Année politique Suisse 1989 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen
 
Wahlen in kantonale Regierungen
Bei den Gesamterneuerungs- und Ersatzwahlen in die kantonalen Regierungen hat eine kleine Verschiebung von zwei Sitzen (NE und BL) zugunsten von links-grünen Kräften stattgefunden. Beide Male ging der Verlust auf das Konto des Freisinns. In Obwalden wird ausserdem ein Regierungsratsmandat bis April 1990 vakant bleiben. Der Frauenanteil in den Regierungen blieb nach wie vor gering. In diesem Jahr konnte keine Frau einen zusätzlichen Sitz gewinnen [9].
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Appenzell
Bei den jährlich stattfindenden Regierungsratswahlen an den beiden Appenzeller Landsgemeinden wurden in Innerrhoden wie erwartet sämtliche 9 CVP-Regierungsräte bestätigt. An der Landsgemeinde von Ausserrhoden kam es bei der Ersatzwahl für den altershalber zurückgetretenen Regierungsrat Jost Leuzinger (sp) zu einer Kampfwahl. Der Kandidat der SP, Oberrichter Werner Niederer besiegte den von einem überparteilichen Komitee nominierten René Betschart deutlich. Die übrigen sechs Regierungsräte wurden im Amt bestätigt [10].
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Baselland
Bei der Bestimmung des Nachfolgers von FDP-Finanzdirektor Paul Nyffeler kam es zu einer Kampfwahl zwischen dem von den bürgerlichen Parteien unterstützten Jean-Luc Nordmann (fdp) und dem von den Linken und Grünen unterstützten Sozialdemokraten Peter Schmid. Mit einem hauchdünnen Mehr von 372 Stimmen gelang es Peter Schmid, die seit 1963 bestehende "Zauberformel" (2 FDP, je ein SP, CVP, SVP) zu knacken. Mit rund 31% blieb die Stimmbeteiligung bei dieser Kampfwahl aber weit unter den Erwartungen [11].
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Genf
Was sich bereits bei den Grossratswahlen angekündigt hatte, bestätigte sich vier Wochen später bei den Regierungsratswahlen. Die parteipolitische Zusammensetzung der Regierung blieb für die nächsten vier Jahre unverändert: Je zwei Liberale, Christlichdemokraten und Sozialisten sowie ein Radikaler. Neu wurden Guy-Olivier Segond (fdp), Claude Haegi (lp) und Olivier Vodoz (lp) gewählt. Dominique Föllmi (cvp) erzielte das beste Resultat aller Kandidaten. Überraschend wenig Stimmen erhielten die beiden Sozialdemokraten Christian Grobet und Bernard Ziegler, welche ziemlich weit abgeschlagen die beiden letzten Plätze belegten. Nationalrat Laurent Rebeaud (gp) schaffte den Sprung in den Regierungsrat nicht.
Angesichts der Bedrohung durch die Kandidatur des Grünen Rebeaud einigten sich die in der "Entente genevoise" vereinigten bürgerlichen Parteien, diesmal wieder geschlossen aufzutreten. Die FDP verzichtete deshalb darauf, den 1985 an die CVP verlorenen Sitz zurückzuerobern. Die Stimmbeteiligung von nur 33,2% bedeutete für Genf ein neues Rekordtief [12].
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Luzern
Für den auf den Sitz von Bundesrat Villiger in den Ständerat nachrückenden freisinnigen Regierungsrat Robert Bühler ist der Rechtsanwalt Ulrich Fässler (fdp) als Nachfolger gewählt worden. Seine Gegenspielerin von der Unabhängigen Frauenliste, die 33jährige Arztgehilfin und Studentin Andrea Z'Graggen, erreichte immerhin 25% der Wählerstimmen; sie wurde von den Grünen und der SP unterstützt. Der laue Wahlkampf spiegelte sich auch in der sehr niedrigen Stimmbeteiligung von 20,9% wieder [13].
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Neuenburg
Noch spektakulärer als im Neuenburger Grossrat war der Linksrutsch im Regierungsrat. Im ersten Wahlgang erreichten die bisherigen Regierungsräte Pierre Dubois (sp), Francis Matthey (sp) und Jean Cavadini (lp) das absolute Mehr. Im zweiten Durchgang wurden der bisherige Jean-Claude Jaggi (lp) und der neue, parteilose, aber von Grünen und Linken unterstützte Michel von Wyss gewählt. Letzterer übertraf knapp die einzige Frau, welche für einen Exekutivsitz kandidiert hatte, die freisinnige Marie-Françoise Bouille. Damit sind die Radikalen erstmals seit 1848 nicht mehr in der Exekutive vertreten. Auf gesamtschweizerischer Ebene ist Neuenburg neben Bern der zweite von einer rot-grünen Mehrheit regierte Kanton geworden. Analog zu Bern ist allerdings auch hier das Parlament weiterhin mehrheitlich bürgerlich zusammengesetzt. Dass der Olivenhändler, Hausmann und Sozialwissenschafter von Wyss den Sprung in die Regierung schaffte, hatte sicher, neben der Honorierung seines ökologischen Engagements, auch Gründe, die bei den bürgerlichen Parteien selbst zu suchen sind. In den Analysen erwähnt wurden etwa die ungeschickte Wahlkampagne der Freisinnigen sowie die Rolle von bürgerlichen Politikern bei spekulativen Grundstückgeschäften in der Stadt Neuenburg [14].
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Solothurn
Der Solothurner Regierungsrat wurde in corpore, auf einer gemeinsamen Liste, problemlos wiedergewählt. Volkswirtschaftsdirektor und Landammann Max Egger (cvp, seit 1985) erreichte das beste Wahlresultat. Es folgten Erziehungsdirektor Fritz Schneider (fdp, seit 1981), Bau- und Landwirtschaftsdirektorin Cornelia Füeg (fdp, seit Februar 1988), Sanitäts- und Polizeidirektor Rolf Ritschard (sp, seit Mai 1988) und an letzter Stelle Finanzdirektor Alfred Rötheli (cvp, seit 1973) [15].
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Schwyz
Bei der Bestimmung des Nachfolgers des verstorbenen Baudirektors Heinrich Kistler (sp) kam es unerwarteterweise zu einer Kampfwahl. Der offizielle sozialdemokratische Kandidat Richard Wyrsch wurde zuerst parteiintern durch eine wilde Kandidatur von Josef Birchler, Gemeindevizepräsident von Brunnen, konkurrenziert; letzterer zog seine Kandidatur, jedoch schon im März zurück. Darauf nominierte die SVP ihren Kampfkandidaten Albert Meile. Das Kritische Forum Schwyz seinerseits verzichtete auf eine eigene Kandidatur, um den SP-Sitz nicht zu gefährden. Gewählt wurde mit deutlichem Vorsprung der SP-Kandidat Richard Wyrsch; sein Kontrahent Meile errang mit 35,6% der Wählerstimmen einen Achtungserfolg. Die seit 1944 geltende parteipolitische Zusammensetzung des Regierungsrates (4 CVP, 2 FDP, 1 SP) blieb damit erhalten [16].
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Thurgau
Im Thurgauer Regierungsrat trat Finanzdirektor Felix Rosenberg (cvp) infolge seiner Wahl zum PTT-Generaldirektor zurück. Bei der Ersatzwahl am 27. August sah sich der CVP-Kandidat Philipp Stähelin einem Kampfkandidaten gegenüber: Guido Leutenegger, Präsident des Thurgauischen Naturschutzbundes, stellte sich ebenfalls zur Wahl; er wurde vom Landesring und von einem Teil der Grünen unterstützt. Bei sehr niedriger Beteiligung gewann Stähelin die Wahl sehr deutlich; nur gerade ein Fünftel der Stimmberechtigten hatte sich an die Urne bemüht [17].
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Tessin
Als Ersatz für den vorzeitig zurücktretenden Finanzdirektor Claudio Generali (fdp) bestimmte die FDP Dick Marty zum Nachfolger. Nach dem im Tessin geltenden Proporzwahlrecht müssen bei solchen Amtsübernahmen während der Legislatur die Nachfolger nicht durch das Volk gewählt werden. Dick Marty trat sein Amt am 24. April an. Er war bisher als Staatsanwalt des Sopraceneri vor allem durch seine Fahndungsarbeit im Falle der "Libanon-Connection" bekannt geworden [18].
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Wallis
Bei den gleichzeitig mit den Grossratswahlen stattfindenden Regierungsratswahlen wurden im ersten Wahlgang lediglich drei der vier bisherigen CVP-Staatsräte gewählt (Bernard Bornet, Raymond Deferr, Richard Gertschen). Der christlich-soziale Regierungsrat Hans Wyer, früherer Parteipräsident der CVP Schweiz, verpasste das absolute Mehr ebenso wie der bisherige Bernard Comby (fdp). Diese relative Niederlage war einerseits der SP-Doppelkandidatur von Peter Bodenmann und Françoise Balmer-Fitoussi, welche beide einen bemerkenswerten Stimmenanteil erhielten, zu verdanken. Andererseits hatte Wyer als starker Mann in der Regierung im Laufe der Jahre einiges an parteiinterner Gegnerschaft auf sich gezogen. Dazu kam, dass die Solidarität der CVP mit der CSP weniger gut funktionierte als umgekehrt. Für den zweiten Wahlgang zogen die Sozialdemokraten ihre Kandidatur zurück und liessen somit die Plätze frei für Wyer und Comby [19].
 
[9] Vgl. auch den Artikel über kantonale Regierungen in der Westschweiz in DP, 7.12.89.
[10] Wahlen an den Landsgemeinden vom 30.4.89: NZZ, 27.4. und 2.5.89; SGT, 1.5.89; vgl. SPJ 1988, S. 45 und 54. Zum Wahlkampf in AR: SGT, 21.4. und 1.5.89.
[11] Ersatzwahlen vom 22.1.89: BaZ, NZZ und LNN, 23.1.89; vgl. SPJ 1987, S. 59 und 62. Wahlkampf: BaZ, 4.1. und 13.1.89; TA, 14.1.89.
[12] Wahlen vom 12.11.89: Suisse und JdG, 13.11. und 14.11.89; NZZ, 15.11.89; L'Hebdo, 16.11.89. Wahlkampf: L'Hebdo, 30.3.89; Suisse und JdG, 1.11. und 2.11.89; DP, 9.11.89. Departementsverteilung: JdG, 18.11.89.
[13] Ersatzwahlen vom 29.10.89: LNN und Vat., 30.10.89; vgl. SPJ 1987, S. 59 und 62 f. Wahlkampf: Vat., 13.9.89; LNN, 21.10. und 23.10.89; NZZ, 26.10.89. Zur Kandidatur von A. Z'Graggen: Ww, 26.10.89.
[14] Erster Wahlgang vom 9.4.89: Express, NZZ und Suisse, 10.4.89. Zweiter Wahlgang vom 23.4.89: Express, 24.4.89; Presse vom 24.4. und 25.4.89. Wahlkampf: Express, 11.4. und 15.4.89; VO, 20.4.89. Zu von Wyss: L'Hebdo, 27.4.89; DP, 27.4.89. Departementsverteilung: Express, 10.5.89.
[15] Wahlen vom 30.4.89: SZ, 1.5., 2.5. und 18.5.89.
[16] Ersatzwahlen vom 30.4.89: LNN und Vat., 1.5.89; vgl. SPJ 1988, S. 45 und 56. Wahlkampf: Vat., 15.2.89; LNN, 22.2. und 5.4.89; NZZ, 28.4.89.
[17] Ersatzwahlen vom 27.8.89: SGT und NZZ, 28.8.89; vgl. SPJ 1988, S. 45 und 56. Wahlkampf: SGT, 1.7., 7.7. und 26.7.89.
[18] Amtsantritt vom 24.4.89: CdT und TA, 26.4.89; vgl. SPJ 1.987, S. 59 und 62. Nominierung: CdT, 20.1.89; NZZ, 20.1. und 21.1.89. Zu Marty vgl. auch SGT, 9.2.89.
[19] Wahlen vom 5.3. und 12.3.89: 1. Wahlgang: NF, 6.3. und 7.3.89; NZZ, 7.3.89. 2. Wahlgang: NF, Suisse, JdG und NZZ, 13.3.89. Departementsverteilung: NF, 21.4.89.