Année politique Suisse 1985 : Economie / Agriculture
Pflanzliche Produktion
Die offizielle Landwirtschaftspolitik versucht, die Überproduktion von Milch und Fleisch durch gezielte Förderung des Ackerbaus zu reduzieren. Dass dabei nun auch im Bereich der pflanzlichen Produktion vermehrt Überschussmengen anfallen, ist ein Indiz für die strukturellen Probleme der Agrarpolitik.
Die eidgenössischen Räte stimmten einer vorzeitigen Revision des bis 1989 befristeten Bundesbeschlusses über die inländische Zuckerwirtschaft zu. Danach soll die Menge der zum vollen Preis zu übernehmenden
Zuckerrüben von 850 000 t auf 1 Mio t angehoben und die Zuckerrechnung des Bundes — im Sinne des Anschlusssparprogramms von 1984 — um 20 Mio Fr. entlastet werden. Diese Entlastung erfolgt durch eine Verteuerung des Zuckers um 15 Rp. pro kg. Die Gegner des Bundesbeschlusses, der LdU, die Linksparteien sowie Konsumenten- und Drittweltorganisationen, bestritten die Argumente der Bürgerlichen, dass eine Ausdehnung der Zuckerfläche eine produktionslenkende Wirkung hätte. Die Konsumentenkreise waren zudem nicht bereit, das agrarpolitische Paradoxon zu akzeptieren, dass eine Mehrproduktion von einheimischem Zucker — aufgrund protektionistischer Massnahmen — zu einer Preissteigerung führen solle. Von den Drittweltorganisationen wiederum wurde darauf hingewiesen, dass weltweit bereits 40% Zuckerüberschuss produziert werde und dass eine Steigerung der Inlandproduktion den Interessen der zuckerproduzierenden Entwicklungsländer zuwiderlaufe. Unter den opponierenden Kräften traute es sich jedoch nur der Migros-Genossenschafts-Bund zu, über die Sommerferienzeit das Referendum zu ergreifen. Über 5000 Bauern protestierten gegen das erfolgreiche Referendum, welches sie als ungerechtfertigten Angriff auf die Landwirtschaft betrachteten
[18].
Zu einer zusätzlichen Belastung von Bundeskasse und Konsumenten führte eine erneute grosse
Brotgetreideernte, die mit 500 000 t (1984: 560 000 t) den Bedarf um 150 000 t übertraf: Die «Denaturierung» des überschüssigen Getreides zu Futtermitteln belastete die Getreiderechnung mit 50-55 Mio Fr., während die Auflage an die Handelsmühlen, den Anteil des teureren inländischen Getreides von 80 auf 85% zu erhöhen, den Brotpreis um 10 Rp. pro kg anhob. Zur Beseitigung dieser Überschüsse wurde von verschiedenen Seiten die Stillegung von Brotgetreideanbauflächen und ein Wechsel zum weniger lukrativen Futtermittelgetreide angeregt. Solange das bäuerliche Einkommen jedoch zur Hauptsache über garantierte Abnahmepreise geregelt wird, dürften solche Empfehlungen nur in geringem Ausmass befolgt werden
[19].
In der Dezembersession 1984 hatte das Parlament im Rahmen des Anschlusssparprogramms die
Aufhebung der Unterstützungsbeiträge für die Selbstversorgung mit Brotgetreide (Mahllohnreduktion) gutgeheissen. Diese Massnahme sollte den Bundeshaushalt um 3 Mio Fr. entlasten. Da diese Änderung das Verfassungsrecht betraf, musste sie auch
dem Souverän unterbreitet werden. Bekämpft wurde diese Vorlage von den kleinen Links- und Rechtsparteien sowie der SVP, welche vor einem Verschwinden der Kundenmühlen und einer möglichen Schwächung der Landesversorgung warnte. Die Aufhebung der Mahllohnreduktion wurde jedoch
von 57,1 % der Stimmenden gutgeheissen. Gemäss einer Nachuntersuchung auf Befragungsbasis gründete der relativ hohe Nein-Stimmen-Anteil in der Solidarität mit den von dieser Streichung betroffenen Kleinbauern und Müllern
[20].
Aufsehen erregte der Bericht der Schweizerischen Kartellkommission über die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Markt der Westschweizer Weine. Darin wurde dargelegt, dass der von Behörden und Weinproduzenten praktizierte Schutz des Weinbaus teilweise mit der gesetzlichen Zielsetzung kollidiert. Die Kommission empfahl dem Bundesrat ein liberaleres Einfuhrregime, einen gezielteren Agrarschutz, strengere Qualitätsvorschriften sowie eine verstärkte Aufsicht über die Preisbildung. Der Bundesrat leitete daraufhin Änderungen des Weinbaustatuts und des Rebbaubeschlusses ein. Bei den Einfuhrbestimmungen wurde ein Zusatzkontingent von 10 Mio l eröffnet und eine flexiblere Handhabung der Importpolitik angekündigt; ferner lockerte der Bundesrat die Beschränkungen von 1984 betreffend den privaten Weinimport von 10 auf 40 l.
Im
Vernehmlassungsverfahren zu einer vorzeitigen Revision des Rebbaubeschlusses von 1979 begrüsste die grosse Mehrheit der angehörten Kantone, Berufsorganisationen und Parteienlzwar die anvisierte Förderung der Weinqualität, sie wollte aber den Bundesbeschluss eist auf Ende 1989, wenn dessen Gültigkeit ausläuft, revidieren. Wie im Vernehmlassungsverfahren angeregt, versuchte der Bundesrat, eine Qualitätsverbesserung des Weines durch die Teilrevision der Lebensmittelverordnung herbeizuführen. Vorgesehen waren dabei namentlich Vorschriften über eine beschränkte Möglichkeit zur Nachzuckerung und Bestimmungen betreffend den Alkohol- resp. Mindestzuckergehalt; weiter sollten, statt wie bisher zwei, drei Kategorien von Weinqualitäten geschaffen werden. Um solchen Beschlüssen des Bundes zuvorzukommen, beschloss der welsche Winzerverband selber die Einführung strengerer Normen für die Weinqualität. Er begrüsste ferner die Festlegung des Mindestzuckergehalts in der Lebensmittelverordnung, lehnte aber eine gesamtschweizerische Regelung der Weinqualität in drei Kategorien ab; diese Kompetenz müsse den Kantonen zustehen
[21].
[18] Amtl. Bull. NR, 1985, S. 862 ff., 869 ff. und 1298; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 224 ff., 382 f. und 462; BBl, 1985, S. 297 ff. und 1477 f.; wf, Kurzinformationen, 22, 3.6.85; Presse vom 22.3.85; 6.6.85; 14.6.85; 26.6.85; 5.9.85; NZZ, 22.6.85; 28.9.85; 20.11.85; LID, Pressedienst, 1399, 28.6.85; 1408, 30.8.85; 1409, 6.9.85; Union, 7, 3.7.85; 8, 7.8.85; Ww, 41, 10.10.85; TAM, 49, 30.11.85; siehe auch SPJ, 1979, S.96; 1984, S.94. Vgl. ferner das überwiesene Postulat Gurtner (poch, BE) zur Förderung von Zuckerimporten aus Entwicklungsländern: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1831; PZ, 24, 26.6.85.
[19] TA, 1.2.85; SHZ, 6, 7.2.85; 26, 26.6.85; BZ, 7.8.85; 24.10.85; NZZ, 4.9.85; 21.9.85; 1.11.85; Vat., 4.9.85; Vr, 1.10.85. Vgl auch LID, Dokumentationsdienst, 239, 14.3.85.
[20] Amtl. Bull. NR, 1984, S. 867 ff. und 1957 ; Amtl. Bull. StR, 1984, S. 563 ff. und 740; BBl, 1984, I, S. 1253 ff.; S. 1465; 1985, II, S. 672 f.; Bund, 7.5.85; NZZ, 10.5.85; 22.5.85; IBZ, 21, 24.5.85; 22, 31.5.85; BZ, 31.5.85. Der Souverän stimmte am 9. Juni 1985 der Aufhebung der Unterstützung für die Selbstversorgung mit Brotgetreide mit 787 056: 592 851 zu. Siehe dazu Presse vom 10.6.85; Vox, Analyse der eidgenössischen Abstimmung vom 9. Juni 1985, Zürich 1985. Siehe auch unten, Teil I, 5 (Sparmassnahmen).
[21] Kartellkommission: Bund, 20.3.85; Presse vom 29.3.85; Lib., 3.4.85; SGT, 15.4.85. Revisionen und Reaktionen: Presse vom 20.4.85; 17.10.85; 24 Heures, 21.4.85; 14.6.85; 19.10.85; LID, Dokumentationsdienst, 241, 2.5.85; TA, 18.5.85; 9.7.85; 18.7.85; Suisse, 5.6.85; JdG, 25.7.85; NZZ, 29.7.85; Bund, 23.9.85. Siehe ferner Amtl. Bull. StR, 1985, S. 581 ff.; BaZ, 14.8.85; 18.12.85; NZZ, 31.8.85 sowie SPJ, 1984, S. 94 f.
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