Année politique Suisse 1995 : Chronique générale / Finances publiques
Voranschlag 1996
Im März überwies der Ständerat einstimmig eine Empfehlung zu
Sofortmassnahmen für das Budget 1996, die insbesondere einen Stellenabbau in der zivilen Verwaltung um mindestens 2% und die Plafonierung der Sachausgaben sowie der steuerbaren Transferausgaben forderte. Der Bundesrat bezeichnete diese Sofortmassnahmen als nicht realisierbar
[25].
Ende Mai beschloss der Bundesrat, das Ausgabenwachstum im Voranschlag 1996 auf ein Niveau von unter 4% zu drücken und Einsparungen in der Höhe von 1,3 Mia Fr. vorzunehmen. Die Departemente, deren Budgeteingaben sich zuvor auf insgesamt 45,4 Mia Fr. belaufen hatten, unterzogen sich daraufhin Streichungen in Höhe von fast einer Milliarde Franken. Zusätzlich beschloss der Bundesrat
dringliche Gesetzesänderungen in den Bereichen Forschung und Arbeitslosenversicherung (ALV). Mit einem ersten dringlichen Beschluss sollte die vom Parlament beschlossene Aufstockung der Mittel für die Schwerpunktprogramme der Forschung in den Jahren 1996 bis 1999 um 62 Mio Fr. rückgängig gemacht werden, womit sich 1996 15 Mio Fr. einsparen liessen. Gestrichen werden sollten sodann die A-fonds-perdu-Beiträge von 220 Mio Fr. an die ALV, die der Bund künftig in Form von Darlehen gewähren will. Weil so die Kantone die Hälfte beisteuern müssten, ergäbe sich für den Bund ein Spareffekt von 100 Mio Fr. Anfang September präsentierte Bundesrat Stich für 1996 ein Budget, das mit einem Defizit von 4,3 Mia Fr. abschliesst. Das
Ausgabenwachstum wurde auf 4,1%
begrenzt, während bei den Einnahmen mit einem Anstieg um 9,8% gerechnet wurde. Die Zunahme ist unter anderem Folge des Steuersystems mit einnahmenstarken geraden Jahren. Bereits abgezogen wurde der erwartete Steuerausfall von 140 Mio Fr. durch den MWSt-Sondersatz für die Hotellerie. Auf der Ausgabenseite fielen der Anstieg der Beiträge an die Krankenversicherung von 750 Mio Fr. und die einmalige Entschädigung von über 200 Mio Fr. für den Verzicht auf das Atomkraftwerk Graben ins Gewicht. Die Überschüsse der Bundespensionskasse figurieren weiterhin unter den Einnahmen. Ebenso wurden die Darlehen an die Bundesbahnen im Umfang von gut einer Milliarde Franken, welche die SBB nicht werden zurückzahlen können, gegen den Willen von Bundesrat Stich nicht unter den Ausgaben verbucht. Nicht zuletzt aufgrund dieses "geschönten" Budgets, dessen Defizit sich
bei einer sachgerechten Darstellung - trotz einem verbesserten konjunkturellen Umfeld - auf
über 6 Mia Fr. erhöht hätte, gab der Finanzminister seinen Rücktritt bekannt
[26].
Um das Defizit im Budget 1996 auf unter 4 Mia Fr. zu drücken, forderten die vorberatenden Finanzkommissionen des National- und Ständerates zusätzliche Ausgabenkürzungen von 437 bzw. 277 Mio Fr. Die ständerätliche Kommission lehnte andererseits beide dringlichen Gesetzesänderungen ab, während die nationalrätliche Kommission nur den dringlichen Sparbeschluss zur ALV zurückwies. In der Wintersession folgten beide Räte ihren Kommissionen in weiten Teilen. Der Ständerat als Erstrat lehnte die beiden dringlichen Sparbeschlüsse ab. Gegen den Willen seiner Kommission stockte er zudem gemäss einem Antrag Cavadini (lp, NE) den Kredit für den Nationalstrassenbau um 163,4 Mio Fr. auf. Im Nationalrat fanden
vier Rückweisungsanträge von LdU/EVP, SD, FPS und EDU keinen Sukkurs. Im Gegensatz zum Ständerat nahm die grosse Kammer den Sparbeschluss zu den Schwerpunktprogrammen der Forschung mit 89 zu 79 Stimmen an, verwarf hingegen mit 94 zu 81 Stimmen ebenfalls den dringlichen Sparbeschluss zur ALV. Der Aufstockung des Kredits im Nationalstrassenbau stimmte der Rat zu und sanktionierte damit den teuren Ausrutscher des Ständerats vom Sparpfad. Ausserdem kürzte er gegen den Willen des Bundesrates die Beiträge an die Kantone zur Verbilligung der Krankenkassenprämien um 80 Mio Fr.; bei den Militärausgaben kürzte er 65 Mio Fr. In der Differenzbereinigung setzte sich der Ständerat mit seinem Veto durch, die Schwerpunktprogramme der Forschung nicht zu kürzen, und er behielt auch beim am längsten umstrittenen Punkt, den Etatsstellen, das letzte Wort: lediglich 300 Stellen werden definitiv gestrichen, nachdem sich im Nationalrat eine bürgerliche Minderheit für die Streichung von 400 Stellen ausgesprochen hatte
[27].
Am 21. Dezember verabschiedeten die eidgenössischen Räte das Budget 1996. Dieses schliesst bei Ausgaben von 43,97 Mia Fr. und Einnahmen von 39,92 Mia Fr. mit einem
Ausgabenüberschuss von 4,048 Mia Fr. (1995: 6,08 Mia) ab. Bei den Einnahmen wird mit einer Zunahme von 3,6 Mia Fr. oder 9,9% gegenüber dem Voranschlag 1995 gerechnet. Die Ausgaben nehmen um 1,6 Mia Fr. oder 3,7% zu, womit das Ausgabenwachstum höher ist als das geschätzte Wirtschaftswachstum von etwa 3%. Das Ausgabenwachstum entfällt jedoch nicht auf neue Begehrlichkeiten, sondern praktisch vollumfänglich auf frühere Beschlüsse wie die Leistungen des Bundes an die Krankenkassen und an die AHV/IV sowie auf die Passivzinsen und die Kantonsanteile an den Bundeseinnahmen. Der budgetierte Aufwandüberschuss in der Erfolgsrechnung beträgt 6,1 Mia Fr.
[28].
Bund, Kantone und Gemeinden budgetierten für 1996 einen Ausgabenüberschuss von insgesamt 8,3 Mia Fr. (1995 13,2 Mia). Ihre Verschuldung betrug im laufenden Jahr 179 Mia Fr., 49,2% des Bruttoinlandprodukts (BIP); davon entfielen etwas weniger als die Hälfte auf den Bund, ein Drittel auf die Kantone und gut ein Fünftel auf die Gemeinden. Damit würden die öffentlichen Haushalte den Budgetkriterien für den Beitritt zur europäischen Währungsunion erstmals seit 1991 wieder genügen. Mit einem Budgetdefizit aller Gebietskörperschaften inklusive Sozialversicherungen von 2,2% des BIP überschritt die Schweiz die erlaubten 3% der EU ebensowenig wie die Verschuldungsquote von höchstens 60%
[29].
Bei den Eidgenössischen Abstimmungen im Frühling sprachen sich
83,4% aller Stimmenden und sämtliche Kantone
für die Einführung einer Ausgabenbremse aus, die Teil des Sanierungsprogramms 1993 war. Damit wird für einmalige Ausgabenbeschlüsse von mehr als 20 Mio Fr. und neue, jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Mio Fr. das qualifizierte Mehr in jeder Parlamentskammer nötig
[30].
Einführung einer Ausgabenbremse
(Art. 88 Abs. 2 und 3 BV )
Abstimmung vom 12. März 1995
Beteiligung: 37,9%
Ja: 1 390 831 (83,4%) / 26 Kantone
Nein: 277 225 (16,6%) / 0 Kantone
Parolen:
- Ja: FDP, CVP (2*), SVP (1*), LP, LdU, EVP, SD, FP, EDU; Vorort, Arbeitgeberverband, SGV.
- Nein: GP, PdA; CNG.
- Stimmfreigabe: SP (1*), Lega.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Die
Vox-Befragung zur Abstimmung zeigte klar, dass sich die grosse Mehrheit der Votierenden vom Sparappell des Bundesrates überzeugen liess. Rund 20% der Befürworter gaben als Argument für die Ausgabenbremse an, die Parlamentarier disziplinieren und zur Anwesenheit im Saal zwingen zu wollen. Bei den Nein-Stimmenden überwog die Ansicht, dass die Ausgabenbremse bloss als Alibi für die Behörden diene und keine wirkliche Sparmassnahme darstelle
[31].
Neben einer Ausgabenbremse hält der Bundesrat auch eine
verfassungsmässige
Schuldenbremse für nötig. Er präsentierte gleichzeitig mit dem Budget 96 zwei verschiedene Varianten der Schuldenbremse, die weiter geprüft werden sollen. Nach dem - von Finanzminister Stich bevorzugten - Saldomodell muss die Finanzrechnung bei wirtschaftlicher Normallage (BIP-Zuwachs von 0,5-1,8%) ausgeglichen abschliessen. Übersteigt das reale Wirtschaftswachstum diesen Grenzwert, muss ein Einnahmeüberschuss erzielt werden, bei schlechter Konjunkturlage sind Defizite möglich. Wird diese Vorgabe nicht eingehalten, kann der Bundesrat die Finanzhilfen und Abgeltungen um bis zu 30% kürzen, ohne das Parlament zu befragen. Voraussetzung für die Einführung des strengen Saldomodells wäre die vorgängige Beseitigung des strukturellen Defizits. Die zweite, weniger strenge Variante geht von der Faustregel aus, dass die Ausgaben nicht stärker zunehmen dürfen als das trendmässige Wachstum des BIP, das höchstens zulässige Ausgabenwachstum über zwei Jahre ist jedoch auf 10% begrenzt. Die Vorschläge gingen in die Vernehmlassung. Ebenfalls im Sinne einer Schuldenbremse lancierte der LdU eine Volksinitiative "
Schluss mit der Schuldenwirtschaft". Der Initiativtext verlangt, dass innerhalb von Vierjahresperioden die Bundesausgaben die Einnahmen nicht übersteigen dürfen. Wie zu kürzen ist, lässt der Verfassungsvorschlag offen; ausgenommen von den Kürzungen sind aber die Kantonsanteile an den Bundeseinnahmen und die Sozialversicherungen
[32].
Institutionelle Massnahmen gegen die Staatsverschuldung und eine Erweiterung von Art. 42bis BV forderte auch eine parlamentarische Initiative Bührer (fdp, SH), wonach das Wachstum der
Ausgaben das mittelfristige Wachstum des Bruttoinlandprodukts nicht übersteigen dürfe. Zudem seien die Bundesausgaben innert zehn Jahren so zu verringern, dass die Bundesstaatsquote von heute 11,8 auf 10% sinke. Der Initiative wurde vom Nationalrat mit 63 zu 55 Stimmen Folge gegeben. Auch eine Motion der LdU/EVP-Fraktion "
Stopp der Defizitwirtschaft", wonach die Ausgaben des Bundes prozentual nicht stärker ansteigen dürfen als das Bruttoinlandprodukt im Durchschnitt der letzten vier Jahre und ansonsten Mehreinnahmen vorzuschlagen seien, wurde vom Nationalrat mit 65 zu 34 Stimmen überwiesen. Der Ständerat als Zweitrat folgte aber dem Bundesrat, der vor einer zu grossen Einschränkung warnte, und überwies die Motion nur als Postulat
[33].
Als unrealistisch erachteten Bundesrat und eine klare Mehrheit des Nationalrats eine Motion der Freiheits-Partei, die als Grundlage für die Budgetierung der kommenden Jahre die Rechnung des Jahres mit dem letzten positiven Abschluss, also 1988, forderte. Auch eine von 1993 datierende Motion Giezendanner (fp, AG), die den Bund zu einem
Steuer- und Abgabenstopp bis Ende 1997 verpflichten wollte, wurde vom Nationalrat, mit 39 zu 73 Stimmen, abgelehnt. Er folgte damit dem Bundesrat, der im vorgeschlagenen "Moratorium" ein Hindernis für allfällige Steuerreformen im Rahmen des Programms zur marktwirtschaftlichen Erneuerung sah
[34].
Zwei Motionen Graber (lp, NE) und Columberg (cvp, GR), die verlangten, im Rahmen der Massnahmen zur Sanierung des Bundeshaushaltes auch den
Abbau der gesetzlichen Vorgaben zu prüfen, wurden nach dem Nationalrat auch vom Ständerat überwiesen
[35].
Eine Motion der liberalen Fraktion, die zu Beginn jeder Session eine
Übersicht über alle
neuen Stellen und Ausgaben forderte, die mit den traktandierten Geschäften in Zusammenhang stehen, wurde gegen den Willen von Bundesrat Stich von beiden Räten überwiesen. Eine weitere Motion der Liberalen, die den Bundesrat aufforderte, im Voranschlag 1995 für jede einzelne Rubrik die gesetzlichen oder verfassungsmässigen Grundlagen anzugeben und alle Ausgaben zu streichen, die einer derartigen Grundlage entbehren, war zum Zeitpunkt ihrer Behandlung überholt und wurde nur als Postulat überwiesen
[36].
Das
bereits im Vorfeld als "konzeptlos" und "zu einnahmenlastig"
heftig kritisierte
dritte Sanierungspaket erlitt teilweise
Schiffbruch, nachdem beide Räte gewichtige Brocken des Pakets, welches das strukturelle Defizit des Bundeshaushalts von 4 Mia Fr. bis 1997 weitestgehend beseitigen sollte, ablehnten. Der Bundesrat hatte Ausgabenkürzungen von gut 2,3 Mia Fr. und Mehreinnahmen von rund 1,3 Mia Fr. vorgesehen, wobei er auch 23 gezielte Abbaumassnahmen - drei auf Verfassungs- und 20 auf Gesetzesstufe - von insgesamt rund 500 Mio Fr. vorschlug
[37].
Als Erstrat verweigerte jedoch der Nationalrat dem Bundesrat in der Januar-Sondersession das
Kernstück der Sanierungsvorlage, eine
höhere Besteuerung der fossilen Energieträger im Wert von gut 1 Mia. Fr
[38]. Eine bürgerliche Ratsmehrheit machte mit 110:58 bzw. 109:59 Stimmen geltend, dass nach einer Erhöhung der Treibstoffpreise im Jahre 1993 um 20 Rappen eine weitere Verteuerung zum heutigen Zeitpunkt untragbar sei. Auch auf die Einführung eines Proportionaltarifs von 9,8% für juristische Personen bei der direkten Bundessteuer bei gleichzeitiger Anrechnung der Kapitalsteuer an die Ertragssteuer trat der Nationalrat nicht ein. Der Bundesrat hatte die Mehrerträge aus dieser Massnahme auf 300-400 Mio Fr. geschätzt, wobei dem Bund unter Berücksichtigung des Kantonsanteils an den Bundeseinnahmen 200-300 Mio Fr. verblieben wären. Nein sagte der Nationalrat mit 94:69 Stimmen auch zur Erweiterung der Zweckbindung der Treibstoffzölle und verhinderte damit, dass aus den Erträgen der Treibstoffzölle künftig auch die Bahninfrastruktur finanziert werden kann. Er stimmte lediglich einer Reform der Tabaksteuer zu, die zusätzliche 75 Mio. Fr. in die AHV-Kasse fliessen lassen wird. Neben dem Grossteil der beantragten Mehreinnahmen verwarf der Nationalrat auf der Ausgabenseite auch
zahlreiche der gezielten Sparvorschläge. So wurde die Änderung des Mischindexes bei AHV und IV mit 164 zu 8 Stimmen
wuchtig abgelehnt. Der Bundesrat hatte sich von der Anpassung der Renten an die Teuerung (und nicht mehr auch an den Lohnindex) eine Einsparung von 90 Mio Fr. erhofft. Eine Kürzung des Bundesbeitrags an die AHV von 120 Mio Fr. nahm der Nationalrat an, lehnte aber die Erhöhung des AHV/IV/EO-Beitragssatzes für Selbständigerwerbende von 7,8% auf 8,4% (96 Mio), welche die Bundesbeitragskürzung hätte kompensieren sollen, knapp ab. Deutlich verworfen wurde eine Streichung der IV-Viertelsrenten (7 Mio). Auf eine Einsparung von jährlich rund 48 Mio Fr. verzichtete der Nationalrat bei Beiträgen des Bundes an Bauten für die Berufsbildung; linke und gewerbefreundliche Kreise brachten diese Massnahme gemeinsam zu Fall. Vertreter der Landwirtschaft und des öffentlichen Verkehrs setzten ausserdem durch, dass die Rückerstattung des Treibstoffzolles für die Bauern und die konzessionierten Verkehrsbetriebe im Umfang von 125 Mio Fr. aufrechterhalten wird. Fest hielt die grosse Kammer auch an den Ausgleichzahlungen für Gemeinden, die wegen des Natur- und Landschaftsschutzes auf die Nutzung der Wasserkraft verzichten (1 Mio); Schweizer Radio International verschonte sie von einer Kürzung um 2 und später 6 Mio. Fr. Angenommen wurden hingegen vom Rat die reduzierten Beitragssätze im Bereich der Nationalstrassen (75 Mio) und Deregulierungen im öffentlichen Verkehr, wie auch
drei Verfassungsänderungen, die den Bund von Beiträgen für Bahnhofparkinganlagen (24 Mio) und vom Ankauf von Brennapparaten und der Übernahme von Branntwein (3,5 Mio) entheben sowie die Beschaffung der persönlichen Armeeausrüstung zentralisieren sollen (15 Mio)
[39].
Zu Beginn der Frühjahrssession zog der Bundesrat die Anträge zur Zweckerweiterung der Treibstoffzölle auf die Bahninfrastruktur und zu einer Benzinzollerhöhung zurück. Bundesrat Stich begründete diesen Rückzieher mit den neuen Plänen der Landesregierung, einen befristeten Benzinzollzuschlag allenfalls für die direkte Sonderfinanzierung der Neat zu erheben. An der Erhöhung des Heizöl- und Gaszolls hielt der Bundesrat fest. Der
Ständerat, der sich
ebensowenig sparfreudig wie der Nationalrat zeigte, lehnte aber auch diese mit 22 zu 9 Stimmen ab. Auf der Einnahmenseite nahm er nur gerade die Reform der Tabaksteuer an. Auf der Ausgabenseite schuf der Ständerat einige Differenzen zum Nationalrat, indem er insbesondere der Streichung von Bundesbeiträgen an Bauten der Berufsbildung zustimmte. Der Nationalrat folgte ihm in der Differenzbereinigung. Dafür akzeptierte der Ständerat in einer zweiten Runde die Zentralisierung der Beschaffung der persönlichen Armeeausrüstung. Beide Räte hiessen ausserdem eine für die Jahre 1993-1995 beschlossene
Verlängerung der linearen zehnprozentigen
Beitragskürzung für die Jahre 1996 und 1997 gut, wobei die Räte das Sparziel des Bundesrates von 250 Mio Fr. auf mindestens 300 Mio Fr. verschärften
[40].
Insgesamt bewilligte das Parlament
Verbesserungen von rund 600 Mio Fr. Davon entfallen die Hälfte auf die linearen Kürzungen. Rund 200 Mio Fr. blieben nach den Beratungen im Parlament bei den gezielten Kürzungen übrig. Als Mehreinnahmen konnte das dritte Sanierungspaket anstelle der ursprünglich vorgeschlagenen 1,3 Mia Fr. nur gerade die 75 Mio Fr. für die Tabaksteuerreform verbuchen. Zu den vom Parlament bewilligten Verbesserungen kommen rund 1,3 Mia Fr., die der Bundesrat in eigener Kompetenz beschliessen konnte. Insgesamt wird der
Bundeshaushalt mit dem dritten Sanierungsprogramm
ab 1996
um rund 2 Mia Fr. entlastet, womit das Ziel klar verfehlt wurde
[41].
Zusätzlich zu den Spar- und Einnahmenbeschlüssen setzte der Bundesrat eine ganze Reihe von
Überprüfungen und strukturellen Reformen in Gang, welche zu einer nachhaltigen Sanierung des Bundeshaushaltes beitragen sollen. Dazu zählen die Überprüfung der Normen und Standards im Hoch- und Strassenbau sowie sämtlicher Finanzhilfen und Abgeltungen des Bundes gemäss dem Subventionsgesetz und eine Neugestaltung des Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen. Im weiteren wird geprüft, wie die Bestimmungen über die Haushaltsführung in Bundesverfassung und Gesetzen griffiger gestaltet werden können. Schliesslich gehören auch die Arbeiten an der Regierungs- und Verwaltungsreform sowie die konsequente Umsetzung des Verursacherprinzips in der Umweltschutzgesetzgebung in diesen Rahmen
[42].
Noch bevor das dritte Sanierungsprogramm für die Bundesfinanzen verabschiedet wurde, verpflichtete der Ständerat den Bundesrat gegen dessen Willen per Motion seiner Finanzkommission einstimmig dazu, bis Mitte 1996 ein
viertes Sanierungsprogramm vorzulegen. Dieses soll bis zum Jahr 2000 eine Ausgabenreduktion von wenigstens 80% des strukturellen Defizits, mindestens aber von 2,5 Mia Fr. durch die Neustrukturierung, den Abbau und den Verzicht auf Staatsaufgaben bringen, wobei jedes Departement einen Beitrag von in der Regel 3% des Haushaltsvolumens leisten soll. Der Motionstext nahm die bereits in anderen Vorstössen geäusserte Forderung einer verfassungsmässigen Schranke auf, die ab dem Jahr 2001 ein Wachstum der Staatsausgaben, das über das Wachstum des Bruttoinlandprodukts hinausgeht, verhindern soll. Der Nationalrat, der vorläufig auf punktuelle Sanierungsmassnahmen verzichten will, überwies die Motion in der Herbstsession aber lediglich als Postulat
[43].
Bereits vorher hatte der Nationalrat mit 104 zu 45 Stimmmen aber eine Motion seiner Finanzkommission überwiesen, die vom Bundesrat bis Ende 1998 ein
Anschlussprogramm zur Beseitigung des strukturellen Defizites verlangt. Die Motion setzt ausschliesslich auf ausgabenseitige Massnahmen und verlangt in erster Linie eine Verminderung der laufenden Ausgaben durch eine Vereinfachung der Verwaltungsorganisation und von Normen und Standards sowie eine Reform des Finanzausgleichs und Teilprivatisierungen. Der Ständerat folgte der grossen Kammer entgegen dem Willen des Bundesrates oppositionslos
[44].
[25]
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 231 f.25
[26]
BBl, 1995, IV, S. 1073 ff.;
Botschaft zum Voranschlag 1996, Bern, Oktober 95;
Lit. Gygi / Caluori;
NZZ, 1.6.95; Presse vom 18.8., 2.9. und 27.10.95. Mit dem Voranschlag 1997 sollen die SBB-Darlehen erstmals über die Finanzrechnung geführt und der Einnahmenüberschuss der PKB aus der Finanzrechnung ausgeklammert werden (
Die Volkswirtschaft, 69/1996, Nr. 5, S. 27).26
[27]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 2458 ff. und 2633 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 1090 ff., 1244 ff. und 1267 ff.; Presse vom 22.11., 6.12., 7.12., 13.12.-15.12. und 20.12.95.27
[28]
BBl, 1996, I, S. 291 ff.; Presse vom 21.12.95. Im April 1996 beantragte der BR dem Parlament in einem ersten Supplément Kreditnachträge von 544 Mio Fr. und Verpflichtungskredite von 46 Mio Fr., wobei 190 Mio Fr. allein auf die Landwirtschaft entfielen (Presse vom 4.4.96).28
[29]
Die Volkswirtschaft, 69/1996, Nr. 2, S. 18 ff. und Nr. 3, S. 21 ff.;
NZZ, 14.3.96.29
[30]
BBl, 1995, II, S. 1364;
NZZ, 19.1.95; Presse vom 13.3.95. Vgl.
SPJ 1994, S. 132. In der Herbstsession 1995 kam die Ausgabenbremse erstmals zur Anwendung.30
[31] P. Sciarini et al.,
Analyse der eidg. Abstimmungen vom 12. März 1995, Vox Nr. 56, Adliswil/Bern 1995.31
[32] Presse vom 25.2.95;
SHZ, 30.3.95;
BaZ und
Bund, 27.10.95. LdU-Initiative:
BBl, 1995, I, S. 356 ff.;
DAZ, 6.3.95. Im März 1996 zog der LdU sein Volksbegehren zurück, da der BR mit dem Vorschlag für die Schuldenbremse einen Gegenvorschlag vorweggenommen habe (Presse vom 22.3.96).32
[33] Bührer:
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 2033 ff. LdU/EVP:
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 321 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 1040 ff.;
NZZ, 3.2.95. Vgl.
SPJ 1994, S. 132.33
[34]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 319 ff. (FP) und S. 600 f. (Giezendanner).34
[35]
Amtl. Bull. StR, 1995, 490 f. Vgl.
SPJ 1994, S. 132.35
[36]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 578 f. und 317 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 1042.36
[37]
BBl, 1995, I, S. 89 ff.37
[38] Der Grundzoll auf Treibstoffen (inkl. Dieselöl) sollte um 15 Rappen pro Liter, der Heizölzoll von 30 Rappen auf 4 Fr. je 100 kg Heizöl bzw. beim Erdgas auf 2,50 Fr. pro 100 kg brutto erhöht werden. In einer mündlichen Konsultation wendeten sich FDP, CVP, SVP, LP, LdU, SD, die Wirtschaftsverbände und die FDK zum jetzigen Zeitpunkt gegen zusätzliche Mehreinnahmen zur Sanierung des Bundeshaushaltes (
BBl, 1995, I, S. 101 bzw. 106).38
[39]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 1 ff., 28 ff., 56 ff., 84 ff., 582 ff., 717 f. und 1011 ff.; Presse vom 24.1.-26.1.95. Vgl.
SPJ 1994, S.133 f.39
[40]
BBl, 1995, II, S. 398 ff. und 456;
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 159 ff., 186 ff., 217 ff., 312 ff. und 440; Presse vom 8.3.-10.3.95. Differenzbereinigung:
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 582 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 312 ff. Im August hat der BR die Ausnahmen von der linearen Beitragskürzung festgelegt: AHV, EL, IV, ALV, Krankenkassen, Nationalstrassen, Butter- und Käseverwertung, Direktzahlungen, Entwicklungs- und Osthilfe, Immobilienstiftung für internat. Organisationen in Genf, Pro Helvetia, Schweizerische Volksbibliothek, Jubiläum 1998, Historisches Lexikon der Schweiz, Berglandwirtschaft, Schweiz Tourismus, die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der SBB und versch. Ausgaben in Bildung und Forschung. Kürzungen von nur 5%: Friedenserhaltende Aktionen, Kultur und Sprache in Graubünden und Tessin, wissenschaftliche Akademien, berufliches Bildungswesen (
NZZ, 24.8.95).40
[41]
SGT, 17.3.95;
NZZ, 30.11.95.41
[42]
BBl, 1995, I, S. 92.42
[43]
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 228 ff.;
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 1946 f.; Presse vom 10.3.95.43
[44]
Amtl. Bull. NR, 1995, S. 590 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1995, S. 316 f.;
BaZ, 15.3.95.44
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