Année politique Suisse 1992 : Infrastructure, aménagement, environnement / Sol et logement
 
Wohnungsbau
Gestützt auf die Daten der Volkszählung 1990 ermittelte das Bundesamt für Statistik (BfS) einen Wohnungsbestand von rund 3,2 Mio Einheiten. Dies ergibt innerhalb des letzten Dezenniums eine Zunahme um 17%. Mit einem Zuwachs von über 25% wurde dabei das grösste Wachstum in ländlichen Gebieten wie dem Wallis, Freiburg, Schwyz und Nidwalden festgestellt. Die Stadtkantone Basel und Genf sowie Neuenburg verzeichneten dagegen eine Steigerung von weniger als zehn Prozent. Die durchschnittliche Belegungszahl nahm leicht auf 2,4 Personen pro Wohnung ab, dagegen stieg die Wohnfläche deutlich auf durchschnittlich 109 m2 pro Wohnung. Der Mieteranteil lag im Erhebungszeitraum bei gut zwei Dritteln, knapp ein Drittel der Wohnungen wurde von den Eigentümern selbst bewohnt. Erwartungsgemäss lag der Mieteranteil in den territorial begrenzten Kantonen Basel-Stadt und Genf mit 88,1 % bzw. 84,5% besonders hoch [37].
Mit dem 1. Juni 1992 als Stichtag ermittelte das BfS einen Leerwohnungsbestand von 22 230 Wohnungen und Einfamilienhäusern, oder 0,7% aller erfassten Wohneinheiten. Die Quote stieg damit gegenüber dem Vorjahr um 0,15% oder 4980 Einheiten. Regional betrachtet nahm der Leerwohnungsbestand in allen Kantonen ausser in Appenzell Innerrhoden, Obwalden, Uri und Zug zu. Von den Agglomerationen der fünf grössten Schweizer Städte meldete Bern mit 0,22% (1991: 0,16%) den tiefsten Wert, vor Basel mit 0,23% (0,18%) und Zürich mit 0,27% (0,20%). Die beiden Westschweizer Grossstädte Lausanne und Genf folgten mit Leerwohnungsbeständen von 0,76% (0,58%) bzw. 0,93% (0,87%). Gut 40% (gegenüber 45% im letzten Jahr) der leerstehenden Wohnungen wurden in nicht mehr als zwei Jahre alten Neubauten ermittelt. Das Bundesamt vermutet, dass es sich dabei grossenteils um zu teuere, nicht mehr absetzbare Wohnobjekte handelt [38].
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Wohneigentum
Am 1. Juli begann die Unterschriftensammlung für die Volksinitiative "Wohneigentum für alle" des Schweizerischen Hauseigentümerverbandes. Die Initiative fordert, den Eigenmietwert für selbstgenutztes Wohneigentum während der ersten zehn Jahren zu ermässigen, Erhöhungen des Eigenmietwerts nurmehr bei Handänderungen zuzulassen sowie die Möglichkeit, Spargelder, die zum Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum bestimmt sind, bei der Steuer vom Einkommen abzuziehen [39].
Hauseigentümer- und Immobilienverbände traten überdies mit einem Manifest für mehr privaten Haus- und Grundbesitz an die Öffentlichkeit. In dem "Haus- und Grundbesitz 2000" betitelten Leitbild wird insbesondere der Verzicht auf weitere staatliche Eingriffe in die Rechte der Grundeigentümer sowie steuerliche Anreize zum Erwerb und Besitz von Wohneigentum gefordert [40].
Im Kanton Genf fielen 1992 gleich drei wohnrechtlich bedeutsame Abstimmungsentscheide. Im Februar bereits wurde mit deutlicher Mehrheit die Festschreibung des Rechts auf Wohnung in der Genfer Verfassung gutgeheissen. Gegen ein Gesetz, welches die Rekursmöglichkeiten gegen die Erteilung von Baubewilligungen einschränken wollte und das vom Genfer Grossen Rat unter Namensabstimmung angenommen worden war, wurde von Linksparteien, dem Mieterverband und Umweltschutzverbänden das Referendum ergriffen. Mit einer äussert knappen Mehrheit von 50,3% lehnte auch die Stimmbevölkerung das neue Gesetz ab. Ebenso knapp angenommen wurde auch die "Antispekulations-Initiative", welche der Kantonsregierung ein Enteignungsrecht für leerstehende Wohnungen einräumt [41].
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Wohnbauförderung
Im April kam der Bundesrat einem Postulat des Ständerats nach und legte den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Erhöhung der Eventualverpflichtungen (Bürgschaften und Schuldverpflichtungen) im Rahmen der Wohnbau- und Eigentumsförderung vor. Damit wurde für die Jahre 1992-1996 ein neuer Rahmenkredit von 744 Mio Fr. beantragt. Begründet wurde diese Massnahme mit der weitgehenden Erschöpfung des gemäss dem Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz gewährten Rahmenkredits für Eventualverpflichtungen sowie der Notwendigkeit eines verstärkten Engagements des Bundes in Zeiten zunehmend steigender Wohnkosten [42].
Als Erstrat trat der Nationalrat im August auf die Vorlage ein und genehmigte sie in der vom Bundesrat vorgelegten Form. Ein Nichteintretens-Antrag von SD und Lega fand ausserhalb dieser Fraktion keinerlei Unterstützung. Noch weniger Widerstand setzte der Ständerat dem Gesetzesentwurf entgegen. Ohne Gegenantrag wurde Eintreten beschlossen und die Massnahme einstimmig angenommen [43].
Ende Januar hatte der Walliser Grosse Rat einer Resolution zur Einreichung einer Standesinitiative zugestimmt, welche die Verfahren von Baubewilligungen straffen und beschleunigen soll. Gefordert wird eine Anpassung des Bundesrechts in vier Punkten: 1) eine schnellere Abwicklung der Bewilligungsverfahren, hauptsächlich durch Eliminierung von Doppelspurigkeiten im Verfahren; 2) die Einführung von Entscheidungsfristen bei ddn zuständigen Instanzen; 3) die Einbeziehung ausserordentlicher Bewilligungsverfahren in ein einziges koordiniertes Verfahren und 4) die Regelung der finanziellen Verantwortlichkeit von Personen, welche sachlich unbegründete Rekurse mit rein aufschiebender Wirkung einreichen. Nachdem die Walliser Initiative seit Juni auch von Regierung und Parlament Graubündens unterstützt wurde, nahm sie die ständerätliche Kommission in einer eigenen Motion auf und beantragte' diese in der Wintersession dem Plenum zur Annahme. Der Ständerat überwies die Vorlage gegen den Widerstand Bundesrat 'Kollers, der vergeblich darauf hinwies, dass die erhobenen Forderungen grösstenteils in den Kompetenzbereich der Kantone fielen, in der zwingenden Form der Motion [44].
Gleich drei Motionen — eine der Ständeratskommission, eine des freisinnigen Schwyzer Ständerats Bisig sowie eine seines Parteikollegen, des Solothurner Nationalrats Scheidegger — wollten den Bundesrat beauftragen, Bestimmungen des Bundesrechts, welche preistreibende Wirkungen bei den Baukosten zur Folge haben, zu überprüfen und allenfalls abzuändern. Die Landesregierung anerkannte zwar die Legitimität der Forderungen, betonte jedoch, dass die Bundesgesetzgebung — im Gegensatz zur kantonalen oder kommunalen Legiferierung — wenig Einfluss auf preistreibende Faktoren nehmen könne. Ihrem daraus entspringenden Begehren nach Umwandlung der Motionen in Postulate wurde in allen drei Fällen entsprochen [45].
Die von de Dardel (sp, GE) eingereichte Motion für einen Solidaritätskredit des Bundes von insgesamt 500 Mio Fr. für den Bau von Sozialwohnungen in wirtschaftlich schwachen Regionen, wurde als Postulat überwiesen [46].
Auch ein Postulat Baumbergers (cvp, ZH) bezog sich auf regionale Aspekte der Wohnbauförderung. Der Antragsteller, der insbesondere von Zürcher Kolleginnen und Kollegen unterstützt wurde, verlangte mittels einer Revision der Verordnung über die Erstellungskosten bei Wohnbauvorhaben die zur Subventionierung berechtigenden Grenzen der Erstellungskosten regional zu differenzieren, so dass auch und gerade in Regionen mit überdurchschnittlichem Kostenniveau eine ausreichende Zahl von Wohnungen und Einfamilienhäusern gefördert werden könne. Das Postulat wurde mit Zustimmung des Bundesrates überwiesen [47].
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Wohnbauförderung mit Mitteln der 2. Säule
In Antwort auf die von beiden Räten überwiesenen parlamentarischen Initiativen Spoerrys (fdp, ZH) und Kündigs (cvp, ZG) und in Abschreibung von gleich sieben Postulaten legte der Bundesrat im August den Entwurf für ein Bundesgesetz über die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der beruflichen Vorsorge vor. Darin wird das bisher geltende Verbot der Verpfändung von Vorsorgeansprüchen im Falle des Erwerbs von Wohneigentum für den eigenen Bedarf aufgehoben und die Rechtsgrundlage für einen Vorbezug der Pensionskassengelder festgeschrieben. Gemäss der in der Vernehmlassung mehrheitlich geäusserten Kritik und im Gegensatz zu der ursprünglich vom EDI ausgearbeiteten Vorlage soll der Bezug der Gelder bar und nicht als Darlehen erfolgen. Zur Sicherung des Vorsorgezweckes werden Höchstgrenzen der zu beziehenden Pensionskassengelder sowie Alterslimiten festgelegt.
Der Bundesrat rechnet aufgrund der im Gesetz vorgesehenen Einschränkungen mit einer Beanspruchung von maximal 120 der heute von den Vorsorgeeinrichtungen verwalteten 300 Mia Fr., wovon jedoch nach heutigen Werten lediglich rund 20 Mia, oder 7% der Vorsorgegelder, auch wirklich bezogen werden dürften. Auch auf die Boden- und Wohnungspreise dürfte die vorgesehene Lockerung nach Ansicht des Bundesrates kaum Auswirkungen haben, da der Kreis der Nutzniesser begrenzt sei [48].
 
[37] Presse vom 7.11.92.
[38] Presse vom 26.9.92.
[39] BBl, 1992, III, S. 1012 ff.
[40] Presse vom 2.5.92.
[41] JdG, 17.2 und 28.9.1992; vgl. unten, Teil II, 4c und d sowie SPJ 1990, S. 313.
[42] BBl, 1992, III, S. 760 ff.
[43] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1467 ff.; Amtl. Bull. StR, 1992, S. 977 ff.; BBl, 1992, VI, S. 149.
[44] NF, 29.1.92; Amtl. Bull. StR, 1992, S. 1222 ff.
[45] Amtl. Bull. SIR, 1992, S. 353 f. und 488 f.; Amtl. Bull. NR, 1992, S. 2164 f.
[46] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1204 f. und 2151.
[47] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 2754.
[48] BBl, 1992, VI, S. 237 ff.; Presse vom 10.3 und 20.8.92; vgl. SPJ 1991, S. 186.