Année politique Suisse 1973 : Economie / Politique économique générale
 
Wettbewerbspolitik
Die zunehmend harte und preisdrückende Situation des Wettbewerbs wurde zudem bei verschiedenen kleinen und grossen Auseinandersetzungen deutlich. Als Reaktion auf Preiserhöhungen ermässigte die Firma Denner vorübergehend den Preis für Agrarprodukte um 30 %. Die hauptsächlich Reklamezwecken dienende Aktion stiess in der Folge auf Proteste der Bauernorganisationen [65]. Die Schweizerische Kartellkommission befasste sich 1973 weiterhin mit der Analyse von Wettbewerbsverhältnissen. Sie veröffentlichte die Ergebnisse von Untersuchungen des Kabel- und Büchermarktes sowie der Sanitärbranche. Das Bundesgericht erteilte der Kommission ferner den Auftrag, zur Abklärung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Lebensmittelfirma Denner zu prüfen, ob eine Aufhebung der Rotweinkontingentierung gerechtfertigt sei [66]. Der Gewerbeverband übte an der Tätigkeit der Kartellkommission scharfe Kritik und warf ihr vor, sie beeinträchtige die Bedürfnisse der gewerblichen Wirtschaft und fördere den Konzentrationsprozess [67]. Mehrere Betriebsschliessungen und Unternehmungszusammenschlüsse zeigten, dass der Strukturwandel der Wirtschaft weiterging [68]. Grosses Aufsehen erregte in diesem Zusammenhang die Übernahme des Chemiegrossbetriebes Lonza durch die Firma Alusuisse [69]. Die andauernde Konzentrationsbewegung und die dadurch entstehende wirtschaftliche Machtballung wurde vielfach mit Besorgnis und Kritik zur Kenntnis genommen [70]. In einer Motion forderte der Christlichdemokrat Koller (AI) die sofortige Einführung eines Bundesgesetzes über Konzerne [71]. Sein Parteikollege Oehler (cvp, SG) trat mit einer andern Motion für die Schaffung eines Publizitätsgesetzes für Aktientransaktionen ein [72].
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Konsumentenschutz
Angesichts der massiven Teuerung fiel dem Konsumentenschutz 1973 eine grosse Bedeutung zu. Die Einführung der Preisüberwachung fand in Konsumentenkreisen lebhafte Anerkennung, wurde doch den Konsumentenorganisationen beim Vollzug des Überwachungsbeschlusses der Status « mitwirkender Organisationen » verliehen. Die Stiftung für Konsumentenschutz begrüsste insbesondere die neue Verpflichtung zur Anschrift der Detailpreise und bedauerte es gleichzeitig, dass diese nicht auch auf die Dienstleistungen ausgedehnt wurde [73]. Der Europarat verabschiedete in Strassburg eine europäische Konvention zum Schutze der Konsumenten und legte sie den Mitgliederländern, darunter der Schweiz, zur Unterzeichnung vor. Die « Charta des Verbraucherschutzes » soll das Recht auf einwandfreie Nahrungsmittel und Dienstleistungen, den Schutz des Konsumenten vor Verletzung seiner wirtschaftlichen Interessen sowie das Recht auf Schadenersatz und bessere Konsuminformationen gewährleisten [74]. In einer als Postulat überwiesenen Motion forderte der Tessiner Jelmini (cvp) den Bundesrat zur aufmerksamen Wahrnehmung der aus dem Freihandelsabkommen mit den Europäischen Gemeinschaften resultierenden Vorteile für den Konsumenten auf [75]. In einem Postulat setzte sich ferner die sozialdemokratische Abgeordnete Nanchen (VS) für ein generelles Verbot täuschender Reklame ein [76].
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M.D.
 
[65] NZZ, 17, 12.1.73 ; NZ, 15, 14.1.73 ; TA, 21, 26.1.73. Vgl. auch unten, S. 76.
[66] Veröffentlichungen der Schweizerischen Kartellkommission, 8/1973, Heft 1 (Kabelmarkt), Heft 2 (Sanitärbranche) und Heft 3 (Büchermarkt).
[67] Otto Fischer, „Die Tätigkeit der Kartellkommission aus der Sicht des Gewerbes“, in Gewerbliche Rundschau, 17/1972, S. 146 ff.
[68] Zu den Betriebsschliessungen vgl. unten, S. 113.
[69] AZ, 295, 18.12.73.
[70] Vgl. dazu insbesondere : « L'Entreprise Multinationale », in Revue économique et sociale, 31/1973, März.
[71] Vat., 146, 27.6.73 ; Verhandl.B.vers., 1973, II, S. 25.
[72] Vat., 146, 27.6.73 ; Verhandl.B.vers., 1973, II, S. 32.
[73] NZZ (sda), 92, 25.2.73 ; 142, 26.3.73 ; 267, 13.6.73 ; 268, 13.6.73.
[74] TA, 114, 18.5.73 ; NZ, 177, 9.6.73.
[75] Amtl. Bull. NR, 1973, S. 421 ff.
[76] Ebd., S. 1163 ff.