Année politique Suisse 1990 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
 
Bodenrecht
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Grundstückverkäufe an Ausländer
Die Zahl der Bewilligungen für den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland ging 1989 auf 1334 zurück; das sind 33 weniger als im Jahr zuvor. Auch die bewilligte Gesamtfläche nahm ab: mit 169 Hektaren war sie um 26 Hektaren kleiner als 1988. Den grössten Anteil der Bewilligungen nahmen wiederum Ferienwohnungen und Wohnungen in Aparthotels ein (672 gegenüber 752). Regional zeigt sich weiterhin eine deutliche Konzentration auf die vier grossen Fremdenverkehrskantone. Die in der Waadt (267), dem Tessin (250), dem Wallis (213) [19] und Graubünden (118) genehmigten Gesuche machen rund zwei Drittel aller Bewilligungen aus. Auf diese Kantone entfällt denn auch die Hauptzahl der 1989 tatsächlich durchgeführten Handänderungen (950 gegenüber 871 im Vorjahr).
Die vom Bundesrat aufgrund des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstükken durch Personen im Ausland für die Jahre 1989/90 bestimmte Höchstzahl des gesamtschweizerischen Bewilligungskontingents für Ferienwohnungen und Aparthotels von 1600 Einheiten wurde somit zu weniger als der Hälfte ausgeschöpft. Diese Tatsache sowie der im genannten Gesetz festgeschriebene Auftrag der schrittweisen Herabsetzung der Maximalkontingente haben den Bundesrat bewogen, die Höchstgrenze für die Jahre 1991/92 auf 1420 Einheiten zu senken, wobei der Verteilschlüssel unter den Kantonen grundsätzlich beibehalten bleibt. Dem entsprechenden Entwurf des EJPD ist in der Vernehmlassung keinerlei Widerstand erwachsen [20] .
Grössere Schwierigkeiten brachte die Anwendung des Gesetzes (der heutigen "Lex Friedrich") durch den Kanton Graubünden. In einem Musterprozess hatte dieser die Immobilienfirma Sud Provizel SA in Celerina, welche Liegenschaften im Engadin an italienische Staatsbürger vermittelt hatte, aufgelöst und die Liegenschaften dem Kanton zugesprochen. Dieses Vorgehen fand im Januar vor Bundesgericht seine vorläufig letzte Bestätigung. Als Reaktion darauf kam im italienischen Parlament allerdings der Ruf nach Retorsionsmassnahmen gegenüber Schweizer Bürgern oder Firmen auf. Zudem hielt Rom der Schweiz einen Staatsvertrag aus dem Jahre 1868 entgegen, in welchem zwischen beiden Ländern "gegenseitige Niederlassungsfreiheit" festgeschrieben worden war [21]. Der Tessiner CVP-Politiker Gianfranco Cotti nahm das wachsende Unbehagen gegenüber der wenig europafreundlichen "Lex Friedrich" auf, indem er in einem Postulat ihre Totalrevision verlangte. In seiner schriftlichen Erklärung zeigte sich der Bundesrat bereit, das Postulat anzunehmen. Bekämpft wurde es dagegen von Ruf (sd, BE); die Diskussion darüber wurde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben [22] ..
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Bäuerliches Bodenrecht
Als Erstrat trat der Ständerat in der Frühjahrssession auf das 1988 vom Bundesrat vorgelegte Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht ein. Wie bereits in der Ständeratskommission war auch im Rat selber die Frage, ob das von der Kommissionsmehrheit vorgesehene und in einigen Kantonen bereits praktizierte Einsprache durch das restriktivere Bewilligungsverfahren für den Erwerb eines landwirtschaftlichen Grundstückes oder Gewerbes ersetzt werden solle, am heftigsten umstritten. Mit 20 zu 17 Stimmen wurde dieser Artikel schliesslich an die Kommission zurückgewiesen und diese beauftragt, ein Bewilligungsverfahren auszuarbeiten [23] .
Nachdem die Kommission die Bestimmungen im vorgegebenen Sinn bereinigt hatte, konnte die Vorlage in der Herbstsession zur endgültigen Beratung kommen. Hier wurde auf Antrag Zimmerlis (svp, BE), welcher bereits die Kommissionsminderheit in der Verfahrensfrage angeführt hatte, entgegen der Vorlage der Kommissionsmehrheit die Privilegierung des Selbstbewirtschafters festgeschrieben, indem die Bewilligung verweigert werden muss, wenn "der Erwerber nicht Selbstbewirtschafter ist", der Käufer nach dem Handel mehr Land hätte, als für "eine überdurchschnittlich gute Existenz einer bäuerlichen Familie" nötig ist oder das Grundstück ausserhalb des "ortsüblichen Bewirtschaftungsbereichs" liegt. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind jedoch zulässig, namentlich, wenn der Erwerb der Schaffung oder Arrondierung eines Pachtbetriebes oder einer Versuchsanstalt dient sowie zur Gewährleistung einer vernünftigen Bodenpolitik durch die öffentliche Hand. Zu verweigern ist die Bewilligung schliesslich auch, wenn ein "übersetzter Preis" vereinbart wurde, wobei über die Definition eines solchen Preises zwischen dem Ständerat und der vorberatenden Kommission des Nationalrats zur Zeit noch Uneinigkeit besteht. In dieser Form wurde das Gesetz vom Ständerat mit 24 zu 5 Stimmen verabschiedet [24] .
Ende Oktober nahm auch die Nationalratskommission die Beratungen, welche sie unterbrochen hatte, um die Entscheidung der kleinen Kammer abzuwarten, wieder auf und verabschiedete Ende Dezember eine Fassung, welche weitgehend derjenigen des Ständerats entspricht, mit der gewichtigen Ausnahme jedoch, dass das Gesetz auch auf die Nebenerwerbsbetriebe ausgedehnt werden soll [25] .
 
[19] Im Wallis können zur Zeit prinzipiell keine Grundstücke mehr an Ausländer verkauft werden, da die Stimmberechtigten 1987 das revidierte Ausführungsgesetz zur "Lex Friedrich" abgelehnt haben und damit keine rechtliche Grundlage besteht (NZZ, 29.7.90). Vgl. SPJ 1987, S. 279.
[20] Die Volkswirtschaft, 64/1991, Nr. 3, S. 44 ff.; NZZ, 28.7.90.
[21] BüZ, 7.11. und 15.12.90.
[22] Amtl. Bull. NR, 1990, S. 2434 f. Zur Diskussion um die "Lex Friedrich" vgl. BZ, 28.7.90 und SHZ, 11.10.90.
[23] Amtl. Bull. StR, 1990, S. 238 ff. Zur gesamten Debatte vgl. Amtl. Bull. StR,1990, S. 204 ff. sowie Presse vom 22.3.90. Vgl. auch das Interview mit U. Zimmerli in Bund, 22.3.90. Siehe auch SPJ 1988, S. 163 f.
[24] Amtl. Bull. StR, 1990, S. 671 ff. Zur Kommission vgl. auch NZZ, 16.8.90.
[25] NZZ, 25.10. und 27.12.90; Bund, 22.12.90.