Année politique Suisse 1987 : Infrastructure, aménagement, environnement / Protection de l'environnement
Abfälle
Da durch die immer grösser werdende Abfallflut die Kehrichtverbrennungsanlagen und Deponien bis an die Grenzen ihrer Kapazität ausgelastet sind, kommt einer umweltgerechten Abfallentsorgung — wie sie 1986 im Leitbild der Eidgenössischen Kommission für Abfallwirtschaft entworfen worden war — grosse Bedeutung zu. Vorschläge zur Verwirklichung dieses Leitbildes werden derzeit im Rahmen der geplanten Abfallverordnung ausgearbeitet. In einer Eingabe verlangte die SGU, dass dabei nicht nur Entsorgungsfragen geregelt, sondern auch Massnahmen vorgesehen werden, um die Erzeugung von Abfällen einzudämmen
[41].
Das BUS führte Verhandlungen mit Vertretern von Handel, Industrie und Umweltorganisationen über Strategien zur Senkung des Verbrauchs von
Einweg-Getränkeverpackungen und zur Förderung der Retourflaschen. Da keine befriedigende Lösung durch freiwillige Vereinbarungen zustande kam, kündigte der Bundesrat an, die notwendigen Massnahmen auf dem Verordnungsweg durchzusetzen und notfalls auch ein Verbot für bestimmte Verpackungen zu erlassen. Er beauftragte das BUS mit der Ausarbeitung einer verbindlichen Regelung, welche durch eine Pfandlösung den Rücklauf der Einweggebinde von kohlensäurehaltigen Getränken sichern soll. Um die zum Sammeln und Verwerten notwendige Organisation sowie die nötige Informationstätigkeit zu finanzieren, ist gleichzeitig die Erhebung einer im Verkaufspreis enthaltenen Entsorgungsgebühr vorgesehen
[42].
Lenkungsabgaben nach dem Verursacherprinzip wurden auch im Zusammenhang mit der Entsorgung bzw. dem
Recycling von Batterien diskutiert. Rückwirkend auf den 1. September traten Bestimmungen in Kraft, welche die Kennzeichnung schadstoffreicher Batterien vereinfachen und die Rückgabe sämtlicher Knopfbatterien verlangen. In der Vernehmlassung zu dieser Änderung der Stoffverordnung hatten mehrere Kantone und auch die Umweltorganisationen weitergehende Massnahmen wie die Depotpflicht für schadstoffreiche Batterien gefordert. Damit sollen hohe Rückgabequoten erzielt und wirtschaftliches Recycling oder sachgerechte Entsorgung ermöglicht werden, denn heute kommen trotz der in der StoV verankerten Rückgabepflicht drei Viertel der 4500 t jährlich anfallenden Alt-Batterien in den Abfall und belasten bei der Verbrennung die Umwelt mit Quecksilber und Cadmium
[43].
Am 1. April wurde die
Verordnung über den Verkehr mit Sonderabfällen (VVS) rechtswirksam. Sie verlangt das lückenlose Erfassen des Weges, den diese Abfälle zu rücklegen, und kontrolliert deren umweltgerechte Entsorgung. Dadurch will sie sicherstellen, dass sich Irrfahrten und illegales Deponieren oder Verschwindenlassen von Sonderabfällen nicht mehr ereignen können. Noch nicht gelöst ist jedoch das Problem der Bewältigung der wachsenden Sondermüllberge. Eine neu gegründete "Schweizerische Gesellschaft der Entsorgungsunternehmen für Sonderabfälle" (Geso) will deshalb in Zusammenarbeit mit Bund und Kantonen für die in der Schweiz jährlich anfallenden 300 000 Tonnen Sondermüll eine langfristig befriedigende, umweltgerechte Lösung erarbeiten. In einem ersten Schritt ist neben einer umfassenden Bestandesaufnahme der Aufbau eines Beratungsdienstes für umweltgerechte Entsorgung vorgesehen
[44].
Gemäss dem Leitbild für die schweizerische Abfallwirtschaft sollen die Sonderabfälle künftig nicht mehr als solche deponiert, sondern vor der Ablagerung durch Verbrennung in Hochtemperaturöfen in ungefährliche Reststoffe umgewandelt werden. Die auch gesamteuropäisch festzustellenden Kapazitätsengpässe machen die Realisierung von neuen, umweltgerechten Sondermüll-Verbrennungsanlagen nötig. Allerdings stösst die
Suche nach Standorten für Deponien, Verbrennungsöfen, Behandlungs- und Entgiftungsanlagen sowie Sammelzentren auf immer grössere Schwierigkeiten. Seit der Präsentation eines Konzepts zur Sondermüllbeseitigung im April 1986 konnte noch an keinem der ins Auge gefassten Deponiestandorte mit weiteren Vorabklärungen und Sondierbohrungen begonnen werden. Die fünf betroffenen Gemeinden wehrten sich weiterhin vehement gegen eine Sondermüll- bzw. Reststoffdeponie auf ihrem Gebiet und verlangten in einem gemeinsamen Brief an den Bundesrat, dass das Problem der Sondermüllentsorgung neu angegangen werde. In seiner umweltpolitischen Standortbestimmung wies der Bundesrat auf die geplante Abfallverordnung hin, welche u.a. den Bau und Betrieb von Abfallbehandlungsanlagen regeln wird, und kündigte an, die flächendeckende Entsorgung für Sonderabfälle mit einem Anlagenkonzept sicherzustellen, das auf die Opfersymmetrie zwischen den Kantonen Rücksicht nehme
[45].
[41] Abfallflut: Bund, 13.2.87; BaZ, 6.3.87; Val., 5.9.87; Ww, 29.10.87; vgl. Amtl. Bull. NR, 1987, S. 165, 1048 und 1540; Amtl. Bull. StR, 1987, S. 421 f. Leitbild: SPJ, 1986, S. 145; vgl. SHZ, 5.3.87; TA, 20.3.87. Abfallverordnung: TW, 2.2.87; vgl. Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1873 sowie Gesch.ber., 1987, S. 108 f. und 119. Eingabe: SGU-Bulletin, 1987, Nr. 4, S. 17. Siehe auch die von NR Widmer (]du, ZH) eingereichte Motion betreffend umweltgerechte Abfallbeseitigung (Verhandl. B.vers., 1987, IV, S. 104).
[42] Verhandlungen: BZ, 6.1. und 13.5.87; SHZ, 16.4. (Spezial-Nr.) und 7.5.87; NZZ, 6.5.87; Bund, 26.6.87; TA, 22.7.87; SGU-Bulletin, 1987, Nr. 1, S. 15 und Nr. 3, S. 11 f. Bundesrat: Stellungnahme zu einer als Postulat überwiesenen Motion Rüttimann (cvp, AG), welche ein Verbot von Alu-Getränkedosen forderte (Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1854 f.). Geplante Verordnung: TA, 9.10.87; BZ, 28.11.87; SHZ, 23.12.87; Gesch.ber., 1987, S. 119. Siehe auch SPJ, 1986, S. 145 f.
[43] Änderung der StoV: AS, 1987, S. 1195 ff. und 1388; Presse vom 22.9.87. Vernehmlassung: BaZ, 19.6.87; Bund, 1.7.87; NZZ, 4.7.87. Siehe auch die Petition betreffend Einführung eines Rückgabepfands für Batterien auf dem Verordnungsweg: Amtl. Bull. NR, 1986, S. 2027 und 1987, S. 161; Amtl. Buil. StR, 1987, S. 101. Vgl. ferner TA, 12.5.87; BaZ und 24 Heures, 27.8.87; NZZ, 5.10.87; Schweizer Naturschutz, 1987, Nr. 4, S. 12 sowie SPJ, 1986, S. 145.
[44] VVS: SPJ, 1986, S. 146; BaZ und NZZ, 28.3.87; Vat., 1.4.87. Ein internationales Übereinkommen über die Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs mit gefährlichen Abfällen wird auf Antrag der Schweiz derzeit ausgearbeitet (Lib. und 24 Heures, 10.6.87; SGT, 17.6.87; Gesch.ber., 1987, S. 33). Geso: BaZ, 10.2.87; Vat., 29.6. und LNN, 1.7.87 (Gründung); SGT, 28.7.87.
[45] Kapazitätsengpässe: Ww, 9.4.87; TA, 12.5.87; SHZ, 25.6. und 6.8.87. Suche nach Standorten und Opposition: SPJ, 1986, S. 146; NZZ, 28.3.87; Vat., 29.4. und 2.5.87; Bund, 4.5. und 5.5.87 (Brief der fünf Gemeinden); SHZ, 21.5.87; SZ, 13.7.87; BZ, 16.7.87; vgl. auch die in BL von Grünen und Linken eingereichte Initiative gegen Sondermülldeponien (BaZ, 6.1. und 18.6.87). Umweltpolitische Standortbestimmung des BR: Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1873. Siehe auch die in Postulatform überwiesene Motion Spoerry (fdp, ZH), welche die Festlegung von Standorten für Sondermülldeponien und -verbrennungsanlagen nötigenfalls durch ein Machtwort des Bundes verlangt (Amtl. Bull. NR, 1987, S. 977 f.). Vgl. ferner Gesch.ber., 1987, S. 119 sowie Lit.
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