Année politique Suisse 1991 : Sozialpolitik / Soziale Gruppen
 
Flüchtlinge
Die Asylfrage ist zum grössten Problem der Schweizer geworden und hat die im Vorjahr zuerst genannten Themen Drogen und Umwelt auf die Plätze zwei und drei zurückgedrängt. Dies ging aus einer repräsentativen Umfrage hervor. Für die Tessiner war die Asylfrage weniger oft die zentrale Sorge (49%) als für die Romands (63%) und die Deutschschweizer (670/0) [20].
Wie die im Anschluss an die Nationalratswahlen durchgeführte Vox-Analyse zeigte, spielte auch hier die Asylfrage eine mobilisierende Rolle. Für einen Viertel der Wählenden war sie das entscheidende Thema; Fragen wie europäische Integration oder Umweltschutz blieben dahinter zurück. Die Auto-Partei, die grosse Gewinnerin dieser Wahlen, nutzte die fremdenfeindliche Stimmung gemäss der Vox-Analyse am besten. Aber auch bei der SVP war die Asylfrage der eigentliche Renner: mit Gewinnen in der Agglomeration Zürich und in den Mittelschichten glich die Partei so die leichten Rückgänge in ihrer traditionellen Wählerschaft aus [21].
Die wachsende Besorgnis der Bevölkerung über den scheinbar ungebremsten Zustrom von Flüchtlingen, schlug sich auch in der grossen Anzahl der parlamentarischen Interventionen zu diesem Thema nieder. Im Anschluss an den Bericht des Bundesrates zur Ausländer- und Asylpolitik beriet die grosse Kammer mehrere asylpolitische Vorstösse. Sowohl eine Motion Meier (sd, ZH) für eine Revision des Asylgesetzes als auch eine Motion Baggi (cvp, TI) für eine vermehrte Bundeshilfe an die mit der illegalen Einwanderung von Asylsuchenden direkt konfrontierten Grenzkantone, insbesondere den Kanton Tessin, wurden abgelehnt. Ein Postulat Pini (fdp, TI), das den Bundesrat auffordert zu prüfen, in welchem Rahmen Privatpersonen oder humanitäre und religiöse Organisationen Asylbewerber, deren Gesuch nicht abschliessend behandelt ist, aufnehmen können, wurde gegen den Willen des Bundesrates überwiesen, ebenso ein Postulat Longet (sp, GE), welches verlangt, dass den Delegierten der Hilfswerke auch in Zukunft freier Zugang zu den Aufnahmezentren für Asylbewerber gewährt wird. Der Rat diskutierte zudem drei Interpellationen zur Asylpolitik [22].
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Haltung der Bundesbehörden
Die Anzahl der neu eingereichten Asylgesuche betrug im Berichtsjahr 41 629, 16% mehr als im Vorjahr, womit sich der Anstieg gegenüber früheren Jahren (1989: +46%; 1990: +47%) deutlich verflacht hat. Ab Mitte Jahr war die Zahl der Asylgesuche erstmals seit Jahren rückläufig. Die Anerkennungsquote sank auf 3%. Obgleich nur 1158 Menschen Asyl gewährt wurde, erhielten 14 029 eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen und 168 wurden vorläufig aufgenommen. Über den Verbleib von rund 14 000 abgewiesenen Asylbewerber liegen keine Angaben vor, wobei die Behörden aber davon ausgehen, dass sie sich in den allermeisten Fällen nicht mehr in der Schweiz aufhalten [23].
Mit einem Kreisschreiben teilte das EJPD den Kantonen Ende 1990 mit, dass auf anfang 1991 neue Kriterien für die Gewährung von humanitären Bewilligungen für langjährige Asylbewerber zu gelten hätten. Während bisher die Kantone für Asylsuchende, deren Gesuch seit mehreren Jahren hängig war, dem Bund eine definitive Aufenthaltsbewilligung beantragen konnten, soll dies – kumulativ zu der gemäss neuem Gesetz (AVB) geltenden Mindestaufenthaltsdauer von vier Jahren – nur mehr in Ausnahmefällen, zum Beispiel bei schwerer Krankheit möglich sein. Diese neuen, verschärften Bedingungen, von denen bei der Revision des Asylgesetzes noch nicht die Rede gewesen war, lösten in Hilfswerkkreisen und bei den Landeskirchen Unmut und Unverständnis aus, da nach vierjähriger Aufenthaltsdauer in der Schweiz bereits ein hoher Grad von Integration erreicht sei und meistens kaum mehr Beziehungen zum Heimatland bestehen wiirden [24].
Die Linke und die Hilfswerke forderten erfolglos die Aussetzung der Ausschaffungen von Kurden zumindest aus jenen 13 mehrheitlich von Kurden besiedelten Provinzen im Südosten der Türkei, in denen die Menschenrechtssituation schon vor Ausbruch des Golfkrieges besonders kritisch war. In Beantwortung einer dringlichen Interpellation der SP-Fraktion zeigte sich der Bundesrat aber nicht gewillt, einen derartigen generellen Ausschaffungsstopp auszusprechen. Diese Forderung hatte auch im Nationalrat keine Chance. Bei der Behandlung einer Petition der "Zürcher Freiplatzaktion für Asylsuchende", welche einen Ausschaffungsstopp für türkische Asylbewerber im allgemeinen und von kurdisch-türkischen im speziellen verlangte, reichte eine links-grüne Minderheit der Petitions- und Gewährleistungskommission ein Postulat ein, welches anregte, dass vorläufig auf eine Ausschaffung jener kurdischen Asylbewerber, die aus den 13 Kriegsrecht-Provinzen stammen, und die nicht während mindestens drei Jahren in anderen Gebieten der Türkei gelebt hatten, zu verzichten sei. Dieses Postulat wurde vom Rat deutlich abgelehnt. Mit einer Motion wollte die Berner SP-Nationalrätin Bäumlin erreichen, dass die Schweiz gegen die Türkei eine Staatenbeschwerde wegen massiver Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention besonders in den kurdischen Gebieten und gegenüber der kurdischen Opposition einreicht. Auf Antrag des Bundesrates wurde die Motion nur als Postulat überwiesen [25].
Die sieben kurdischen Familien, die bereits Ende des letzten Jahres in Obwalden aus Protest gegen die drohende Ausschaffung in einen Hungerstreik getreten waren, wurden immer mehr zu einem Symbol und zu einer Zerreissprobe für die Zusammenarbeit zwischen den staatlichen Institutionen – insbesondere jene des Bundes – und den Hilfswerken, den Kirchen und den asylpolitisch engagierten Kreisen. Obgleich die Sympathisanten der Kurdengruppe, die im "Friedensdorf Flüeli-Ranft" (OW) vorerst Unterschlupf fand, zugeben mussten, dass diese Kurden nicht aus den Kriegsrecht-Provinzen stammten, setzten sie sich doch vehement für deren Verbleib in der Schweiz ein, da gerade wegen des Aufsehens, welches der Hungerstreik ausgelöst hatte, eine Gefährdung dieser Gruppe auch in anderen Teilen der Türkei nicht mehr auszuschliessen sei. Als sich das BFF trotz den Vermittlungsbemühungen der Obwaldner Regierung unnachgiebig zeigte, tauchten die Familien kurz vor der drohenden Ausschaffung unter. Am ersten Tag der Jubiläumssession im Bundeshaus luden die drei Landeskirchen zu einer "geheimen" Pressekonferenz nach Bern ein, um – in Anwesenheit des grösseren Teils der untergetauchten Kurden – erneut einen generellen Ausschaffungsstopp zu verlangen. Kurz vor Ende der Pressekonferenz drang die Polizei ins Lokal ein, nahm die Kurden – unter ihnen auch Frauen und Kinder – fest und überführte sie in Ausschaffungshaft nach Obwalden. Obgleich sich weite Teile der Bevölkerung über das Vorgehen der Behörden empört zeigten und SP, GPS, LdU, EVP, die Landeskirchen und die Gewerkschaften geschlossen für einen Verbleib dieser Kurden in der Schweiz eintraten, wurden sie in Begleitung eines Beamten des BFF in die Türkei ausgeschafft [26].
Der Fall der Obwaldner Kurden war der spektakulärste, in dem Schweizer versuchten, eine Ausschaffung von Flüchtlingen zu verhindern. Er war aber bei weitem nicht der einzige; immer wieder setzten sich Einzelpersonen, Bürgerinitiativen, Organisationen, Gemeinden, kantonale und lokale Politiker für den Verbleib einzelner abgewiesener Asylbewerber ein, allerdings selten mit Erfolg [27].
Was im Oktober 1990 von Bundesrat Stich in seiner Funktion als oberster Grenzwächter noch klar abgelehnt worden war, was Bundesrat Koller aber zwei Monate später bereits nicht mehr ausschliessen wollte, begann in den ersten Monaten des Berichtsjahres konkret Gestalt anzunehmen: die obersten Bundesbehörden trafen anfangs Februar erste Vorbereitungen, die Grenzwachtkorps durch militärische Einheiten zu verstärken, um illegale Grenzübertritte von Asylsuchenden wenn nötig zu verhindern. Dieses Vorhaben wurde von den bürgerlichen Parteien vorsichtigskeptisch beurteilt, während sich SP und GPS grundsätzlich dagegen aussprachen. Die Hilfswerke warnten vor einer Polarisierung in der Asylpolitik: Ein Armeeeinsatz in dieser Form sei nicht nur wirkungslos, er erschwere auch jede konstruktive Diskussion, da damit ein neues Feindbild geschaffen werde. Dennoch führte eine Kompagnie im März im Rahmen ihres WK einen – allerdings unbewaffneten – Testlauf an der Schafthauser Nordgrenze durch [28].
In der Fragestunde der Frühjahrssession erklärte der Vorsteher des EMD, für den Bundesrat sei dieser Armee-Einsatz nur "ultima ratio" und im jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig;. es gehe nur darum, anhand dieser WK-Übung zu prüfen, welche Ausrüstung und Ausbildung die Armee bei einem längeren derartigen Einsatz brauchen würde. Im Sommer kam die vom Bundesrat im Februar eingesetzte interdepartementale Arbeitsgruppe für ausserordentliche Lagen im Flüchtlingsbereich zur Einsicht, dass der Armee-Einsatz an der Schweizer Grenze zwar technisch machbar, seine rechtliche Abstützung allerdings fragwürdig sei. Dennoch gingen die Vorbereitungen in dieser Richtung weiter [29].
Bereits im Mai hatte der Bundesrat auf dem Verordnungsweg beschlossen, dass ab dem 1. Januar 1992 für alle erwerbstätigen Asylbewerber 7% des AHV-pflichtigen Einkommens vom Arbeitgeber direkt auf ein zentrales Sperrkonto abzuführen sind. Über diese Konten ist allein das BFF verfügungsberechtigt. Aus dem Geld muss jeder erwerbstätige Asylbewerber eine Pauschale von maximal 3600 Fr. für bereits erfolgte Fürsorgeleistungen bezahlen. Zudem werden die gesamten Kosten für den Vollzug einer Wegweisung dem Asylsuchenden und seiner Familie belastet. Wenn ein Asylbewerber die Schweiz verlassen muss, so wird ihm ein eventuell positiver Saldo nur auf Antrag und unter Angabe einer ausländischen Korrespondenzadresse ausbezahlt [30].
Eine weitere Verschärfung erfuhr die Behandlung der Asylbewerber bei der Beratung des Budgets 1992. Obgleich der Nationalrat die von Auto-Partei, SD und SVP verlangten massiven Kürzungen im Asylbereich ablehnte, bestätigten doch beide Räte mit ihren Sparbeschlüssen die bereits früher von Bundesrat Koller gemachte Ankündigung, wonach ab 1992 das tägliche Taschengeld der Asylbewerber von fünf auf drei Franken verringert wird. Diese Massnahme betrachtete der Bundesrat als Teil seiner Bemühungen, die Schweiz als Fluchtland zusehends unattraktiver zu machen. In dieselbe Richtung zielten auch neue Weisungen des EJPD zuhanden der Kantone. Ab April 1992 wird der Bund den Kantonen nur noch 40 Fr. pro Asylbewerber und Tag abgelten ; zugleich wurden die Kantone aufgefordert, auf die Unterbringung in Hotels zu verzichten und vermehrt auf Kollektivunterkünfte zu setzen. Neu können die Kantone den Asylbewerbern unter bestimmten Bedingungen – zum Beispiel bei Verweigerung einer zumutbaren Arbeit oder Wohngelegenheit – die Fürsorgeleistungen verweigern oder entziehen. Weiter werden die Abonnementskosten für den öffentlichen Verkehr nicht mehr übernommen, ebensowenig wie die Krankenkassenprämien erwerbstätiger Asylbewerber [31]. Gegen den Willen des Bundesrates überwies der Nationalrat eine Motion seiner Finanzkommission zur weiteren Reduktion der Kosten im Asylbereich in der verbindlichen Form. Mit dem Hinweis darauf, dass man Asylpolitik nicht über das Budget betreiben könne, lehnte der Ständerat diese Motion ab; hingegen stimmte er einem Postulat seiner Finanzkommission zu, welches die Regierung einlädt zu prüfen, wie die Kantone und Gemeinden in Zusammenarbeit mit dem Bund vermehrt Beschäftigungsprogramme für Asylbewerber durchführen könnten [32].
Zusätzlich zu Polen, Ungarn, der Tschechoslowakei, Bulgarien, Indien und Algerien erklärte der Bundesrat Ende November auch Rumänien und Angola zu "safe countries", zu Staaten also, die hinreichend Schutz vor asylrelevanter Verfolgung bieten. Auf Asylgesuche Angehöriger dieser Staaten wird nur in besonders begründeten Einzelfällen eingetreten. Diese Praxis, die in Europa nur von Belgien und der Schweiz angewendet wird, veranlasste die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (Al) zu heftiger Kritik. Sie rügte besonders die Aufnahme Indiens in die Liste der "sicheren" Staaten, da dort nach ihren Erkenntnissen weitverbreitete Menschenrechtsverletzungen vorkommen. Ganz allgemein warf Al den europäischen Regierungen eine zunehmende Ausgrenzung von Flüchtlingen aus aller Welt vor, und sie gab ihrer Besorgnis über die gegenwärtigen Harmonisierungs-Bestrebungen der EG in Flüchtlingsfragen Ausdruck [33].
Im Rahmen der dritten Asylgesetzrevision hatte das Parlament den Bundesrat verpflichtet, eine verwaltungsunabhängige Rekursinstanz für abgewiesene Asylbewerber einzusetzen. Die unabhängige Asylrekurskommission (ARK) wird ihre Arbeit definitiv am 1. April 1992 aufnehmen. Der Bundesrat erliess Ende Jahr die entsprechende Verordnung und wählte den seit dem 1.6.1991 amtierenden Chef des Beschwerdedienstes des EJPD, René Flubacher, zum ersten Präsidenten. Die . ARK soll jährlich 20 000 Asylbeschwerden endgültig entscheiden [34].
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Spannungen zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden
Wie bereits in den vorangegangenen Jahren schoben sich der Bund und die Kantone gegenseitig die Schuld für die wachsenden Probleme im Asylbereich zu. Die Kantone kritisierten immer wieder, dass die Beamten des BFF zu wenig effizient arbeiteten und die Entscheide zu lange hinauszögen. Der Bund – allen voran der Direktor des BFF – warf den Kantonen seinerseits vor, bei den Erstbefragungen die Fristen (Befragung innerhalb von 20 Tagen nach der Einreise) nicht einzuhalten und die Wegweisungen nach einem negativen Entscheid nicht konsequent zu vollziehen [35].
Um der Kritik der Kantone die Spitze zu nehmen, liess der Bundesrat durch das BFF ein Aktionsprogramm 1991/92 ausarbeiten, welches er in seiner letzten Sitzung vor den Sommerferien verabschiedete. Dabei machte er seine Absicht deutlich, die noch ausstehenden Rechtsgrundlagen zu schaffen, damit nötigenfalls die Kantone ihre Unterkünfte mit Mitteln des Zivilschutzes und der Armee errichten und betreiben können und das Grenzwachtkorps allenfalls durch Formationen der Armee verstärkt werde. Er bekräftigte auch erneut seinen Willen, unter anderem durch eine weniger detaillierte Begründung der Abweisungsentscheide die durchschnittliche Dauer eines Asylverfahrens auf maximal sechs Monate zu senken, und er verpflichtete die Kantone darauf, das Arbeitsverbot auf sechs Monate auszudehnen, falls in den ersten drei Monaten ein erstinstanzlicher Entscheid gefällt wurde, sowie die Wegweisungen konsequent zu vollziehen. Zudem kündigte er an, regionale, von Bund und Kanton gemeinsam betriebene Verfahrenszentren zur weiteren Verfahrensbeschleunigung einrichten zu wollen. Die Kantone sollen inskünftig nicht nur die Befragungen durchführen, sondern vermehrt auch die Entscheide vorbereiten. Auf die Schaffung sogenannter Grosszentren für bis zu 500 Flüchtlingen wurde hingegen verzichtet, da sich vor allem die welschen Kantone dagegen ausgesprochen hatten [36].
Dennoch wuchs der Druck aus den Kantonen weiter. Im Anschluss an die Beratung des Berichtes des Bundesrates zur Ausländer- und Asylpolitik behandelte der Ständerat eine Standesinitiative des Kantons Zürich, welche eine jährliche Kontingentierung der einreisenden Asylbewerber, eine Beschleunigung des Verfahrens und eine unverzügliche Ausreise im Fall der Wegweisung sowie mehr entwicklungspolitische Massnahmen in den Herkunftsländern verlangte. Unter Hinweis auf die internationalen Konventionen lehnte der Rat den ersten Punkt der Initiative ab und schrieb die restlichen Forderungen als erfüllt ab. Das Aargauer Parlament beschloss, eine noch weiter reichende Standesinitiative einzureichen, welche Asylnotrecht, Kontingentierung und sofortige Ausschaffung illegal Eingereister verlangt. Der Grosse Rat des Kantons Luzern hiess ebenfalls eine Standesinitiative gut, welche aber deutlich moderater ist; er wollte denn auch sein Begehren, welches unter anderem mehr kantonale Kompetenzen bei der Erteilung von Härtefallbewilligungen fordert, als deutliches menschliches Gegenzeichen zu jener des Kantons Aargau verstanden wissen. Im Kanton Thurgau reichte die SVP eine Volksinitiative für eine Standesinitiative ein, welche die Einführung einer Quotenregelung anstrebt. Hingegen wies der Solothurner Kantonsrat mit deutlicher Mehrheit eine diesbezügliche Motion der Auto-Partei ab [37].
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Internationale Zusammenarbeit
Der Ständerat überwies praktisch diskussionslos eine Motion Huber (cvp, AG) für einen schweizerischen Beitritt zum europäischen Erstasylabkommen. Bis im nächsten Jahr soll klar sein, in welcher Form sich die Schweiz an diesem Abkommen der EG-Staaten beteiligen kann. Ein formeller Beitritt sei allerdings kaum möglich, hiess es anfangs Dezember an der EG-Konferenz für Asylfragen. Dagegen ist für Brüssel eine Beteiligung über einen separaten Vertrag denkbar [38].
Mit polizei- und ausländerrechtlichen Massnahmen wollen die Staaten Ost- und Westeuropas der illegalen Einwanderung Herr werden und internationalen Schlepperbanden das Handwerk legen. Dies beschlossen im Herbst in Berlin die Innen- und Justizminister aus 28 europäischen Staaten, unter ihnen Bundesrat Koller [39].
 
[20] SKA-Bulletin, 97/1991, Nr. 6, S. 6 f.
[21] Presse vom 8.2.92. Für eine detaillierte Darstellung der Vox-Analyse siehe oben, Teil I, 1e (Eidgenössische Wahlen). Zur Haltung der grösseren Parteien in der Asylpolitik siehe LNN, 24.9.91 und NZZ, 3.10.91. CVP und SP hatten dafür plädiert, die Asylpolitik möglichst aus dem Wahlkampf herauszuhalten, um den latenten Fremdenhass nicht weiter zu schüren (Bund, 6.9.91; AT, 28.8.91; SGT, 31.8.91).
[22] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 806 ff. und 1021 ff. bzw. S. 2002 f. (Interpellation CVP-Fraktion). Der StR behandelte ebenfalls drei Interpellationen zur Asylpolitik (Amtl. Bull. SIR, 1991, S. 381 ff.).
[23] Gesch.ber. 1991, I, S. 40 f.; TA, 24.4.91; Bund, 7.1.92; Presse vom 17.1. und 4.2.92. Die von den Bundesbehörden publizierten Zahlen werden von der Linken und den Hilfswerken immer wieder kritisiert. Da gewisse Bevölkerungsgruppen aus Gründen der kollektiven Bedrohung nicht zurückgeschafft werden können, entstehe angesichts der ständig sinkenden Anerkennungsquote der Anschein, die rechtlich abgewiesenen, faktisch aber doch präsenten Asylbewerber befänden sich missbräuchlicherweise in der Schweiz.
[24] Asyl, 6/1991, Nr. 1, S. 5 f.; TW, 15.2.91; Bund,19.2.91. Siehe dazu auch eine einfache Anfrage Fankhauser (sp, BL) und die bundesrätliche Stellungnahme (Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1426 f.).
[25] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 819 f., 1095, 1316 ff. und 1340 f. Im April hatten sich in einer Umfrage 83% für einen Ausschaffungsstopp für Kurden ausgesprochen (SoZ, 21.4.91). In der Folge der Obwaldner Kurden-Affäre wurde verschiedentlich die Frage nach dem Verhältnis zwischen Kirche und Staat – die Kirchen machten besondere Schutzrechte im Sinn eines Kirchenasyls geltend – und zwischen Recht und Humanität aufgeworfen (SGT, 4.5.91; Bund, 3.5.91; LNN, 17.5.91). Abgewiesene jugoslawische Asylbewerber hingegen wurden ab Juli nicht mehr ausgeschafft, allerdings hielt das BFF fest, dass es sich dabei nicht um einen generellen Ausschaffungsstopp handle (Bund, 8.7.91).
[26] TW, 19.1.91; Vr., 24.1.91; Presse vom 31.1., 16.2., 18.2., 3.5., 4.5., 6.5., 7.5., 10.5., 15.5., 17.5., 21.5. und 23.5.91.
[27] TW, 19.1. und 5.2.91; Suisse, 19.2.91; Bund, 27.3.91; SoZ, 24.2.91. Es würde zu weit führen, hier detaillierter auf diese Solidaritätsaktionen einzugehen, die meist lokalen Charakter hatten.
[28] Presse vom 9.2. und 14.2.91; BZ, 7.3., 15.3. und 22.3.91; WoZ, 8.3., 15.3. und 22.3.91; Ww, 28.3.91. Für einen Einsatz der Armee an der Grenze machten sich vor allem - abgesehen von den Rechtsaussenparteien - der rechte Flügel der FDP und die SVP stark; neben der SP und den Grünen opponierten auch Teile der CVP dagegen (Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1027 ff., 1341, 1357 und 1715). Ober 200 kirchliche und politische Organisationen gelangten mit einer Petition an den BR und baten ihn, vom Einsatz der Armee abzusehen (Bund, 25.6.91).
[29] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 365 ff. und 1387 f.; BZ, 30.1.91; TW, 15.2.91; Bund, 19.2. und 25.7.91; SGT, 21.3.91; WoZ, 28.3., 2.8., 4.10 und 11.10.91; NZZ, 4.10.91; JdG, 5.10.91; Lib. und Vr., 11.10.91.
[30] Gesch.ber. 1991, II, S. 164; LNN und Suisse, 16.12.91.
[31] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 949; Amtl. Bull. NR, 1991, S. 2241 ff.; Presse vom 17.12.91.
[32] Amtl. Bull. NR., 1991, S. 2307 f.; Amtl. Bull. StR, 1991, S. 1051 (Motion) und 960 (Postulat).
[33] NZZ, 27.3.91; TA, 10.8.91; LNN, 26.11. und 28.11.91; SPJ 1990, S. 235 f. Siehe dazu auch die Ausführungen des BR zu einer einfachen Anfrage Fankhauser (Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1427). Bereits im Sommer hatte die Zentralstelle für Flüchtlingshilfe (SFH) den BR aufgefordert, Algerien aus der Liste zu streichen, da nach Ausrufung des Ausnahmezustandes die politische Situation immer unstabiler werde (Bund, 8.6.91).
[34] Vr., 1.10.91; LNN, 19.12.91.
[35] AT, 12.1. und 19.6.91; Vr., 16.1.91; SN, 19.1.91; LM, 2.2.und 28.2.91; TW, 8.2.91; Bund, 13.3., 28.3. und 29.4.91; BZ, 23.3., und 16.12.91; SoZ, 31.3.91; 24 Heures, 2.4.91; Presse vom 12.9.91; NZZ, 19.9.91.
[36] Presse vom 23.3., 29.4. und 27.6.91; BZ, 13.5. und 29.7.91; Asyl, 6/1991, Nr. 3, S. 15 ff. (Wiedergabe des Aktionsprogramms im Wortlaut). Sowohl Hilfswerke wie Juristenkreise kritisierten die Ausdehnung der summarischen Begründung, an der sich bereits im Vorjahr die GPK gestossen hatte (Presse vom 23.3.und 28.6.91; SPJ 1990, S. 238). Das erste von Bund und Kanton gemeinsam betriebene Asylverfahrenszentrum wurde anfangs September in Zürich eröffnet (Bund, 3.9.91).
[37] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 883 ff.; Bund, 7.1.91 ; NZZ und TA, 11.1. und 5.3.91. AG: Verhandl. B.vers., 1991, VI, S. 20; AT, 20.3.91; Bund, 27.3.91; Presse vom 4.9. und 5.9.91. LU: Verhandl. B.vers., 1991, VI, S. 20; Vat., 11.6. und 5.9.91; LNN, 3.9. und 14.9.91; NZZ, 11.9.91. TG: SGT, 27.6.91. SO: BZ, 11.9.91.
[38] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 888 f.; SGT, 30.11.91; LNN, 4.12.91. Für die Befürchtungen, dass durch die internationale Zusammenarbeit eine eigentliche "Festung Europa" geschaffen werde, siehe BZ, 27.5.91; Zur Haltung des BR siehe auch seine Stellungnahme, in Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1596. Vgl. auch SPJ 1990, S. 239 f.
[39] Presse vom 1.11.91. Für eine weitere internationale Konferenz zur Asylpolitik siehe oben.