Année politique Suisse 1988 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications
Strassenbau
1988 konnten
34,6 km Nationalstrassen neu dem Verkehr übergeben werden. Ende Jahr waren damit insgesamt 1486 km oder 80,1% der vorgesehenen Netzlänge von 1856 km in Betrieb; weitere 94,8 km standen im Bau. Da .die ausserparlamentarische Kommission für den Nationalstrassenbau, die sich hauptsächlich mit den langfristigen Bauprogrammen befasste, ihre Aufgabe weitgehend erfüllt hat, hob Bundesrat Ogi deren Mandat auf Ende des Jahres auf
[42].
Neben der Autostrasse Interlaken–Brienzwiler (N 8) wurden 1988 weitere Autobahnabschnitte in der Westschweiz eröffnet. Mit dem rund 12 km langen Teilstück zwischen Riddes und Sion/Sitten ist nun etwa die Hälfte der N 9 durch das Wallis gebaut und der Kantonshauptort ans Nationalstrassennetz angeschlossen
[43]. Nachdem die Rawilverbindung (N 6) vom Parlament 1986 aus dem Netz gestrichen worden war, verlangten weitere vom Nationalrat überwiesene Vorstösse, die Verkehrswege von und zum Kanton Wallis entsprechend den Grundprinzipien einer koordinierten Verkehrspolitik zwischen Bahn und Strasse neu zu definieren, den kombinierten Verkehr und den Autoverlad mit Treibstoffgeldern weiter zu verbilligen sowie eine " rollende Strasse" aus dem Raum Spiez durch das Kandertal ins Wallis zu schaffen
[44]. Als Zweitrat genehmigte auch die grosse Kammer einen Kredit von 23,8 Mio Fr. für den Bau der Autobahn-Zollanlage in Bardonnex (GE), womit der Autobahnzusammenschluss mit Frankreich bei Genf verwirklicht werden kann
[45].
Zunehmend ins Gewicht fallen die Ausgaben für den
baulichen Unterhalt der Nationalstrassen. Während sie 1987 noch 120 Mio Fr. ausgemacht hatten, betrugen sie 1988 bereits knapp 180 Mio Fr. und werden bis zum Endausbau des Netzes nach der Jahrtausendwende auf eine halbe Milliarde pro Jahr ansteigen. Mit der Überweisung eines Postulats Rychen (svp, BE) verlangte der Nationalrat einen Bericht darüber, wie bei Reparaturarbeiten an Nationalstrassen kurze Bauzeiten und geringe Verkehrsbehinderungen gewährleistet werden können
[46]. Der Bundesrat sicherte zu, mit allen Mitteln dafür zu sorgen, dass die Staus auf Autobahnen weiter vermindert werden können. Als Hilfsmittel für einen flüssigeren Verkehr während der Hauptreisezeit im Sommer veröffentlichte das Bundesamt für Strassenbau erstmals einen Autobahnbaustellenplan, der neben der Information vor allem die Koordination der Baustellenplanung der Kantone bezweckt
[47].
Der Bundesrat verabschiedete die
Botschaft zur Volksinitiative "Stopp dem Beton - für eine Begrenzung des Strassenbaus!", in der er das Begehren ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung empfiehlt. Die 1986 von einer rot-grünen Koalition unter Federführung der POCH eingereichte Initiative verlangt, dass das für den motorisierten Privatverkehr öffentlich zugängliche Strassennetz den am 30. April 1986 festgestellten Umfang nicht überschreiten darf. Ausser zur Erschliessung dünn besiedelter Gegenden und zur Anpassung des Strassennetzes nach Verzicht auf Strassenbauprojekte, dürften neue Strassen und Strassenerweiterungen nur noch gebaut werden, wenn entsprechende Flächen des bestehenden Netzes in der gleichen Region anderen Zwecken zugeführt würden. Der Bundesrat erachtet das Begehren als rechtlich problematisch, lehnte es aber insbesondere aus sachlichen Gründen ab. Angesichts der seit 1986 verwirklichten und in Realisierung begriffenen Bauvorhaben wäre es praktisch unmöglich, die vorgeschlagene Verfassungsbestimmung durchzusetzen. Gegen das Volksbegehren sprechen nach Ansicht der Landesregierung auch die kantonale Strassenhoheit und schwerwiegende wirtschaftliche Folgen insbesondere für die Randregionen
[48].
Ebenfalls zur Ablehnung empfehlen wird der Bundesrat voraussichtlich die sogenannten
Kleeblatt-Initiativen, mit denen der VCS zusammen mit regionalen Komitees den Bau und Betrieb von Autobahnen zwischen Murtén und Yverdon (N 1), im Knonauer Amt (N 4), zwischen Biel und Solothurn (N 5) und im Jura (N 16) verhindern will. Die Landesregierung, die bei verschiedener Gelegenheit ihre Absicht bekräftigte, das Nationalstrassennetz im geplanten Umfang fertigzustellen, betonte bei der Beantwortung parlamentarischer Vorstösse mehrmals, dass den Kleeblatt-Initiativen keine aufschiebende Wirkung bezüglich der Projektierung und Realisierung der bekämpften Nationalstrassenabschnitte zukomme. Da die Initiativen frühestens 1990 oder 1991 zur Abstimmung kommen werden, dürfte zu diesem Zeitpunkt der Bau an einzelnen Teilstücken bereits begonnen haben: An der Transjurane soll der Start 1989 erfolgen, am N 1-Teilstück zwischen Murten und Avenches haben die Waadtländer mit Vorbereitungen im Gelände begonnen
[49].
Um eine "Sachzwangpolitik" zu verhindern, verlangten die gegnerischen Komitees erneut eine baldige Abstimmung über die vier Volksbegehren, und sie kündigten mit Warnfeuern an, dass ein Beginn der Bauarbeiten vor dem Volksentscheid nicht hingenommen werde
[50]. Im Jura gaben die Initianten allerdings zu verstehen, dass sie ihr Volksbegehren zurückziehen werden, sofern die Regierung ihre Forderungen nach einer Redimensionierung der Transjurane (N 16) berücksichtige
[51]. Bei der N 1 drängten auch das Tiefbaugewerbe und die Westschweizer Arbeitgeberorganisation, das Centre Patronal, auf einen raschen Entscheid, damit die Unsicherheit bei der Fortsetzung der Arbeiten beseitigt werde
[52]. Durch eine Flut von Einsprachen war es bei allen vier Teilstükken zu Verzögerungen gegenüber dem ursprünglich vorgesehenen Zeitplan gekommen. Bezüglich der N 5 erklärte die Solothurner Baudirektorin Füeg (fdp), dass zwar die Baugenehmigungsverfahren vorangetrieben würden, dass aber ein Baubeginn vor der Abstimmung über die Kleeblatt-Initiativen nicht in Frage komme
[53].
Der Bundesrat beharrte darauf, das bereits fertiggestellte Teilstück der
N 4 zwischen Cham und Knonau vorzeitig zu eröffnen und provisorisch an das bestehende Lokalstrassennetz anzuschliessen. In seinem abschlägigen Entscheid zu einem Wiedererwägungsgesuch des Zürcher Regierungsrates wies er unter anderem darauf hin, dass die umstrittene Strassenverbindung im nationalen Interesse liege. Ferner betonte die Landesregierung, die Eröffnung des Teilstücks stelle kein Präjudiz dar in bezug auf den Volksentscheid über die N 4 im Knonaueramt, was von den Autobahngegnern entschieden bestritten wurde
[54].
Der Bundesrat genehmigte das Mehrjahresprogramm 1988—1991 für den
Ausbau des Hauptstrassennetzes und bewilligte dazu 640 Mio Fr. an die Kantone. Im Vordergrund der Ausbauarbeiten, die aus Treibstoffzollgeldern finanziert werden, steht die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse und der Verkehrssicherheit auf den Durchgangsstrassen. Rund 85% der Mittel sollen dabei auf die Alpen- und Jurastrassen, der Rest auf die Talstrassen entfallen. Die genehmigten Gelder für die Hauptstrassen haben nichts mit den umstrittenen ausserordentlichen Beiträgen des Bundes zu tun, die den Kantonen für nicht werkgebundene, allgemeine Strassenzwecke ausgerichtet werden. Während der Bundesrat im Rahmen der Legislaturplanung 1987—1991 vorsah, diese Beiträge 1990 um 100 Mio auf 50 Mio Fr. zu reduzieren und ab 1991 ganz zu streichen, überwiesen beide Kammern eine Richtlinienmotion des Nationalrates, die verlangte, dass die ausserordentlichen allgemeinen Strassenbeiträge von 150 Mio Fr. mindestens während der vollen Legislaturperiode weiterhin ausgerichtet werden
[55].
Als zweite Kammer ermächtigte auch der Ständerat die Landesregierung, das
europäische Übereinkommen über die Hauptstrassen des internationalen Verkehrs zu ratifizieren. Wie im Nationalrat wurde ein Beitritt der Schweiz aus grundsätzlichen verkehrspolitischen Überlegungen — vor allem weil die Kleeblatt-Initiativen gegen vom Abkommen betroffene Nationalstrassenabschnitte noch hängig sind — bekämpft. Demgegenüber machten die Befürworter geltend, mit der Ratifikation des Abkommens könne die Schweiz einen bescheidenen Beitrag zur Vereinheitlichung des europäischen Verkehrsnetzes leisten. Einen Nichteintretensantrag Bührer (sp, SH) lehnte der Rat schliesslich mit 36:5 Stimmen ab und verabschiedete die Vorlage ohne weitere Diskussion
[56].
[42] Nationalstrassenbau: Gesch.ber. 1988, S. 426 ff.; EVED, Bauprogramm 1989 für die Nationalstrassen, Bern 1989; vgl. SPJ 1987, S. 145 f. Kommission: NZZ, 24.12.88.
[43] NF und Suisse, 7.6. und 14.12.88. Zur Opposition gegen den Autobahnbau im Oberwallis siehe Bund, 9.7.88; WoZ, 14.10.88; Ww, 10.11.88.
[44] Amtl. Bull. NR, 1988, S. 665 ff. (als Postulat überwiesene Motion Schmidhalter, cvp, VS) und 918 (Postulat Zwygart, evp, BE); vgl. SPJ 1986, S. 122 f.
[45] Amtl. Bull. NR, 1988, S. 319 ff.; BBl, 1988, I, S. 1450; NZZ, 17.3.88; vgl. SPJ 1987, S. 146.
[46] Amtl. Bull. NR, 1988, S. 715 (Kosten) und 1485 (Postulat). Siehe auch SHZ, 17.3.88; NZZ, 13.7.88; Bund, 22.7.88; K. Suter, "Nationalstrassen. Eine Kostenlawine im Anrollen?", in Der Monat, Juni 1988, S. 6 ff. sowie SPJ 1986, S. 124 f.
[47] NZZ, 3.9. und 31.12.88; vgl. Verhandl. B.vers., 1988, III, S. 64 (Motion Frey, svp, ZH, betreffend einen Ombudsmann für Baustellen auf Nationalstrassen).
[48] BBl, 1988, III, S. 745 ff.; Presse vom 1.9.88; NZZ, 9.9.88; vgl. SPJ 1984, S. 109 und 1986, S. 124.
[49] Amtl. Bull. NR, 1988, S. 266 und 981 f.; BaZ und BZ, 10.8.88; LNN, 19.8.88; VCS-Zeitung, 1988, Nr. 5, S. 5 ff.; vgl. SPJ 1986, S. 123 f. und 1987, S. 146 f.
[50] NZZ und TA, 4.1.88; Lib., 19.9.88.
[51] Dém., 21.3., 19.4., 6.5., 9.7. und 27.9.88; Vat., 20.5.88.
[52] BZ, 3.2.88; Lib., 13.5.88; Suisse, 28.5.88 (Centre patronal); Bund, 17.6.88; welsche Presse vom 27.10.88; siehe auch Amtl. Bull. NR, 1988, S. 1132 und 1515.
[53] SZ, 22.3. (Füeg), 18.6. und 22.9.88; siehe auch Amtl. Bull. NR, 1988, S. 642 und 1511.
[54] Amtl. Bull. NR, 1988, S. 469 ff.; Amtl. Bull. StR, 1988, S. 22 ff.; TA, 3.3.88 (Zürcher Regierung); NZZ, 21.6., 22.6. und 25.6.88; Vat., 23.6.88; vgl. SPJ 1987, S. 147.
[55] Mehrjahresprogramm: BaZ und NZZ, 7.6.88. Richtlinienmotion: Amtl. Bull. NR, 1988, S. 539 ff. und 559; Amtl. Bull. StR, 1988, S. 317 ff.; vgl. BBl, 1988, I, S. 483 und TA, 9.6.88.
[56] Amtl. Bull. StR, 1988, S. 10 ff.; AS, 1988, S. 1833 ff.; Bund, NZZ und 24 Heures, 2.3.88; vgl. SPJ 1987, S. 147 (Inhalt des Übereinkommens und Debatte im NR).
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