Année politique Suisse 2000 : Economie / Crédit et monnaie
Geld- und Währungspolitik
Angesichts der boomenden Konjunktur sah sich die Nationalbank im ersten Halbjahr veranlasst, die geldpolitischen
Zügel etwas anzuziehen. In mehreren Schritten wurde das Zielband des für die Steuerung der Geldversorgung relevanten Zinssatzes (Dreimonats-Libor) von 1,25-2,25% auf 3-4% angehoben
[1].
Die Nationalbank kündigte gegen Jahresende an, dass sie den geldpolitischen Kurs
im Jahr 2001 nicht weiter straffen werde. Sie rechne zwar mit einer leichten Steigerung der Inflationsrate auf 2,1%, gehe aber davon aus, dass es nicht zu einer konjunkturellen Überhitzung kommen werde. Obwohl es für eine grundsätzliche Beurteilung noch zu früh sei, lasse sich zudem festhalten, dass sich das im Berichtsjahr erstmals angewendete neue Konzept der Geldpolitik bewährt habe
[2].
Mit der restriktiveren Geldmengenpolitik der SNB im Frühjahr und den darauf folgenden Kursgewinnen gegenüber dem
Euro zeigte sich, dass das nach der Einführung des Euro Anfang 1999 entstandene Bild einer quasi automatischen Koppelung des Frankens an die neue Einheitswährung der EU nicht zutreffend war. Eine Studie von ökonomischen Experten der UBS stellte fest, dass während der Zeit der faktischen engen Bindung des Frankens an den Euro die Nachfrage nach Frankenanlagen massiv gesunken war und sich die Zinsdifferenz zum Euro-Raum stark reduziert hatte. Die Experten kamen zum Schluss, dass eine Aufgabe der währungspolitischen Unabhängigkeit weder für den Finanzplatz noch für die Gesamtwirtschaft der Schweiz, die bisher beide von den im internationalen Vergleich niedrigen Zinsen profitiert hatten, vorteilhaft wäre
[3].
Der reale exportgewichtete
Kurs des Schweizerfrankens nahm in der ersten Jahreshälfte weiter ab und stabilisierte sich dann weitgehend. Im Jahresmittel lag er um 1,6% unter dem Vorjahreswert. Der US-$ gewann gegenüber dem Franken noch einmal an Wert (+6,3% im Jahresmittel). Einen deutlichen Kursgewinn verzeichnete der Franken gegenüber dem Euro: der Anstieg betrug im Jahresdurchschnitt 5,8%
[4].
Bei den
Zinssätzen setzte sich der im Sommer 1999 begonnene
Anstieg in der ersten Hälfte des Jahres 2000 fort. In der zweiten Jahreshälfte bildeten sich die Zinsen wieder leicht zurück. Im Gegensatz zum Vorjahr verteuerten sich die kurzfristigen Gelder stärker als die langfristigen Anlagen. Die Rendite für eidgenössische Anleihen mit zehn Jahren Laufdauer erhöhte sich vom Januar bis Mai von 3,8% auf 4,2%; im Dezember betrug sie noch 3,6%. Die Geldmarktsätze verdoppelten sich im Jahresverlauf beinahe, um im Dezember 3,2% zu erreichen
[5].
Die Nettobeanspruchung des schweizerischen
Kapitalmarktes war wie bereits im Vorjahr rückläufig. Im Gegensatz zu 1999 ging diesmal aber nicht die Mittelbeschaffung inländischer Schuldner zurück, sondern die Nettobeanspruchung durch Nachfrager aus dem Ausland. Verursacht wurde diese Reduktion sowohl durch eine Abnahme von Neuemissionen als auch durch eine Zunahme von Rückzahlungen
[6].
Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats legte ihre Vorschläge für die Umsetzung der im Vorjahr angenommenen parlamentarischen Initiative Gysin (sp, BS) vor. Sie beantragte, das Gesetz über die Mitwirkung der Schweiz bei den
Institutionen von Bretton Woods in dem Sinn zu ändern, dass das
Parlament in Zukunft über die Teilnahme an Kapitalaufstockungen des IWF
entscheidet. Der Nationalrat hiess die Gesetzesrevision bei einer Gegenstimme gut
[7]. Mit der Überweisung eines Postulats Strahm (sp, BE) beauftragte der Nationalrat die Regierung, sich in den Gremien des IWF dafür einzusetzen, dass sich der private Finanzsektor an den Kosten für die Verhinderung von Finanzkrisen und deren Behebung mitbeteiligt. Ebenfalls Zustimmung fanden Teile der Postulate Langenberger (fdp, VD) und Pelli (fdp, TI), die vom Bundesrat forderten, sich für mehr Transparenz bei den IWF-Entscheidungen zu engagieren. Ein Postulat Gysin, welches verlangt hatte, dass sich der Bundesrat für eine Aufwertung der Stimmenkraft der armen Länder im IWF zulasten der reichen Industriestaaten einsetzt, wurde hingegen mit 84:74 Stimmen abgelehnt
[8].
Auf Ende Jahr trat Nationalbankpräsident Hans Meyer altershalber zurück. Zu seinem Nachfolger wählte der Bundesrat den bisherigen Vizedirektor
Jean-Piere Roth. Damit überging er den Vorschlag des Bankrates, welcher das dritte Direktoriumsmitglied, Bruno Gehrig, vorgeschlagen hatte. Die Regierung begründete ihren Entscheid auch mit sprachpolitischen Argumenten – erst einmal war die bald 100jährige SNB von einem Romand geleitet worden (Pierre Languetin, 1985-88). Neu ins Direktorium gewählt wurde Niklaus Blattner
[9].
Die Auseinandersetzung um die Verwendung der nicht mehr benötigten Goldbestände der Nationalbank und ihrer Erträge setzte sich im Berichtsjahr fort. Der Bundesrat legte dem Parlament seine Vorschläge über die Verteilung vor, und die SVP reichte ihre Volksinitiative für eine Übertragung in vollem Umfang auf den Ausgleichsfonds der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) ein. Wir informieren darüber an anderer Stelle (oben, Teil I, 1a, Grundfragen).
[1]
TA, 24.3. und 16.6.00; SNB,
Geschäftsbericht, 93/2000, S 38.1
[2] SNB,
Geschäftsbericht, 93/2000, S. 40 f.;
NZZ, 9.12.00. Zum neuen Konzept siehe
SPJ 1999, S. 131 sowie SNB,
Geschäftsbericht, 93/2000, S 33 f.2
[3] Presse vom 25.10.00.3
[4] SNB,
Geschäftsbericht, 93/2000, S. 16; SNB,
Statistisches Monatsheft.4
[5] SNB,
Geschäftsbericht, 93/2000, S. 28; SNB,
Statistisches Monatsheft.5
[6] SNB,
Geschäftsbericht, 93/2000, S. 28; SNB,
Statistisches Monatsheft.6
[7]
BBl, 2000, S. 4030 ff.;
AB NR, 2000, S. 1520 ff. Vgl.
SPJ 1999, S. 132.7
[8]
AB NR, 2000, S. 843 (Strahm), 1077 (Pelli) und 1075 (Gysin);
AB SR, 2000, S. 472 f. (Langenberger). Vgl. zur IWF-Politik auch die Antwort des BR auf Interpellationen David (cvp, SG) und Baumann (gp, BE) in
AB SR, 2000, II, Beilagen, S. 121 ff. resp.
AB NR, 2000, III, Beilagen, S. 3073.8
[9] Presse vom 1.7. (Rücktritt), 16.9. (Bankrat), 19.9. (Wahl) und 20.9.00. Vgl. auch
Bund, 16.12.00 (zu Roth) und
NZZ, 31.12.00 (zu Meyer).9
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