Année politique Suisse 2010 : Politique sociale / Santé, assistance sociale, sport
 
Gesundheitspolitik
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Allgemeine Fragen
Eine Studie der Crédit Suisse über die Versorgung der Schweizer Bevölkerung mit Gesundheitsdienstleistungen wies einerseits darauf hin, dass das Netz an Gesundheitsdienstleitungen dichter und regelmässiger geworden war als noch vor zehn Jahren. Andererseits warnte sie insbesondere in Randgebieten mit überdurchschnittlich vielen älteren Menschen vor einem Engpass in der Pflegeversorgung. Zu den unterversorgten Regionen würden die Berggebiete in Graubünden, im Wallis, Tessin sowie in Glarus und in der Zentralschweiz gehören. Insgesamt deutete die Studie jedoch darauf hin, dass die Versorgung der Schweiz ohne grosse Lücken sei und die regionalen Ungleichheiten in Versorgung und Erreichbarkeit von Spitälern gar abgenommen haben [1].
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Prävention
Der Ständerat lehnte eine im Vorjahr durch den Nationalrat abgelehnte Motion Müller (gp, AG) gegen den Willen eines Minderheitsantrages Hêche (sp, JU) ebenfalls ab. Die Motion hatte den Bundesrat aufgefordert, ein gesamtschweizerisches Krebsregister zu erstellen [2].
Hingegen nahm die kleine Kammer eine Motion Graf (gp, BL) an, welche forderte, dass die Erkenntnisse aus dem Nationalen Forschungsprojekt „Hormonaktive Stoffe: Bedeutung für Menschen, Tiere und Ökosysteme“ umgesetzt werden, indem die empfohlenen Massnahmen geprüft und die notwendigen Anpassungen in Gesetzen und Verordnungen übernommen werden. Ziel der Motion war es, Menschen, Tiere und Ökosysteme gemäss dem Vorsorgeprinzip vor Gefahren von hormonaktiven Stoffen zu schützen. Sowohl die Kommission des Ständerates als auch der Bundesrat hatten die Motion zur Annahme empfohlen [3].
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E-Health
Der Nationalrat nahm ein Postulat Humbel (cvp, AG) an, welches vom Bundesrat einen Bericht über die Umsetzung der E-Health-Strategien fordert. Dabei sollen die Handlungsfelder, Verantwortlichkeiten, Zuständigkeiten und Aufgaben der einzelnen Akteure sowie ein verbindlicher Zeitplan für die Implementierung der einzelnen Teilprojekte aufgezeigt werden. Der Bundesrat teilte die Auffassungen der Postulantin, dass mit dem Einsatz des elektronischen Patientendossiers eine Qualitätsverbesserung in der medizinischen Versorgung erreicht werden könne und empfahl daher die Annahme des Postulates [4].
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Epidemien
In Zusammenhang mit den Schwierigkeiten bei der organisatorischen Vorbereitung der Schweinegrippepandemie forderte ein Postulat Heim (sp, SO) den Bundesrat auf, einen Bericht über das Verbesserungspotential für zukünftige Pandemien zu verfassen. Der Bericht soll aufzeigen, warum es zu einer zeitlich verzögerten Zulassung von Impfstoffen im Vergleich zum Ausland gekommen war, welche Lehren Bund und Kantone aus dem Chaos der Impfstoffverteilung ziehen, wie die Schwierigkeiten beim Informationsaustausch vermieden und die Führung und Koordination für zukünftige Pandemien gestärkt werden können. Der Nationalrat folgte der Empfehlung des Bundesrates und nahm das Postulat an [5].
Die grosse Kammer nahm auch ein Postulat der grünen Fraktion an, welches vom Bundesrat einen Bericht über zukünftige Massnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung von Pandemien in der Schweiz fordert. Als Grundlage sollen dabei die Erfahrungen mit der Schweinegrippe dienen. Der Bericht soll insbesondere die Akzeptanz, Wirksamkeit, Effizienz, Kosten und Verhältnismässigkeit der getroffenen Massnahmen überprüfen [6].
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Sterbehilfe
2009 hatte der Bundesrat ein Papier zur Sterbehilfe vorgelegt, das in der Vernehmlassung für einige Kritik sorgte. Da die Vorschläge einer strengen Regulierung oder eines Verbotes von Sterbehilfeorganisationen auf breite Ablehnung gestossen waren, schwenkte die Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf um. Sie kündigte an, dass sie dem Wunsch einer Mehrheit in der Vernehmlassung Rechnung tragen wolle und die Suizidhilfe nicht nur für unmittelbar vom Tod bedrohte oder schwerkranke Personen zulassen wolle. Damit würde sich ein liberaleres Gesetz zur Sterbehilfe ergeben als die in der Vernehmlassung formulierten Vorschläge. Während die beiden Vorschläge des Bundesrates bei den verschiedenen Vertretern der Verwaltung und Verbände für Uneinigkeit sorgten, gewann die Sterbehilfeorganisation Exit innerhalb eines Jahres 2000 neue Mitglieder [7].
Die Suizidhilfe-Vereinbarung, welche die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft und die Sterbehilfeorganisation Exit im Vorjahr zusammen abgeschlossen hatten, war vom Bundesgericht für nichtig erklärt worden. Gegen die beschlossenen Standesregeln hatten konservativ-religiöse Kreise eine Beschwerde an das Bundesgericht gerichtet. Dieses trat zwar auf die Beschwerde nicht ein, hielt aber fest, dass das geltende Recht eine Vereinbarung zwischen Privaten und Strafverfolgungsbehörden ausschliesse [8].
Der Nationalrat lehnte eine Motion Flückiger-Bäni (svp, AG) mit 119 zu 45 Stimmen ab, welche den Bundesrat beauftragen wollte, sämtliche Dienstleistungen und Tätigkeiten von Sterbehilfeorganisationen zu verbieten solange noch keine Sterbehilfetätigkeiten regelnde Gesetzgebung in Kraft ist. Der Bundesrat hatte die Ablehnung der Motion gefordert und Bundesrätin Widmer-Schlumpf wies während der Debatte auf die laufende Ausarbeitung eines Bundesgesetzes hin [9].
Das kriminologische Institut der Universität Zürich veröffentlichte im Herbst eine nationale Befragung zur Sterbehilfe, in welcher sich eine Mehrheit dafür aussprach, dass die direkte aktive Sterbehilfe gesetzlich erlaubt sein sollte. Auch wünschten sich die meisten Befragten, dass Ärzte bei der Suizidbeihilfe stärker miteinbezogen werden. Die Praxis des Sterbetourismus hingegen lehnten zwei Drittel ab. Skeptisch äusserten sich die Befragten auch zur Suizidbegleitung von psychisch Kranken [10].
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Kostenentwicklung
Zu den Massnahmen über die Eindämmung der steigenden Krankenkassenprämien siehe auch unten, Teil I, 7c (Krankenversicherung).
Die Gesundheitskosten stiegen auch im Jahr 2008 weiter an. In fast allen Leistungskategorien wurde mehr Geld ausgegeben. Die Ausgaben im Gesundheitswesen stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 5,9%. Die Kosten für das Gesundheitswesen bezifferten sich auf 58,5 Mia Fr. Der Hauptteil dieser Kosten wurde durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung und die privaten Haushalte getragen. Die jährliche Wachstumsrate der letzten fünf Jahre hatte jeweils 3,5% ausgemacht. Ein Faktor für den Wachstumsschub der Gesundheitskosten lag im Bevölkerungswachstum und der Zuwanderung. Doch auch pro Einwohner belief sich das Wachstum 2008 auf 4,7% [11].
Der Anstieg der Prämien für das Jahr 2011 wird etwas weniger hoch ausfallen als ein Jahr zuvor, durchschnittlich werden die Krankenkassenprämien 2011 schweizweit um 6,5% steigen. Wie bereits 2010 werden junge Menschen die Prämienrunde am stärksten zu spüren bekommen. Für die 19- bis 25-Jährigen steigen die Prämien der Grundversicherung durchschnittlich um 11,8%. Kinder bezahlen 2011 6,3% mehr Prämien. Der Anstieg der durchschnittlichen Erwachsenenprämien ist je nach Kanton sehr unterschiedlich. Besonders hoch ist er in denjenigen Kantonen mit tiefen kalkulatorischen Reserven wie in der Zentral- und Ostschweiz. In den Westschweizer Kantonen wird der Anstieg klar unterdurchschnittlich ausfallen [12].
Der Nationalrat nahm ein Postulat Humbel (cvp, AG) an, welches die Einführung einer gesamtschweizerischen Kosten-Nutzen Bewertung von medizinischen Leistungen fordert und den Bundesrat auffordert, über die Health Technology Assessment Strategie des Bundes Bericht zu erstatten. Der Bundesrat hatte das Postulat zur Annahme empfohlen, da im Rahmen der bereits vorgesehenen Arbeiten auch die Anliegen des Postulates aufgenommen werden könnten [13].
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Komplementärmedizin
Eine Motion der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates wollte den Bundesrat beauftragen, Massnahmen zur Integration angemessener Kenntnisse über komplementärmedizinische Verfahren in die Ausbildung von Ärzten, Chiropraktikern, Zahnärzten und Apothekern zu unterbreiten. Die Kommission des Ständerates hatte die Motion mit 13 zu 7 Stimmen zur Annahme empfohlen. Dies vor allem aufgrund des klaren Volks-Ja in der Abstimmung zur Komplementärmedizin im Vorjahr. Der Ständerat wie auch der Nationalrat folgten ihren jeweiligen befürwortenden Kommissionen und der Empfehlung des Bundesrates und nahmen die Motion an [14].
Über das Anliegen der Motion der Kommission des Ständerates hinaus ging eine parlamentarische Initiative Graf-Litscher (sp, TG), welche eine Änderung des Medizinalberufegesetzes anstrebte und verlangte, dass jeder Schulmediziner über Basiswissen der ärztlichen Methoden der Komplementärmedizin verfügen müsse. Die Kommission des Nationalrates beantragte mit 10 zu 0 Stimmen bei 13 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben, hingegen die oben erwähnte Motion der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates anzunehmen. Der Nationalrat folgte diesem Vorschlag mit 155 zu 6 Stimmen [15].
Die grosse Kammer nahm eine Motion Forster-Vannini (fdp, SG) mit 91 zu 74 Stimmen an. Die Motion fordert, zu prüfen, ob die anthroposophische Medizin im Rahmen des „Programms Evaluation Komplementärmedizin“ mit adäquaten wissenschaftlichen Methoden den Nachweis der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit erbracht habe. Diejenigen Methoden, welche den gesetzlich erforderlichen Nachweis erbracht haben, sollen in die Grundversicherung aufgenommen werden. Der Bundesrat hatte die Motion, aus Gründen der Rechtsgleichheit zwischen den einzelnen medizinischen Methoden und Verfahren, zur Ablehnung empfohlen. Dasselbe Argument wurde in einem Antrag Wasserfallen (fdp, BE) vorgebracht, der vom Nationalrat allerdings abgelehnt wurde. Die Kommission des Nationalrates hingegen hatte ohne Gegenstimme die Annahme der Motion beantragt [16].
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Spitäler und Pflegeheime
Zur Finanzierung von Spitälern und Pflegeheimen siehe auch unten, Teil I, 7c (Krankenversicherung).
Ein vom Nationalrat angenommenes Postulat Stahl (svp, ZH) fordert vom Bundesrat einen Bericht über eine mögliche Reduktion der Anzahl Spitäler in der Schweiz, insbesondere in Bezug auf die Akutversorgung. Zu prüfen gelte es den tatsächlichen Bedarf an Akutversorgungen und das realisierbare Einsparungspotential. Der Bundesrat hatte sich bereit gezeigt, den angeforderten Bericht im Sinne einer Optimierung der Gesundheitsleistungen zu erstellen und das Postulat zur Annahme empfohlen [17].
Der Nationalrat nahm auch ein Postulat Grin (svp, VD) an, welches eine Prüfung der Aufteilung der Kosten für die ambulante Chirurgie, wie dies bereits bei den stationären Behandlungen der Fall ist, forderte. Die Finanzierung der stationären wie auch der ambulanten Leistungen sollte damit dual durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung und die Kantone erfolgen [18].
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Medizinalpersonen
Eine Motion der FDP-Liberalen Fraktion nahm der Nationalrat mit 99 zu 77 Stimmen an. Die Motion fordert den Bundesrat auf, im Bereich der Pflege eine Weiter- und Ausbildungsoffensive zu starten. Dazu solle einerseits ein zertifiziertes Weiterbildungsangebot gewährleistet werden. Andererseits fordert die Motion eine zweijährige zertifizierte Attestausbildung für Praktiker im Bereich der Gesundheit und Betreuung sowie deren Eingliederung in die „Arbeitsmarktlichen Massnahmen“. Begründet wurden die Forderungen der Motion mit dem Mangel an qualifizierten Mitarbeitern in Spitälern, Alters- und Pflegeheimen. Der Bundesrat sah die ersten beiden Forderungen bereits als erfüllt an und beantragte daher nur die Annahme des dritten Punktes (Eingliederung in die „Arbeitsmarktlichen Massnahmen“). Der Nationalrat hingegen nahm die Motion als Ganzes an [19].
Die grosse Kammer nahm im Berichtsjahr zwei Postulate Heim (sp, SO) an. Erstens wurde der Bundesrat beauftragt, zu prüfen, wie eine bedarfsgerechte Zahl an Ausbildungs- und Praktikumsplätzen im Pflege- und Betreuungsbereich bereitgestellt werden kann. Die Regierung zeigte sich der Herausforderung in der Nachwuchssicherung der Pflegefachkräfte bewusst und hatte das Postulat zur Annahme empfohlen. Zweitens verlangte Heim, dass die Attraktivität der Ausbildungen im Pflege- und Betreuungsbereich und die Anzahl der Abschlüsse in der beruflichen Grundbildung und auf Tertiärstufe erhöht sowie die Abhängigkeit von im Ausland ausgebildeten Fachkräften reduziert werden soll [20].
Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete sorgte sich um die medizinische Versorgung der Bergbevölkerung. Sie forderte in einem Positionspapier, den regional differenzierten Arzttarif zu vereinheitlichen und den Numerus Clausus für die Zulassung zum Medizinstudium aufzuheben. Weiter sollten die Kantone für ihre jeweiligen Gebiete Konzepte zur medizinischen Grundversorgung erstellen. Die Situation der medizinischen Grundversorgung in den Berggebieten habe sich bei einer stetigen Kostensteigerung verschlechtert. Besonders betroffen seien Gebiete im Wallis, Uri, Graubünden und Jura. In gewissen Regionen gebe es bereits einen Mangel an Hausärzten [21].
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Medikamente
Der Nationalrat nahm ein Postulat Humbel (cvp, AG) an, das vom Bundesrat einen Bericht über die Optimierung der Medikamentenversorgung fordert. Der Bericht solle aufzeigen, wie der Anteil an Generika erhöht werden könne, wie sich ein Billigstpreissystem im Medikamentenbereich auswirken würde, inwieweit Medikamente bei Bagatellerkrankungen aus den Pflichtleistungen gestrichen werden können und welche Massnahmen gegen die Entsorgung von bezogenen, aber ungebrauchten Medikamenten ergriffen werden können [22].
Ein Postulat Heim (sp, SO) forderte den Bundesrat auf, eine engere Zusammenarbeit mit der EU im Arzneimittelbereich anzustreben und dazu einen Bericht auszuarbeiten, der die Erarbeitung eines automatischen Informationsaustausches im Heilmittelbereich, einer verstärkten und vereinfachten Zusammenarbeit im Heilmittelbereich sowie die Prüfung von weiteren Möglichkeiten zur Zusammenarbeit bei der Zulassung von Arzneimitteln und die Vor- und Nachteile bei einer Acquisübernahme enthalte. In die gleiche Richtung zielte eine Motion der SVP, welche die Zusammenarbeit zwischen den Heilmittelbehörden der EU und der Schweiz verbessern wollte und dazu den Abschluss eines Memorandum of Understanding/Confidentiality Agreement zum Informationsaustausch forderte. Der Nationalrat überwies sowohl das Postulat als auch die Motion [23].
Eine Motion Sommaruga (sp, BE) zielte auf die Förderung von verschiedenen Massnahmen zur eindeutigen Identifizierung von Arzneimitteln nach Wirkstoff und Dosierung ab, um damit der akuten Verwechslungsgefahr in Spitälern entgegenzuwirken. Der Bundesrat empfahl diejenigen Ziffern der Motion zur Annahme, welche verlangten, dass bei Originalpräparaten die Wirkstoffe direkt unter dem Markennamen aufgeführt werden und dass Generikahersteller den Wirkstoffnamen an erster Stelle aufführen. Die zwei weiteren Massnahmen, welche forderten, dass Swissmedic nicht nur die Produktequalität, sondern auch die Sicherheit der Anwendung dieser Produkte beurteilt, und dass die Spitäler darauf verzichten beim Austritt der Patienten Marken zu verordnen, empfahl der Bundesrat abzulehnen. Die kleine Kammer folgte den Empfehlungen des Bundesrates allerdings nicht und nahm auch Ziffer 3 und 4 der Motion mit 27 zu 10 Stimmen bzw. 25 zu 11 Stimmen an. Die Kommission des Nationalrates hatte mit 15 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen ebenso wie der Bundesrat empfohlen, nur die ersten beiden Ziffern der Motion anzunehmen. Im Gegensatz zum Ständerat folgte der Nationalrat gegen den Willen einer links-grünen Minderheit den Empfehlungen von Kommission und Bundesrat mit 110 zu 60 Stimmen und nahm lediglich die ersten beiden Ziffern der Motion an [24].
Die grosse Kammer nahm eine Motion Parmelin (svp, VD) an, die vom Bundesrat Gesetzesänderungen forderte, welche notwendig sind, um den Kampf gegen den Schmuggel und die Fälschung von Arzneimitteln und anderen Heilmitteln auf allen Ebenen zu verstärken. Als Vorbild sollte dabei die Bekämpfung des illegalen Betäubungsmittelhandels dienen [25].
Eine 2008 vom Nationalrat angenommene Motion Heim (sp, SO) wurde im Berichtsjahr auch im Ständerat behandelt und auf Empfehlung von Bundesrat und Kommission ebenfalls überwiesen. Die Motion verlangte von der Regierung, konkrete Massnahmen auszuarbeiten, um die Erkenntnislücke bei der medikamentösen Behandlung von Kindern zu schliessen [26].
Bezüglich der Kosten von Medikamenten passte sich das Schweizer Preisniveau für Originalmedikamente immer mehr dem Durchschnitt anderer Länder an. Demnach lagen die Schweizer Fabrikationspreise zuletzt noch 6% über dem Schnitt der sechs Vergleichsländer (Deutschland, Frankreich, Österreich, Niederlande, Dänemark und England). Bei den Generika hingegen lagen die Schweizer Preise nach wie vor 46% höher als im Ausland [27].
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Transplantationsmedizin
Ein vom Nationalrat angenommenes Postulat Amherd (cvp, VS) beauftragte den Bundesrat, einen Bericht über die gesetzlichen Modelle zur Organspende in verschiedenen europäischen Ländern zu verfassen. Untersucht werden solle auch, wie sich die Lage in der Schweiz in den letzten Jahren entwickelt hat und ob Änderungen der gesetzlichen Regelung notwendig oder prüfenswert sind [28]. In eine ähnliche Richtung zielte ein Postulat Favre (fdp, NE), welches zusätzlich im Bereich der Organspende eine Evaluation über eine Revision des Transplantationsgesetzes vom aktuellen System hin zu einer Widerspruchsregelung fordert. Diese Widerspruchsregelung wurde bereits in Ländern wie Norwegen, Österreich, Italien und Finnland eingeführt und bedingt, dass sich Personen, die keine Organe spenden wollen, in einem zentralen Register erfassen lassen müssen. Der Nationalrat nahm auch dieses Postulat auf Empfehlung des Bundesrates an [29]. Diese Widerspruchsregelung wurde ebenfalls in einem Postulat Gutzwiller (fdp, ZH) aufgenommen, welches neben dieser Massnahme weitere Möglichkeiten zur Erhöhung von Organspendern prüfen lassen wollte. Darunter fällt die Klärung des Organspenderstatus auf der Versichertenkarte, die Schaffung eines nationalen Organspenderegisters und die Verbesserung und Finanzierung der Information bzw. der Ausbildung des Medizinalpersonals. Der Bundesrat hatte das Postulat zur Annahme empfohlen und der Ständerat folgte dieser Empfehlung [30].
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Forschung am Menschen
Zum Bundesgesetz über die Forschung am Menschen siehe unten, Teil I, 8a (Forschung).
Der Bundesrat beschloss, den Entwurf zur Änderung des Fortpflanzungsgesetzes zu überarbeiten. Mit den vorgesehenen Anpassungen soll die Chance auf einen gesunden Embryo erhöht und der Gesundheitsschutz der Frau verbessert werden. Damit trug der Bundesrat einer ersten Vernehmlassung Rechnung, bei welcher die Zulassung der Präimplatationsdiagnostik zwar befürwortet, deren Rahmenbedingungen jedoch als zu restriktiv abgelehnt wurden. Auch der neue Vorschlag will eine Präimplatationsdiagnostik nur für Paare mit schwerer erblicher Vorbelastung zulassen [31].
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Aids
Mit 591 Fällen lag die Zahl der gemeldeten HIV-Diagnosen im Jahr 2009 über einen Fünftel unter derjenigen des Vorjahres. Dies war der tiefste Wert seit fast 10 Jahren. Bei homosexuellen Männern war der Rückgang laut dem Bundesamt für Gesundheit am stärksten. Den Höchststand an Ansteckungen hatte das BAG 2002 mit 794 Diagnosen vermeldet. Für den Rückgang konnte das BAG keine schlüssige Erklärung abgeben. In Bezug auf das Risiko- oder Schutzverhalten seien in der Bevölkerung keine grösseren Änderungen festgestellt worden [32].
Im Winter stellte das BAG ein neues Programm zu „HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen“ vor. Die Massnahmen des Bundes im Bereich Aids sollen neu mit den Bemühungen gegen ähnlich übertragbare Krankheiten koordiniert werden. Mit dem revidierten Präventionsprogramm soll ein Fokus auf Massnahmen gerichtet werden, die sich an Risikogruppen wenden. Damit reagierte der Bund auf einen kritischen Bericht ausländischer Experten aus dem Vorjahr. Die Schweiz nimmt nicht nur bei den HIV-Infektionen in Europa einen Spitzenplatz ein, sondern auch bei anderen sexuell übertragbaren Krankheiten [33].
 
[1] Presse vom 25.8.10.
[2] AB SR, 2010, S. 835 ff. Siehe SPJ 2009, S. 201.
[3] AB SR, 2010, 1292 f.
[4] AB NR, 2010, S. 1131.
[5] AB NR, 2010, S. 553.
[6] AB NR, 2010, S. 554.
[7] SN und SZ, 7.4.10; Presse vom 9.8.10. Siehe SPJ 2009, S. 202.
[8] TA, 17.6.10.
[9] AB NR, 2010, S. 112 f.
[10] Presse vom 3.9.10.
[11] NZZ, 10.11.10.
[12] Presse vom 2.10.10.
[13] AB NR, 2010, S. 2161.
[14] AB SR, 2010, S. 135 ff.; AB NR, 2010, S. 1532.
[15] AB NR, 2010, S. 1532 f.
[16] AB NR, 2010, S. 1528 f.
[17] AB NR, 2010, S. 554.
[18] AB NR, 2010, S. 1131.
[19] AB NR, 2010, S. 279.
[20] Beide Postulate: AB NR, 2010, S. 1133.
[21] Presse vom 13.1.10.
[22] AB NR, 2010, S. 554.
[23] Postulat: AB NR, 2010, S. 554; Motion: AB NR, 2010, S. 551.
[24] AB SR, 2010, S. 79 ff.; AB NR, 2010, S. 1529 ff.
[25] AB NR, 2010, S. 2159.
[26] AB SR, 2010, S. 1292. Siehe SPJ 2008, S. 204.
[27] Presse vom 22.12.10.
[28] AB NR, 2010, S. 2161.
[29] AB NR, 2010, S. 2161.
[30] AB SR, 2010, S. 1102 f.
[31] BAG, Medizinisch unterstützte Fortpflanzung: Chance auf einen gesunden Embryo erhöhen, Mai 2010.
[32] Presse vom 2.2.10.
[33] BAG, Nationales Programm, HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten, Dezember 2010; NZZ, 2.12.10. Siehe SPJ 2009, S. 209.