Année politique Suisse 1996 : Chronique générale / Finances publiques
 
Sanierungsmassnahmen
print
Legislaturfinanzplan 1997-99 und Finanzplan 1998-2000
Der Legislaturfinanzplan vom 18. März 1996 ergab mit jährlichen Defiziten in der Grössenordnung von 7,1 bis 8,6 Mia Fr. (1997: 7,1 Mia; 1998: 8,6 Mia; 1999: 8,1 Mia) ein höchst unbefriedigendes Bild der künftigen Haushaltsentwicklung und zeigte, dass der Bundeshaushalt weiterhin strukturell überlastet ist. Trotz günstigen Wirtschaftsannahmen bewegt sich die Defizitquote in den Jahren 97-99 zwischen 1,9% und 2,2%, und die Verschuldung des Bundes dürfte die 100-Milliarden-Grenze 1998 überschreiten. Das jährliche Ausgabenwachstum liegt mit durchschnittlich 3,5% auf der Höhe des prognostizierten BIP, in der gleichen Zeit können aber die Einnahmen mit einem jährlichen Wachstum von 2,7% mit den Ausgaben nicht Schritt halten. Den durchschnittlich stärksten Ausgabenanstieg weist mit 6,4% der Schwerpunkt Umwelt und Infrastruktur auf. Dabei haben die Ausgaben für den Verkehrsbereich den grössten Anteil, wo sich die Investitionen für "Bahn 2000" und "AlpTransit" sowie die neue Rechnungsdarstellung des Bundes auswirken [33].
Der Nationalrat wünschte mehr Tempo bei der Haushaltsanierung als der Bundesrat. Im Rahmen der Beratungen des Legislaturfinanzplans 1997-1999 stimmte er mit 113:55 Stimmen einer Richtlinien-Motion seiner Finanzkommission zu, die für 1997-2000 eine Beschränkung des Ausgabenwachstums auf durchschnittlich maximal die Hälfte der Teuerung pro Jahr und den Ausgleich der Staatsrechnung bereits im Jahre 2000 fordert. Unter anderem sollte der Personalaufwand um 5% reduziert werden. Als Zweitrat lehnte der Ständerat die Motion mit 28:8 Stimmen aber ab, da das rasche Sanierungstempo unrealistisch sei. Er unterstützte stattdessen den Bundesrat auf seinem eingeschlagenen Kurs und hiess mit 31:4 Stimmen eine Motion seiner Spezialkommission gut, die bis Ende 1997 ein striktes Ausgabenmoratorium und die Beseitigung des Haushaltdefizits bis spätestens im Jahr 2001 vorschreibt sowie keine zusätzlichen Abgaben und Lohnprozente - mit Ausnahme der AHV und der Infrastrukturprojekte - zulässt. Der Nationalrat überwies den Vorstoss ebenfalls, womit die im Legislaturfinanzplan festgehaltenen Massnahmen zur verbindlichen Forderung des Parlamentes wurden [34].
Noch weiter als die nationalrätliche Finanzkommission ging eine Motion Blocher (svp, ZH), die das Bundesbudget über Minderausgaben innerhalb von nur zwei Jahren ausgleichen und ab 1999 mit dem Schuldenabbau beginnen wollte. Neben der SVP unterstützte jedoch lediglich die FP den Vorstoss; mit 130:38 Stimmen wurde die vom Bundesrat als "Rosskur" bezeichnete Motion vom Nationalrat abgelehnt [35].
Angesichts der Spitzendefizite überarbeitete das EFD die Planung rigoros und erzielte wesentliche Verbesserungen: Der Finanzplan 1998-2000 des Bundes, den der Bundesrat Ende August vorlegte, weist für die Jahre 1998 bis 2000 noch Defizite von 4,8 bis 5,9 Mia Fr. aus (1998: 5,9 Mia; 1999: 5,2 Mia; 2000: 4,8 Mia) und entlastet den Bundeshaushalt gegenüber dem Legislaturfinanzplan 97-99 um gegen 3 Mia Fr. pro Jahr. Die Verbesserungen sollen in erster Linie durch weitreichende Sparmassnahmen sowohl im Eigen- wie auch im Transferbereich erreicht werden. Die Ausgabenplafonds sind im Finanzplanjahr 1998 um 1,8 Mia Fr. und 1999 gar um 2,1 Mia Fr. reduziert worden. Dabei wirkt sich die Kreditsperre, die für 1998/1999 auf 2,5% und für das Jahr 2000 auf 3% festgelegt wurde, in der Grössenordnung von jährlich 700 Mio Fr. aus. Mit 500 bis 600 Mio Fr. jährlich soll der Verkehrsbereich und mit gegen 400 Mio. Fr. die Landesverteidigung zur Haushaltsentlastung beitragen. Bei der sozialen Wohlfahrt konnten die Ausgabenpläne um 200 bis 500 Mio Fr. pro Jahr redimensioniert werden, die Leistungen für die ALV mussten jedoch insbesondere für 1998 angehoben werden. Die Einnahmenprognosen wurden gegenüber dem Legislaturfinanzplan um rund 800 Mio Fr. nach oben revidiert, welche die vorgesehene Erhöhung des Mineralölsteuerzuschlags um 10 Rp/l sowie die Umwidmung und Anhebung der geltenden pauschalen Schwerverkehrsabgabe einbringen sollen. Trotz einschneidenden Massnahmen wird sich bis zum Jahr 2000 aber eine Neuverschuldung von weit über 20 Mia Fr. ergeben, womit die Schuldengrenze von 100 Mia Fr. (26% des BIP) deutlich überschritten werden wird. Trotz tiefer Zinssätze werden die Passivzinsen bis ins Jahr 2000 auf 4 Mia Fr. ansteigen und damit mehr als 9% der Gesamtausgaben ausmachen. Als Folge der Sanierungsbemühungen sollte die Staatsquote allerdings auf 11,3% zurückgehen [36].
top
 
print
Sanierungsplan 2001
Im September schickte der Bundesrat ein finanzpolitisches Gesamtkonzept zur Sanierung der Staatsfinanzen bis 2001 in die Vernehmlassung, das gewissermassen das gemeinsame Dach der künftigen Sanierungsanstrengungen darstellt. Eines der Kernelemente des Sanierungsplans ist es, das Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts in der Verfassung vorzuschreiben. Konkret schlägt der Bundesrat einen befristeten Sanierungsartikel vor, der im Jahr 2001 noch ein Defizit von höchstens 2% der Einnahmen (rund 1 Mia Fr.) zulässt. Als Zwischenziel wird für 1999 noch ein Defizit von 4 Mia Fr. akzeptiert. Bis Ende 1997 gilt ein Aufgabenmoratorium. Von 1997 bis 2001 soll der jährliche Ausgabenanstieg unter 1% gedrückt werden, was real einem Abbau gleichkommt. Bei rezessiver Wirtschaftsentwicklung darf das Parlament die Fristen allerdings erstrecken.
Für den Fall, dass die Defizitvorgaben verfehlt werden, stellte der Bundesrat zwei Notbremse-Varianten zu Diskussion: Der schärfere Korrekturmechanismus sieht vor, die Kompetenz zur Kürzung gesetzlich vorgeschriebener Ausgaben vom Parlament auf den Bundesrat zu übertragen. Der Bundesrat dürfte Finanzhilfen und Abgeltungen um bis zu 30% kürzen und müsste im bundeseigenen Aufgabenbereich vergleichbare Sparmassnahmen beschliessen. Nach der weicheren Variante hätte der Bundesrat bloss den Gesamtbetrag der nötigen Einsparungen festzulegen und die dafür erforderlichen Gesetzesänderungen dem Parlament vorzuschlagen. Dieses dürfte die Anträge zwar abändern, aber den vorgegebenen Spareffekt nicht schmälern. In beiden Fällen müssten die Bundesausgaben so stark gekürzt werden, dass die Defizitvorgaben mit höchstens zweijähriger Verspätung erreicht werden.
Weitere Kernelemente des Sanierungsprogrammes 2001 sind strukturelle Reformen (Verwaltungsreform und Einführung des New Public Management für Teile der Verwaltung, Herabsetzung von Standards und Normen im Hochbau und im Nationalstrassenbau sowie insbesondere der neue Finanzausgleich), die Überprüfung der Bundessubventionen sowie ein verbindliches "Kostendach" für die Sozialversicherungen. Steuererhöhungen sind nur gerade für die AHV (1 MWSt-%) und für die Eisenbahn-Grossprojekte vorgesehen.
Die Vernehmlassung zeigte, dass die bürgerlichen Parteien und die Kantone hinter dem Vorhaben stehen. SP und Gewerkschaften bezeichneten die heutigen Defizite aber als nicht dramatisch und betrachteten eine Sanierung der Bundesfinanzen wegen der Wirtschaftskrise als nicht vorrangig. Die Sanierung müsste ihrer Ansicht nach auch einnahmenseitig erfolgen. Aus staatspolitischen Gründen war ausserdem die Delegation der Kompetenz an den Bundesrat, Notmassnahmen für den Budgetausgleich zu ergreifen, umstritten [37].
Nach dem Abbau der Defizite soll gemäss den Vorschlägen des Bundesrates eine verfassungsmässige Schuldenbremse sicherstellen, dass der Bundeshaushalt im Gleichgewicht bleibt. Eine solche hatte im letzten Jahr auch der damalige Bundesrat Otto Stich vorgeschlagen, wobei er zwei Varianten - die Ausgabenregel, die das zulässige Ausgabenwachstum an der mittelfristigen Wachstumsrate der Wirtschaft ausrichtet und die Saldoregel, bei der das Ergebnis der Finanzrechnung mit dem Wirtschaftswachstum gekoppelt wird - zur Diskussion gestellt hatte.
Die Vernehmlassung zeigte, dass eine Mehrheit der Parteien, Kantone und Verbände die Ausgabenregelung und damit die "weichere" Variante mit eher indikativem Charakter bevorzugt. Der Bundesrat könnte somit erst gegen Ausgabenbeschlüsse des Parlaments einschreiten, wenn dieses ein Budget mit einem Ausgabenwachstum von mehr als 10% gegenüber der zuletzt angenommenen Finanzrechnung verabschiedet. Stark umstritten war auch die Behandlung der Investitionsausgaben. Beide Varianten verzichten auf eine Sonderbehandlung dieser Ausgabenkategorie, eine starke Minderheit der Vernehmlasser sprach sich aber vehement dafür aus, Investitionen von der Schuldenbremse auszunehmen. SP und LdU möchten die Sozialversicherungen ausklammern. Die detaillierte Botschaft zur Schuldenbremse soll dem Parlament erst nach Inkrafttreten des Sanierungsartikels unterbreitet werden [38].
Eine Motion Moser (fp, AG), die forderte, dass neue kostenverursachende Gesetzesvorlagen und Bundesbeschlüsse von der Bundesversammlung nur behandelt werden dürfen, wenn zugleich ein Finanzierungsnachweis erbracht wird, wurde vom Nationalrat mit 36:55 Stimmen abgelehnt [39].
Zu den drei Sparvorlagen aus dem Sanierungsprogramm 1994 - militärische Ausrüstung, Branntwein und Brennapparate sowie Parkplätze bei Bahnhöfen - über die 1996 abgestimmt wurde, siehe die Kapitel Teil I, 3 (Armement), 4c (Production végétale) und 6b (Politique des transports).
 
[33] BBl, 1996, II, S. 335 ff. Der Ausgabenzuwachs im Legislaturfinanzplan 1997 ist weitgehend die Folge der erstmaligen Erfassung der SBB-Darlehen in der Finanzrechnung, der Einnahmeneinbruch ist teilweise bedingt durch den Wegfall des Einnahmenüberschusses der PKB sowie von Zinserträgen aus den SBB-Darlehen. 1998 schlagen sich die Auswirkungen der Bahnreform im Finanzplan nieder. Für 1999 wird mit geringeren Ausgaben für die SBB-Darlehen und die Bahnreform gerechnet.33
[34] Amtl. Bull. NR, 1996, S. 812 f. und 1522 ff.; Amtl. Bull. StR, 1996, S. 447 ff.; Presse vom 11.6.96; Bund, 19.6.96.34
[35] Amtl. Bull. NR, 1996, S. 813 f.; Presse vom 11.6.96.35
[36] Bericht des BR zum Finanzplan 1998-2000 in Botschaft zum Voranschlag 1997, S. 151 ff.; Presse vom 29.8. und 23.10.96. Gemäss Finanzhaushaltgesetz nehmen die eidg. Räte von der Finanzplanung lediglich Kenntnis.36
[37] Botschaft zum Voranschlag 1997, S. 160; Presse vom 17.9. und 23.12.96.37
[38] Presse vom 13.4 und 17.9.96. Vgl. SPJ 1995, S. 150. Eine Motion seiner WAK, die ein an das BIP gebundenes Ausgabenwachstum forderte, überwies der NR als Postulat, um der Diskussion nicht vorzugreifen (Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1526 f.).38
[39] Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1530 ff.39