Année politique Suisse 1979 : Economie / Agriculture
 
Übrige Agrarpolitik
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Bäuerliches Pachtrecht
Während einerseits die Zuteilung der Milchkontingente aufgrund der bewirtschafteten Fläche die Nachfrage nach Pachtland gesteigert hat, vermindert sich das Angebot infolge der gesteigerten Bautätigkeit. Der dadurch entstandene Landmangel wie auch Kündigungen durch Besitzer, die ihren Boden dem Bau oder der Spekulation zuführen wollten, verstärkten den Ruf nach einer Revision des bäuerlichen Pachtrechts [51]. Gegen Jahresende schloss eine Expertenkommission ihre Vorbereitungsarbeiten für ein entsprechendes Bundesgesetz ab, das an die Stelle der in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen zerstreuten Bestimmungen treten soll. Der Expertenentwurf sieht mehrere Neuerungen vor: Verlängerung der Mindestpachtdauer, Massnahmen gegen die Parzellenpacht. Vorpachtrecht der Nachkommen, flexiblere Pachtzinsberechnung, Verstärkung des Kündigungsschutzes sowie Pachterstreckung. Der Pächterverband kritisierte den Entwurf und erklärte den Kündigungsschutz für ungenügend. Bedenken wurden anderseits von Grundbesitzern und Juristen in der Expertenkommission laut, weil sie den verfassungsmässigen Grundsatz der Eigentumsgarantie nicht voll respektiert glaubten [52]. Über das Scheitern der von der Union des producteurs suisses lancierten Bodenrechtsinitiative werden wir an anderer Stelle berichten [53].
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Forschung
Angesichts der vielfältigen Probleme der Landwirtschaft wurden auf Kantons- und Bundesebene die Anstrengungen zur Förderung der Forschung und beruflichen Ausbildung vorangetrieben. Im Juni wurde in Changins (VD) eine neue Forschungsanstalt mit Technikum für Obst- und Gemüsebau eröffnet. Sie soll insbesondere auch Versuche anstellen über eine Einschränkung des Einsatzes chemischer Mittel. Es handelt sich hierbei um die ;grösste von sieben eidgenössischen Versuchsanstalten [54]. Das Pendant in der deutschen Schweiz existiert seit längerer Zeit in Wädenswil (ZH). In der Herbstsession bewilligte das Parlament einen Beitrag an die Neubauten des dortigen Technikums [55].
Die Aufgabenumschreibung von Changins weist darauf hin, dass man in der Landwirtschaft in eine Phase des Umdenkens gekommen ist. Der Agrochemie wird in zunehmendem Masse Misstrauen entgegengebracht. Alternative Methoden finden Interesse. Doch für weite bäuerliche Kreise ist der umweltgerechte biologische Landbau problematisch, weil er die Produkte verteuert und häufig arbeitsintensiver ist, wenngleich gewisse Fremdkosten (Dünger, Pestizide etc.) abnehmen oder wegfallen. Auch die landwirtschaftlichen Versuchsanstalten haben der neuen Denkweise bis jetzt weitgehend die Gefolgschaft verweigert. Einzig in Oberwil (BL) existiert ein Forschungsinstitut für biologischen Landbau. das aber trotz seiner wissenschaftlichen Kontakte mit der ETH und andern Forschungsanstalten von einer privaten Stiftung getragen wird. Noch kann also nicht von einer breiten Wirkung gesprochen werden, doch haben im vergangenen Jahr sowohl alternative Arbeitsgruppen und Tagungen als auch die steigende Nachfrage nach biologischen Produkten ein Fortschreiten der Bewegung bezeugt [56]. Entsprechende Vorstösse auf eidgenössischer und kantonaler Ebene wurden mit recht viel Verständnis aufgenommen [57]. Alternative Methoden werden aber auch durch die Energiekrise gefördert. So hat man nicht nur das Holz wieder mehr zu Ehren gezogen, noch andere pflanzliche Produkte werden auf ihre Verwendbarkeit als Energielieferanten geprüft [58].
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G.R.
 
[51] Vgl. Lib.. 108, 9.2.79; 249, 30.7.79; 24 Heures, 33, 9.2.79; 81, 6.4.79; 93. 23.4.79. Pächter wandern zunehmend nach Kanada aus (NZZ, sda, 53, 5.3.79; Lib., 131, 8.3.79; TW, 13, 28.3.79; LNN, 178, 3.8.79).
[52] SGT, 22. 27.1.79; TA, 251, 29.10.79; TLM, 306, 2.11.79; Vat., 258, 7.11.79; LNN, 296, 22.12.79. Vgl. auch SPJ, 1978. S. 38.
[53] Vgl. unten, Teil I, 6c (Droit foncier).
[54] JdG, 140, 19.6.79; 150, 30.6.79; NZZ, 149, 30.6.79.
[55] BBl, 1979, I, S. 21 ff.; Amtl. Bull. NR, 1979, S. 786 ff.: Amtl. Bull. StR, 1979, S. 338 ff.; AS, 1980. S. 186 f.
[56] Biologischer Landbau: JdG, 71, 26.3.79; BaZ, 84, 9.4.79; 198, 25.8.79; Bund, 86, 12.4.79; Ldb, 162, 17.7.79; TA, 203, 3.9.79. Oberwil: NZZ, 205. 5.9.79.
[57] Vgl. Motion Morel (sp. FR). als Postulat überwiesen (Amtl. Bull. NR, 1979. S. 20 ff.), ferner eine vom bernischen Grossen Rat angenommene Motion (Bund, 37. 14.2.79).
[58] Ldb, 117, 23.5.79; NZZ, 292, 15.12.79. Zum Holz vgl. oben, Forstwirtschaft.