Année politique Suisse 2006 : Enseignement, culture et médias / Médias
Presse
Angesichts der 2007 auslaufenden indirekten staatlichen Unterstützung der Zeitungen und Zeitschriften präsentierte der Verband Schweizer Presse an seiner Generalversammlung ein
neues Tarifmodell für die indirekte Presseförderung. Es sieht vor, dass künftig drei Viertel der 80 Mio Fr. in die allgemeine Verbilligung von Transporttaxen für Zeitungen und Zeitschriften fliessen und dass das restliche Viertel besonders förderungswürdigen Titeln, beispielsweise kleinen Zeitungen in abgelegenen Gegenden zugute kommt. Dieser Vorschlag wurde von der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats (SPK) aufgenommen. Am Ende des Berichtsjahres war die Vorlage der SPK noch in der Vernehmlassung
[8].
Die Verhandlungen zwischen Verlegern und den
Mediengewerkschaften Comedia und Impressum endeten im Berichtsjahr ohne Ergebnis. In der Romandie lehnte die Gewerkschaft Impressum das Angebot der Verleger für einen neuen Kollektivvertrag ab und verlangte eine automatische Indexierung der Löhne an den Lebenshaltungskosten. In der Deutschschweiz schaltete das Volkswirtschaftsdepartement auf Ersuchen der Mediengewerkschaft Comedia die eidgenössische Schlichtungsstelle ein. Die Verleger hatten sich dagegen ausgesprochen, daher konnte die Einigungsstelle lediglich vermitteln. Als Schiedsstelle kann sie nur dann auftreten, wenn beide Seiten zustimmen
[9].
Die aus Journalisten bestehende Trägerschaft des
Presserats beschloss, mit den Verlegern Beteiligungsverhandlungen aufzunehmen. Die Journalisten hatten sich bisher dagegen gewehrt, weil sie befürchteten, dass geschäftliche Interessen die Selbstkontrollfunktion des Presserats beeinträchtigen könnten. Bis zu einer Einigung müssten aber nicht zuletzt Differenzen in sozialpartnerschaftlichen Belangen ausgeräumt werden (siehe oben)
[10].
Der Presserat veröffentlichte in seinem
Jahresheft zum ersten Mal nicht mehr sämtliche Stellungnahmen, sondern griff die Schwerpunkte heraus und präsentierte nur noch eine Auswahl von Leitentscheiden. 2006 hiess er 8 Beschwerden ganz und 14 teilweise gut, 42 Klagen wies er ab
[11].
Im März lancierte Tamedia eine Westschweizer Ausgabe ihres Blattes
„20 Minuten“ als Konkurrenz zur Gratiszeitung „Le Matin Bleu“ von Edipresse. Der wirtschaftliche Erfolg der Gratisblätter rief auch in der Deutschschweiz weitere Akteure auf den Plan. Ringier startete mit der Abendzeitung
„Heute“ und der Wirtschaftszeitung
„Cash Daily“ gleich zwei neue Angebote. 2006 war jede zweite konsumierte Zeitung ein Gratisblatt
[12].
Angesichts der eher verhaltenen wirtschaftlichen Aussichten versuchten viele Verlage ihre Position durch neue Angebote oder durch Nutzung von Sparpotenzialen zu stärken.
Bewegung kam im Jahr 2006 insbesondere in die
Zürcher Medienlandschaft. Der „Tagesanzeiger“ erweiterte seine Regionalberichterstattung, um seine Position gegenüber den Regionalzeitungen zu stärken. Die drei Zürcher Landzeitungen reagierten auf den Angriff, indem sie ihre Mantelredaktionen zusammenlegten. Das erste Opfer in diesem Verdrängungskampf war schliesslich das Tagblatt der Stadt Zürich, das seit November nur noch als Wochenmagazin erscheint
[13].
Um ihrer Leserschaft ein attraktives Zusatzangebot bieten zu können, erweiterte die „
Südostschweiz“ ihr Angebot um eine
Sonntagsausgabe [14].
In der Westschweiz wurden im Berichtsjahr das Satiremagazin
„Saturn“ und die Papierversion der linken Wochenzeitung
„Domaine Public“ eingestellt. „Domaine Public“ erscheint künftig nur noch im Internet
[15].
[8]
AZ, 15.9.06;
NZZ, 15.9. und 21.10.06;
LT, 21.10.06. Vgl.
SPJ 2004, S. 242 und
2005, S. 242.
[9] Westschweiz:
Lib. und
NF, 27.9.06; Deutschschweiz:
NZZ, 29.6.06.
[10]
NZZ, 31.10.06. Vgl.
SPJ 2004, S. 242.
[11]
NZZ, 13.10.06; www.presserat.ch, Jahresbericht 2006.
[12] Presse vom 8.3.06 (20 Minuten);
AZ, 29.3.06;
BZ, 15.5.06 (Heute);
NZZ, 8.3.06;
24h, 8.9.06 (Cash-Daily);
LT, 9.9.06.
[13]
TA, 21.3. und 4.11.06;
NZZ, 2.11., 7.11. und 15.12.06.
[14]
BüZ und
SGT, 28.4.06.
[15]
LT und
24h, 23.6.06 (Saturn);
Lib., 19.12.06;
LT, 20.12.06 (Domaine Public).
Copyright 2014 by Année politique suisse