Année politique Suisse 2000 : Eléments du système politique / Institutions et droits populaires
 
Gerichte
print
Justizreform
In der Volksabstimmung vom 12. März hiessen die Stimmberechtigten mit sehr deutlichem Mehr die im Vorjahr vom Parlament verabschiedete Justizreform gut. Nachdem die beiden am meisten umstrittenen Punkte, die Zugangsbeschränkungen und die Einführung einer Verfassungsgerichtsbarkeit vom Parlament massiv entschärft resp. eliminiert worden waren, gab es kaum mehr Opposition gegen die Vorlage. Keine nationale Partei gab die Nein-Parole aus; lediglich die relativ unbedeutenden Kantonalsektionen der SVP in Genf und im Wallis lehnten die Reform ab [41].
Das Verdikt fiel mit einem Ja-Stimmenanteil von 86% sehr deutlich aus; nicht ein Kanton hatte sich dagegen ausgesprochen. Am klarsten fiel die Annahme in Genf mit 92%, am knappsten im Wallis mit 71% aus [42].
Justizreform
Abstimmung vom 12. März 2000

Beteiligung: 41,9%
Ja: 1 610 107 (86,4%) / 206/2 Stände
Nein: 254 355 (13,6%) / 0 Stände

Parolen:
Ja: SP, FDP, CVP, SVP (2*), GP, LP (1*), EVP, FP, SD, EDU, PdA, CSP; Economiesuisse (Vorort), SGB, CNG.
Nein: -

* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
top
 
print
Dringliche Entlastungsmassnahmen
Die Justizreform wird zwar durch den Ausbau der Vorinstanzen, was allerdings noch durch die Kantone umgesetzt werden muss, eine gewisse Entlastung der Bundesgerichte bringen, an ihrer chronischen Überlastung aber nichts Grundsätzliches ändern. Als Zweitrat hiess deshalb auch der Nationalrat die mit parlamentarischen Initiativen der GPK beider Räte geforderten dringlichen Massnahmen zur Entlastung des Bundesgerichts in Lausanne und des Bundesversicherungsgerichts in Luzern gut. Am meisten umstritten war wie bereits in der kleinen Kammer die von der GPK und dem Bundesrat vorgeschlagene Abschaffung der umfassenden materiellen Prüfungspflicht des Sozialversicherungsgerichts, gegen welche vor allem Behinderten- und Patientenorganisationen sowie Gewerkschaften protestierten. Der Nationalrat lehnte diese Abschaffung ab. Nachdem der Ständerat in dieser Frage in der Differenzbereinigung nachgegeben hatte, konnten die Entlastungsmassnahmen in der Sommersession verabschiedet werden [43].
 
[41] Presse vom 1.2.-11.3.00.41
[42] BBl, 2000, S. 2990 ff.; Presse vom 13.3.00. Vgl. auch Milic, Thomas e.a., Vox. Analyse der eidgenössischen Abstimmungen vom 12. März 2000, Zürich 2000.42
[43] AB NR, 2000, S. 46 ff., 664 ff. und 855; AB SR, 2000, S. 113 ff., 399 f. und 480; BBl, 2000, S. 3542 ff. Vgl. SPJ 1999, S. 46 f. Zum Protest siehe das Inserat der erwähnten Organisationen in NZZ, 3.3.00.43