Année politique Suisse 2011 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen
Indirekte Steuern
Die
Reform des Mehrwertsteuergesetzes erlitt einen weiteren Rückschlag. Im Dezember 2010 hatte der Nationalrat die Einführung eines Einheitssatzes (Teil B) an den Bundesrat zurückgewiesen. Auch im Ständerat hatte das Anliegen einen schweren Stand. In der Frühjahrssession sprach sich indessen eine Mehrheit von 19 zu 18 Stimmen knapp gegen den Rückweisungsantrag aus. In der Wintersession hielt der Nationalrat mit 128 zu 58 Stimmen jedoch an seinem Entscheid vom Vorjahr fest, wodurch die Vorlage definitiv an den Bundesrat zurückgewiesen wurde. Eine Mehrheit aus SP, Grünen, CVP und SVP störte sich daran, dass die Reform die Güter des Grundbedarfs verteuert hätte. Mit dem Systemwechsel wären auch der Gesundheits- und der Bildungsbereich der Mehrwertsteuer unterstellt worden. Die Befürworter wiesen vergeblich auf den beträchtlichen Abbau von administrativen und Regulierungskosten hin
[19].
Der Ständerat hiess in der Frühjahrssession eine bereits im Oktober 2005 eingereichte und im Jahre 2007 durch den Nationalrat angenommene Motion der sozialdemokratischen Fraktion gut. Der Bundesrat wurde damit beauftragt, die Reform der Mehrwertsteuer sozialverträglich auszugestalten
[20].
Gegen den Antrag des Bundesrates überwiesen beide Parlamentskammern eine Motion Hess (fdp, OW), welche eine Streichung des Artikels 89 Absatz 5 des Mehrwertsteuergesetzes forderte. Dieser erlaubt es der Steuerverwaltung, ihre
Mehrwertsteuerforderungen gegenüber Erben unabhängig davon geltend zu machen, ob sie in öffentlichen Inventaren oder auf Rechnungsrufe eingegeben wurden. Nach dem Willen des Motionärs soll dieses Privileg der Steuerverwaltung beseitigt werden. Wie die anderen Gläubiger soll sie ihre Forderungen im Rahmen des öffentlichen Inventars stellen
[21].
Der Wirteverband GastroSuisse reichte Ende September seine
Volksinitiative «
Schluss mit der Mehrwertsteuer-Diskriminierung» mit 118 000 gültigen Unterschriften ein. Das Begehren verlangt, dass der Konsum alkoholfreier Getränke unabhängig vom Verzehrort zum reduzierten Satz des Lebensmittelhandels besteuert werden
[22].
Zur Mehrwertsteuer im Bereich des Tourismus vgl. Teil I, 4a (Allgemeine Wirtschaftspolitik).
Zur Lancierung der Volksinitiative „Energie- statt Mehrwertsteuer“ vgl. Teil I, 6a (Energie).
Durch die Annahme einer Motion Bourgeois (fdp, FR) im Nationalrat wurde der Bundesrat beauftragt, einen Bericht über mögliche Vereinfachungen der Besteuerung jener spirituosenhaltigen Produkte zu verfassen, die für die Verarbeitung in Lebensmitteln verwendet werden. Dieser Vorstoss erfolgte vor dem Hintergrund der
Revision des Alkoholgesetzes [23].
Im Berichtsjahr überwiesen beide Räte eine Motion Zanetti (sp, SO), die eine Befreiung von elektronischen Zigaretten und anderen Raucherentwöhnungshilfen von der
Tabaksteuer forderte
[24].
Zur CO2-Steuer siehe unten, Teil I, 6d (Politique de protection de l‘environment).
[19] BRG: 08.053:
AB SR, 2011, S. 202 ff.;
AB
NR, 2011, S. 2185 ff;
SPJ 2010, S. 150.
[20] Mo. 05.3578:
AB
SR, 2011, S. 206.
[21] Mo. 11.3185
:
AB SR, 2011, S. 656 ff.;
AB
NR, 2011, S. 2192 ff.
[22]
BBl, 2011, S. 7989 f.
[23] Mo. 10.4000:
AB
NR, 2011, S. 531;
SPJ 2010, S. 151.
[24] Mo. 11.3178:
AB
SR, 2011, S. 658;
AB
NR, 2011, S. 2226.
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