaft 2008 bereit stehen, bis 2012 wird schliesslich die Versorgung von rund 60% der Bevölkerung angestrebt
[22].
Damit die Bevölkerung künftig vor Urnengängen besser informiert und mobilisiert werden könnte, sollen
Parteien und Abstimmungskomitees vor eidgenössischen Abstimmungen
gratis Werbezeit erhalten. Die Spots von maximal 30 Sekunden Länge und einer Gesamtdauer von höchstens 3 Minuten pro Tag und Medium sollen vom fünftletzten bis zum zweitletzten Samstag vor eidgenössischen Abstimmungen ausgestrahlt werden. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats schickte eine entsprechende Vorlage in die Vernehmlassung
[23].
Im April setzte der Bundesrat das neue
Radio- und Fernsehgesetz und die dazugehörige
Verordnung in Kraft. Die neue Verordnung räumt privaten Veranstaltern wesentlich mehr kommerzielle Freiheiten ein, etwa hinsichtlich der Unterbrecherwerbung, der Werbedauer und der Werbung auf geteilten Bildschirmen. Die SRG darf Kino- und Fernsehfilme weiterhin einmalig mit Werbespots unterbrechen und auch die Produktplacierung bleibt ihr erlaubt. Die Internetseiten der SRG müssen dagegen von kommerziellen Botschaften frei bleiben. Bezüglich der Zuteilung von Empfangsgebühren für private Radio- und Fernsehstationen wurde festgelegt, dass die Gebührenfinanzierung höchstens die Hälfte der Betriebskosten eines Senders ausmachen soll. Bei Veranstaltern mit besonders aufwendig zu versorgenden Gebieten darf dieser Anteil auf maximal 70% ansteigen. Weiter werden Kabelnetzbetreiber verpflichtet, konzessionierte Schweizer Sender sowie die ausländischen Programme Arte, 3sat, Euronews, TV5, ARD, ORF 1, France 2 und Rai Uno analog zu verbreiten
[24].
Die Verordnung regelt auch die
Erhöhung der Empfangsgebühren. Der Bundesrat hatte 2006 den Vorentscheid getroffen, die Gebühren um insgesamt 2,5% zu erhöhen. Er setzte ihn nun in der Verordnung so um, dass die Fernseh-Empfangsgebühren um 4,1% ansteigen und jene fürs Radio unverändert bleiben. Damit berücksichtigte er die unterschiedliche Kostenentwicklung in den beiden Mediengattungen. Der Nationalrat lehnte eine Motion Hegetschweiler (fdp, ZH) zum Verzicht auf die Erhöhung der Empfangsgebühren ab
[25].
Der Bundesrat schloss mit der SRG eine
Leistungsvereinbarung für das Auslandangebot ab. Der Bund wird künftig jährlich 20,6 Mio Fr. an die Internetplattform „swissinfo.org“ sowie die Zusammenarbeit der SRG mit den internationalen Fernsehsendern 3sat und TV5 leisten
[26].
Im Berichtsjahr erteilte der Bundesrat der
SRG eine
neue Konzession für die Dauer von zehn Jahren. Sie beinhaltet einen erweiterten Leistungsauftrag, durch welchen die SRG stärker als bisher auf Qualitätsnormen verpflichtet wird. Damit soll gewährleistet werden, dass sich die SRG-Sender deutlich von kommerziellen Angeboten unterscheiden. Die neuen Vorgaben grenzen den Handlungsspielraum der SRG bei den Online-Angeboten ein. Die Informationen auf dem Internet müssen zeitlich und thematisch einen engen Bezug zu den ausgestrahlten Sendungen aufweisen
[27].
2007 erweiterte die SRG ihr Programmangebot um zwei neue Radiosender. Das deutschsprachige
„Radio DRS 4 News“ und das englischsprachige
„World Radio Switzerland“ werden beide über das bestehende digitale Sendernetz verbreitet. Zusätzlich wurde das Informationsangebot auf „Radio DRS 1“ ausgebaut. Gleichzeitig sollten die speziellen
Volksmusiksendungen aus dem Programm gestrichen und auf den digitalen Sender Musikwelle verschoben werden. Dies löste heftige Proteste aus und die obersten SRG-Verantwortlichen mussten sich vor der Fernmeldekommission des Nationalrats für diese Massnahme rechtfertigen. Daraufhin entschloss sich die SRG einen Zwischenschritt einzuschalten und die wichtigsten Folkloresendungen zumindest noch bis Ende 2008 im Programm von „Radio DRS 1“ zu belassen. Im Bereich des Fernsehens lancierte sie einen
Kanal mit hochauflösender Qualität (HDTV). Gezeigt werden dort Sendungen in allen vier Landessprachen
[28].
Die
regionalen TV-Veranstalter erhalten künftig 32 Mio Fr. pro Jahr und
Privatradios 16 Mio Fr. aus den Gebührengeldern. Im Juli definierte der Bundesrat 13 Versorgungsgebiete für Regionalfernsehstationen, pro Versorgungsregion wird ein Veranstalter eine Konzession mit Gebührenanteil bekommen. Die Gebiete sind relativ gross und sprengen die Kantonsgrenzen. Damit wollte der Bundesrat sicherstellen, dass die jeweiligen Veranstalter auch über genügend wirtschaftliches Potential verfügen. In der Romandie wird beispielsweise der Kanton Freiburg mit einem Programmfenster aus dem Kanton Waadt versorgt und die Kantone Neuenburg und Jura sowie der Berner Jura werden im Versorgungsgebiet „Arc jurassien“ zusammengefasst. Im Raum Zürich und Ostschweiz gibt es zwei Versorgungsgebiete. Das eine umfasst die Kantone Zürich, Schaffhausen und Thurgau, das andere St. Gallen, die beiden Appenzell und die östlichen Thurgauer Bezirke Arbon und Bischofszell. Für die UKW-Radios legte der Bundesrat 34 Versorgungsgebiete fest, dabei lehnte er sich stark an die bestehende Radiolandschaft an. In 23 der 34 Versorgungsgebiete wird es zur Ausschreibung einer Konzession mit Gebührenanteil kommen, in den übrigen 11 wird eine Konzession zur bevorzugten Nutzung von knappen Frequenzen erteilt
[29].
Im August wurden die entsprechenden
Konzessionen ausgeschrieben. Sie werden 2008 vergeben
[30].
Der Kabelnetzbetreiber Cablecom strich im Berichtsjahr, den deutschsprachigen Sender
„U1 TV“ aus dem analogen Grundangebot und verbreitete ihn nur noch digital. „U1 TV“ wollte sich nicht damit abfinden und beantragte beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom) eine Aufschaltverfügung. Eine solche ist gemäss dem neuen Radio- und Fernsehgesetz für Programme mit Service Public Charakter vorgesehen. Gemäss dem Entscheid des Bakom erfüllt der Sender die Bedingungen einer Aufschaltpflicht jedoch nicht und Cablecom muss ihn in ihren Kabelnetzen daher nicht ausstrahlen
[31].
[18]
NZZ, 24.5.08. Vgl.
SPJ 2006, S. 251.
[19]
BaZ und
Bund, 24.4.07.
[20]
NZZ, 6.7. und 12.10.07;
24h, 24.9.07;
AB SR, 2007, S. 1013 ff.;
AB NR, 2007, S. 1854.
[21]
Bund, 18.4.07;
NZZ, 18.4. und 22.11.07;
NF, 25.6.07;
AB SR, 2007, S. 939 ff.
[22]
BaZ und
LT, 29.6.07;
Bund, 29.6. und 9.10.07.
[24]
AZ,
LT und
NZZ, 10.3.07. Vgl.
SPJ 2006, S. 251 f.
[25]
AB NR, 2007, S. 573;
NZZ, 10.3.07. Vgl.
SPJ 2006, S. 252 f.
[27]
BaZ,
LT,
NZZ und
TA, 29.11.07.
[28]
LT, 28.6.07;
TG, 8.9. und 5.11.07;
TA, 3.11.07 (DRS 4 News und World Radio Switzerland);
BZ, 12.9. und 17.10.07;
AZ, 23.8.07 (DRS 1);
AZ, BaZ und
Bund, 4.12.07 (HDTV).
[29]
Lib., NZZ und
SGT, 5.7.07. Vgl.
SPJ 2006, S. 253.
[31]
BZ, 22.8. und 23.8.07;
BaZ, 28.8. und 22.12.07;
NZZ, 28.8. und 20.12. 07.
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