Année politique Suisse 2012 : Infrastructure, aménagement, environnement / Transports et communications
Telekommunikation und Post
Nachdem die von der Wettbewerbskommission beanstandeten Verträge zwischen der Swisscom und den Stadtwerken von Basel, Bern, Luzern und Zürich bezüglich ihrer Kooperation beim Bau des Glasfasernetzes im Januar des Berichtjahres bereinigt worden waren, zeigten sich Bakom und ComCom zuversichtlich, dass die
Breitbandinfrastruktur der Schweiz für die nahe Zukunft gesichert ist. Während die Schweiz in der Breitband-Durchdringung des Festnetzes in der OECD einen Spitzenplatz belegt, liegt sie in der FTTH-Versorgung (Glasfaseranschluss ins Haus) noch zurück. Die Nachfrage nach schnellem Festnetzzugang ist enorm: das Datenvolumen im Schweizer Festnetz verdoppelt sich alle 19 Monate
[42].
Ein im Juni des Berichtjahres eingereichtes Postulat Noser (fdp, ZH) beauftragt den Bundesrat, dem Parlament einen Bericht über die
Entwicklungsmöglichkeiten im Mobilfunk vorzulegen. Ein Augenmerk soll dabei auf die rechtlichen Rahmenbedingungen gelegt werden, speziell auf die Vereinbarkeit von Raumplanung und Umweltschutz mit der Errichtung einer modernen Mobilfunkinfrastruktur. Der Nationalrat überwies das Postulat im September des Berichtsjahres diskussionslos
[43].
Der Auftrag einer ursprünglich auch von der Frage nach der Verfügbarkeit von neuen
Kommunikationstechnologien in peripheren Landesteilen motivierten parlamentarischen Initiative Maissen (cvp, GR), eingereicht 2003, wurde von der KVF des Ständerates in eine Motion aufgenommen, welche im Parlament 2005 bzw. 2006 angenommen worden ist. Die Motion fordert eine allgemeine Verfassungsbestimmung über die Grundversorgung, welche nicht auf einzelne Sachbereiche beschränkt ist und auf abschliessende Aufzählung der betroffenen Gebiete verzichtet. Im Dezember 2011 hatte der Bundesrat den Bericht zur Motion eingereicht und beantragt, die Motion abzuschreiben. Der Bericht wurde im Juni des Berichtjahres im Nationalrat behandelt. Voten, welche den Mehrheitsantrag (Abschreibung der Motion) stützten, wiesen mehrfach darauf hin, dass der Zugang zur Grundversorgung allgemein in Artikel 43a Absatz 4 der Bundesverfassung garantiert und dass die Grundversorgung darüber hinaus im Kommunikations-, Verkehrs- und Post-/Fernmeldebereich in entsprechenden Gesetzen im Detail geregelt seien. Trotzdem stimmte eine Mehrheit (der Mitte-Links-Fraktionen sowie Teilen der SVP) schliesslich dem Minderheitsantrag Amherd (cvp, VS) (Nichtabschreiben der Motion) zu, in der Meinung, dass eine allgemeine Verfassungsbestimmung zur Grundversorgung entgegen der Einschätzung des Bundesrates durchaus notwendig sei
[44].
Die 2011 aufgrund von Unklarheiten zu den Auktionsbedingungen auf Februar 2012 verschobene
Versteigerung der bis 2028 gültigen Mobilfunkfrequenzen des bisherigen Angebots (GSM, UMTS) sowie der neuen sogenannten LTE-Technologie brachte dem Bund einen Erlös von 997 Mio. CHF. Swisscom, Orange und Sunrise planen für die nächsten Jahre weitere grosse Investitionen in das Mobilfunknetz, um die ständig steigende Nachfrage abdecken zu können. Bereits im Dezember des Berichtjahres startete Swisscom mit dem LTE-Netz in zwölf Städten und sieben Tourismusregionen. Die beiden kleineren Anbieter Orange und Sunrise werden ab Mitte 2013 nachziehen
[45].
Im April des Berichtjahres hat das Bundesgericht zugunsten der bernischen Gemeinde Urtenen-Schönbühl entschieden und deren Gemeindereglement gutgeheissen. Die Gemeinde verlangt, dass beim
Bau von Mobilfunkantennen immer erst Standorte in Arbeitszonen geprüft werden müssen, bevor solche in Wohnzonen in Betracht gezogen werden können (Kaskadenmodell). Gegen das Gemeindereglement hatten Swisscom, Orange und Sunrise Einspruch erhoben. Die Netzbetreiber befürchten, dass das Urteil den Netzausbau verlangsamt und verteuert
[46].
Nachdem die Swisscom 2011 einen Rückgang des Reingewinns um 60% hinnehmen musste (694 Mio. CHF, bei einer Abschreibung von 1,2 Mia. CHF für Fastweb in Italien), konnte sie den Reingewinn 2012 wieder mehr als verdoppeln (1,76 Mia. CHF). Sowohl Nettoumsatz also auch
Betriebsergebnis lagen 2011 leicht höher als 2012. Während die Swisscom 2012 gegenüber dem Vorjahr 3,4% der Festnetzanschlüsse in der Schweiz verlor, konnte sie die Anzahl Swisscom TV-Anschlüsse massiv steigern (plus 30,1%). Auch mit Fastweb hatte Swisscom wieder Erfolg: Die Anzahl ihrer Breitbandanschlüsse in Italien nahm um 10,8% zu
[47].
Ende Februar entschied das Bundesverwaltungsgericht über die Einsprache der Swisscom gegen die von der ComCom festgesetzten
Entbündelungspreise (letzte Meile). Das Gericht wies die Beschwerde der Swisscom grösstenteils ab und bestätigte die marktbeherrschende Stellung der Swisscom für die Jahre 2007 bis 2010 bei den Mietleitungen aller Bandbreiten schweizweit. Hingegen gab das Gericht der Swisscom in einzelnen Punkten der Beschwerde recht: so muss die ComCom die Mietleitungspreise für die Jahre 2007 bis 2009 in einzelnen Bereichen neu festsetzen
[48].
Die von der SP und der Gewerkschaft Syndicom getragene
Postinitiative („Initiative für eine starke Post“) wurde im Juni des Berichtjahres im Nationalrat diskutiert. Die Linke machte sich für die Initiative stark, indem sie an Leistungsabbau und Poststellenschliessungen erinnerte. Die anderen Parteien verwarfen die Initiative aber: Mit 123 zu 56 Stimmen empfahl der Nationalrat die Initiative zur Ablehnung. Im September des Berichtjahrs wurde das Begehren zurückgezogen, da die wesentlichsten Punkte (Auftrag zur Grundversorgung, Monopol für Briefe unter 50 Gramm) in der Postverordnung enthalten waren
[49].
Die
Verordnung zum Postgesetz ging im Januar in die Vernehmlassung, welche bis April dauerte. Kritisch äusserten sich in der Vernehmlassung die privaten Postdienstleister: Die Übermacht der Post werde mit der Verordnung zementiert, die Verordnung schaffe keine klaren Verhältnisse. Die Verordnung sichert der Post das Monopol auf Briefe unter 50 Gramm. Weil Briefe unter 50 Gramm rund 75% des gesamten Briefvolumens ausmachen, sichert das Monopol der Post massive Vorteile im gesamten Briefmarkt. Der Postregulator PostReg äusserte sich denn auch kritisch zum Monopol. Aus der PostReg wurde im Berichtjahr die Kommission PostCom, welche seither den Postmarkt beaufsichtigt. Im August des Berichtjahres wählte der Bundesrat die sieben Mitglieder der PostCom. Präsidiert wird die PostCom vom ehemaligen Zürcher Regierungsrat Hans Hollenstein. Mit dem Inkrafttreten des neuen Postgesetzes per 1.1.2013 wird die Post zu einer Aktiengesellschaft. In einer zweijährigen Übergangszeit ab 2013 wird ein neuer Gesamtarbeitsvertrag mit dem Personal ausgehandelt
[50].
Die Post sorgte im Berichtjahr mit neuen
Gebühren und hohen Aufschlägen für Kritik. Neu sind Vollmachten gebührenpflichtig und die Postrückhaltung oder -weiterleitung sowie Zusatzleistungen wie eingeschriebene Sendung oder Nachnahmesendungen wurden teurer. Nach massiver Kritik von Konsumentenorganisationen entschärfte die Post die Gebührenerhöhungen teilweise wieder
[51].
Ende Jahr erhielt die
Postfinance von der Finanzmarktaufsicht Finma eine Bankbewilligung. Diese ist notwendig für die Umwandlung der Postfinance in eine privatrechtliche Aktiengesellschaft. Der Bundesrat wird 2013 über die Umwandlung entscheiden. Die Bewilligung der Finma ist eine unvollständige: Die Postfinance wird keine Kredite vergeben dürfen
[52].
Im
Geschäftsabschluss 2012 wies die Post einen Konzerngewinn von 859 Mio. CHF aus. Der Gewinn lag somit deutlich (5%) unter dem Vorjahresgewinn von 904 Mio. CHF. Die Post führte dies einerseits auf die schwierige Wirtschaftslage zurück, andererseits hätten höhere Personalvorsorgeaufwendungen den Gewinnrückgang verursacht. Der Umsatz betrug rund 8,58 Mia. CHF (2011: 8,6 Mia. CHF). In den vier Bereichen der Post fielen die Betriebsergebnisse unterschiedlich aus: Im Kommunikationsmarkt ging der Gewinn von 111 Mio. CHF (2011) auf 61 Mio. CHF zurück. Begründet wurde dieser Rückgang mit höheren Personalvorsorgeaufwendungen, welche in einem personalintensiven Bereich besonders starken Einfluss haben. Im Logistikmarkt erzielte PostLogistics einen Gewinn von 152 Mio. CHF (gegenüber 162 Mio. CHF 2011). Höhere Vorsorgeaufwendungen und Mehrkosten für verschiedene Umstrukturierungsmassnahmen führten trotz höheren Paketmengen zu einem leicht kleineren Gewinn. Im Retailfinanzmarkt konnte der Gewinn trotz leicht tieferem Umsatz gesteigert werden (von 591 Mio. auf 627 Mio. CHF). Der Postfinance flossen weiter Kundengelder zu, die Summe der verwalteten Gelder überschritt im Berichtsjahr erstmals die Marke von 100 Mia. CHF. Im öffentlichen Personenverkehr steigerte PostAuto den Umsatz auf 778 Mio. CHF (2011: 719 Mio. CHF), der im Berichtjahr ausgewiesene Gewinn von 6 Mio. CHF lasse sich aufgrund veränderter interner Verrechnung nicht mit dem Vorjahr vergleichen. Die Post verarbeitete 2,29 Mia. adressierte Briefe (2011: 2,33 Mia.) und 111 Mio. Pakete (2011: 107 Mio.). Der Personalbestand stieg von 44 348 (2011) auf 44 605 Beschäftigte. Zusätzlich bildete die Post 2 015 Lernende aus (2011: 1 942)
[53].
[42]
SPJ 2011, S. 259;
TA und
NZZ, 17.1.12.
[43] Po. 12.3580:
AB NR, 2012, S. 1797.
[44] Mo. 05.3232:
AB SR, 2005, S. 662;
AB NR, 2006, S. 13;
AB NR, 2012, S. 851.
[45]
TA, 23.8.12,
AZ, 9.11.12.
[47]
Swisscom Jahresbericht 2012.
[49] BRG 11.038:
AB NR, 2012, s. 923 ff.; AB SR, S. 649; Presse vom 11.9.12.
[50]
TA, 22.3.12,
BZ, 22.5.12
, NZZ, 6.6.12.
[53] Medienmitteilung
Post CH AG, 21.3.2013.
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