Année politique Suisse 1991 : Enseignement, culture et médias / Culture, langues, églises
Kultur
Mit dem Tod des Schriftstellers Max Frisch, des Malers und Objektkünstlers Jean Tinguely und des Filmemachers Michel Soutter verlor die Schweiz im Berichtsjahr drei international anerkannte Persönlichkeiten des Kulturlebens
[1].
Eine im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms (NFP) 21 durchgeführte breitangelegte Studie brachte neue
Erkenntnisse über das Kulturverhalten der Bevölkerung. Die Autoren machten dabei eine Art "Schizophrenie" der Schweizerinnen und Schweizer im Umgang mit dem Kulturangebot aus: Während Theater (77,8%), Bibliotheken (70,7%) und Volksmusik (61,3%). im hiesigen Kulturverständnis die grösste Akzeptanz geniessen und Bücherlesen, Weiterbildung und der Besuch alternativer Veranstaltungen in den Wunschvorstellungen einer sinnvoll genutzten Freizeit einen hohen Stellenwert einnehmen, bestimmen die Spitzenreiter des Freizeitmarktes (Reisen, Ausflüge, Sport, Gastronomie, Fernsehen) das konkrete Verhalten doch deutlich. Die Deutschschweiz zeigte sich in der Studie tendenziell zivilisationskritischer, die lateinische Schweiz stärker übernational orientiert und offener für eine durch massenmediale oder elektronische Techniken vermittelte Kultur
[2].
Für die kulturellen Manifestationen, welche aus Anlass der 700-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft stattfanden, sowie für den sogenannten Kulturboykott, mit welchem einzelne Kulturschaffende – unter ihnen auch Max Frisch – aus Protest gegen die ihrer Meinung nach unbewältigte Staatsschutzaffäre die Jubiläumsfeierlichkeiten bestreikten, siehe oben, Teil I, 1a (700-Jahr-Feier).
Kultur erhalten, fördern und vermitteln: Für dieses Engagement möchte der Bund eine klare Verfassungsgrundlage. Fünf Jahre nachdem Volk und Stände sowohl die sogenannte Kulturinitiative als auch den bundesrätlichen Gegenvorschlag abgelehnt hatten, stellte Bundespräsident Cotti die Botschaft des Bundesrates zu einem Kulturförderungsartikel in der Bundesverfassung (Art. 27septies BV) vor. In der Vernehmlassung war dieses rasche Vorgehen der Regierung mehrheitlich positiv aufgenommen worden. Die meisten der angefragten Kantone, Parteien und betroffenen Organisationen teilten die Auffassung des Bundesrates, wonach das 1986 noch geltende Verbot des doppelten Ja bei Initiative und Gegenvorschlag und nicht eine grundsätzlich negative Haltung gegenüber einem Kulturförderungsartikel zum Scheitern der Vorlage geführt hatte. Der neue Verfassungsartikel bekennt sich klar zum Föderalismus und zum Prinzip der Subsidiarität, gemäss dem der Bund erst tätig wird, wenn Kantone, Gemeinden oder private Institutionen überfordert sind. Cotti verwahrte sich ausdrücklich gegen eine von oben verordnete einheitliche Staatskultur; dieser Haltung entspricht auch, dass im definitiven Text die Formel von den "gemeinsamen kulturellen Werten" ersatzlos gestrichen wurde.
Deutlich wird die
ausgleichende Funktion des Bundes in der Kulturförderung betont. So sollen die Anliegen weniger begünstigter Landesteile und – neu gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf – entsprechender Bevölkerungsgruppen besonders berücksichtigt werden. Stärker als in der ursprünglichen Vorlage wird auch der Kulturaustausch im Inland gewichtet, der nicht nur eigens erwähnt, sondern auch den kulturellen Beziehungen zum Ausland vorangestellt wird. Dahinter steht die Hoffnung, dass mit der Förderung der innerstaatlichen Begegnungen das gemeinsame Identitätsgefühl gestärkt werde. Nach Annahme des Verfassungsartikels soll in zwölf Bereichen ein detailliertes kulturpolitisches Programm des Bundes erarbeitet, auf ein eigentliches Ausführungsgesetz hingegen verzichtet werden. Mit einem sprunghaften Anstieg der finanziellen Belastung des Bundes wird nicht gerechnet. Allerdings, führte der Direktor des Bundesamtes für Kultur (BAK) aus, sei mit der Zeit eine Ausweitung des finanziellen Engagements des Bundes absehbar, weil vor allem grössere Städte immer mehr in Engpässe gerieten und ihnen nicht länger sämtliche Zentrumslasten aufgebürdet werden könnten. Zugleich wolle der Bund finanzschwächere Landesteile gezielt unterstützen. Eine feste Aufgabenbindung wurde aber bewusst nicht vorgesehen, hatte doch 1986 die Idee eines "Kulturprozents" massgeblich das Nein zur Kulturinitiative ausgelöst. Zurzeit wendet der Bund rund 200 Mio Fr. für die Kultur auf, 160 Mio Fr. davon werden vom BAK verwaltet
[3].
Entsprechend dem Antrag der Mehrheit der vorberatenden Kommission setzte der Nationalrat die
Finanzhilfen an die Stiftung Pro Helvetia für die Jahre 1992-1995 auf 130 Mio Fr. fest, was einer Erhöhung gegenüber der laufenden Beitragsperiode um real 35% entspricht. Mit dem Hinweis auf die allgemeine Teuerung, die massiv gestiegenen Versicherungsprämien für Ausstellungen im Ausland und vor allem auf die neue Dimension eines verstärkten Kulturaustauschs mit Mittel- und Osteuropa hatte der Stiftungsrat eine Erhöhung auf 168 Mio Fr. beantragt. Der Bundesrat, der in seiner Botschaft wegen der mangelnden Bundeskompetenzen im Bereich der inländischen Kulturförderung noch eine zurückhaltendere Erhöhung (124 Mio Fr.) vorgeschlagen hatte, konnte sich dem Antrag der Kommissionsmehrheit anschliessen
[4].
Die kleine Kammer folgte einhellig dem Beschluss des Erstrats. Weit mehr als die Höhe der Bundesbeiträge gab hier die Frage zu reden, wie stark der Bund als Geldgeber auf die Pro Helvetia Einfluss nehmen sollte. Während FDP-Ständerat Rüesch (SG) die Kulturstiftung wieder vermehrt auf ihre Hauptaufgaben – Austausch zwischen den vier Sprachregionen im Inland, Werbung für das schweizerische Kulturverständnis im Ausland – verpflichten wollte, traten Cottier (cvp, FR), Danioth (cvp, UR), Jaggi (sp, VD) und Onken (sp, TG) sowie die Präsidentin der Pro Helvetia, die Solothurner CVP-Ständerätin Simmen, dafür ein, die Stiftung weiterhin an der langen Leine laufen und auch Wagnisse eingehen zu lassen
[5].
Der Genfer Luc Boissonnas, seit 32 Jahren Direktor der Pro Helvetia, trat auf Ende Jahr altershalber zurück. Nach einer langen Ausmarchung zwischen über 100 Kandidatinnen und Kandidaten bestimmte der Stiftungsrat den Direktor des Berner Konservatoriums für Musik und Theater,
Urs Frauchiger, zu seinem Nachfolger
[6].
Der Ständerat überwies ein Postulat Cottier (cvp, FR), das den Bundesrat ersucht, Massnahmen zum Schutz von Kulturgütern vor allem baulicher Art, die durch den zunehmenden Schadstoffgehalt der Atmosphäre gefährdet sind, zu prüfen. In seiner Stellungnahme verwies Bundespräsident Cotti auf die Arbeiten des Nationalen Forschungsprogramms (NFP) 16 (" Methoden zur Erhaltung von Kulturgütern") und auf die internationalen Bestrebungen in diesem Bereich und versprach, das finanzielle Engagement des Bundes im Kulturgüterschutz substantiell zu erhöhen. In Beantwortung einer Interpellation Nabholz (fdp, ZH) unterstrich er, dass das dem Natur- und Heimatschutzgesetz zugrundeliegende Subsidiaritätsprinzip ihm nur eine sehr zurückhaltende Eingriffspolitik erlaube
[7].
Vermehrt will sich der Bund auch bei der Erschliessung der vielen eingelagerten mobilen Kulturgüter der Schweiz mittels einer Bilddatenbank engagieren. Im Rahmen der bundesrätlichen Botschaft über die Förderung der wissenschaftlichen Forschung in den Jahren 1992 bis 1995 stimmte das Parlament der Schaffung einer
Datenbank der Schweizerischen Kulturgüter (DSK) zu, für welche die Schweizerische Akademie der Geisteswissenschaften seit 1986 Vorarbeiten geleistet hatte. Die Institutionalisierung des Pilotprojekts, wird es erlauben, die Museen dadurch miteinander zu vernetzen, dass alle Sammlungen nach den gleichen Regeln inventarisiert werden
[8].
Mit Xavier Kollers Flüchtlingsdrama "Reise der Hoffnung" wurde erstmals in der über 60-jährigen Geschichte des
Oscars ein Schweizer Film mit dem weltweit begehrten Preis für die beste nicht-englischsprachige Produktion ausgezeichnet. Anlass für den Film war eine Zeitungsmeldung vom 15. Oktober 1989, die vom tragischen Ende einer versuchten Einwanderung und vom Tod eines türkischen Knaben auf dem Splügenpass berichtete
[9].
Der Bundesrat beschloss, das Filmrecht nicht mit einer zeitraubenden Revision des Filmgesetzes, sondern in einem ersten, rasch wirksamen Schritt auf der flexibleren
Verordnungsstufe zu liberalisieren
[10].
1992 soll erstmals ein
Schweizer Filmpreis verliehen werden. Wie am Filmfestival von Locarno bekanntgegeben wurde, möchte das BAK dafür 260 000 Fr. bereitstellen. Mit der Preissumme sollen je ein Spielfilm, ein Dokumentarfilm, ein Kurzfilm und ein Trickfilm sowie bis zu drei Persönlichkeiten der Filmbranche ausgezeichnet werden. Die Eidgenössische Filmkommission, welche die Schaffung des Filmpreises angeregt hatte, beantragte ausserdem, einen Teil des Filmkredits in Zukunft gezielt darauf zu verwenden, anstelle von Einzelprojekten ganze Produktionsprogramme zu unterstützen, und einen Fonds zur Förderung unabhängiger Fernsehproduktionen einzurichten
[11].
Die Räte überwiesen inhaltlich gleichlautende Postulate Iten (fdp, ZG) und Loeb (fdp, BE), welche den Bundesrat einladen, die Aus- und Weiterbildung der Filmberufe durch das Bereitstellen der notwendigen finanziellen Mittel zu unterstützen
[12].
Das Schweizerische
Bundesarchiv in Bern veröffentlichte zum erstenmal seit seiner Gründung im Jahre 1848 eine
systematische Übersicht über seine Bestände. Es möchte damit die fundierte Aufarbeitung der geschichtlichen Grundlagen des Bundesstaates fördern und einen Beitrag zur 700-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft leisten
[13].
Das der Landesbibliothek angegliederte
Schweizerische Literaturarchiv (SLA), welches auf eine Initiative des im Vorjahr verstorbenen Schriftstellers und Dramatikers Dürrenmatt zurückgeht, wurde im Januar offiziell eröffnet. Durch die im Berichtsjahr unter anderem erfolgte Aufnahme der Nachlässe des Tessiners Giovanni Orelli und des Rätoromanen Andri Peer konnte das SLA seinem Anspruch gerecht werden, alle vier Landessprachen zu repräsentieren. Ende Jahr verfügte das SLA über 50 grössere Nachlässe sowie 140 einzelne handschriftliche Bestände
[14].
Für die künftige welsche
Zweigstelle des Landesmuseums in Schloss Prangins bei Nyon wurde die Baubewilligung erteilt. Eine massive Kostenüberschreitung — statt auf 19,85 Mio Fr. wie ursprünglich bewilligt, kommt das Vorhaben auf 73,5 Mio Fr. zu stehen — hatte seinerzeit für Unmut in Parlament und Öffentlichkeit gesorgt und die Verwirklichung des Projekts in Frage gestellt
[15].
Mit Einsprachen blockierten Private erneut den Umbau des Schwyzer Zeughauses in ein "
Panorama der Schweizer Geschichte". Die Beschwerdeführer machten ungelöste Parkierungsprobleme beim Museum für ihre Einsprache geltend, die sie nach einem negativen Entscheid des Schwyzer Verwaltungsgerichts ans Bundesgericht weiterzogen. Die Arbeiten am "Panorama", einer weiteren Aussenstelle des Landesmuseums, waren bereits im Vorjahr durch eine — von Lausanne abgewiesene — staatsrechtliche Beschwerde verzögert worden
[16].
Die vom schweizerischen Landesmuseum aus Anlass der 700-Jahrfeier veranstalteten Sonderausstellungen "Gold der Helvetier" und "Edele frouwen — schoene man. Die Manessische Liederhandschrift in Zürich" erwiesen sich als grosser Publikumserfolg
[17].
Die missliche finanzielle Lage, in die das
Verkehrshaus der Schweiz in Luzern in den letzten Jahren geraten ist, veranlasste die Abgeordneten Bühler (fdp, LU) und Columberg (cvp, GR) zur Einreichung gleichlautender Postulate in beiden Räten. Sie ersuchten den Bundesrat, zu prüfen, wie das Museum in der Erfüllung seines kulturpolitischen Auftrags am wirkungsvollsten unterstützt und entlastet werden kann. Das nach wie vor meistbesuchte Museum der Schweiz kämpft seit einiger Zeit mit einem Rückgang der Besucherzahlen und sieht sich immer höheren Aufwendungen für Dokumentation und Konservierung gegenüber. Die Museumsleitung erhofft sich deshalb ein stärkeres finanzielles Engagement der öffentlichen Hand — Bund, Kanton, Stadt, PTT und SBB —, welche im Berichtsjahr nur gerade einen Beitrag von 4,5% an das 8,3 Mio Fr. grosse Budget des Verkehrshauses leistete. Im Ständerat erklärte Bundespräsident Cotti, dass die Verwaltung bereits die Möglichkeiten einer Überbrückungshilfe untersuche; mittelfristig könne an eine permanente Unterstützung über den Kulturförderungsartikel gedacht werden. Beide Räte überwiesen die Postulate diskussionslos
[18].
In Burgdorf wurde das von einer privaten Stiftung getragene Schweizerische Zentrum für
Volksmusik, Trachten und Brauchtum eröffnet. Der Plan eines privaten Vereins, in Bern ein Schweizerisches
Armeemuseum einzurichten, scheiterte hingegen an grundsätzlicher politischer Opposition und am Widerstand der betroffenen Anwohner, die ein vermehrtes Verkehrsaufkommen befürchteten
[19].
Seit 1950 ist die
Zahl der öffentlichen oder privaten Museen der Schweiz von 254 auf 704 gestiegen; somit wurde im statistischen Mittel jeden Monat ein neues Museum eröffnet. Mit einem Museum pro 9000 Einwohner weist die Schweiz weltweit eine der grössten Museumsdichten auf. 40% dieser Institutionen sind zumeist ehren- oder nebenamtlich betreute Heimat- Orts-, Lokal- und Regionalmuseen
[20].
Die
Schweizerische Landesbibliothek (SLB) soll in ein
modernes Informationszentrum umgewandelt werden. Der Bundesrat beauftragte das EDI, eine entsprechende Botschaft auszuarbeiten. Die SLB nehme in der Öffentlichkeit eine wichtige und unersetzliche Funktion für Kultur, Lehre und Forschung, zunehmend aber auch für die Wirtschaft ein, schrieb er dazu; wolle sie diese Aufgabe in der Zukunft sachgemäss erfüllen, so seien ihre veralteten Strukturen und Einrichtungen grundlegend zu modernisieren
[21].
Nach dem Ständerat genehmigte auch der Nationalrat einstimmig eine Erhöhung der jährlichen Subventionen an die
Schweizerische Volksbibliothek (SVB) um 21°/o auf neu insgesamt 7,6 Mio Fr. für die Periode 1992-1995 sowie einen Sonderbeitrag von rund 2,2 Mio Fr. für die Informatisierung des Betriebes und für die Errichtung eines Deutschschweizer Bibliozentrums in Solothurn
[22].
Das revidierte Urheberrechtsgesetz nahm im Ständerat eine erste Hürde. Das Bundesgesetz über den Schutz der Topographien von integrierten Schaltungen (Topographiengesetz, ToG) sowie der Bundesbeschluss über verschiedene völkerrechtliche Verträge auf dem Gebiet des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte wurden diskussionslos und einstimmig verabschiedet. Beim Kernstück der Vorlage, dem Bundesgesetz über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz, URG) krempelte die kleine Kammer jedoch die bundesrätlichen Vorschläge völlig um und stellte Schutz und Recht der Urheber in den Vordergrund.
Mit der Einführung einer Abgabe auf leeren Ton- und Videokassetten sollen die Urheber dafür entschädigt werden, dass ihre Werke häufiger kopiert als verkauft werden. Unklar blieb dabei aber noch, wie die Interpreten an diesen Abgaben zu beteiligen sind. Fotokopien in Schulen, Betrieben und öffentlichen Verwaltungen sollen gebührenpflichtig werden, Schriftstellerinnen und Schriftsteller inskünftig eine Vergütung erhalten, wenn ihre Bücher in öffentlichen Bibliotheken ausgeliehen werden ("Bibliotheksrappen"), und die bildenden Künstler mit einem Folgerecht an einer späteren Wertsteigerung ihrer Werke beteiligt werden. Die Werke sollen zudem 70 Jahre über den Tod des Urhebers hinaus geschützt bleiben und nicht nur 50 Jahre, wie es der Bundesrat vorgeschlagen hatte.
Auch in der strittigen Frage der
Rechte an Kollektivwerken, die im Auftrag eines Produzenten geschaffen werden, setzte sich im Rat eine urheberfreundliche Linie durch. Bundesrat und Kommissionsmehrheit hatten vor allem auf Betreiben der SRG vorgeschlagen, dass die Rechte am Kollektivwerk ganz auf den Produzenten übergehen sollten. Der Ständerat entschied sich nun wieder für die bereits geltende völlige Vertragsfreiheit. Einen nutzerfreundlichen Entscheid fällte die Kammer hingegen bei den Rechten an Werken, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschaffen werden. Wenn.nichts anderes vereinbart wird, sollen hier die Rechte dem Arbeitgeber gehören. Ein Streichungsantrag Onken (sp, TG), der die Vertragsfreiheit hatte spielen lassen wollen, scheiterte, wenn auch nur knapp, ebenso ein Vorschlag Simmen (cvp, SO), welcher diese Vertragsfreiheit zwingend festschreiben wollte
[23].
Die ad hoc-Arbeitsgemeinschaft der Urheber (AGU), welche den bundesrätlichen Vorschlag mit Protestaktionen und Gutachten heftigst bekämpft hatte, anerkannte die deutlichen Verbesserungen, welche der Ständerat am URG vorgenommen hatte, zeigte sich aber enttäuscht darüber, dass durch den Verzicht auf die Einführung einer Vergütung auf Fotokopiergeräten die private Kopiertätigkeit weiterhin vom Urheberrecht ausgenommen bleibe. Demgegenüber kritisierten die Bibliothekare und Dokumentalisten die Einführung des "Bibliotheksrappens", welcher den Beitrag der Bibliotheken zur Förderung des literarischen Schaffens verkenne und deren Anschaffungsbudgets empfindlich treffe
[24].
Die
vorberatende Kommission des Nationalrates verabschiedete das Gesetz einstimmig und folgte dabei weitgehend der urheberfreundlichen Version des Ständerates. Sie beschloss jedoch, angesichts des Widerstands der Bibliothekare dem Rat zu beantragen, den "Bibliotheksrappen" nicht einzuführen. Dafür soll das Fotokopieren von Werken in Bibliotheken und Instituten zum privaten Gebrauch vergütungspflichtig werden. Weil sich namhafte Kulturschaffende wie etwa Tinguely oder Luginbühl dagegen ausgesprochen hatten, und um den freien Kunstmarkt nicht zu gefährden, verzichtete die Kommission auch auf das Folgerecht beim Wiederverkauf von Kunstwerken. Über die Beschlüsse des Ständerates hinausgehend wird die Kommission dem Rat aber vorschlagen, bei den Abgaben auf Leerkassetten die Interpreten den eigentlichen Werkschöpfern gleichzustellen
[25].
Viel Anlass zu Diskussionen gaben erneut die
Alternativkultur und die von ihr beanspruchten Räume. In
Bern verlangte eine von rechtsbürgerlichen Kreisen lancierte Volksinitiative, der Stadt solle inskünftig untersagt werden, Gruppen zu fördern, die das Recht missachten, zu dessen Missachtung aufrufen oder "sogenannte Freiräume beanspruchen". Die Initiative, die sich in erster Linie gegen die alternativ-kulturelle Nutzung der alten Reithalle richtete, deren Erhalt das Berner Stimmvolk im Vorjahr klar zugestimmt hatte, wurde mit deutlichem Mehr (rund 64% Neinstimmen) abgelehnt
[26].
Nichts steht mehr dem Ausbau des
Luzerner Kulturzentrums Boa im Weg, das in den zwei Jahren seines Provisoriums einen festen Platz im Kulturangebot der Stadt gefunden hat. Knapp 60% der Stirnmenden hiessen einen Kredit von 6,3 Mio Fr. gut, mit welchem die Hallen der ehemaligen Schlauchfabrik bis Frühjahr 1994 saniert werden sollen, damit in Zukunft ein optimaler und auch immissionsarmer Betrieb gewährleistet werden kann
[27].
Für das in
Zürich jahrelang umstrittene
Kanzleizentrum kam hingegen das definitive Ende. Zum zweitenmal innerhalb von 15 Monaten und nach einer Abstimmungskampagne, die mehr und mehr die Konturen eines Machtkampfes zwischen bürgerlicher Opposition und rot-grüner Mehrheit angenommen hatte, lehnte das Zürcher Stimmvolk erneut und deutlicher noch als im Vorjahr den Betriebskredit ab, der den alternativen Kulturbetrieb im ehemaligen Aussersihler Schulhaus hätte sicherstellen sollen
[28].
Im Jahr 2001 soll in
Luzern ein neues
Kultur und Kongresszentrum für 180 Mio Fr. eingeweiht werden. Das heutige Kunst- und Kongresshaus wird der neuen Gesamtüberbauung weichen müssen. Dies ging aus dem Ende November vorgestellten Gesamtkonzept hervor, hinter das sich der Stadtrat und die Regierung von Luzern, die Stiftung Konzerthaus und die Interessengemeinschaft Kongresshaus stellten
[29].
[1] Frisch: WoZ, 15.3.91; Presse vom 5.4. und 10.4.91. Tinguely: Presse vom 2.9. und 5.9.91. Soutter: Presse vom 11.9.91.
[2] Lit. Meier-Dallach; TA, 14.8.91.
[3] BBl, 1992, I, S. 533 ff.; NZZ, 14.5. und 1.10.91.; Presse vom 7.11.91. Siehe auch SPJ 1990, S. 262.
[4] BBl, 1991, I, S. 1497 ff. und IV, S. 197; Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1269 ff. '
[5] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 790 ff.
[6] Lib., 15.2.91; NZZ, 20.3.91; Presse vom 22.3.91; Ww, 28.3.91.
[7] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 15 f.; Amtl. Bull. NR, 1991, S. 780 f.
[8] BBl, 1991, I, S. 605 ff. und IV, S. 189 ff.; Presse vom 20.3.91; NZZ, 7.12.91.
[10] Bund, 24.10.91. Siehe auch SPJ 1990, S. 262 f.
[11] Presse vom 12.8.91; TA, 20.8.91.
[12] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 562 f.; Amtl. Bull. NR, 1991, S. 766.
[14] Presse vom 11.1. und 12.1.91; Ww, 7.2.91; NZZ, 18.5. und 19.10.91; LNN, 11.1.92.
[15] NZZ, 28.3.91. Siehe auch SPJ 1990, S. 264.
[16] BZ, 25.5.91; Vat., 12.10.91. Siehe auch SPJ 1990, S. 264.
[17] Gesch.ber. 1991, II, S. 61.
[18] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 1037 f. Das Postulat Columberg war von weiteren 110 Abgeordneten aus allen Fraktionen unterzeichnet worden (Amtl. Bull. NR, 1991, S. 2500); Ww, 25.4.91; LNN, 1.7.91; Vat., 11.10.91.
[19] Burgdorf: BZ, 22.8.91; Bund, 23.8.91. Bern: WoZ, 13.9.91; Bund, 14.9. und 27.9.91.
[20] TA, 18.3.91; Dém., 26.10.91.
[21] Bund, 18.4. und 20.12.91.
[22] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 85 f. und 192; Amtl. Bull. StR, 1991, S. 51; BBl, 1991, I, S. 248 f.; NZZ, 15.6.91. Siehe auch SPJ 1990, S. 263 f.
[23] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 89 ff. und 289 ff. Siehe auch SPJ 1990, S. 265.
[24] Presse vom 22.2.91; NZZ, 21.3. und 16.4.91.
[26] BZ, 5.2., 1.3. und 4.3.91. Siehe auch SPJ 1990, S. 266 f.
[27] LNN, 12.6., 25.9., 12.10. und 21.10.91.
[28] TA, 16.1., 7.2., 7.3., 13.3., 19.4., 22.6., 27.6., 21.8., 27.9., 3.10. und 22.11.91; Presse vom 9.12.91. Siehe auch SPJ 1990, S. 266.
[29] LNN, 22.2., 17.4., 25.4., 1.5., 17.5., 17.8., 21.10., 31.10. und 29.11.91.
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