Année politique Suisse 1987 : Infrastructure, aménagement, environnement / Protection de l'environnement
Natur- und Heimatschutz
Die als
indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative "zum Schutz der Moore – Rothenthurm-Initiative" vorgeschlagene Revision des Natur- und Heimatschutzgesetzes (NHG) im Sinne einer Verstärkung des botanischen und zoologischen Biotopschutzes wurde von den Räten einstimmig verabschiedet. Das verstärkte rechtliche und finanzielle Engagement des Bundes im Bereich des Biotopschutzes war auch im Nationalrat unbestritten. Demgegenüber empfahl die grosse Kammer – wie im Vorjahr der Ständerat – die Rothenthurm-Initiative gegen die Opposition der Linken und Grünen Volk und Ständen zur Ablehnung. Diese vom Souverän überraschend angenommene Initiative, welche verlangt, dass sämtliche Moorlandschaften inskünftig zu schützen seien und daher auf das Waffenplatzprojekt in Rothenthurm (SZ) verzichtet werden müsse, behandeln wir in Kapitel I, 3 (Constructions militaires)
[47].
Mit der Beeinträchtigung der Landschaft durch geplante Schiess- und Waffenplätze, Hochspannungsleitungen oder Wasserkraftprojekte beschäftigten sich mehrere parlamentarische Vorstösse. So erkundigte sich Nationalrat Loretan (fdp, AG) nach einem Gesamtkonzept für das Freileitungsnetz der Schweiz, worauf der Bundesrat zusicherte, im Rahmen der Planungsgenehmigungsverfahren für den Bau von Hochspannungsleitungen dafür zu sorgen, dass die Aspekte der Raumplanung und des Landschafts-, Natur- und Heimatschutzes gebührend berücksichtigt werden. Eine vom Nationalrat als Postulat überwiesene Motion Longet (sp, GE) forderte den Bundesrat ferner auf, zur Verstärkung des Landschaftsschutzes Gesetzesvorschläge zu unterbreiten, um den in den verschiedenen Inventaren aufgenommenen Landschaften einen tatsächlichen Schutz auch durch Kantone und Gemeinden zu garantieren und um den Weisungen des EDI betreffend Skipisten, Meliorationen, Hochspannungsleitungen etc. Rechtskraft zu verschaffen
[48].
Die Bemühungen um einen dauerhaften Schutz der Bündner
Greina-Hochebene gingen auch nach dem Verzicht auf das Kraftwerkprojekt weiter. Aus einem von Naturschützern angeregten Fonds sollen die betroffenen Gemeinden für entgangene Einnahmen entschädigt werden, wenn sie einem Schutzvertrag für die Hochgebirgslandschaft Greina-Piz Medel zustimmen. Der Nationalrat überwies ein Postulat Columberg (cvp, GR), das den Bundesrat auffordert, in Zusammenarbeit mit den kantonalen Behörden und den Umweltschutzorganisationen für den Fall Greina eine Abgeltungslösung zu suchen. Längerfristig wird zur Entschädigung von Berggemeinden, die im Interesse des Landschaftsschutzes auf einen Endausbau der Wasserkraft verzichten, eine gesetzliche Grundlage angestrebt. Die von der Schweizerischen Greina-Stiftung (SGS) lancierte Idee einer Solidaritätsabgabe nahm ihr Präsident, Nationalrat Maeder (–, AR), mit einer Motion auf und schlug als Weg zur Realisierung dieses "
Landschaftsrappens" eine Neufassung des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vor. Der Nationalrat folgte jedoch der Argumentation von Bundesrat Schlumpf, wonach für die Erhebung einer solchen Energieabgabe durch den Bund die Verfassungsgrundlage fehle. Während er ein Postulat Loretan (fdp, AG) betreffend Abklärungen zu einem derartigen Abgeltungsfonds guthiess, lehnte er den von Maeder geforderten "Landschaftsrappen" mit 47:43 Stimmen ab und überwies in Postulatform nur den ersten Teil der Motion, der zur Schonung und Erhaltung der Naturschönheiten verlangt, dass Wasserkraftwerke das landschaftliche Bild und das ökologische Gleichgewicht möglichst wenig beeinträchtigen dürfen
[49].
Neben der Erhaltung der natürlichen Lebensräume bedrohter Tier- und Pflanzenarten wurde im Berichtsjahr auch dem Artenschutz selbst vermehrte Bedeutung zugemessen. Nachdem die Vogelwarte Sempach mit alarmierenden Ergebnissen ihres 1983 gestarteten Überwachungsprogramms der einheimischen Vogelarten an die Offentlichkeit getreten war, verlangte ein vom Nationalrat überwiesenes Postulat Ott (sp, BL) vom Bundesrat die Prüfung von Sofortmassnahmen. Mit einer internationalen Kampagne "Save the Birds" und einer über die Landesgrenzen hinausreichenden "Aktion Schmetterling" kämpften die Naturschutzorganisationen gegen das Aussterben bedrohter Arten und ihrer Lebensräume. In dieselbe Richtung zielten auch ihre Bemühungen um eine naturgerechtere Landwirtschaftspolitik
[50].
Das
Fuss- und Wanderweggesetz (FWG) und die dazugehörige Vollziehungsverordnung traten auf den 1. Januar 1987 in Kraft. In einigen Kantonen wurden die Arbeiten zur Anpassung des Rechts an das FWG aufgenommen. Da die Beeinträchtigung von Mensch und Natur durch die schnelle Ausbreitung der sogenannten Mountain Bikes (Bergvelos) zunehme, bat ein vom Nationalrat überwiesenes Postulat Bircher (sp, AG) den Bundesrat, die Bergvelos auf speziell gekennzeichnete Routen zu verweisen, damit Fuss- und Wanderwege weiterhin gefahrlos begangen werden können
[51].
Der Bundesrat stimmte der Aufnahme einer 4. Serie von Objekten in das Inventar schützenswerter Ortsbilder der Schweiz (ISOS) zu. Neu erfasst wurden der Kanton Thurgau sowie Teile des Kantons Bern
[52].
Seit Jahren befindet sich die eidgenössische
Denkmalpflege, welche im Berichtsjahr ihr 100jähriges Bestehen feiern konnte, in einer schweren Finanznot. Um die unhaltbare Situation bei der Subventionierungspraxis zu lösen, überwies nun auch der Nationalrat oppositionslos eine Motion des Ständerates (Zumbühl, cvp, NW) sowie eine gleichlautende des Bündner Christlichdemokraten Columberg. Darin verlangt das Parlament die rasche Auszahlung längst fälliger Subventionsbeiträge sowie ein Finanzierungssystem, das es dem Bund ab 1989 erlauben soll, seinen rechtlichen Verpflichtungen auf dem Gebiet der Denkmalpflege ohne zeitliche Verzögerung nachzukommen und die umstrittene Drinßlichkeitsordnung von 1978 aufzuheben
[53].
[47] Amtl. Bull. NR, 1987, S. 130 ff., 148 ff., 552, 819 und 1040; Amtl. Bull. StR, 1987, S. 168, 240 ff. und 424; BBl, 1987, I, S. 984 (Abstimmungsempfehlung); AS, 1988, S. 254 ff. (NHG); vgl. SPJ, 1986, S. 62 und 147 (Behandlung im StR). Siehe auch NZZ, 28.2. und 14.11.87; Ww, 31.12.87; Schweizer Naturschutz, 1987, Nr. 6, S. 36 f. und Nr. 7/8, S. 17. Zur verzögerten Inkraftsetzung des revidierten NHG siehe Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1621; BZ, 6.11. und 25.11.87; TA, 19.11.87.
[48] Interpellation Loretan: Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1029 f.; vgl. BZ, 15.1.87. Zu Vorstössen in Bezug auf Schiess- und Waffenplätze siehe: Amtl. Bull. NR, 1987, S. 155 f., 534 f., 1319, 1460 f., 1526, 1705 und 1910. Motion Longet: Amtl. Bull. NR, 1987, S. 980 f. Zur Beeinträchtigung der Landschaft durch den Wintersport siehe NZZ, 3.3.87; TA, 14.4. und 21.11.87; SGU-Bulletin, 1987, Nr. 4.
[49] Amtl. Bull. NR, 1987, S. 999 (Postulat Columberg), S. 1295 ff. (Postulat Loretan) und S. 1297 ff. (Motion Maeder). Zu Greina siehe auch Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1013 f.; Amtl. Bull. StR, 1987, S. 174; BZ, 21.4.87; Presse vom 22.5.87 (Landschaftsrappen); Ww, 28.5.87; BüZ, 30.5.87; Presse vom 30.10.87 (Rechtsgutachten der SGS); SPJ, 1986, S. 148. Zur Opposition gegen die Landschaftszerstörung durch Wasserkraftprojekte siehe BZ, 26.2. und 31.3.87; SGU-Bulletin, 1987, Nr. 3, S. 17 ff.; Schweizer Naturschutz, 1987, Nr. 7/8, S. 14 f. sowie oben, Teil I, 6a (Centrales hydro-électriques).
[50] Vögel: Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1461; BaZ, 26.3.87; 24 Heures, 3.4.87; SGT, 15.5.87; NZZ, 24.8.87. Schmetterlinge: Bund, 10.6.87; SchweizerNaturschutz,1987, Nr. 3, Nr. 4, S. 4 ff. und Nr. 6, S. 41 f. Zum Schutz der Arten und Lebensräume siehe auch AS, 1987, S. 421 ff. (internat. Abkommen); NZZ, 15.6.87; Ww, 16.7.87; Schweizer Naturschutz, 1987, Nr. 5, S. 4 f. und Nr. 6, S. 43 ff.
[51] FWG: SPJ, 1986, S. 133; NZZ, 31.1.87; TA, 9.5.87; ARF, Schweizer Fussgänger-Zeitung, 1987, Nr.4. Zur Arbeitsgemeinschaft Recht für Fussgänger (ARF), die sich für Fusswegnetze im Siedlungsgebiet einsetzt, siehe BaZ, 3.11.87. Kantonale Gesetzgebung: vgl. unten, Teil II, 4b. Mountain Bikes: Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1861; vgl. SGT, 18.6.87; TA, 20.6. und 14.12.87; CdT, 12.8.87.
[52] AS, 1987, S. 622 ff.; Presse vom 3.3.87; vgl. SPJ, 1985, S. 133 und 1986, S. 148.
[53] Jubiläum: Vat., 23.2.87; NZZ, 18.11.87. Subventionen: Gesch.ber., 1987, S. 67 und 412; vgl. BaZ, 25.6.87. Motionen: Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1220 ff.; BaZ, 29.9.87; vgl. SPJ, 1986, S. 148 (Behandlung im StR). Siehe auch das von NR Fischer (cvp, LU) eingereichte Postulat betreffend Lockerung der Dringlichkeitsordnung im Hinblick auf die Zentenarfeier 1991 (Bundesbeiträge an die Restaurierung von Baudenkmälern in der Zentralschweiz): Verhandl. B.vers., 1987, III, S. 57; Vat., 10.10.87.
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