Année politique Suisse 1987 : Economie / Politique économique générale
 
Wettbewerbspolitik
Die "Eidgenössische Konsumentenschutz-Initiative" der Denner AG, welche in bestimmten Bereichen des Konsumgüterhandels ein Kartellverbot verankern will, fand auch im Parlament keine Gnade und wurde dem Volk zur Ablehnung empfohlen. Die Argumente waren dieselben, wie sie der Bundesrat 1986 in seiner Botschaft vorgebracht hatte. Zugunsten der Volksinitiative mochte sich niemand einsetzen. Vertreter der Linken und des Landesrings gaben aber zu verstehen, dass ihre Ablehnung der Denner-Initiative nicht bedeute, dass sie die bestehende Kartellgesetzgebung für ausreichend erachten würden [17].
Ebenfalls chancenlos blieb die im Vorjahr von Nationalrat Jaeger (ldu, SG) eingereichte parlamentarische Initiative für die Schaffung von Verfassungsgrundlagen für ein wesentlich schärferes Wettbewerbsrecht. Mit dem Argument, dass eine parlamentarische Initiative nicht angebracht sei, da Jaeger sein Anliegen in Form eines Gegenvorschlags zur Denner-Initiative präsentieren könne, verzichtete der Rat auf eine inhaltliche Diskussion des Vorstosses [18].
Die west- und südschweizerischen Konsumentinnenverbände konnten mit einiger Mühe die erforderlichen Unterschriften für eine zweite Preisüberwachungsinitiative bei Kartellen und kartellähnlichen Organisationen fristgerecht zusammenbringen. Die positive Stellungnahme des Preisüberwachers Guntern zum Hauptanliegen der Volksinitiative, der expliziten Unterstellung der Kredite und der staatlich administrierten Preise, errégte einiges Aufsehen und, bei Gegnern des Begehrens, auch Unmut [19].
Das im Vorjahr verabschiedete Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG) bedarf offenbar bereits einer Teilrevision. Gemäss einer vom Ständerat überwiesenen parlamentarischen Initiative Schönenberger (cvp, SG) sollen Bestimmungen, die sich auf das Kleinkreditwesen beziehen, gestrichen werden. Der Grund für diesen im Rat materiell nicht bestrittenen Vorstoss besteht darin, dass nach der Ablehnung des Kleinkreditgesetzes durch das Parlament eine rechtliche Definition des Begriffs Kleinkredite fehlt [20].
top
 
print
Konsumentenschutz
Die kleine Kammer behandelte als Erstrat die beiden Gesetzesvorlagen des Bundesrates zur Verbesserung der Stellung der Konsumenten auf dem Markt. Dabei zeigte sich einmal mehr, dass der Ständerat den Anliegen der Konsumenten nicht sehr wohlgesinnt ist. Dem Bundesgesetz über die Konsumenteninformation vermochte er nur zuzustimmen, nachdem er einige Veränderungen vorgenommen hatte. So ersetzte er den Anspruch der Konsumentenorganisationen auf finanzielle Unterstützung für ihre Aufklärungstätigkeit durch die Formel, dass der Bundesrat diese Aktivitäten subventionieren kann. Ferner sollen nicht alle Tests über Dienstleistungen beitragsberechtigt sein, sondern nur die vom Bundesrat bezeichneten. Daneben präzisierte der Ständerat noch einige Formulierungen im Gesetz und schrieb der konsultativen Kommission für Konsumentenfragen, in der die Konsumentenvertreter bisher leicht überrepräsentiert waren, eine paritätische Besetzung vor.
Der zweite Teil der Vorlage betraf eine Teilrevision des Obligationenrechts und wies als umstrittenste Bestimmung ein Widerrufsrecht bei Verkäufen ausserhalb von Geschäftslokalitäten auf. Betroffen davon wären nicht nur die manchmal aggressiven sogenannten Haustürverkäufe gewesen, sondern auch die Versicherungsbranche, bei der Vertragsabschlüsse in der Wohnung des Kunden Usus sind. Die vorberatende Kommission beantragte, auf die Vorlage einzutreten, dann aber alle vorgeschlagenen Bestimmungen zu streichen. Der Ratsmehrheit fand jedoch eine Beratung der einzelnen Vorschläge des Bundesrats überflüssig und beschloss mit 23:17 Stimmen Nichteintreten [21].
Auf Begehren des Detailhandels beschloss der Bundesrat, dass die Preise von Waren, die mehr als 5000 Fr. kosten, nicht mehr angeschrieben werden müssen. Diese Lokkerung der Verordnung über die Preisanschreibepflicht tritt auf den 1.3.1988 in Kraft [22].
 
[17] Amtl. Bull. StR, 1987, S. 149 ff. und 685; Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1825 ff. und 1895; BBl, 1988, I, S. 1 f. Zur Botschaft siehe SPJ, 1986, S. 70 f. Das Parlament wurde in seiner ablehnenden Haltung von den Interessenvertretern sowohl der Detaillisten als auch der Konsumentinnen unterstützt (NZZ, 16.6.87; Schweizerische Detaillisten-Zeitung, 1987, Nr. 1/2, S. 1 f. und Nr. 12, S. 1 ff.).
[18] Amtl. Bull. NR, 1987, S. 111 ff.; SPJ, 1986, S. 71.
[19] Initiative: BBl, 1988, 1, S. 92 f.; Presse vom 29.9.87; SPJ, 1986, S. 71. In der Schlussphase beteiligte sich auch das Konsumentinnenforum der deutschen Schweiz an der Unterschriftensammlung (Schweizerische Detaillisten-Zeitung, 1987, Nr. 4, S. 6). Guntern: TA, 4.11.87; JdG, 20.5.87; Amtl. Bull. NR, 1987, S. 833 und 835.
[20] Amtl. Bull. StR, 1987, S. 558 ff. Zum UWG und zum Kleinkreditgesetz siehe SPJ, 1986, S. 71 f.
[21] Amtl. Bull. StR, 1987, S. 538 ff. und 549 ff. Die Haltung der Ständeratsmehrheit deckte sich mit derjenigen der Vertreter der Wirtschaft (wf, KK, 36, 7.9.87). Vgl. auch SPJ, 1986, S. 72. Zu den mit dem Gesetz über das internationale Privatrecht (IPR) eingeführten Konsumentenverträgen siehe oben, Teil I, lb (Rechtsordnung: Privatrecht).
[22] AS, 1988, S. 241. Vgl. auch AT, 15.10.87 und SPJ, 1978, S. 59.