Année politique Suisse 2006 : Infrastructure, aménagement, environnement
Transports et communications
Le parlement a approuvé la création d’un fonds d’infrastructure pour les routes et le rail doté de 20,8 milliards de francs. – Le Conseil fédéral a demandé un 9ème crédit-cadre concernant les contributions d’investissement aux chemins de fer privés d’un montant de 600 millions de francs; les chambres fédérales l’ont augmenté à 800 millions de francs. – Le parlement n’est pas entré en matière sur le projet de privatisation de Swisscom. – Le gouvernement a l’intention de poursuivre la libéralisation progressive du marché postal suisse. – Le Conseil fédéral a mis en consultation un projet de modification constitutionnelle pour un financement spécial de l’aviation.
 
Generelle Verkehrspolitik
Der Bundesrat verabschiedete den Sachplan Verkehr. Dieser soll eine koordinierte und nachhaltige Entwicklung der Verkehrswege Strasse, Schiene, Luft und Wasser ermöglichen. Der Sachplan Verkehr ist ein Instrument der Raumplanung und für die Behörden verbindlich, er legt aber nicht fest, was wann gebaut wird [1].
Gemäss einer erstmals erhobenen Analyse des Bundesamtes für Raumentwicklung (ARE) und des BFS übersteigt der Gesamtnutzen des Landverkehrs in der Schweiz seine Kosten (inkl. Unfälle, Lärm und Umweltbelastung). Strasse und Schiene weisen entgegen gängigen Vorurteilen einen fast gleich hohen Kostendeckungsgrad von 92% resp. 93% auf [2].
Laut dem Verband Schweizerischer Strassenbauunternehmer (Vestra) nahm der Güterverkehr innerhalb Europas in den letzten zehn Jahren jährlich um 2,4% zu. Dabei wurde 72% der Gesamtmenge auf der Strasse, 16% auf der Schiene und 12% auf dem Wasser oder durch Pipelines transportiert. In der Schweiz wuchs die Gütermenge im alpenquerenden Verkehr im gleichen Zeitraum von 24,5 auf 34,1 Mio Tonnen (rund 40%) an. Der Marktanteil der Bahn sank auf 65% (-7 Prozentpunkte), während die Strasse ihren Anteil von 27% auf 35% steigerte. Angesichts der Prognosen des ARE, dass der Güterverkehr in der Schweiz bis 2030 um 56% zunehme, forderte der Präsident der Vestra mehr Bundesmittel für den Ausbau von Strasse und Schiene [3].
2005 durchquerten 1,2 Mio Lastwagen die Alpen – 51 000 (oder 4%) weniger als im Vorjahr. Das auf dem Alpenschutzartikel basierende, bis 2010 befristete Güterverkehrsgesetz verlangt, die Zahl dieser Lastwagenfahrten bis 2009 auf maximal 650 000 zu reduzieren. Der Bundesrat erachtete die Erreichung dieses Ziels als unrealistisch und schickte im Sommer einen Entwurf für ein neues Gesetz über die Verlagerung des alpenquerenden Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene in drei Varianten in die Vernehmlassung: 1.) Verringerung der alpenquerenden Lastwagenfahrten auf 650 000 erst bis 2017 (zwei Jahre nach der Eröffnung des Gotthard-Basistunnels) und Subventionierung des Güterschienenverkehrs mit weiterhin jährlich 285 Mio Fr.; damit sollen der unbegleitete kombinierte Verkehr und die „Rollende Landstrasse“ (Rola) bis 2017 etwa verdoppelt werden. 2.) Reduktion der Fahrten auf 1 Mio bis 2017 unter Beschränkung der Subventionen 2011-2017 auf 140 Mio Fr. pro Jahr. 3.) Substanzieller Ausbau der Rola, was die Einrichtung eines eigenwirtschaftlich zu betreibenden hochwertigen Angebots im Huckepackverkehr von Grenze zu Grenze bedingt, bspw. 400 000 Stellplätze (Lastwagen auf Bahnwagons) und Stundentakt. Alle drei Varianten sehen die Einführung einer Alpentransitbörse vor, welche vor wenigen Jahren noch auf Ablehnung gestossen war [4].
Parteien und Verbände äusserten sich kritisch zur Vorlage: Die Vertreter der Alpeninitiative beharrten auf dem Reduktionsziel 2009 und unterstrichen dies mit einer Petition mit 40 000 Unterschriften. Der Schweizerische Nutzfahrzeugverband ASTAG stellte sich hinter den Verfassungsauftrag, lehnte aber eine Kontingentierung über eine Alpentransitbörse ab, da diese den Binnenverkehr diskriminiere; zudem entspreche der massive Ausbau der Rola nicht den Bedürfnissen der Wirtschaft. Bei den Parteien sprachen sich SP und Grüne gegen alle drei Varianten aus und verlangten die Einhaltung des Ziels bis 2009. Die CVP bevorzugte die erste Variante, allerdings ohne Alpentransitbörse. Die SVP verwarf ebenfalls alle drei Modelle und forderte eine auf Rentabilität ausgerichtete neue Vorlage. Die FDP wünschte eine vertiefte Problem- und Lösungsanalyse und Vorschläge zur Verbesserung der Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten [5].
Im Herbst beschlossen die sechs Verkehrsminister der Alpenländer Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Slowenien und Schweiz, neue Lösungen für den Transitverkehr durch die Alpen zu erarbeiten. Eine gemeinsam zu erstellende Studie soll die Möglichkeiten einer Alpentransitbörse aufzeigen. EU-Verkehrskommissar Barrot sagte die finanzielle Unterstützung der Europäischen Union zu [6].
Der Ständerat lehnte eine Motion Gentil (sp, JU) ab, welche die Verlagerung der Güter auf die Schiene nicht nur im Transitverkehr, sondern auch im Binnenverkehr verlangte. Laut Bundesrat sei dies durchaus erstrebenswert, jedoch nur mit zusätzlichen Subventionen zu erreichen, welche anderswo kompensiert werden müssten [7].
Das Parlament verabschiedete das neue Seilbahngesetz. Dieses konzentriert die Konzessionserteilung, Plangenehmigung, Baubewilligung und umweltrechtliche Spezialbewilligungen in einem einzigen Verfahren. Zuständige Behörde ist neu erstinstanzlich alleine das Bundesamt für Verkehr, für Skilifte und Kleinluftseilbahnen sind es weiterhin die Kantone. Die Räte nahmen nur geringfügige Änderungen an der Vorlage des Bundesrates vor: Der Seilbahnbauer und -betreiber ist für die angemessene Ausbildung des sicherheitsrelevanten Personals verantwortlich. Die Bedürfnisse von Behinderten sind generell und nicht nur bei neuen Seilbahnen zu berücksichtigen. Anders als Schifffahrtsgesellschaften und Eisenbahnen müssen Seilbahnunternehmen bei der Verlängerung der Konzession nicht jedes Mal die Gewährleistung der Sicherheit nachweisen, ihre Betriebsbewilligung wird unter Vorbehalt der Erfüllung der Sorgfaltspflicht verlängert [8].
Der Nationalrat lehnte eine parlamentarische Initiative der SVP-Fraktion im Vorprüfungsverfahren ab. Sie verlangte eine Parlamentarische Untersuchungskommission, welche die Organisation und Strukturen des UVEK überprüfen sollte [9].
 
Strassenverkehr
Aufgrund positiver ausländischer Erfahrungen mit Strassenbenutzungsgebühren (London, Stockholm, Oslo, Singapur) erwägt der Bund die Einführung von Road-Pricing. Road-Pricing diene der Lösung von Verkehrsproblemen und nicht als Mittel zur Verkehrsfinanzierung; längerfristig sei es aber denkbar, dass Road Pricing die bestehenden Verkehrsabgaben teilweise oder vollständig ersetze. Grossflächig erhobene Strassenzölle wären allerdings laut Bundesamt für Justiz nur über eine Verfassungsabstimmung möglich, selbst Pilotversuche erforderten ein referendumspflichtiges Gesetz [10].
Die Vereinigung der Strassenverkehrsämter beschloss, den theoretischen Teil der Autofahrprüfung ab 2008 schweizweit nur noch in Deutsch, Französisch und Italienisch durchzuführen; es bestehe kein Grund, Englisch im Vergleich zu anderen Nicht-Landessprachen zu privilegieren, wie dies eine Motion Müller (fdp, AG) verlangt. Es handle sich nicht um einen politischen Entscheid, Hauptgrund für die Reduktion bildeten die Kosten: Bei einer Nachfrage von 10% in anderen Sprachen sei der Aufwand für Übersetzung und Administration zu gross. St. Gallen reduzierte 2004 als erster Kanton das Angebot, andere Kantone folgten, was zu einem Prüfungstourismus führte [11].
Der Nationalrat lehnte eine Motion Zisyadis (pda, VD) für ein Verbot der nach Staatsbürgerschaft abgestuften Prämien bei der Autohaftpflichtversicherung ab. Gemäss Bundesrat seien unterschiedliche Tarife verhältnismässig und sachlich begründet, wenn sie für die verschiedenen Risikogruppen aufgrund von Statistiken über die wichtigsten Risikomerkmale objektiv berechnet werden [12].
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Verkehrssicherheit
Der Bundesrat lehnte eine parlamentarische Initiative Giezendanner (svp, AG) ab, welche die Wiederzulassung von öffentlichen Rundstreckenrennen (und damit auch Formel-1-Autorennen) verlangt. Angesichts der kleinräumigen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Voraussetzungen sei der Bau einer modernen, für Formel-1-Rennen geeigneten Rundstrecke in der Schweiz kaum realisierbar. Dagegen sprächen auch Umweltschutz- und Verkehrssicherheitsüberlegungen. Die Mehrheit der KVF-NR hatte sich für das Begehren ausgesprochen [13].
Der Ständerat überwies eine im Vorjahr von der grossen Kammer gebilligte Motion Giezendanner (svp, AG), welche zur Beförderung gefährlicher Güter auf der Strasse neben dem Eidgenössischen Gefahrengutinspektorat auch private Unternehmen zur Prüfung von diesbezüglichen Behältern zulassen will. Der Nationalrat stimmte einer in die gleiche Richtung zielenden Motion Theiler (fdp, LU) zu [14].
 
Strassenbau
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Infrastrukturfonds
Das Parlament billigte die im Vorjahr vom Bundesrat vorgeschlagene Errichtung eines Infrastrukturfonds von 20,8 Mia Fr. zur Fertigstellung des Nationalstrassennetzes, zur Beseitigung von Engpässen auf Autobahnen und zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur in Städten und Agglomerationen; mit diesem Fonds sollen nach dem Scheitern des Gegenvorschlags zur Avanti-Initiative 2004 die dringlichsten Verkehrsprobleme gelöst werden. Der Ständerat lobte die Vorlage als ausgewogenen und tragfähigen Kompromiss. Dass die Strassenverkehrsverbände mit dem Referendum drohten, sei schwer verständlich, da die Strassen nicht zu kurz kämen. Die kleine Kammer nahm auf Vorschlag ihrer Kommission nur wenige Änderungen am bundesrätlichen Gesetzesentwurf vor. So ergänzte sie beim Agglomerationsverkehr, dass auch der Langsamverkehr mit Beiträgen zu fördern sei. Fondsgelder sollten nur dann für Eisenbahninfrastrukturen eingesetzt werden, wenn die Projekte zu einem Mehrwert für eine Stadt oder Agglomeration führten und die Strasse unmittelbar entlasteten; grundsätzlich sollten die Investitionen in Eisenbahninfrastrukturen für den Agglomerationsverkehr über die Finanzierungsinstrumente gemäss Eisenbahngesetz erfolgen. Um die Akzeptanz der Vorlage zu verbessern, wollte der Ständerat auch die Berggebiete und Randregionen unterstützen, indem er ihnen für die Substanzerhaltung ihrer Hauptstrassen während 20 Jahren insgesamt 800 Mio Fr. zusprach. Der Infrastrukturfonds und der entsprechende Gesamtkredit passierten die Gesamtabstimmung einstimmig [15].
Der Nationalrat lehnte einen Rückweisungsantrag Wäfler (edu, ZH) ab, welcher die dringlichen Projekte im Rahmen der bestehenden, ordentlichen Bewilligungs- und Finanzierungsverfahren durchführen wollte. In der Detailberatung folgte der Rat weitgehend der kleinen Kammer. Er lehnte sowohl eine von der SVP verlangte Aufstockung von rund 7 Mia Fr. als auch eine von der Kommissionsmehrheit gewünschte Erhöhung von 3 Mia Fr. für die Beseitigung von Engpässen im Nationalstrassenbau ab, aber auch eine von den Grünen beantragte Kreditaufstockung von 1 Mia Fr. zugunsten des Agglomerationsverkehrs. Damit beliess der Nationalrat den Gesamtkredit für den Infrastrukturfonds bei 20,8 Mia Fr. Eine ausführlichere Diskussion löste die von bürgerlicher Seite aufgeworfene Frage aus, ob ein allfälliges Nettovermögen des Infrastrukturfonds wie beim FinöV-Fonds zu verzinsen sei. Bundesrat Leuenberger erklärte, eine Verzinsung des Nettovermögens belaste die Finanzrechnung mit jährlich zusätzlich 60-150 Mio Fr.; der Vergleich mit dem FinöV-Fonds hinke, da dieser auf einem anderen Konzept beruhe und nie ein Nettovermögen aufweisen werde. Nach der Detailberatung zeigte sich ein Teil der Ratsrechten vom Resultat enttäuscht. Der Nationalrat billigte die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 125:39 Stimmen [16].
Bei den noch offenen Differenzen schloss sich der Ständerat der grossen Kammer an. Das Geschäft passierte die Schlussabstimmung im Ständerat mit 44:0 Stimmen und im Nationalrat mit 154:33 Stimmen bei einer Enthaltung; die ablehnenden Stimmen stammten von der SVP [17].
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Nationalstrassen
Basierend auf der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) übernimmt der Bund 2008 die alleinige Verantwortung für die Nationalstrassen. Dazu gehört neben der Finanzierung des Baus und des Unterhalts auch das Verkehrsmanagement. Für den Standort der nationalen Zentrale bewarben sich die Kantone Aargau, Uri, Waadt, Zürich und Luzern. Den Zuschlag erhielt Emmen (LU) [18].
Der Ständerat lehnte eine im Vorjahr vom Nationalrat gebilligte Motion Kohler (cvp, JU) ab, welche die Fertigstellung des Nationalstrassennetzes bis 2012 verlangt hatte [19]. Gutgeheissen wurde eine von der grossen Kammer im Vorjahr gebilligte Motion der nationalrätlichen Spezialkommission, welche die Einnahmen aus der zweckgebundenen Mineralölsteuer ausschliesslich für den Bau und den Unterhalt des Strassennetzes verwenden will [20].
Der Bundesrat präsentierte seine Botschaft zu einer Änderung des Schwerverkehrsabgabegesetzes, welche administrative Abläufe effizienter gestalten will und Massnahmen gegen säumige Zahler vorsieht [21].
Im Rahmen des Aktionsplans Feinstaub gab der Bundesrat bekannt, er wolle bei der nächsten Erhöhung der LSVA im Jahr 2008 mit der EU über die Möglichkeit verhandeln, für Lastwagen mit Filtern eine weniger hohe Schwerverkehrsabgabe zu erheben. Die Transporteure wollen die geplante Erhöhung der LSVA bis 2011 hinauszögern; der Bund mache durch die höhere Belastung gewisser Lastwagen teure Investitionen zunichte [22].
Diskussionslos überwies das Parlament eine Motion Giezendanner (svp, AG), welche Treibstofftransporte des Bundes an privatwirtschaftliche Betriebe mit der LSVA belasten will [23].
Der deutsche Verkehrsminister Tiefensee, der Ministerpräsident von Baden-Württemberg Oettinger, Bundespräsident Leuenberger und der Aargauer Baudirektor Beyeler eröffneten eine Autobahn-Rheinbrücke mit Zollanlage in Rheinfelden. Das Teilstück verbindet die schweizerische A3 mit der deutschen A98 und entlastet die beiden Rheinfelden (AG und D) [24].
Am 31. Mai kam es in Gurtnellen (UR) zu einem Felssturz, bei dem ein deutsches Ehepaar ums Leben kam und der die Nationalstrasse verschüttete. In der Folge blieb die Gotthard-Autobahn im Kanton Uri wegen Felssturz-Gefahr den ganzen Juni gesperrt, weil die bedrohlichen Felsmassen im Abrissgelände gesprengt werden mussten. Die Schweiz bemühte sich mit ihren Nachbarstaaten und der EU um eine koordinierte Lenkung des Schwerverkehrs durch den gesamten Alpenbogen. SBB und BLS boten zusätzliche Verlademöglichkeiten an [25].
 
Eisenbahnverkehr
Im Sommer hiessen die Aktionäre der Bahnunternehmung „Regionalverkehr Mittelland“ (RM), die vor allem im östlichen Teil der Agglomeration Bern tätig ist, die Fusion mit der „Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn“ (BLS) zur BLS AG dank der Stimmen der Haupteigner gut – die Mehrheit der Anwesenden lehnte sie ab. Die BLS-Aktionäre stimmten dem Projekt ebenfalls zu [26].
Auf den 1. Juli 2006 fusionierten die Appenzeller Bahnen (AB), die Trogenerbahn (TB), die Rorschach-Heiden-Bergbahn (RHB) und die Bergbahn Rheineck-Walzenhausen (RhW) zu den „Appenzeller Bahnen“ [27].
Um ihren Anteil im grenzüberschreitenden Verkehr zu erhöhen, gründeten die SBB und die Deutsche Bahn eine gemeinsame Marketing-Firma namens „Rheinalp“. Ähnliche Kooperationen pflegen die SBB bereits mit den Bahnen Italiens (unter der Marke Cisalpino) und Frankreichs (Lyria). Schwerpunkt der Zusammenarbeit mit Deutschland bilden Frankfurt, Stuttgart und München [28].
Diskussionslos überwies der Nationalrat ein Postulat Müller (fdp, SG), das den Bundesrat beauftragt zu prüfen, wie auf der Ost-West-Achse – insbesondere zwischen der Schweiz resp. den westlichen Nachbarn und den neuen EU-Mitgliedern im Osten – ein modernes, leistungsfähiges Bahngüterverkehrssystem für den Transport von Wechselbehältern und Containern eingerichtet werden könnte [29].
Der Schweizerische Eisenbahn- und Verkehrspersonalverband reichte beim UVEK eine Petition „Gegen die Gewalt im öffentlichen Verkehr“ mit rund 10 000 Unterschriften ein. Darin verlangt er Massnahmen gegen die Gewalt in Zügen und Bussen – als Reaktion auf zahlreiche Aggressionen, unter denen das Personal sowie die Fahrgäste des öffentlichen Verkehrs zu leiden haben [30].
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Bahninfrastruktur
Die Räte billigten die Leistungsvereinbarung zwischen dem Bund und den SBB für die Jahre 2007-2011 mit einem Zahlungsrahmen von 5,88 Mia Fr. Davon entfallen rund 1,8 Mia Fr. auf die Betriebskosten und 4,1 Mia Fr. auf Investitionen (3,7 Mia Fr. für Substanzerhaltung). Bundesrat Leuenberger erklärte mit Hinweis auf die Entlastungsprogramme 2003 und 2004, dass der Zahlungsrahmen derart knapp berechnet sei, dass sich die SBB Kürzungsübungen nicht mehr ohne weiteres gefallen lassen könnten [31].
2005 hatte das Parlament die zweite Etappe der Bahnreform an die Regierung zurückgewiesen, weshalb die vorgesehene Neuordnung der Finanzierung der Eisenbahn-Infrastruktur nicht wie geplant auf den 1. Januar 2007 in Kraft treten kann. Da der 8. Rahmenkredit für die Privatbahnen Ende 2006 erschöpft ist, beantragte der Bundesrat dem Parlament als Übergangslösung einen 9. Rahmenkredit für Investitionsbeiträge an die konzessionierten Eisenbahnunternehmen (KTU) für die Jahre 2007–2010 von 600 Mio Fr. und die Umwandlung des der BLS Lötschbergbahn gewährten Baukredits in bedingt rückzahlbare Darlehen [32].
Gegen den Willen des Bundesrates erhöhte der Ständerat diesen Kredit auf 800 Mio Fr. – die KTU hatten aufgrund des Bedarfs 1,05 Mia Fr. verlangt. Gemäss Kommissionssprecher Pfisterer (fdp, AG) reiche die von der Regierung beantragte Summe weder für die Erhaltung der Substanz noch für die nötigen Erweiterungsinvestitionen aus. Die Privatbahnen müssten haushälterisch mit den Finanzmitteln umgehen sowie Umfang und Optimierungsmöglichkeiten ihres Angebots prüfen, allenfalls auch die Umstellung vom Bahn- auf den Busbetrieb. Der Bundesrat erwäge mittelfristig Streckenschliessungen aus Sicherheitsgründen, aber auch aufgrund unverhältnismässiger Sanierungskosten. Bundesrat Leuenberger hielt an den von der Regierung beantragten 600 Mio Fr. fest, da der Bund sparen müsse, die Parteien für Bildung und Forschung aber mehr Geld ausgeben wollten. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat sowohl den 9. Rahmenkredit für die KTU als auch die Umwandlung des der BLS Lötschbergbahn gewährten Baukredits in ein bedingt rückzahlbares Darlehen einstimmig an. Er überwies zudem ein Postulat, das einen Bericht zum Zustand der Infrastruktur der Privatbahnen verlangt [33].
Im Nationalrat stand eine weitere Erhöhung des KTU-Kredits auf 920 Mio Fr. zur Diskussion, welche die Mehrheit der Verkehrskommission vorschlug und die von der SP und den Grünen getragen wurde. CVP und FDP wollten sich dem Ständerat anschliessen (800 Mio), die SVP unterstützte den Vorschlag des Bundesrats (600 Mio). Die grosse Kammer folgte mit 109:80 Stimmen dem Ständerat und setzte den Rahmenkredit für die KTU auf 800 Mio Fr. fest. Ein Antrag der SVP, für Strecken, die längerfristig stillzulegen sind, keine wertvermehrenden Investitionen zu tätigen, wurde mit 116:73 Stimmen verworfen. In der Gesamtamtstimmung hiess der Nationalrat den Rahmenkredit für die KTU mit 161:8 Stimmen bei 20 Enthaltungen gut. Die Umwandlung des der BLS Lötschbergbahn gewährten Baukredits in bedingt rückzahlbare Darlehen hatte die Verkehrskommission des Nationalrats erst andiskutiert, aber noch nicht beschlossen [34].
Das Parlament billigte das Abkommen mit Italien betreffend die Erneuerung der Simplonkonzession sowie den Betrieb der Bahnstrecke bis Domodossola diskussionslos [35].
Die SBB nahmen das neue Zugsicherungssystem European Train Control System (ETCS) in Betrieb. ETCS ist europaweit kompatibel und liefert dem Lokomotivpersonal alle Fahrinformationen direkt in den Führerstand. Es ermöglicht die Erhöhung der Fahrtgeschwindigkeit und damit eine raschere Zugfolge, was die Kapazität der Strecke erheblich verstärkt. Ab Juli verkehrten die Personenzüge auf der Neubaustrecke Mattstetten-Rothrist vorerst in den Randstunden am Abend mit ETCS, ab Dezember alle täglich über 240 Züge, wobei die Höchstgeschwindigkeit vorerst auf 160 km/h beschränkt blieb. Ab Dezember 2007 soll die Maximalgeschwindigkeit auf 200 km/h erhöht werden [36].
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NEAT
Im Februar hiessen die Bündnerinnen und Bündner mit 72% Ja-Stimmen den Verpflichtungskredit von 20 Mio Fr. für den Bau der Porta Alpina in Sedrun gut. Regierung und Parlament Graubündens hatten dem Souverän einstimmig ein entsprechendes Gesamtpaket mit Vor- und Hauptinvestitionen für den NEAT-Anschluss in die obere Surselva vorgelegt, sämtliche Parteien und Verbände hatten um Zustimmung geworben. Zusammen mit der Beteiligung der Surselva von 5 Mio Fr. bringt Graubünden damit die Hälfte der veranschlagten Kosten von 50 Mio Fr. auf. Den Rest soll der Bund bezahlen; bisher hat das Bundesparlament einen Anteil an der Vorinvestition von 7,5 Mio Fr. verabschiedet. Im Mai erteilte das UVEK dem Kanton die Baubewilligung für Vorinvestitionen in der Grössenordnung von 15 Mio Fr. unter der Auflage, dass sich die Realisierung des Gotthard-Basistunnels nicht verzögert und dass der Kanton mit dem noch zu bestimmenden Betreiber der Porta Alpina ein Betriebskonzept ausarbeitet [37].
Bei der Realisierung des NEAT-Bauloses Erstfeld-Amsteg (UR) mit einem Auftragsvolumen von 413 Mio Fr. kam es zu Verzögerungen: Anfang Jahr focht die Berner Marti Holding den Vergabeentscheid der Alptransit AG erfolgreich an, diese beauftragte aber zum zweiten Mal ein von der österreichischen Firma Strabag geführtes Konsortium mit den Arbeiten, worauf die unterlegene Firma erneut Einspruch erhob. Die eidg. Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen hiess auch diese zweite Beschwerde gut. Auf Anregung der NEAT-Aufsichtskommission setzte Bundesrat Leuenberger eine Arbeitsgruppe ein, welche nach Lösungen suchen soll, um die verzögerten – und so bereits um rund 30 Mio Fr. verteuerten – Bauarbeiten möglichst rasch an die Hand zu nehmen. Um einen dritten Rekurs zu verhindern, sollen externe Experten die Offerten der beteiligten Firmen prüfen und eine Vergabe-Empfehlung abgeben [38].
Der Ständerat debattierte die Angelegenheit anlässlich einer dringlichen Interpellation Jenny (svp, GL) in der Herbstsession. Stadler (cvp, UR) bezeichnete die Vorwürfe des Interpellanten (u.a. Mauschelei bei der Vergabe des Bauloses, bewusstes in Kauf nehmen von Verzögerungen) als so gravierend, dass sich auch die NEAT-Aufsichtsdelegation damit beschäftige. Bundesrat Leuenberger betonte, die Alptransit AG sei bei der Vergabe korrekt vorgegangen. Hauptursache für die weiteren Verzögerungen beim Bau des Gotthard-Basistunnels und damit ausschlaggebend für die hohen Kostenfolgen sei die Ausgestaltung des Beschaffungsrechts. Daher prüfe der Bundesrat, ob es mit einer diesbezüglichen Gesetzesrevision möglich wäre, zeitliche Verzögerungen durch die Ergreifung von Rechtsmitteln zu reduzieren, beispielsweise, indem die Überprüfung von Entscheiden durch die Beschwerdeinstanz auf Willkür beschränkt wird oder Beschwerden keine aufschiebende Wirkung mehr erhalten [39].
Im Februar zeichnete sich ab, dass auch beim Bau des Ceneri-Basistunnels Mehrkosten von 174 Mio Fr. drohen und Verzögerungen möglich sind. Im Mai verlangte die NEAT-Aufsichtsdelegation die Überprüfung von Beschlüssen (Anzahl Röhren und Fluchtstollen) und empfahl dem Bundesrat, dem Parlament spätestens zusammen mit der Botschaft über die zukünftige Entwicklung der Bahnprojekte eine Vorlage für einen zweiten NEAT-Zusatzkredit zu unterbreiten, um die absehbare Finanzierungslücke zu schliessen. Anlässlich der Grundsteinlegung des Ceneri-Tunnels erklärte Bundesrat Leuenberger, das UVEK halte an zwei Tunnelröhren fest [40].
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SBB
Im Februar gab Benedikt Weibel nach 14 Jahren im Amt seinen Rücktritt als SBB-Chef auf Ende Jahr bekannt. Zu seinem Nachfolger wählte der SBB-Verwaltungsrat den Baselbieter Andreas Meyer, welcher bei der Deutschen Bahn (DB) für die S-Bahnen von Berlin und Hamburg zuständig ist [41].
Die SBB boten Studierenden an, sie zu Lokomotivführern auszubilden. Nach einer 35 Wochen dauernden Schulung sollen sie zu Spitzenzeiten und an Wochenenden zur Entlastung der Vollzeit-Lokomotivführer auf S-Bahnlinien zum Einsatz kommen. Die Bahnangestellten kritisierten dieses Ansinnen; sie befürchteten Lohndumping und einen Verlust an Sicherheit [42].
Im April kündigten die SBB ihre Gesamtarbeitsverträge per Ende Jahr; um wettbewerbsfähig zu bleiben, brauche es branchenübliche Arbeitsbedingungen. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, absolvierten Mitte Dezember rund 2000 Lokomotivführer ihren Dienst nach Vorschrift. Kurz vor dem Auslaufen des GAV einigten sich Eisenbahngewerkschaften und SBB auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag: Die SBB-Angestellten erhalten 3,5% mehr Lohn und einen Tag mehr Ferien, müssen dafür aber 41 statt 40 Stunden pro Woche arbeiten [43].
Die Ankündigung von SBB Cargo vom vergangenen Jahr, in der ganzen Schweiz nur noch 323 von 650 Stationen für den Schienengüterverkehr bedienen zu wollen, hatte in vielen Kantonen Proteste ausgelöst. Nach zahlreichen Verhandlungen gab das Unternehmen im Frühjahr bekannt, es habe für 170 Firmen eine spezifische Lösung gefunden, doch müssten zahlreiche Kleinkunden künftig auf die Strasse umsteigen. Mit der geplanten Restrukturierung könne SBB Cargo 96% des bisherigen Transportvolumens auf der Schiene behalten, und die Zahl der abzubauenden Stellen reduziere sich um 28 auf insgesamt 620. Ein Umbau des Rollmaterialservice soll die Produktivität in den Werkstätten Biel und Bellinzona erhöhen; SBB Cargo beabsichtige aber, das Werk Biel künftig mit einem starken Partner zusammen zu führen. Diese Neuausrichtung des Unternehmens bringe jährliche Einsparungen von 25 Mio Fr. [44].
Die SBB schrieben 2006 mit einem Ergebnis von 259,4 Mio Fr. wieder schwarze Zahlen. Verbesserungen in allen operativen Bereichen und die Auflösung von Rückstellungen ermöglichten das Resultat. Der Personenverkehr erzielte ein Betriebsergebnis von 246,2 Mio Fr. (2005: 132,7 Mio). Die Zahl der zurückgelegten Personenkilometer stieg um 3,2% auf 14,27 Mia; die SBB beförderten 285,1 Mio Reisende (+3,3%). Der Güterverkehr musste auch 2006 Verluste hinnehmen, das Betriebsergebnis fiel mit -37,3 Mio Fr. aber deutlich besser aus als im Vorjahr (-166,4 Mio). Die gesamte Verkehrsleistung von SBB Cargo übertraf mit 12,34 Mia Nettotonnenkilometern erstmals die 12-Mia-Grenze (2005: 11,48 Mia). Die SBB Infrastruktur erzielte ein Jahresergebnis von 91,8 Mio Fr. (+74,4 Mio). Die Erfolgsrechnung 2006 schloss mit einem Betriebsertrag von 7,217 Mia Fr. (+1,0%) und einem -aufwand von 6,922 Mia Fr. (-2,6%) [45].
 
Post und Telekommunikation
Der Nationalrat überwies eine im Vorjahr von der kleinen Kammer bereits gebilligte Motion der KVF-SR. Diese beauftragt die Regierung, die Prinzipien des Service public in der Bundesverfassung zu verankern, um die Grundversorgung auch in den Randregionen sicherzustellen [46].
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Telekommunikation
Nach zweijähriger Debatte räumten die Räte in der Frühlingssession die letzten Differenzen bei der Revision des Fernmeldegesetzes aus. Im Zentrum stand die Entbündelung der letzten Meile im Telefon-Festnetz. Für den schnellen Bitstrom-Zugang (Breitband-Internetanschlüsse) muss die Swisscom ihre Infrastruktur während vier Jahren zu kostenorientierten Preisen anderen Telekommunikationsunternehmen zur Verfügung stellen. Die Vorlage passierte die Schlussabstimmung im Nationalrat mit 126:14 Stimmen bei 52 Enthaltungen von linker Seite und im Ständerat mit 36:2 Stimmen bei sechs Enthaltungen [47].
Das Parlament überwies eine Motion Maissen (cvp, GR), welche vom Bundesrat verlangt, die Versorgung mit Breitbanddiensten in die Grundversorgung aufzunehmen, damit auch Randregionen und Berggebiete von den neuen Technologien profitieren können. Auf 2008 setzte der Bundesrat eine diesbezügliche Revision der Fernmeldedienstverordnung in Kraft: Neu gehört der Breitbandanschluss für den Internetzugang zur Grundversorgung; die Preisobergrenze liegt bei 69 Fr. pro Monat. Für nationale Festnetzverbindungen beträgt die Preisobergrenze 7,5 Rappen pro Minute (im Normaltarif 32%, im Niedertarif 17% unter dem bisherigen Höchsttarif). Neu hinzu kommen ausserdem ein sms-Vermittlungsdienst für Hörbehinderte und ein Vermittlungsdienst für Menschen, die keine Telefonnummern wählen können. Aus der Liste der Grundversorgungsdienste gestrichen wurden hingegen der Auskunftsdienst, die Anrufumleitung und der Gebührennachweis [48].
Am 1. Januar 2007 verschwindet der nationale Auskunftsdienst 111. Die 1921 geschaffene, für vielfältige Informationen zuständige Stelle wurde ab 1958 kostenpflichtig und beschränkte sich auf Telefonnummern und Adressen. In den letzten Jahren gingen die Anfragen wegen der zunehmenden Verbreitung des Internet stark zurück. Ab kommendem Jahr ersetzen vierstellige Mehrwertdienstnummern mit den Anfangsziffern 18xy die 111 [49].
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Swisscom
Ende November 2005 hatte die Regierung entschieden, die Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der Swisscom zu verkaufen. Gleichzeitig hatte sie Swisscom verboten, sich an ausländischen Telekommunikationsunternehmen zu beteiligen. Im Januar zog Swisscom-Chef Jens Alder die Konsequenzen aus dem Streit mit dem Bundesrat um die Auslandstrategie und verliess den Konzern. Seine Nachfolge übernahm der bisherige Chef des Mobilfunkgeschäfts, der Deutsche Carsten Schloter [50].
In ihrem Untersuchungsbericht kritisierte die GPK-NR das Vorgehen des Bundesrates gegenüber der Swisscom scharf: In Bezug auf das Verbot von Auslandsengagements sprach die GPK von einem hektischen Vorgehen, für das es keine nachvollziehbaren Gründe gegeben habe, auch sei der Entscheid inhaltlich unklar gewesen. Der Bundesrat habe die von ihm selbst beschlossenen strategischen Ziele und das Telekommunikationsunternehmensgesetz verletzt, zudem habe er einen ihm nicht zustehenden unternehmerischen Entscheid gefällt, der den vorangegangenen Positionsbezügen zu Auslandplänen widersprochen habe. Die damalige Klausursitzung des Bundesrates sei von den zuständigen Departementen UVEK und EFD nur in Bezug auf die Frage einer Abgabe der Mehrheitsbeteiligung an der Swisscom vorbereitet worden. Das Veto gegen Auslandbeteiligungen und die Anweisung, die freien Mittel in einem nicht umsetzbaren Verhältnis auszuschütten, kamen aufgrund eines Mitberichts von Justizminister Blocher zustande – ein Papier, das erst kurz vor der ordentlichen Bundesratssitzung verteilt wurde. Dieser Mitbericht sei sehr kurz und nicht dokumentiert gewesen, und mindestens ein Regierungsmitglied habe ihn erst während der Klausursitzung zur Kenntnis genommen. Als Schlussfolgerung verlangte die GPK in einer Motion vom Bundesrat, seine Rolle als Eigner im Hinblick auf weitere Bundesunternehmen (Post, Ruag, SBB, Skyguide, Suva) zu klären und die Verlässlichkeit der strategischen Führung sicherzustellen. Mit drei Empfehlungen forderte die Kommission die Regierung ausserdem auf, das Instrument der Instruktion an den Staatsvertreter im Verwaltungsrat, das es nur bei der Swisscom gibt, zu überprüfen, sich vertieft mit den zur Verfügung stehenden Steuerungsprozessen auseinander zu setzen und offene Fragen im Bereich der Kommunikation zu klären (Stärkung der Rolle des Regierungssprechers) [51].
In seiner Stellungnahme erklärte der Bundesrat, er teile die Beurteilung der GPK nicht. Er habe sich bereits vor dem 23. November acht Mal in anderthalb Jahren mit der Frage der Bundesbeteiligung an der Swisscom und ihren Auslandinvestitionen befasst – aus der Tatsache, dass die massgeblichen Papiere erst kurz vor der Bundesratssitzung zur Verfügung standen, dürfe nicht geschlossen werden, die Regierung habe sich erst zwei Tage vorher mit diesen Fragen auseinanderzusetzen begonnen. An dieser Sitzung sei denn auch nicht der Entscheid zum Auslandsengagement, sondern die Ausarbeitung einer Privatisierungsvorlage im Vordergrund gestanden. Der Bundesrat unterstützte die Motion der GPK und wies auf den in Ausarbeitung befindlichen Corporate-Governance-Bericht zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben hin [52].
Anfang April präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zur Privatisierung der Swisscom. Er beantragte, die Mehrheitsbeteiligung des Bundes von derzeit 62,45% (mit einem Marktwert von rund 16 Mia Fr.) zu verkaufen. Die Entlassung der Swisscom aus der Abhängigkeit des Bundes dränge sich auf, weil die Telekommunikation als schnelllebiges Geschäft eine ständige Anpassung der Geschäftsmodelle und hohe Risikobereitschaft erfordere. Sinkende Preise und Umsätze im Inland zwängen das Unternehmen, im Ausland zu wachsen. Private Investoren könnten solche Risiken eher eingehen als der Bund. Für diesen sei es sinnvoll, sich auf die Gewährleistung guter Rahmenbedingungen zu beschränken. Mit dem Rückzug könne er auch die Interessenkonflikte, die sich aus seiner Mehrfachrolle als Gesetzgeber, Regulator, Eigentümer und Kunde der Swisscom ergeben, reduzieren. Die Grundversorgung sei durch die bestehende Fernmeldegesetzgebung breit abgesichert und könne auch in Zukunft den sich wandelnden Bedürfnissen und technischen Möglichkeiten angepasst werden.
Im Gegensatz zum Vernehmlassungsentwurf verzichtete der Bundesrat auf flankierende Massnahmen wie eine Sperrminorität. Auch die Volksaktie, mit der er den Verkauf der Bundesbeteiligung der Bevölkerung hatte schmackhaft machen wollen, hatte sich als nicht mehrheitsfähig erwiesen. Die Mehrheit der Kantone (insbesondere die Gebirgskantone) hatte sich gegen die Veräusserung der Bundesbeteiligung ausgesprochen, ebenso wie die CVP, die SP und die Gewerkschaften. Auf Zustimmung gestossen war das Ansinnen bei der SVP, der FDP und den Wirtschaftsverbänden [53].
Der Nationalrat würdigte das rasche Handeln des Bundesrates und die Bedeutung des Geschäfts: Erstmals müsse das Parlament über die Privatisierung einer der grundlegenden Infrastrukturen befinden. Die Mehrheit der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen plädierte für Nichteintreten auf die Vorlage. So sei unklar, wer die Swisscom übernehmen solle: Die Regierung präsentiere das Unternehmen ausländischen Investoren auf dem Silbertablett und gefährde damit die flächendeckende Grundversorgung in der Schweiz. Da die Swisscom für den technologischen Fortschritt der Schweiz von strategischer Bedeutung sei, vergebe sich der Bund mit einer Veräusserung der Firma die Möglichkeit, diesen mitzugestalten. Als weitere Einwände führten die Kommissionssprecher sicherheitspolitische und finanzpolitische Überlegungen an: So sei die Swisscom zuständig für die Wartung von geheimen Anlagen, und durch den Verkauf der Unternehmung entgingen der Bundeskasse erhebliche Einnahmen. Eine Kommissionsminderheit aus Mitgliedern der FDP- und der SVP-Fraktion setzte sich für Eintreten auf die Vorlage ein. Nur so liesse sich der Interessenkonflikt des Bundes (als Eigner, Regulator, Gesetzgeber und Grosskunde) mit der Swisscom lösen. Die Bundesbeteiligung stelle zudem ein Klumpenrisiko dar. Ausserdem sei mit dem Fernmeldegesetz die Grundversorgung gesichert. Bundesrat Merz erklärte, die Privatisierung der Swisscom sei für das Unternehmen, für die Branche und für die Volkswirtschaft als Ganzes die beste Lösung. Die Strategie des Bundesrates werde von Verwaltungsrat und Konzernspitze mitgetragen. Die Grundversorgung sei basierend auf den geltenden Gesetzen gewährleistet, die Entflechtung von Swisscom und Armee bereits im Gang. In einer namentlichen Abstimmung folgte der Nationalrat der Mehrheit der CVP-Fraktion, den Sozialdemokraten und den Grünen und beschloss mit 99:90 Stimmen und vier Enthaltungen, nicht auf die Vorlage einzutreten [54].
Mit Stichentscheid ihres Präsidenten beantragte die Mehrheit der KFV dem Ständerat, auf das Geschäft einzutreten und es dann an den Bundesrat zurückzuweisen. Das Parlament müsse seine Aufgaben wahrnehmen, nötig sei eine neue Vorlage und eine neue Vernehmlassung. Über eine Privatisierung könnten die Räte erst entscheiden, wenn folgende Punkte geklärt seien: Sinn und Umfang einer Privatisierung, Gewährleistung der Grundversorgung, Marktöffnung, Sicherheitspolitik, Staatsunabhängigkeit von Radio und Fernsehen, Verbreitungsinfrastruktur sowie Rollenkonflikte beim Bund. Eine aus Mitgliedern der CVP-Fraktion und den Sozialdemokraten zusammengesetzte Minderheit beantragte Nichteintreten, um dem Bundesrat Zeit zu geben, in aller Ruhe eine neue, bei Parlament und Volk mehrheitsfähige Lösung zu erarbeiten. Die für die Grundversorgung wichtige Telekom-Infrastruktur solle nicht in ausländische Hände fallen; bis jetzt habe die Regierung nicht gezeigt, wie sie dieses Kernproblem lösen wolle. Bundesrat Merz unterstützte den Rückweisungsantrag der Kommissionsmehrheit, um das Geschäft neu aufzugleisen, eine Privatisierungsstrategie zu entwickeln und die Grundversorgung auch der Randgebiete vertieft abzuklären. Eine Vollprivatisierung – das hätten die Debatten in beiden Räten gezeigt – sei nicht sofort machbar. Mit 23:21 Stimmen beschloss der Ständerat, nicht auf die Vorlage einzutreten. Mit diesem Entscheid war das Geschäft erledigt. Die Leitung der Swisscom gab bekannt, dass sie trotz dieses negativen Parlamentsentscheids weiterhin die vollständige oder zumindest teilweise Abgabe der Bundesbeteiligung am Unternehmen wünsche [55].
In der Herbstsession billigte der Ständerat eine Motion Pfisterer (fdp, AG), welche einen Abbau der Beteiligung des Bundes an der Swisscom auf 51% oder einen Drittel mit Garantien in Bezug auf die Grundversorgung in ländlichen Regionen verlangte. Eine ebenfalls überwiesene Motion Escher (cvp, VS) fordert, dass die Swisscom eine schweizerisch beherrschte Gesellschaft bleibt, welche die Grundversorgung sicherstellt. Bundesrat Merz erklärte, in dieser Legislatur keine neue Vorlage zum Abbau der Bundesbeteiligung an der Swisscom vorlegen zu wollen. Es brauche nun Zeit für Reflexion und eine umfassende Auslegeordnung. Der Nationalrat stimmte einem Postulat der CVP-Fraktion für die Ausarbeitung eines Berichts über die Folgen der Privatisierungen ehemaliger Telekom-Monopolisten in den europäischen Ländern zu [56].
Der Bund reduzierte seinen Anteil an den Swisscom-Aktien im Berichtsjahr von 62,45% auf 58,4%. Der Verkauf brachte einen Erlös von 2,1 Mia Fr. ein, welche für den Schuldenabbau bestimmt sind. Die SP kritisierte, der Bundesrat handle gegen den Willen des Parlaments, die Bürgerlichen sahen in der Veräusserung einen logischen Schritt Richtung Privatisierung [57].
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Post
Gegen Stimmen aus der SVP- und der FDP-Fraktion und gegen den Antrag des Bundesrates verabschiedete das Parlament eine Revision des Postorganisationsgesetzes, welche auf eine parlamentarische Initiative der CVP-Fraktion zurückgeht. Sie verlangt, dass die Post in ihrer Organisation und in Bezug auf ihre Produktionsstruktur der regionalen Vielfalt des Landes Rechnung trägt, soweit dies wirtschaftlich tragbar ist. Ziel ist die Aufrechterhaltung dezentraler Betriebsstrukturen sowie von Arbeits- und Ausbildungsplätzen [58].
Um dem wachsenden internationalen Wettbewerb zu begegnen, beabsichtigt die Post, ihren Logistikbereich (u.a. Paketpost, Expresssendungen (Swiss-Express), Kurierdienste (Swiss-Kurier) und Stückgutsendungen) bis 2007 in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln. Für die Angestellten der ausgelagerten Bereiche soll statt des Bundespersonalgesetzes neu ein spezieller „Gesamtarbeitsvertrag“ der Post gelten, den die Gewerkschaften mittragen. Bis auf geringfügige Unterschiede entspricht er den bisherigen Anstellungsbedingungen – mit Ausnahme des absoluten Kündigungsschutzes. Ein von der Post und den Gewerkschaften in Auftrag gegebenes Gutachten des Bundesamtes für Justiz kam zum Schluss, dass die Auslagerung der Paketpost wegen ihres Grundversorgungsauftrags unzulässig ist. Gestattet wurde die Verselbständigung der Postautodienste per 1. Juli 2006 [59].
Der Bundesrat beauftragte das UVEK, für 2007 eine Revision des Post- und Postorganisationsgesetzes vorzubereiten, um den Postmarkt weiter zu liberalisieren. Die flächendeckende Grundversorgung soll gewährleistet bleiben. Grund für die Revision ist, dass sich die Schweiz dem Öffnungsprozess des Postmarkts in der EU nicht entziehen kann und die Post auf Rahmenbedingungen angewiesen ist, die es ihr ermöglichen, in geöffneten Märkten erfolgreich zu bestehen. Konkret sieht das Projekt folgende Punkte vor: 1.) Umwandlung der Post von einer öffentlich-rechtlichen Anstalt in eine private Aktiengesellschaft, wobei das Personal nicht mehr nach Bundespersonal-, sondern nach Obligationenrecht angestellt wird. Das ermöglicht eine Aufteilung und Auslagerung einzelner Unternehmensbereiche (Paketpost, Postauto, Postfinance etc.) in allenfalls auch private Partner- oder Tochtergesellschaften, die heute gemäss dem oben erwähnten Gutachten des Bundesamtes für Justiz für den Universaldienst nicht zulässig ist. 2.) Senkung des Briefmonopols analog zur EU (50 Gramm) eventuell bis hin zu einer vollständigen Aufhebung. 3.) Ersatz des Postgesetzes durch ein Postmarktgesetz, das die Privilegien der Post beseitigt und für alle Marktteilnehmer gleiche Chancen schafft. 4.) Definition und Garantie der postalischen Grundversorgung. Für den Fall, dass das Briefmonopol fällt, stellt der Bundesrat Varianten für die Finanzierung des Service public zur Diskussion wie Lizenzgebühren der privaten Konkurrenz, staatliche Subventionen, Reduktion der Grundversorgung oder neue Betätigungsfelder wie z.B. eine Postbank. 5.) Präzisierung der Kompetenzen und der Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde zur Sicherung der Grundversorgung. Die Post reagierte positiv auf diese Pläne des Bundesrates. Kritisch äusserte sich die private Konkurrenz, wenig begeistert zeigten sich auch die Gewerkschaften [60].
Ende Oktober gab die Post bekannt, die Kosten für ihr Poststellennetz bis 2009 um jährlich 50 Mio Fr. zu reduzieren, ohne dieses weiter auszudünnen. Anlass für die erneute Reorganisation sei gemäss Postchef Gygi die schwindende Frequentierung der Poststellen (2001-2005: Abnahme der Briefe um 37%, der Pakete um 40%, der Einzahlungen um 10%) und der damit verbundene Anstieg der Fixkosten. Konkret beabsichtigt die Post, kleine Postbüros durch Agenturen zu ersetzen, in denen Dritte das Sortiment der rund 30 am stärksten nachgefragten Postdienste bereithalten. Die rund 200 Agenturen neuen Stils werden nicht mehr aus einem Postschalter innerhalb eines anderen Geschäfts bestehen, sondern lediglich aus einer gelben Ecke mit Waage und Frankiermaschine. Zudem will die Post die Administration der verbleibenden Stellen regional zentralisieren, indem 200 grössere Lead-Poststellen für 2-20 Zweig-Poststellen verantwortlich sind. Die Reorganisation führe zum Abbau von 400-500 Stellen. SP, Grüne, Gewerkschaften und CVP befürchteten Kündigungen und einen Abbau beim Service public, SVP und FDP hingegen unterstützten die Anpassungen [61].
Als Reaktion auf die Ankündigung Gygis forderten die Poststellenleiter Arbeitsplatz- und Lohngarantien und drohten mit einem Streik kurz vor Weihnachten. In Neuenburg, Luzern und Lugano kam es zu Demonstrationen. Mitte Dezember einigten sich Post und Gewerkschaften auf die Grundsätze beim Umbau des Poststellennetzes: Die Post verzichtet auf Kündigungen und gewährt eine Lohngarantie. Die Leiter zurückgestufter Poststellen erhalten bis spätestens 2011 die heutigen Nominallöhne; ihren über 55-jährigen Kollegen wird das, zusammen mit einer Beschäftigungsgarantie, bis zum Pensionsalter zugesichert [62].
Im Geschäftsjahr 2006 erwirtschaftete die Post einen Konzerngewinn von 837 Mio Fr. (3,2% mehr als im Vorjahr). Der Betriebsertrag stieg im Vergleich zu 2005 um 5,3% auf 7,895 Mia Fr., der Betriebsaufwand um 5,6% auf 7,072 Mia Fr. Wie schon in den beiden vorangegangenen Jahren trugen wiederum sämtliche Geschäftsfelder und -einheiten zum positiven Ergebnis bei. Ein höheres Betriebsergebnis als 2005 erzielten PostMail, die internationalen Dienstleistungen und die Neugeschäfte (GHP-Gruppe und MailSource), ein tieferes die Finanzdienstleistungen, der Personenverkehr, das Poststellennetz und die Philatelie. Auch im Berichtsjahr gingen die traditionellen in- und ausländischen Briefsendungen zurück. So wurden 1,8% weniger adressierte und 4,3% weniger unadressierte Briefsendungen verarbeitet als im Vorjahr. Noch kaum spürbar war die Öffnung des Marktes für Briefe über 100 Gramm [63].
Der Nationalrat lehnte eine parlamentarische Initiative der SP-Fraktion im Vorprüfungsverfahren ab, welche die Post gesetzlich dazu verpflichten wollte, abonnierte Tageszeitungen am Erscheinungstag zuzustellen. Die Ratsmehrheit vertrat die Auffassung, das Begehren schränke den Handlungsspielraum der Post zu stark ein. Die Minderheit hielt dem entgegen, von der verspäteten Zustellung seien insbesondere Regionalzeitungen betroffen. Für das Überleben kleinerer Lokalzeitungen sei es aber sehr wichtig, dass sie ihrer Leserschaft eine rechtzeitige Zustellung garantieren könnten [64].
 
Schifffahrt
Eine Investorengruppe um Alt-Nationalrat Edgar Oehler (cvp, SG) übernahm die Schweizer Bodenseeflotte. Die SBB wollten die Flotte zunächst an die Stadtwerke Konstanz verkaufen, was zu Protesten führte. Zunächst wagte es nur ein einzelner Maschinist, sich gegen den „Goliath“ SBB zu stellen. Als ihn jedoch potente und prominente Persönlichkeiten unterstützten, konnten die SBB nicht umhin, den Widerstand ernst zu nehmen und einen öffentlichen Bieterwettbewerb durchzuführen, aus dem die Gruppe Oehler als Sieger hervorging [65].
Der Bundesrat gab eine Revision der Binnenschifffahrtsverordnung in die Vernehmlassung. Ab 2007 sollen auch für Schiffsführer Blutalkoholgrenzwerte gelten und zwar 0,5 Promille für nichtgewerbsmässige Schiffsführer und 0,2 Promille für Führer von Fahrgast- und Güterschiffen. Damit schafft die Regierung eine dem Strassenverkehrsrecht analoge eindeutige Rechtsgrundlage und vermeidet eine uneinheitliche Rechtsanwendung durch die Gerichte – bis anhin existieren keine klaren diesbezüglichen Vorgaben. Ausserdem beabsichtigt der Bundesrat, die Abgasbestimmungen der EU-Sportbootrichtlinien teilweise zu übernehmen. Diese sehen eine Partikelfilterpflicht für Schiffsdieselmotoren vor, welche eine Leistung von 37kW überschreiten [66].
Die grosse Kammer lehnte eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) im Vorprüfungsverfahren ab, welche vom Bundesrat verlangt hatte, die Planung für den Bau eines Rhein-Rhone-Kanals unverzüglich an die Hand zu nehmen. Die Ratsmehrheit vertrat die Auffassung, ein solcher Kanal entspreche nicht der verkehrspolitischen Prioritätensetzung des Bundes. Auch unter natur- und landschaftsschützerischen Aspekten sei die Realisierung eines solchen Grossprojektes nicht unbedenklich [67].
 
Flugverkehr
Das Parlament überwies eine Motion Stadler (cvp, UR) zur Änderung des Luftfahrtgesetzes mit dem Ziel, die interkontinentale Anbindung der Schweiz zu sichern, die Aufsicht nach dem Umbau des Bundesamtes für Zivilluftfahrt anzupassen, die Zuständigkeit für die Luftraumüberwachung zu klären, die Probleme betreffend den Anflug auf den Flughafen Kloten einer Lösung zuzuführen, Schnittstellen zwischen Kantonen und Bund zu klären und einen hohen Sicherheitsstandard in der schweizerischen Zivilluftfahrt zu gewährleisten. Auf Antrag des Bundesrates überliessen die Räte der Regierung die Wahl des Vorgehens (Totalrevision, wie vom Motionär verlangt, oder mehrere, zeitlich gestaffelte Teilrevisionen) [68].
Der Bundesrat schickte einen Entwurf für einen Verfassungsartikel zur Spezialfinanzierung des Luftverkehrs in die Vernehmlassung. Heute kommen die Erträge aus der Verbrauchssteuer auf Flugtreibstoffen zu 50% der allgemeinen Bundeskasse und zu 50% dem Strassenverkehr zugute. Neu sollen die für den Strassenverkehr bestimmten Steuererträge zweckgebunden für den Luftverkehr in den Bereichen Umweltschutz, technische Sicherheit und Schutzmassnahmen verwendet werden [69].
Auf 1. Dezember übernahm die Schweiz die neuen Passagierrechte der EU. Damit haben Passagiere bei Verspätungen, Überbuchungen und Absagen von Flügen bei Starts in der Schweiz wie bei Abflügen aus der EU Anrecht auf eine Entschädigung [70].
Das Parlament billigte eine Motion Berberat (sp, NE), die Reiseveranstalter dazu verpflichtet, ihrer Kundschaft den Namen der Fluggesellschaften anzugeben, welche die in den Angeboten vorgesehenen Flüge durchführen [71].
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Flugsicherung
Die Schweiz beteiligt sich am Einheitlichen Europäischen Luftraum (Single European Sky, SES). Die Teilnahme erfolgt einerseits auf der Grundlage des bilateralen Luftverkehrsabkommens mit der EU, andererseits beherbergt die Schweiz zwei der meistbeflogenen Kreuzungspunkte des kontinentalen Luftverkehrs. Ein zentrales Anliegen des SES ist die Bildung so genannter funktionaler Luftraumblöcke für die Flugsicherung, die von den Bedürfnissen der Verkehrsflüsse bestimmt und nicht mehr wie heute von den Landesgrenzen diktiert werden [72].
Der Ständerat überwies eine vom Nationalrat im Vorjahr gebilligte Motion Kohler (cvp, JU) für die Entschädigung von Skyguide für die im Ausland geleistete Flugsicherung [73].
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Swiss
Im September legten die Regionalpiloten (übernommen von der früheren Crossair) während eines Tages die Arbeit nieder. Vom Streik betroffen waren 8900 Passagiere in Zürich, Genf und Basel. Die Piloten verlangten die gleichen Arbeitsbedingungen wie die Europa-Piloten der einstigen Swissair. Die überraschte Swiss musste 128 Flüge streichen, sechs weitere fielen am folgenden Tag aus. Die Swiss drohte, die Gewerkschaft Swiss Pilotes auf Schadenersatz zu verklagen und den Piloten im Wiederholungsfall zu kündigen. Dem Streik vorangegangen waren gescheiterte Verhandlungen zwischen Swiss Pilotes und der Swiss um einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV). Als bekannt wurde, dass zwei Gewerkschaftsfunktionäre die Abstimmung zum GAV-Entwurf dahingehend manipuliert hatten, dass eine Zustimmung der Gewerkschaft resultierte, weigerte sich die Fluggesellschaft zunächst, Swiss Pilotes weiterhin als Sozialpartner zu anerkennen und setzte einseitig die für die Piloten ungünstigeren Einzelarbeitsverträge in Kraft. Ende Jahr zeichnete sich eine Einigung über die Rahmenbedingungen eines neuen GAV ab [74].
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Flughäfen
Zu einer aviatischen Aussprache kam es im Ständerat anlässlich einer Interpellation Hofmann (svp, ZH), der sich über den Stand der Dinge beim so genannten gekröpften Nordanflug auf den Flughafen Zürich erkundigt hatte. Bundesrat Leuenberger bezeichnete das Verfahren als grundsätzlich fliegbar, aber als Notlösung, die weitere Abklärungen zur Sicherheit erfordere. Mit Deutschland gebe es derzeit intensive Kontakte auf allen Ebenen. Das Verfahren bleibe ein Thema im Rahmen des Sachplans „Infrastruktur der Luftfahrt“. Hier müsse die Schweiz intern endlich eine Konsenslösung finden, sonst stünden die Chancen auf eine Einigung mit dem nördlichen Nachbarn schlecht [75].
Im November nahmen die Schweiz und Deutschland den Dialog betreffend das Flugregime in Zürich wieder auf. An einem Treffen vereinbarten Bundesrat Leuenberger und der deutsche Verkehrsminister Tiefensee, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, welche bis März 2007 Vorschläge für die Lösung des Konflikts erarbeiten soll [76].
In der Wintersession überwies der Nationalrat diskussionslos eine Motion Kaufmann (svp, ZH), welche für aus dem Ausland an Schweizer Flughäfen ankommende Passagiere die gleichen Duty- und Tax-free-Einkaufsmöglichkeiten schaffen will wie für abfliegende Passagiere [77].
 
Weiterführende Literatur
Bartle, Ian, „Europeans outside the EU: telecommunications and electricity reform in Norway and Switzerland“, in Governance, 2006, Nr. 3, S. 407-36.
Bucher, Oliver, Open Access im Schienenverkehr: eine Auslegeordnung der rechtlichen Rahmenbedingungen der Schweiz mit einem Überblick über die Regelung in der EU, Zürich (Diss. jur.) 2006.
Bundesamt für Raumentwicklung (Hg.), Perspektiven des schweizerischen Personenverkehrs bis 2030, Bern 2006.
Die Volkswirtschaft, 2006, Nr. 5, S. 31-42 (Dossier Swisscom).
Elsig, Manfred, „Swiss air traffic policy: Noise between Berne and Berlin“, in Schweizerische Zeitschrift für Politikwissenschaft, 2006, Nr. 3, S. 35-62.
Lüchinger, René (Hg.), Swissair: Mythos & Grounding, Zürich 2006.
Maibach, Markus, Transportrechnung Jahr 2003, Neuenburg (BFS) 2006.
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M.V.B.
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[1] NZZ und QJ, 27.4.06.
[2] Presse vom 28.10.06; Lit. Maibach.
[3] BZ und NZZ, 20.1.06; Presse vom 21.3.06.
[4] BBl, 2006, S. 6653; Presse vom 25.2. und 6.7.06.
[5] Presse vom 10.10. und 28.11.06. Zur Problematik der Leerfahrten siehe die Antwort des BR auf eine Interpellation Recordon (gp, GE) in AB NR, 2006, Beilagen I, S. 353.
[6] LT und NZZ, 21.10.06.
[7] AB SR, 2006, S. 171 ff.; AZ, 17.3.06.
[8] AB NR, 2006, S. 425 ff., 1057 und 1145; AB SR, 2006, S. 459 ff. und 617; BBl, 2006, S. 5869 ff.; vgl. SPJ 2005, S. 142; siehe auch oben, Teil I, 4a (Strukturpolitik).
[9] AB NR, 2006, S. 654 ff.; siehe auch oben, Teil I, 1c (Verwaltung).
[10] Presse vom 21.1. und 16.9.06.
[11] Presse vom 25.11.06; Mo. 05.3036.
[12] AB NR, 2006, S. 117 f.; Zisyadis (pda, VD) zog seine zweite Motion betreffend diskriminierende Ausschlüsse aus der Autoversicherung zurück (siehe ebd.).
[13] BBl, 2006, S. 1861 ff. (Kommission) und 1873 ff. (BR); BZ, 2.2. und 20.3.06; Presse vom 15.2.06.
[14] AB NR, 2005, S. 1509; AB SR, 2006, S. 171; AB NR, 2006, S. 2028 und Beilagen V, S. 243. Abgeschrieben wurden die Motionen Borer (svp, SO), Aufhebung des Reklameverbots, und Amstutz (svp, BE), öffentliches Raserregister (AB NR, 2006, S. 1131 und 1590 sowie Beilagen IV, S. 134 f.; vgl. SPJ 2005, S. 143).
[15] AB SR, 2006, S. 217 ff.; Presse vom 4.2. (Kommission) und 22.3.06; vgl. SPJ 2005, S. 144 f. Die Strasse H2 zwischen Pratteln und Liestal (BL) fand zusätzlich Aufnahme in die Liste der dringenden und baureifen Agglomerationsprojekte.
[16] AB NR, 2006, S. 1314 ff., 1317 ff. und 1414 ff.; Presse vom 23.8. (Kommission) und 26.-27.9.06. Die SP-Fraktion zog ihre parlamentarische Initiative zur Finanzierung des öffentlichen Agglomerations- und des Langsamverkehrs zurück (AB NR, 2006, S. 475).
[17] AB SR, 2006, S. 862 f. und 924; AB NR, 2006, S. 1604; BBl, 2006, S. 8433 ff.
[18] Presse vom 20.7.06. Im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung zur NFA schloss das Parlament die Kantone von den grossen Unterhaltsarbeiten bei den Nationalstrassen aus. Details zur NFA siehe oben, Teil I, 5 (Finanzausgleich).
[19] AB SR, 2006, S. 237 f.; vgl. SPJ 2005, S. 146. Der NR schrieb eine in die gleiche Richtung zielende Motion Schmied (svp, BE) ab (AB NR, 2006, S. 1598 und Beilagen IV, S. 141 f.).
[20] AB NR, 2005, S. 602 ff.; AB SR, 2006, S. 532 und Beilagen III, S. 64.
[21] BBl, 2006, S. 9539 ff. Giezendanner (svp, AG) zog seine Motion betreffend Änderung der LSVA-Verordnung (Erhebung der LSVA aufgrund der Stammnummer in Kombination mit dem Kontrollschild) zurück, da sein Anliegen erfüllt war (AB NR, 2006, S. 603 und Beilagen II, S. 49 f.).
[22] Presse vom 17.6.06; TA, 21.6.06; zur geplanten Erhöhung der LSVA und deren Folgen für die Berggebiete und Randregionen siehe die Antwort des BR auf eine Interpellation Hutter (fdp, ZH) in AB NR, 2006, S. 596 f.; siehe auch unten, Teil I, 6d (Luftreinhaltung).
[23] AB NR, 2006, S. 1113 und Beilagen III, S. 369 f.; AB SR, 2006, S. 767 und Beilagen IV, S. 75 f.
[24] BaZ, 4.3.06; TA, 7.3.06; AZ, 8.3.06.
[25] Presse vom 1.6., 6.-7.6., 24.6., 27.6. und 1.7.06; siehe auch die Antworten des BR auf eine Frage Robbiani (cvp, TI) und die Interpellationen Hutter (svp, SG) und Germanier (fdp, VS) in AB NR, 2006, Beilagen III, S. 770, Beilagen IV, S. 407 f. und Beilagen V, S. 194 ff.
[26] Presse vom 23.5. und 23.-24.6.06; vgl. SPJ 2005, S. 147.
[27] SGT, 21.1., 1.4., 23. und 26.6.06.
[28] Presse vom 21.1.06.
[29] AB NR, 2006, S. 492 und Beilagen I, S. 565 f.; zu SBB Cargo siehe unten.
[30] Presse vom 28.3.06.
[31] BBl, 2006, S. 3817 ff.; AB SR, 2006, S. 570 ff.; AB NR, 2006, S. 1298 ff.; BBl, 2006, S. 8665 ff. und 9827 ff.; Presse vom 11.3.06; zu den EP 03 und 04 vgl. SPJ 2003, S. 136 ff., 2004, S. 112 f. und 2005, S. 124 ff. Zum Infrastrukturfonds siehe oben (Strassenbau).
[32] BBl, 2006, S. 3897 ff.; vgl. SPJ 2005, S. 148 f.
[33] AB SR, 2006, S. 574 ff. und 580; Presse vom 22.6.06.
[34] AB NR, 2006, S. 1305 ff.; BBl, 2006, S. 8669; Presse vom 26.9.06.
[35] BBl, 2006, S. 3089 ff.; AB NR, 2006, S. 1497; AB SR, 2006, S. 1129 f.; vgl. SPJ 2004, S. 135.
[36] Presse vom 22.4.06; vgl. SPJ 2005, S. 148.
[37] Presse vom 13.2. und 6.5.06; vgl. SPJ 2005, S. 130 f. und 148.
[38] Presse vom 15.2., 6.5., 13.9., 3.-5.10. und 16.11.06; vgl. SPJ 2004, S. 133.
[39] AB SR, 2006, S. 911 ff.; Presse vom 6.10.06.
[40] Presse vom 14.2., 20.2., 13.5. und 2.-3.6.06; vgl. SPJ 2005, S. 148.
[41] Presse vom 25.2. und 24.6.06.
[42] Presse vom 20.4.06.
[43] Presse vom 1.4., 9.10., 16. und 21.12.06; TA, 11.12.06.
[44] AZ, 12.1. und 3.2.06; QJ, 14.1.06; BaZ, 10.2.06; Presse vom 2. und 18.3.06; siehe auch die Antworten des BR auf eine zurückgezogene Motion Stähelin (cvp, TG), eine Frage Huguenin (pda, VD) und die Interpellationen Recordon (gp, GE), Müller (fdp, AG), Simoneschi (cvp, TI) und Salvi (sp, VD) in AB SR, 2006, S. 464 f.; AB NR, 2006, S. 305 sowie Beilagen I, S. 355 f., 449 f. und 604 f., Beilagen III, S. 687 f.; vgl. SPJ 2005, S. 150 f.
[45] Geschäftsbericht der SBB 2006; Medienmitteilung der SBB vom 4.4.07.
[46] AB SR, 2005, S. 658 ff.; AB NR, 2006, S. 11 ff.; Presse vom 7.3.06; vgl. SPJ 2005, S. 87; siehe auch oben, Teil I, 4a (Einleitung). Siehe auch die in den Räten noch nicht behandelte parlamentarische Initiative 03.465 Maissen (cvp, GR).
[47] AB SR, 2006, S. 87 ff., 217 und 301; AB NR, 2006, S. 337 f. und 512; BBl, 2006, S. 3565 ff.; Presse vom 10. und 22.3.06; vgl. SPJ 2005, S. 151 f.
[48] AB SR, 2006, S. 91; AB NR, 2006, S. 652 f.; Presse vom 23.2.06; LT und QJ, 2.6.06; NZZ, 14.9.06 (Verordnung).
[49] Presse vom 28.-30.12.06.
[50] Presse vom 21.1.06; vgl. SPJ 2005, S. 153 f.
[51] BBl, 2006, S. 5173 ff.; Presse vom 29.3.06; vgl. SPJ 2005, S. 154.
[52] BBl, 2006, S. 5221 ff.; Presse vom 5.5.06.
[53] BBl, 2006, S. 3763 ff.; Presse vom 26.-27.1., 13.3., 18.3. (Vernehmlassung) und 6.4.06.
[54] AB NR, 2006, S. 621 ff.; Presse vom 11.4. (Kommission) und 8.-11.5.06. Der Rat lehnte eine parlamentarische Initiative Vanek (Alliance de Gauche, GE) im Vorprüfungsverfahren ab, welche die Teilprivatisierung der Swisscom von 1998 rückgängig machen wollte (AB NR, 2006, S. 652 und Beilagen II, S. 170 f.).
[55] AB SR, 2006, S. 327 ff.; Presse vom 22.5. (Kommission) und 7.-8.6.06.
[56] AB SR, 2006, S. 887 ff.; AB NR, 2006, S. 1577 und Beilagen IV, S. 477.
[57] Presse vom 15.9.06; vgl. SPJ 2005, S. 154.
[58] BBl, 2006, S. 3967 ff. (Kommission) und 3979 ff. (BR); AB NR, 2006, S. 1071 ff. und 2045; AB SR, 2006, S. 818 ff., 1130 ff. und 1265; BBl, 2007, S. 3; Presse vom 3.10.06; vgl. SPJ 2003, S. 172 f.
[59] Presse vom 22.2., 28.4. und 10.6.06; zur Zusammenarbeit zwischen der Post und dem Verband privater Postdienstleister im Bereich Paketpost siehe QJ und TA, 26.1.06; zur Zusammenarbeit zwischen Post und Mobility Carsharing siehe Presse vom 9.2.06.
[60] Presse vom 4.5.06.
[61] Presse vom 30.10. und 1.11.06.
[62] Presse vom 6.11., 27.-28.11. und 16.12.06. Bereits im November verständigten sich die Post und die Gewerkschaften Kommunikation und Transfair auf Lohnerhöhungen. Angestellte mit tieferen Löhnen erhalten 2007 2% mehr, jene mit höheren Gehältern 1,8% mehr Lohn. Weitere 0,4% der Lohnsumme werden für leistungsbezogene Massnahmen eingesetzt (Presse vom 18.11.06).
[63] Presse vom 25.3.06; zur Aufhebung des Monopols für Briefe ab 100 Gramm vgl. SPJ 2005, S. 154 f.
[64] AB NR, 2006, S. 711 f.
[65] TA, 16.12.06.
[66] 24h und QJ, 15.2.06; NZZ, 16.2.06.
[67] AB NR, 2006, S. 660 und Beilagen II, S. 74 f. Dieses alte Projekt hatte die Schweiz 1993 begraben (SPJ 1993, S. 165).
[68] AB NR, 2006, S. 469 f.; AB SR, 2006, S. 463 f.; zur Reorganisation des BAZL vgl. SPJ 2005, S. 156.
[69] BBl, 2006, S. 8761; Presse vom 19.10.06.
[70] Presse vom 16.11.06; siehe auch die Antwort des BR auf eine Frage Favre (fdp, VD) in AB NR, 2006, S. 301.
[71] AB NR, 2006, S. 489 und Beilagen I, S. 375 f.; AB SR, 2006, S. 463 und Beilagen III, S. 73 ff.
[72] Presse vom 16.9.06.
[73] AB NR, 2005, S. 1973; AB SR, 2006, S. 462 f.
[74] Presse vom 3.1., 4.5., 6.5., 27.-28.9., 6.10., 25.11. und 12.12.06.
[75] AB SR, 2006, S. 174 ff.; siehe auch die Antworten des BR auf die Interpellationen Müller (gp, AG), Kaufmann (svp, ZH), Häberli (cvp, TG) und Wäfler (edu, ZH) in AB NR, 2006, Beilagen I, S. 366 f. und 592 f. sowie Beilagen IV, S. 361 ff. und 497 f. Zur allfälligen Umsetzung der kantonalzürcherischen „Plafonierungsinitiative“, welche die Flugbewegungen über Kloten beschränken will, siehe die Antwort des BR auf eine Anfrage von Jacqueline Fehr (sp, ZH) in AB NR, 2006, Beilagen V, S. 112 f.; Presse vom 7.1.06.
[76] Presse vom 1.11.06.
[77] AB NR, 2006, S. 2027 und Beilagen V, S. 165; Presse vom 2.11.06.
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