Année politique Suisse 1996 : Politique sociale / Groupes sociaux
Flüchtlinge
Im Berichtsjahr suchten 18 001 Personen in der Schweiz um Asyl nach, 5,8% mehr als im Vorjahr. Wie bereits in den letzten Jahren stammte über ein Drittel (34,6%) der Gesuchsteller aus der Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien mit Kosovo und Montenegro). Der Anteil der Asylsuchenden aus Bosnien ging dagegen von 20,8% auf 7% zurück. Wieder von 6% auf 10,9% zugenommen haben die Asylanträge von Tamilen aus Sri Lanka. Weitere grössere Gruppen von Asylbewerbern kamen aus der Türkei (7,3%) sowie aus Somalia und aus Zaire (je 3,9%).
Die Anerkennungsquote ging wegen der verbesserten Situation in Bosnien von 14,9% auf 12% zurück. Überdurchschnittliche Anerkennungsquoten hatten Gesuche aus Vietnam (90,3%), dem Irak (70,5%), der Türkei (43,8%) und Bosnien (29,2%). Von den Personen aus der Bundesrepublik Jugoslawien erhielten 7,5% Asyl, von den srilankischen Staatsangehörigen 1,3%.
Von den 130 879 Personen, die sich Ende Dezember aufgrund eines Asylgesuchs in der Schweiz aufhielten, waren 22 537 anerkannte Flüchtlinge, 20 109 Personen hatten eine kantonale fremdenpolizeiliche Bewilligung aus humanitären oder anderen Gründen, 33 767 waren vorläufig aufgenommen. Bei 22 570 Asylsuchenden mit negativem Entscheid war der Vollzug der Ausreise hängig oder blockiert
[20].
Auch der
Nationalrat folgte dem Antrag des Bundesrates sowie dem Beschluss des Ständerates und
erklärte die SD- Volksinitiative "für eine vernünftige Asylpolitik" für ungültig. Hauptargument war auch hier, dass der Inhalt der Initiative gegen zwingendes Völkerrecht verstosse. Damit ist dieses Volksbegehren das vierte seit 1891, welches auf Parlamentsbeschluss der Volksabstimmung entzogen wird. Die Gründe, welche bisher zur Ungültigkeitserklärung geführt hatten, waren Impraktibilität des Vorgehens (Chevalier-Initiative von 1954) bzw. mangelnde Einheit der Materie (Teuerungsinitiative der PdA 1977 und Rüstungsinitiative der SP 1995). Bei der SD-Initiative wurde erstmals der Begriff des
übergeordneten Rechts für die Ungültigerklärung beigezogen
[21].
In der Debatte sprachen sich FDP, CVP, LP und Teile der SP für den Vorrang des Völkerrechts und damit für die Ungültigkeitserklärung aus. Abkommen, welche als "Besitzstand der Zivilisation" gelten, dürften nicht gefährdet werden, fasste Eggly (lp, GE) die Meinung vieler Ratsmitglieder zusammen. Der Zürcher SP-Vertreter Gross und der Aargauer Grüne Thür traten mit Unterstützung eines Teils ihrer Fraktion für eine partielle Ungültigkeit ein. Zum Schutz der Demokratie sei nur der völkerrechtswidrige Teil (Aufhebung des Non-Refoulements-Prinzips) zu streichen.
Für eine Gültigkeit sprachen sich Teile der
SVP und des
LdU aus, allerdings verbunden mit dem Antrag auf Ablehnung. Die Angst, der Stimmbürger könnte diese extreme Initiative annehmen, sei unbegründet, meinte Meier (ldu, AG). Einzig die
FP äusserte sich auch inhaltlich positiv zur Initiative. Im Asylbereich stünden die Interessen des Schweizervolkes über dem Völkerrecht, erklärte Scherrer (fp, BE). Die Ungültigerklärung erfolgte nach langer Diskussion mit 133 zu 33 Stimmen deutlich. Der Antrag Gross unterlag mit 116 zu 62 Stimmen
[22].
Juristisch unbestritten war die von der SVP eingereichte
Volksinitiative "gegen die illegale Einwanderung". Sie verlangte, dass auf Asylgesuche illegal Eingereister nicht eingetreten werden soll. Anders als die SD-Initiative bekannte sie sich aber zum Grundsatz des Non-Refoulements, wonach ein Flüchtling nur abgewiesen werden darf, wenn garantiert werden kann, dass ihm in seinem Heimatland weder Folter noch Tod drohen. Als Massnahme gegen die Attraktivität der Schweiz als Einwanderungsland wollte die SVP zudem eine staatliche Lohnverwaltung für die Asylbewerber einführen. Dies bringe einerseits keine Verbesserungen, andererseits aber einen übertriebenen Bürokratismus, begründete Heberlein (fdp, ZH) die ablehnende Haltung der Staatspolitischen Kommission und des Bundesrates. Die Initiative, welche ausserhalb der eigenen Partei nur gerade die Unterstützung der FP und der EDU fand, wurde vom Nationalrat mit 137 zu 37 Stimmen
Volk und Ständen zur Verwerfung empfohlen
[23].
Auch im Abstimmungskampf fand die SVP nur gerade die
Unterstützung der
SD, der
FP, der
Lega und der
EDU. Aber selbst parteiintern war die Initiative nicht unbestritten. An der Delegiertenversammlung der SVP plädierte Bundesrat Ogi noch einmal für die ablehnende Haltung des Bundesrates. Beim Gros seiner Parteifreunde stiess er dabei zwar nicht auf Gehör, doch schlossen sich ihm zumindest die Berner, Bündner und Waadtländer Sektionen an
[24].
Die Abstimmungskampagne für die Initiative wurde vom selben Werbebüro inszeniert, welches bereits für die berühmt-berüchtigten Inserate mit der Filzlaus (gegen den "rot-grünen Filz"), mit dem Messerstecher (gegen die "Linken und Netten") und dem Stiefel (gegen "linke und andere heimatmüde Patrioten") verantwortlich gezeichnet hatte. Entsprechend
hemdsärmlig wurde dann auch
Propaganda für die Initiative gemacht. In einem Inserat des Aktionskomitees unter Führung des früheren SVP-Präsidenten Uhlmann (TG) war von "gesetzeswidriger Ansiedlung von Rechtsbrechern, Kriminalität und Drogenhandel" die Rede. Auch die Behörden und die übrigen Parteien wurden mit der Behauptung verunglimpft, sie würden vor der Illegalität die Augen verschliessen, weshalb jetzt das Volk zum Handeln aufgerufen sei. Mehrere Zeitungen ("Basler Zeitung", "Tagesanzeiger" und "Neue Luzerner Zeitung") weigerten sich, dieses ihrer Auffassung nach menschenverachtende Inserat abzudrucken. Zwei Wochen später publizierten der "Blick" und der "Tagesanzeiger" ein Inserat der FP, welches mit seinem undifferenzierten Rundumschlag gegen alle Ausländer nicht nur von den Gegnern der Initiative als zynisch und primitiv verurteilt wurde. Als durchsickerte, dass das Inserat von Nationalrat Dreher (ZH) im Alleingang lanciert worden war, distanzierten sich nicht nur die SVP, sondern auch das Präsidium und die Bundeshausfraktion der FPS von dieser Aktion
[25].
Die
Gegner der Initiative fanden sich in einem gemeinsamen Komitee zusammen, welchem sich 114 Parlamentarierinnen und Parlamentarier von CVP, FDP und SP anschlossen. Ihre relativ kurze Begründung für die Ablehnung der Initiative lautete, dass diese
kontraproduktiv, unnötig, irreführend und gefährlich sei und zudem die Falschen treffe. Die Initiative beruhe auf längst überholten Zahlen von 1992; seit damals sei die Zahl der Asylgesuche stark gesunken und die durchschnittliche Verfahrensdauer massiv verkürzt worden. Die Tatsache, dass 85% der anerkannten Flüchtlinge illegal eingereist seien, zeige, dass die Art des Grenzübetritts kein Kriterium für die Beurteilung der Asylgesuche darstelle
[26]. Rund zwei Wochen später konstituierte sich ein zweites,
rein bürgerliches Nein-Komitee, welches sich in seiner Argumentation nicht wesentlich vom nationalen Komitee unterschied. Im CVP-Generalsekretariat, welches für die Abstimmungskampagne federführend war, wurde erläutert, dass es mit dem rein bürgerlichen Komitee darum gehe, vor allem bürgerliche Stimmbürger zu mobilisieren
[27].
Auch
Bundesrat Koller warnte, die SVP-Initiative sei
widersprüchlich, überholt und unwirksam, ihre Annahme würde lediglich einen administrativen Leerlauf bewirken und dem Ruf der humanitären Schweiz schaden. Zudem würde sie der Eidgenosschenschaft praktisch verunmöglichen, dem Erstasylkommen der EU in einem Parallelabkommen beizutreten. Das Problem sei heute nicht die Zulassung neuer Asylbewerber, sondern der Gesetzesvollzug, da sich einzelne Heimatstaaten weigerten, abgewiesene Flüchtlinge wieder aufzunehmen
[28].
Dass am ersten Dezembersonntag gleich zwei emotional befrachtete Vorlagen - neben der Asylinitiative noch das revidierte Arbeitsgesetz - zur Abstimmung gelangten, schlug sich in der
hohen Stimmbeteiligung von fast 47% nieder. Das
Resultat fiel
relativ knapp aus. 53,7% der Stimmenden lehnten die Initiative ab, 46,3% stimmten ihr zu. Noch enger war die Differenz bei den Kantonen: 12 ablehnenden standen 11 befürwortende gegenüber. Vor allem die
Romandie reagierte gar nicht gnädig auf die in Zürich ausgebrütete SVP-Initiative. Das deutlichste Resultat lieferte
Genf, wo nur rund 30% Ja-Stimmen gezählt wurden. Basel-Stadt stimmte mit einem Nein-Anteil von knapp 60% einmal mehr ähnlich wie die Westschweiz. Abgelehnt wurde die Initiative auch von Zürich, Bern, Basel-Land, Zug, Obwalden, Appenzell-Ausserrhoden und Graubünden. Das Tessin und die restlichen Deutschschweizer Kantone stimmten zu, am deutlichsten die Kantone
Schwyz und Appenzell-Innerrhoden mit knapp 60% Ja-Stimmen
[29].
Volksinitiative "gegen die illegale Einwanderung"
Abstimmung vom 1. Dezember 1996
Beteiligung: 46,8%
Ja: 982 867 (46,3%) / 10 2/2 Stände
Nein: 1 138 301 (53,7%) / 10 4/2 Stände
Parolen:
- Ja: SVP (2*), SD, FP, EDU, KVP; RN.
- Nein: FDP (1*), CVP, SPS, GP, LP, LdU, EVP, PdA; SGB; Hotelier-Verein; Landeskirchen; AI, SFH, Bods, Asylkoordination Schweiz.
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Am Abend des Abstimmungssonntags äusserte
Bundesrat Koller
Genugtuung darüber, dass sich eine Mehrheit der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger vom Titel der Asylinitiative nicht habe verführen lassen und erkannt habe, dass das Anliegen der SVP letztlich
menschenunwürdig gewesen sei und zur weiteren Isolation der Schweiz beigetragen hätte. Bei aller Freude über das Nein gelte es aber zur Kenntnis zu nehmen, dass ein bedeutender Teil der Bevölkerung der Initiative zugestimmt und damit unübersehbar eine deutliche
Unzufriedenheit über die Ausländer- und Asylpolitik der Schweiz zum Ausdruck gebracht habe. Diese Unzufriedenheit hänge sicher damit zusammen, dass viele den Ausländeranteil in der Schweiz als zu hoch empfänden. Er werte das Abstimmungsergebnis deshalb als Aufforderung an den Bundesrat, den
Zuwachs der ausländischen Bevölkerung weiter zu bremsen [30].
Gemäss der
Vox-Analyse dieses Urnengangs ist das recht knappe Nein von rund 54% der Stimmenden in erster Linie als
Erfolg der bundesrätlichen Abstimmungskampagne zu werten. Grosses Gewicht habe vor allem das Argument gehabt, die Initiative sei nicht wirksam. Die Parteibindung und die Orientierung der Stimmberechtigten entlang der Links-Rechts-Achse hatten offensichtlich einen wichtigen Einfluss auf das Stimmverhalten. 80% der SP-Sympathisanten sagten nein, 75% der SVP-Wähler stimmten zu. In dieser parteipolitisch polarisierten Konstellation war das Stimmverhalten in der bürgerlichen Mitte entscheidend. Die Analyse zeigte, dass die Wähler und Wählerinnen der CVP der offiziellen Parteiparole weitgehend folgten. Die Nein-Parole der FDP und der LP wurde von ihren Wählerinnen und Wählern hingegen nur teilweise befolgt (58% Neinstimmen)
[31].
Um die
Ausgestaltung des Revision des Asylgesetzes kam es in der zuständigen Kommission des Nationalrates zu einem
harten Ringen. Die Kommission entschied oftmals mit sehr knappem Stimmenverhältnis, und es wurden unzählige Minderheitsanträge deponiert. Vorderhand gutgeheissen wurde unter anderem die
neue Kategorie der Schutzbedürftigen. Darunter sollen gemäss der Kommission nicht nur sogenannte Gewaltflüchtlinge fallen, sondern auch Personen aus Ländern, in denen die Menschenrechte systematisch verletzt werden. Am Flüchtlingsbegriff änderte die Kommission nichts; die Liste der ernsthaften Gefährdungen wurde aber um den
Tatbestand der sexuellen Übergriffe ergänzt. Abgelehnt wurde der Antrag des Bundesrates, die Verantwortung für die Flüchtlinge von den Hilfswerken auf die Kantone zu übertragen. Einverstanden war die Kommission hingegen damit, die Fürsorgeleistungen künftig pauschal abzugelten
[32].
Da sich angesichts der heftigen Kontroversen in der Kommission die Totalrevision weiter verzögerte, beantragte der Bundesrat dem Parlament, die Geltungsdauer der bis Ende 1997 befristeten dringlichen Bundesbeschlüsse über das Asylverfahren und über Sparmassnahmen im Asylbereich noch einmal um maximal zwei Jahre zu verlängern
[33].
Im Anschluss an die Debatte über die Asylinitiativen behandelte der
Nationalrat eine ganze
Reihe von asylpolitischen Vorstössen, welche zum Teil bereits 1995 andiskutiert worden waren. Mehrere Vorstösse wurden zurückgezogen oder auch in der unverbindlicheren Form des Postulats abgelehnt. Als Postulat überwiesen wurde eine
Motion der SVP-Fraktion, welche anregt, bei der Revision der Asylgesetzgebung die vom Bundesgericht als gesetzeswidrig taxierte Abweisung von Flüchtlingen ohne Ausweispapiere ins Gesetz aufzunehmen. Ebenfalls in der Postulatsform verabschiedet wurden eine
Motion Bäumlin (sp, BE) zum besseren Schutz für unbegleitete minderjährige Asylbewerber, eine
Motion Baumberger (cvp, ZH) zur Entlastung des Bundesgerichts von Entscheiden im Ausländer- und Asylrecht sowie einzelne Punkte einer
Motion Stamm (fdp, AG) zur vermehrten Hilfe vor Ort. Trotz Widerstand von Steffen (sd, ZH) wurde ein
Postulat Bühlmann (gp, LU) überwiesen, welches anregt, den im Vorjahr vorgelegten Migrationsbericht um einen Zusatzbericht zu ergänzen, der sich ausschliesslich und vertieft mit dem Aspekt der Integration beschäftigt
[34].
Bereits kurz nach der Unterzeichnung des Abkommens von Dayton machte sich Bundesrat Koller Gedanken darüber, wie und wann man die rund 21 000
Kriegsvertriebenen aus Bosnien, welche aufgrund einer vorläufigen Aufnahme oder einer Kurzaufenthaltsbewilligung in der Schweiz leben, in ihre Heimat zurückschicken könnte. Anfangs April entschied die Landesregierung, die ersten rund 8000 Flüchtlinge -
Alleinstehende und kinderlose Ehepaare - sollten
ab August stufenweise und vorerst auf freiwilliger Basis in ihre Heimat zurückkehren. Eine "Rückkehr auf Probe", die bei unerträglichen Verhältnissen eine Wiedereinreise in die Schweiz erlauben würde, und welche von einem überwiesenen Postulat Bäumlin (sp, BE) angeregt wurde, war dabei nicht vorgesehen, doch sollten ihnen Rückkehrhilfen gewährt und die Möglichkeit eröffnet werden, nach einer zweimonatigen Erkundungsreise in ihrer Heimat noch einmal in die Schweiz einzureisen, um die definitive Ausreise vorzubereiten. Für nicht rückkehrwillige Bosnier wurden hingegen Zwangsrepatriierungen nicht ausgeschlossen
[35].
Nach Appellen des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR), von Hilfswerken und Einzelpersonen beschloss der Bundesrat dann aber,
im Berichtsjahr keine Zwangsausschaffungen vorzunehmen. Er begründete seinen neuen Entscheid mit der unerwartet schlechten Entwicklung in Bosnien, weshalb auch alle anderen Aufnahmestaaten gemäss den Empfehlungen des UNHCR von einer verfrühten Rückführung abgesehen hätten. Insbesondere sei die
Menschenrechtslage nach wie vor äusserst unbefriedigend, und die Heimkehrer könnten kaum erwarten, in ihre ehemaligen Unterkünfte zurückkehren zu können, da diese inzwischen von Flüchtlingen im Land besetzt worden seien. Eine zwangsweise Rückführung in sogenannt "sichere" Gebiete, also in solche mit muslimischer Mehrheit, würde hingegen der ethnischen Säuberung noch weiter Vorschub leisten. Der Bundesrat setzte aber weiterhin auf die freiwillige Rückkehr der vorläufig aufgenommenen Bosnier. Neben der bereits zugestandenen individuellen Rückkehrhilfe beschloss er, eine zusätzliche Wiedereingliederungshilfe auszurichten und lokale Strukturförderungsprogramme zu unterstützen, welche freiwillige Rückkehrer einbeziehen. Die Ausreisefrist für Alleinstehende und kinderlose Ehepaare wurde auf
Ende April 1997 verlängert. Festgehalten wurde vorderhand an der für Familien geltenden Rückkehrfrist bis Ende August 1997
[36].
Anfangs Juli verlängerte der Bundesrat auch die Ausreisefrist für abgewiesene Asylbewerber
aus dem
Kosovo, da es immer noch nicht gelungen war, Belgrad zur Rücknahme seiner Bürger zu bewegen. Das Rückführungsabkommen mit
Sri Lanka konnte im April verlängert werden, obgleich die Regierung in Colombo lange mit ihrer Unterschrift zögerte, da sie der Schweiz vorwarf, auf ihrem Territorium nicht genügend gegen die radikale Untergrundorganisation der "Tamil Tigers" vorzugehen
[37].
Mit Flüchtlingen aus der
Türkei - vor allem Kurden aus dem Osten des Landes - lief im März ebenfalls ein Projekt für eine freiwillige
Rückkehr unter der Aufsicht der Migrationsorganisation der UNO (IOM) an. Das Projekt stiess unter den in der Schweiz lebenden Türken jedoch auf wenig Echo. Drei Monate nach dem Start waren erst 11 Personen freiwillig in die Türkei zurück gereist. Neu an diesem Projekt ist die periodische Kontaktaufnahme mit den Rückkehrern durch die IOM. Damit soll überprüft werden, ob diese Menschen in ihrer Heimat überhaupt wieder Fuss fassen können. In Zusammenarbeit mit dem IOM baute das BFF ab Oktober flächendeckend Beratungszentren auf, da sich gezeigt habe, dass eine freiwillige Rückkehr häufig am Mangel an Informationen scheitere
[38].
Zum zweiten Mal seit 1987 übte das
Anti-Folter-Komitee der UNO
Kritik an der Asylpolitik der Schweiz, worauf diese die geplante Ausschaffung eines Kurden sistierte. Das Gremium warf den Schweizer Behörden mangelnde Sorgfalt, eine krasse Fehleinschätzung der Lage in der Türkei und damit einen Verstoss gegen Artikel 3 der Folterkonvention vor. Insbesondere der Hinweis der Schweiz, die Türkei habe diese Konvention ebenfalls unterzeichnet, weshalb man davon ausgehen könne, dass keine Folterungen mehr vorkämen, stiess auf Unverständnis. Das Komitee wies darauf hin, dass
in der Türkei die
Folter nach wie vor
systematisch betrieben wird, weshalb man einem mutmasslichen Folteropfer kaum entgegenhalten könne, sein Land habe diese Konvention ratifiziert. Vor allem letztere Kritik sorgte bei den Schweizer Behörden für einige Unruhe, könnte sie doch als Umkehr der bisher geltenden internationalen Gepflogenheiten gedeutet werden, wonach der Gesuchsteller seine Gefährdung durch Folter beweisen muss. Das UNO-Komitee hingegen ging davon aus, dass es am ausweisenden Staat sei zu belegen, dass eine Folterung ausgeschlossen werden kann
[39].
[20] Presse vom 21.1.97.20
[21]
TA, 13.3.96; Presse vom 14.3.96.21
[22]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 303 ff. und 328 ff.;
BBl, 1996, I, S. 1355 f. Vgl. auch
SPJ 1995, S. 261. Siehe dazu auch oben, Teil I, 1c (Volksrechte).22
[23]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 303 ff., 328 ff. und 634;
Amtl. Bull. StR, 1996, S. 280;
BBl, 1996, I, S. 1321 f. Siehe
SPJ 1995, S. 261.23
[24] SVP:
TA, 9.9.96;
NLZ, 25.10.96;
TW, 2.11.96;
SZ, 11.11.96. Die Berner SVP gab schliesslich knapp die Ja-Parole aus, nicht so aber die Bündner und Waadtländer (
BaZ, 18.11.96).24
[25]
BZ, 11.10.96;
NZZ, 26.10.96;
SZ, 30.10.96; Presse vom 12.11., 27.11. und 28.11.96;
Blick und
TA, 26.11.96. Der
TA bezeichnete das Erscheinen des Inserates als interne Panne (
TA, 27.11.96). Gegen ein Inserat in der
BZ, welches Bergbauern aufforderte, sich genauso "geldgierig" zu verhalten wie Asylbewerber, reichten die damit in Zusammenhang gebrachten Hilfswerke Caritas und HEKS Strafanzeige ein (
Bund, 7.11.96).25
[26] Presse vom 11.10.96;
BaZ, 21.10.96.26
[27]
NZZ, 23.10.96. Bereits ganz zu Beginn der Abstimmungskampagne hatte die FDP-Fraktion ihr Parteisekretariat beauftragt, ein rein bürgerliches Komitee auf die Beine zu stellen, um sich mit einer eigenständigen Argumentation von der "weichen" SP-Linie in der Asylgesetzgebung abzugrenzen (
TA, 18.9.96).27
[28] Presse vom 19.10. und 12.11.96.28
[29]
BBl, 1997, I, 996 f.29
[30] Presse vom 2.12.96.30
[31] S. Hardmeier,
Analyse der eidgenössischen Abstimmungen vom 1. Dezember 1996. VOX Nr. 60, Zürich 1997.31
[32] Presse vom 26.2., 1.6., 3.6. und 16.11.96. Siehe
SPJ 1995, S. 261 f. Vgl. auch E. Kaestli, "Wenn Frauen ihr Frausein zum Verhängnis wird", in
BaZ, 10.6.96 und Ch. Hausamman, "Die Berücksichtigung der besonderen Anliegen der Frauenflüchtlinge in der laufenden Asylgesetzrevision", in
ASYL, 1996, Nr. 2, S. 39 ff.32
[33]
BBl, 1997, I, S. 877 ff. Siehe
SPJ 1995, S. 262.33
[34]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 53 ff. (Stamm) und 334 ff. Zurückgezogen resp. abgelehnt wurden eine an die Motion der SVP-Fraktion angelehnte Motion Keller (sd, BL), eine Motion Bühlmann (gp, LU) zur Aufnahme von Frauenflüchtlingen aus Ex-Jugoslawien, sowie eine Motion Zisyadis (pda, VD), welche erreichen wollte, dass gegen Beamte, die ihre Kompetenzen überschreiten, Schadenersatzklage erhoben werden kann. Zum Migrationsbericht siehe
SPJ 1995, S. 258. Zur Lage der minderjährigen Asylbewerber vgl. J. Schertenleib, "Der Vollzug der Wegweisung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden", in
ASYL, 1996, Nr. 1, S. 13 ff.;
BaZ, 21.3.96;
TA, 22.3.96.34
[35]
Amtl. Bull. NR, 1996, S. 1209 f.;
NQ, 16.1. und 18.1.96;
TA, 8.2. und 13.2.96;
SoZ, 17.3.96;
Bund, 23.3.96;
NLZ, 26.3.96; Presse vom 4.4.96. Siehe
SPJ 1995, S. 262.35
[36] Presse vom 4.4., 15.5. und 27.6.96;
Bund, 13.5.96;
TA, 14.5. und 8.6.96. Für die verschiedenen Formen der Rückkehrhilfe standen 1996 9 Mio Fr. zur Verfügung (
NZZ, 22.7.96). Deutschland, die Schweiz, Österreich, Slowenien und Kroatien schlossen ein multilaterales Transitabkommen ab, um den Bosniern eine möglichst problemlose Reise in ihre Heimat zu ermöglichen (
SGT, 23.5.96). Bis Ende Jahr reisten 1300 Personen freiwillig aus, 1100 weitere meldeten sich definitiv für das Rückkehrprogramm an (
BaZ, 6.1.97).36
[37] Kosovo:
TA, 15.5. und 19.7.96; Presse vom 6.7.96. Sri Lanka:
TA und
TW, 12.4.96;
NQ, 19.4.96.37
[38]
NQ, 19.4.96;
BaZ, 19.7.96;
JdG, 2.8.96.38
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