Année politique Suisse 2011 : Infrastruktur und Lebensraum / Verkehr und Kommunikation
 
Telekommunikation und Post
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Telekommunikation
Nach dem Willen des Bundesrats und einer Mehrheit des Parlaments soll die Entwicklung des Fernmeldewesens durch den Infrastrukturwettbewerb getrieben und möglichst wenig reguliert werden. Verwaltung, Bundesrat und Räte suchten im Berichtsjahr nach der geeigneten Form, die eine möglichst flächendeckende Versorgung der Schweiz mit Breitband- bzw. Hochbreitbandangeboten unter Wettbewerbsbedingungen erlaubt. Zur Hochbreitbandtechnologie, auch next generation network (NGN), werden neben der digitalen Telefonleitung über das Kupferkabel VDSL, die Glasfasertechnik FTTH (fiber to the home), die hochleistungsfähigen Frequenzbänder LTE (long term evolution) für die Mobilfunktechnologie (in der Nachfolge von UMTS bzw. GMS) sowie das Kabelfernsehen CATV (cable television) gezählt. Bereits 2008 hatten die Kommunikationskommission (Comcom) sowie das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) einen runden Tisch zusammengerufen, der sich mit der Verlegung der Glasfaser als einer der verwendeten Hochbreitbandtechnologien beschäftigte. In ihren beiden Treffen 2011 entschieden die Akteure des runden Tischs, gemeinsam auf das wettbewerbsfähige FTTH-Modell zu setzen und die bis anhin auf die Glasfaser beschränkten Gespräche – für deren Verlegung in den Gebäuden sie sich auf einen gemeinsamen technischen Standard einigten – auf alle Hochbreitbandtechniken auszuweiten. Im September fanden die ersten Gespräche unter erweiterter Thematik statt [53].
Im Sommer überwies der Nationalrat stillschweigend ein im April eingereichtes Postulat Amherd (cvp, VS), das die Schaffung von Transparenz bei der Planung und beim Bau der Breitbandinfrastruktur forderte. Eine staatlich koordinierte Investitionsplanung, die einer staatlich garantierten Grundversorgung gleichkommt, soll die Entwicklung eines digitalen Grabens zwischen zentralen und peripheren Lagen verhindern helfen und wettbewerbsregulierend eingreifen. In seiner Antwort auf das Postulat wies der Bundesrat auf die geplante Schaffung einer Arbeitsgruppe unter der Leitung des Bakom hin, die sich breitabgestützt mit der Thematik befassen soll. Im Frühsommer lud das Amt Netzbetreiber, Verbände, Gemeinden, Elektrizitätswerke, Regionen und Kantone zur Mitarbeit in der Arbeitsgruppe NGA (next generation access) ein [54].
In der Herbstsession überwies der Ständerat als Zweitrat eine Motion Cathomas (svp, GR) zur Verbesserung der Breitbandversorgung im Rahmen der Grundversorgung. Gleichzeitig behandelte er eine Motion Maissen (cvp, GR), welche die beschleunigte Erschliessung mit Glasfaseranschlüssen mittels regionaler Ausschreibungsverfahren forderte. Beide Vorstösse beabsichtigen, der befürchteten Benachteiligung der Randregionen in der Versorgung mit leistungsfähigen Glasfasernetzen entgegenzutreten. Nachdem der Ständerat die Motion Cathomas überwiesen und der Bundesrat versichert hatte, die im Fernmeldegesetz von 2007 festgelegte Breiband-Grundversorgung regelmässig über den Verordnungsweg an die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnisse anzupassen, zog Theo Maissen seine Motion zurück [55].
Die für die erste Jahreshälfte 2011 geplante Versteigerung der bis 2028 gültigen Mobilfunkfrequenzen des bisherigen Angebots (GSM, UMTS) sowie der neuen sogenannten LTE wurde von der Comcom im Mai aufgrund von Unklarheiten zu den Auktionsbedingungen auf das erste Quartal 2012 verschoben [56].
Nachdem der Ständerat 2009 ein Postulat Janiak (sp, BL) zur Überprüfung der Frequenzreserven für Radio und TV auf Basis des Radio- und Fernseh- sowie des Fernmeldegesetzes noch abgelehnt hatte, überwies der Nationalrat mit 116 zu 45 Stimmen im März des Berichtsjahrs den gleichlautenden Vorstoss Leutenegger (fdp, ZH). Der Bundesrat wies vergeblich darauf hin, dass eine Überprüfung des UKW-Frequenzbereichs und der Möglichkeiten des DAB+-Sendernetzes bereits stattgefunden hätten [57].
Die hohen Roamingkosten für Kunden schweizerischer Mobilnetzanbieter beschäftigten im Berichtsjahr verschiedene Akteure. Auf Druck von Konsumentenorganisationen räumte Swisscom ihren Kunden ab Februar die Möglichkeit ein, eine persönliche Kreditlimite festzulegen für Ferngespräche aus dem Ausland, die über das Mobiltelefon getätigt werden. Im Juni kündigten Swisscom und Sunrise an, Warnungen und Kostenlimiten fürs Datenroaming einführen zu wollen. Im Herbst gab Swisscom bekannt, die Roamingtarife schrittweise auf 65 Rappen pro Gespräch zu senken. Eine im Mai des Berichtsjahrs im Nationalrat eingereichte Motion Fuchs (svp, BE) verlangte „Faire Handy- und SMS-Gebühren auch für Schweizerinnen und Schweizer“. Darin wird der Bundesrat aufgefordert, die Höchsttarife für das Roaming an den EU-Standard anzupassen, der bis zu viermal tiefer angesetzt ist als die Schweizer Preise. Der Vorstoss wurde nach Fuchs‘ verpasster Wiederwahl im Oktober von Nathalie Rickli (svp, ZH) übernommen. In der ersten Session der 49. Legislatur nahm der Rat gegen den Willen des Bundesrats mit 181 zu 5 Stimmen eine praktisch gleichzeitig eingereichte, inhaltlich deckungsgleiche Motion Wyss (sp, BE) an [58].
Die Räte überwiesen eine Motion Barthassat (cvp, GE), die eine Verlängerung der Aufbewahrungspflicht für Protokolle über die Zuteilung von IP-Adressen verlangte. Der Bundesrat unterstützte den Vorstoss mit dem Hinweis, dass eine entsprechende Anpassung des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 betreffend Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs im Rahmen der laufenden Totalrevision vorgesehen sei. Zum strafrechtlichen Aspekt (Cyberkriminalität) siehe Teil I, 1b (Rechtsordnung) [59].
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IKT-Strategie des Bundes
Mit Bekanntwerden von Unzulänglichkeiten in der Informatikprojektführung des VBS ab 2009 vermochten sich jene Stimmen stärkeres politisches Gehör zu verschaffen, die eine effiziente und effektive, möglichst synergieschaffende Steuerung der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in und zwischen den Bundesämtern sowie verwaltungsnahen Organisationen forderten. Ende 2009 war eine Task Force Informatik VBS mit der Untersuchung der konkreten Schwierigkeiten im Verteidigungsdepartement beauftragt worden. Ihre Erkenntnis floss teilweise in den Armeebericht 2010, der eine strategische Neuausrichtung der VBS-IKT vorsah. Dabei war geplant, die militärische und zivile IKT zusammenzuführen und departementsintern zu zentralisieren. Dies hätte zum Schutz der militärischen Systeme die Abkoppelung der VBS-Informations- und Kommunikationstechnik vom Rest der Bundes-IKT bedeutet. Damit wurden jene Kräfte auf den Plan gerufen, die eine zentrale, verwaltungsumfassende IKT-Steuerung verlangt hatten und denen der Bundesrat mit der Überarbeitung der Bundesinformatikverordnung (BinfV) und der IKT-Strategie ebendiese versprochen hatte [60].
Im Verlauf des Vorjahres hatte die FK-NR die Kritik an den teuren und intransparenten SAP-Sonderlösungen des VBS sowie die Koordinationsanliegen für die Bundes-IKT in zwei Motionen aufgenommen. Die eine forderte die Überprüfung des verwaltungsumfassenden Steuerungsmechanismus für die Informatiklösung SAP, die zum einen durch das Kompetenzzentrum SAP des Eidgenössischen Finanzdepartement, zum anderen – insofern die Waffen- sowie die Führungs- und Einsatzsysteme der Armee betroffen sind – aber auch dezentral im VBS erfolgen. Die Kleine Kammer überwies die Motion in der Sommersession als Zweitrat diskussionslos. Ebenso nahm der Ständerat die zweite Motion an, die eine Klärung zwischen Art. 2, Abs. 3 BinfV und der koordinierten IKT-Steuerung der Bundesverwaltung verlangte, wie sie in ebendieser, Anfang 2012 in Kraft gesetzten, revidierten Verordnung festgelegt ist [61].
Im Dezember des Berichtsjahrs publizierte das Informatiksteuerungsorgan des Bundes (ISB) die „IKT-Strategie des Bundes 2012–2015“, die in Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Finanzverwaltung auf Basis der BinfV erarbeitet worden war. Unter der Maxime der Wirtschaftlichkeit, Interoperabilität und Sicherheit sieht die Strategie das Nebeneinander zentraler und dezentraler Planungsfelder und Steuerungsinstrumente vor. Dabei sollen insbesondere Supportprozesse und Grundleistungen (Standardisierung der Büroautomation, der Datenkommunikation, der internen Kommunikation und Zusammenarbeit, Infrastruktur und Netzsicherheit) sowie das E-Government (siehe auch oben Teil I, 1c Institutionen und Volksrechte) departements- bzw. organisationsübergreifend (horizontal und vertikal) angegangen werden. Fachspezifische Anwendungen können unter Berücksichtigung der Gesamtstrategie einer dezentralen Lösung zugeführt werden. Mit der Festlegung dieses Grundsatzes liess sich der monierte Widerspruch zwischen der departementsinternen IKT-Strategie des VBS und den ihr übergeordneten Bundesvorgaben ausräumen.
In der Frühlings- und in der Dezembersession nahm der Nationalrat stillschweigend zwei Postulate an, die den Schutz der digitalen Infrastruktur einerseits und den Schutz ihrer Nutzer andererseits forderten. Ein Postulat Darbellay (cvp, VS) wünschte – unter Einbezug aller Sicherheitskräfte, einschliesslich der Armee – die Erarbeitung eines Konzepts zum Schutz der digitalen Infrastrukturen der Schweiz. Das Postulat Schmid-Federer (cvp, ZH) verlangte vom Bundesrat die Prüfung eines umfassenden Grundlagengesetzes für die Datenverkehrsnetze (IKT-Grundlagengesetz) [62].
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Swisscom
Bezüglich der Ausgestaltung des derzeit mehrheitlich unregulierten Glasfasermarkts (siehe oben, Abschnitt Telekommunikation) kam es im Verlauf des Berichtsjahrs zu einem eigentlichen Seilziehen zwischen der Wettbewerbskommission (Weko) und der Swisscom um die kartellrechtlich saubere Ausgestaltung der Kooperationsverträge, die letztere mit den Elektrizitätswerken Genf, Zürich, St. Gallen, Bern, Luzern, Basel sowie Freiburg eingegangen war. Um allfälligen späteren Klagen wegen Wettbewerbsbehinderung oder Kartellabreden entgegenzuwirken und mit dem Ziel, eine rechtsverbindliche Sanktionsbefreiung für harte Wettbewerbsabreden über die gesamte Vertragsdauer von 40 Jahren zu erhalten, legten fünf Vertragspartner ihre Glasfaser-Kooperationsverträge der Weko zur Prüfung vor. In ihrem Urteil kam diese zum Schluss, dass das gewählte Mehrfasermodell den Wettbewerb auf den Glasfasernetzen zwar grundsätzlich ermöglicht, dass einzelne Vertragsklauseln (Monopol der Elektrizitätswerke bei der Vermietung der Glasfasern, die sog. Layer-1-Exklusivität, sowie eine Investitionsschutzklausel und Ausgleichszahlungsvereinbarungen) jedoch wettbewerbsrechtlich heikel seien. Die Weko sah zwar von einem Verbot der angestrebten Kooperationen ab, drohte aber mit Sanktionen, falls die Verträge nicht in ihrem Sinn überarbeitet würden. Daraufhin gab die Swisscom bekannt, die bereits unterschriebenen Verträge kartellrechtskonform nachzuverhandeln und laufende Kooperationsverhandlungen zu sistieren. Ende Dezember konstituierte sich die Interessenvertretung Glasfaser Schweiz. Die Swisscom, die darin vertretenen Politiker und diverse städtische Elektrizitätswerke streben darüber die Intensivierung des Glasfaserausbaus an, der nach dem Weko- Entscheid im September ins Stocken geraten war [63].
Im April bestätigte das Bundesgericht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, gemäss dem die Swisscom die rekordhohe Kartellbusse von 333 Mio. Fr., welche die Weko 2007 gegen sie verhängt hatte, nicht bezahlen muss. Die Weko hatte entschieden, dass die Swisscom ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht hatte, um der Konkurrenz überhöhte Terminierungsgebühren aufzuzwingen. Sowohl die Vor- als auch die Letztinstanz äusserten sich nicht zum Zusammenhang zwischen Marktbeherrschung und Preisgestaltung, hielten aber die Zuständigkeit der Comcom (und nicht der Weko) zur Klärung des Sachverhalts fest. Keiner der betroffenen Wettbewerber hätte die Comcom jedoch dazu angerufen, weshalb die Frage des Preismasses auch nicht rechtmässig beantwortet worden sei und weshalb die Weko in ihrem Bussenbescheid einen Marktmissbrauch durch die Swisscom auch nicht explizit hätte feststellen dürfen [64].
Unabhängig voneinander haben Swisscom und Sunrise im Februar beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde eingereicht gegen die von der Comcom auf Einsprache der Sunrise festgesetzten Entbündelungspreise (letzte Meile). Dabei wandte sich Sunrise nicht nur gegen die Höhe der Preise sondern auch gegen die von der Swisscom angewandte Kostenberechnungsmethode für die Miete des Kupferkabels bzw. der Netzinfrastruktur. Gemäss Sunrise sollte die Festlegung der Mietpreise nicht nach dem Wiederbeschaffungsneuwert sondern nach dem Restwert erfolgen. Die Swisscom ihrerseits begründete ihre Einsprache mit dem Umstand, dass die Comcom mit der Festsetzung der Preise für die Entbündelung auf der letzten Meile Mitte Dezember 2010 ein ausstehendes Grundsatzurteil um Mietleitungspreise im Anschlussnetz – das Ende 2011 noch nicht entschieden war – nicht abgewartet hätte. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts stand Ende 2011 noch aus [65].
Im April entschied das Bundesverwaltungsgericht ein anderes von Sunrise angestrengtes Verfahren, das sich mit der Berechnungsgrundlage für den Zugang zu den Kabelschächten auseinanderzusetzen hatte. Dabei wurde dem Telekommunikationsanbieter beschieden, dass die Kostenberechnungsmethode (Wiederbeschaffung vs. Restwert) in der Fermeldeverordnung festgehalten sei und damit dem Entscheid des Bundesrats unterstehe. In der Folge verlangte Filippo Lombardi (cvp, TI) vom Bundesrat in einer Interpellation Auskunft zu einer möglichen Praxisänderung bei der Bewertung der Netzinfrastruktur. Die Kostenrechnungsmethode sei so anzupassen, dass allen Wettbewerbern der diskriminierungsfreie Netzzugang gewährt werde. Die Regierung wies in ihrer Antwort darauf hin, dass die entsprechende FDV-Revision (Verordnung über Fernmeldedienste) weit fortgeschritten und auf den Herbst 2012 zu erwarten sei [66].
Zum verlustreichen Fastweb-Engagement der Swisscom liess der Bundesrat auf die Frage Birrer-Heimo (sp, LU) verlauten, als Eignervertreter der Swisscom davon auszugehen, dass deren Auslandbeteiligungen künftig wieder zu ihrer Wertsteigerung und nicht zu ihrer Schwächung beitragen werde. Im Dezember gab Swisscom bekannt, im laufenden Geschäftsjahr bei Fastweb eine Wertberichtigung von 1,6 Mia. Fr. vorzunehmen und dadurch den Konzerngewinn mit 1,2 Mia. Fr. zu belasten [67].
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Post
Im Verlauf des Berichtsjahrs gab die Post diverse kleinere und grössere Massnahmen zur Kostenoptimierung bekannt. Um Personalkosten zu sparen, den Beschäftigungsgrad von Angestellten kleinerer und mittlerer Poststellen mit moderater Auslastung aber trotzdem halten zu können, wurden Anfang 2011 die Putzarbeiten an das Personal übertragen. Auch auf eine Reduktion der Betriebskosten zielt das Projekt Distrinova, bei dem die Postsortierung für Städte und Agglomerationen bis 2013 auf die sogenannte automatische Gangfolgesortierung umgestellt werden soll. Bei einer Investition von 28 Mio. CHF will die Post in ihren Logistikzentren 270 Vollzeitstellen einsparen. Dabei soll es zu keinen Entlassungen kommen. Auf Anfang April bewilligte das Uvek Preiserhöhungen bei den Postdienstleistungen, die Mehreinnahmen im Umfang von rund 14 Mio. CHF generieren sollen. Mit der Schaltergebühr, welche die Post für Bareinzahlungen am Postschalter beim Empfänger erhebt, machte eine bereits seit längerem eingeführte Abgabe Schlagzeilen. So wurde bekannt, dass eine steigende Anzahl Firmen diese Gebühren an ihre Kunden überwälzt. Nachdem die Post dem Genfer „Le Courrier“ den ursprünglich im Rahmen der Presseförderung gewährten, günstigeren Zustelltarif streichen wollte, zwang eine breite Medienberichterstattung in der Romandie die Post zum Einlenken und zur Rücknahme der Massnahme [68].
In den vergangenen zwei Jahren hat die Post ihre Leistungen bei der Briefkastenleerung kontinuierlich abgebaut und viele Kästen am Nachmittag nicht mehr geleert. Anfang Jahr gab sie bekannt, gut frequentierte Briefkästen wieder frühestens um 17h00 zu leeren. Im Mai vermeldete sie einen eigentlichen Strategiewechsel im Bereich der Briefpost. Diese soll als konkurrenzfähige Alternative zur elektronischen Post etabliert werden. Für häufig benutzte Kästen wurden die Leerungszeiten auf 19h00 oder später angesetzt und die Anzahl Kästen mit Sonntagsleerungen erhöht. Im August veröffentlichte die Post Umfrageergebnisse, die auf einen ungebrochen hohen Zuspruch der Kunden zur Briefpost hindeuten und darauf hinweisen, dass die vor zwei Jahren prognostizierte Volumeneinbusse bei der Briefpost von 30% bis ins Jahr 2015 wahrscheinlich nicht eintreten wird [69].
Im April musste sich die Post vor dem Amtsgericht Solothurn-Lebern wegen Zuwiderhandlung gegen das Geldwäschereigesetz verantworten. Dabei ging es um eine Barauszahlung von 4,6 Mio. CHF in Tausendernoten an einem Postschalter in Solothurn an eine Anlagefirma, die des gewerbsmässigen Betrugs und der Veruntreuung angeklagt ist. Als erstes Schweizer Finanzunternehmen wurde die Postfinance der Geldwäscherei schuldig gesprochen und mit einer Viertelmillion Franken gebüsst. Entscheidend für den Schuldspruch war nicht ein schuldhaftes Verhalten der Angestellten, sondern vielmehr die fehlende materielle Prüfung des Sachverhalts aufgrund eines mangelhaften internen Reglements im Fall von Barauszahlungen hoher Summen. Am Tag nach der Urteilsverkündung kündigte die Post Berufung an [70].
Der Bundesrat empfahl im Juni die Ablehnung der von der SP und der Gewerkschaft Syndicom getragenen Postinitiative („Initiative für eine starke Post“), ohne ihr einen Gegenvorschlag entgegenzusetzen. Er hielt dazu fest, dass der Grundversorgungsauftrag (Postdienste und Zahlungsverkehr) in den 2010 verabschiedeten, totalrevidierten Post- und Postorganisationsgesetzen genügend berücksichtigt sei. Die Landesregierung stellte sich auch gegen die Gewährung einer Bankenbewilligung an die Postfinance, wie sie von den Initianten verlangt wird. Zudem will der Bundesrat der Post die seit 2001 aus Kostengründen praktizierte Übertragung von Postaufgaben an sogenannte Agenturen weiterhin ermöglichen. Während für die Postorganisationsverordnung keine Anhörung vorgesehen wurde, entschied der Bundesrat, die Postverordnung Anfang 2012 in eine Vernehmlassung zu schicken [71].
Hansruedi König, bisheriger Finanzchef der Post, wurde vom Verwaltungsrat zum neuen Leiter der Postfinance ernannt. Er wird Anfang 2012 auf Jürg Bucher folgen, der derzeit mit der Konzern- und Postfinanceleitung ein Doppelmandat hält und 2012 altershalber zurücktritt. Susanne Ruoff übernimmt Buchers Nachfolge in der Konzernleitung [72].
Ende des Berichtsjahrs gaben die schweizerische Post (Swiss Post International) und deren französisches Pendant (La Poste Global Mail) den Zusammenschluss ihrer internationalen Aktivitäten im Bereich der Briefpost bekannt. Das neue Unternehmen soll in Kontinentaleuropa, in den USA und in Asien aktiv sein und 2012 seine Geschäftstätigkeit aufnehmen [73].
Der Geschäftsabschluss 2011 der Post bewegte sich im Bereich des Vorjahrs. Der Konzerngewinn lag mit 904 Mio. CHF knapp ein Prozent unter jenem des Vorjahrs (910 Mio. CHF ), der Umsatz betrug rund 8,6 Mia. CHF (2010: 8,7 Mia. CHF). Die Postfinance trug wesentlich zum guten Jahresergebnis bei, obschon der Zufluss an neuen Kundengeldern um rund 2,5 Mia. CHF auf knapp 8,2 Mia. CHF sank. Umsatz (2,451 Mia. CHF., 2010: 2,389 Mia. CHF) und Gewinn (591 Mio. CHF, 2010: 571 Mio. CHF) konnten vor allem dank der Zinserträge und der Kostendisziplin merklich gesteigert werden. Verbessert hat die Post auch Umsatz (719 Mio. CHF, 2010: 702 Mio. CHF) und Gewinn (33 Mio. CHF, 2010: 28 Mio. CHF) im Bereich Postauto. Aufgrund tieferer Paketmengen und eines höheren Personalaufwands sanken hingegen sowohl Umsatz (1,439 Mia. CHF, 2010: 1,478 Mia. CHF) als auch der Gewinn (151 Mio. CHF, 2010: 164 Mio. CHF) bei Post Logistics leicht. Auch im Geschäftsbereich Kommunikationsmarkt, über den die Post unter anderem die staatliche Grundversorgung mit Postdienstleistungen (flächendeckendes Poststellennetz und Grundangebot) gewährleistet, musste die Post einen leichten Umsatz- und Gewinnrückgang (2,619 Mia. CHF, 2010: 2,575 Mia. CHF bzw. 121 Mio. CHF, 2010: 147 Mio. CHF) hinnehmen. Während das Briefgeschäft weniger als erwartet schrumpfte (siehe oben), blieb das Schaltergeschäft (Poststellen und Verkauf) bei einem Umsatz von 1,706 Mia. CHF (2010: 1,769 Mia. CHF) defizitär (Verlust von 151 Mio. CHF; 2010 von 108 Mio. CHF). Die Einbussen im Vergleich zum Vorjahr waren v.a. Mindereinnahmen beim Brief- und Paketgeschäft sowie beim Zahlungsverkehr geschuldet [74].
 
[53] AZ, 3.1.2011; Faktenblätter Bakom, 2011; Medienmitteilung Bakom vom 14.1.11; SPJ 2009, S. 167; SPJ 2010, S. 192.
[54] Po. 11.3374: AB NR, 2011, S. 1268; NZZ, 18.5.11; SPJ 2010, S. 190 f.
[55] Mo. 10.3742 (Cathomas), Mo. 09.3617 (Maissen): AB SR, 2010, S. 890 f.; SPJ 2010, S. 191.
[56] NZZ, 31.1.11; Presse vom 1.2.11; SoS, 31.5.11; SPJ 2010, S. 192.
[57] Po. 09.3074 (Janiak), Po. 09.3071 (Leutenegger): AB NR, 2011, S. 402 f.; SPJ 2009, S. 272; SPJ 2010, S. 303.
[58] Mo. 11.3472 (Fuchs/Rickli), 11.3524 (Wyss): BZ, 2.2.11; 24h, 25.2.11; SoZ, 5.6.11; Lib., 16.6.11; SoS, 22.6.11; Expr., 15.7.11; BZ, 9.9.11, SN und NLZ, 21.9.11.
[59] Mo. 10.4133: AB NR, 2011, S. 528; AB SR, 2011, S. 856 f.; SPJ 2006, S. 253; SPJ 2007, S. 287.
[60] AS, 2011, S. 6093 (Verordnung vom 9. Dezember 2011 über die Informatik und Telekommunikation in der Bundesverwaltung).
[61] Mo. 10.3641 (SAP und Bundesverwaltung), Mo. 10.3640 (Art. 3, Abs. 2 BinfV): AB NR, 2010, S. 1777; AB SR, S. 654.
[62] Po. 10.4102 (Darbellay), Po. 11.3906 (Schmid-Federer): AB NR, 2011, S. 531, 2266.
[63] Presse vom 5.1.11; LT, 4.3.11; NZZ, 22.3. und 8.10.11; TA, 16.4.11; NZZ, TA, Lib., 19.4.11; NZZ, 15.6.11; Expr., 22.6.11; LN, 22./23.6.11; TA, 4.8.11; SoZ, 4. und 18.9.11; Medienmitteilung Weko vom 5.9.11; Presse vom 17.9.11; TA, 6.9. und 10.11.11; NZZ, 6.9., 17.9, 28.9., 8.10. und 22.12.11.
[64] BGE_2C_343/2010, BGE_2C_344/2010; Presse vom 21.4.11; SPJ 2007, S. 178.
[65] Presse vom 7.2.11; NZZ, 8.2.11; SPJ 2010, S.191.
[66] Ip. 11.3931: AB SR, 2011, S. 1277 f.; BVGer A-300/2010; TA und NZZ, 16.4.2011; SPJ 2010, S. 191.
[67] Frage 11.5051: AB NR, 2011, S. 166; NZZ, 8.3.11, Presse vom 15.12.11.
[68] Exp. und LT, 15.1.11; Lib., 21.1.11; Westschweizer Presse vom 5.2.11 (Zustelltarif); Presse vom 21.1.11 (Reinigungsarbeiten in kleineren und mittleren Poststellen); LT, 18.2.11; TA, 7.2. und 19.2.11; Presse vom 30.6.11; NZZ, 19.9.11; SPJ 2010, S. 196 (Distrinova).
[69] Presse vom 24.1., 25.1., 12.5. und 12.8.11.
[70] Presse vom 20.4., 21.4. und 23.4.11.
[71]BRG 11.038: BBl, 2011 (Botschaft zur Postinitiative), S. 5853 ff.; Presse vom 23.6.11; SPJ 2010, S. 192 ff. (Totalrevision Postgesetzgebung und Postinitiative); SGT, 7.1. und 12.1.11; QJ, 21.1.11; BaZ, 9.8.11; BZ, 2.9.11; SPJ 2009, S. 170 (Postagenturen).
[72] Presse vom 5.5.11 (Postfinance); BZ, 21.10.11; Presse vom 23.11.11 (Konzernleitung).
[73] AZ, 22.12.11; SN und NZZ, 23.12.11.
[74] Medienmitteilung Post vom 15.3.12; Presse vom 15.3.12.