Année politique Suisse 1995 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen
Wahlen in kantonale Regierungen
Bei den Wahlen in die Kantonsregierungen kam es parteipolitisch im Tessin und in Zürich zu einer neuen Zusammensetzung: Im Tessin gelang der Lega, in Zürich den Grünen der erstmalige Sprung in die Exekutive. Im Tessin ging der Sitzgewinn der Lega auf Kosten der CVP, die ihren zweiten Sitz verlor. In Zürich, wo ein SP- und ein Ex-LdU-Sitz freigeworden waren, gewann neben den Grünen die SVP einen zweiten Sitz. Von den wiederkandidierenden Regierungsmitgliedern wurden im Berichtsjahr alle bestätigt. Der Frauenanteil in den Exekutiven erhöhte sich weiter: Das Tessin wählte sein erstes weibliches Regierungsmitglied, in Zürich und Obwalden sind neu je zwei Frauen vertreten. Ende Jahr waren von 166 kantonalen Exekutivämtern 19 (11,4%) von Frauen besetzt (1994: 16; 9,6%).
Im Kanton Basel-Land wurden
die fünf Bisherigen klar in ihrem Amt
bestätigt. Elsbeth Schneider (cvp), die erst im vergangenen Jahr als erste Frau in die Regierung gewählt worden war, erzielte dabei das beste Resultat. Die beiden Sozialdemokraten Eduard Belser und Peter Schmid vermochten ihre FDP-Kollegen Hans Fünfschilling und Andreas Koellreuter zu überflügeln. Der SVP-Herausforderer Dieter Voellmin, der den im letzten Jahr an die CVP verlorenen Sitz hätte zurückholen sollen, blieb weit hinter dem fünftplazierten Koellreuter zurück. Die grüne Nationalrätin Ruth Gonseth und Nationalrat Rudolf Keller (sd), der im dritten Anlauf den Sprung in die Exekutive versuchte, wurden noch klarer distanziert
[58].
Die
Zauberformel konnte in Luzern von der SVP
nicht geknackt werden; weiterhin sitzen 4 CVP-, 2 FDP- und 1 SP-Vertreter in der Exekutive. Gleich drei der sieben Regierungssitze waren neu zu besetzen, da Heinrich Zemp (cvp), Josef Egli (cvp) und Erwin Muff (fdp) zurücktraten. FDP und CVP, die mit einer gemeinsamen Liste antraten, konnten ihre sechs Mandate bereits im ersten Wahlgang sichern. Neben den Bisherigen Klaus Fellmann (cvp), Brigitte Mürner (cvp) und Ulrich Fässler (fdp) wurden neu Anton Schwingruber (cvp), Kurt Meyer (cvp) und Max Pfister (fdp) gewählt. Im zweiten Wahlgang konnten die Sozialdemokraten ihren seit 1959 gehaltenen Sitz mit dem Bisherigen Paul Huber verteidigen. Huber, der von der CVP unterstützt wurde, setzte sich mit 72% der Stimmen gegen seinen SVP-Herausforderer Hans Ulrich Bühler durch. Somit konnte Bühler nicht an den Erfolg der SVP bei den Grossratswahlen anknüpfen. Die Luzerner demonstrierten klar, dass sie keine rein bürgerliche Regierung wünschen. Die grüne Nationalrätin Cécile Bühlmann hatte, nachdem sie sich im ersten Wahlgang knapp vor den SVP-Kandidaten plazieren konnte, zugunsten der SP auf einen zweiten Wahlgang verzichtet
[59].
Im Tessin zog erstmals die
Protestbewegung
Lega dei Ticinesi in die Regierung ein, allerdings nicht mit Lega-Mitbegründer und Nationalrat Flavio Maspoli, der ebenfalls kandidiert hatte, sondern mit dem moderater auftretenden Nationalrat Marco Borradori. Die Lega profitierte insbesondere von der schwierigen wirtschaftlichen Situation im Tessin und der "Anti-Bern-Stimmung". Sie gewann den Exekutivsitz auf Kosten der CVP, deren zweiter Sitz durch den Rücktritt von Renzo Respini freigeworden war. Die Nationalrätin Mimi Lepori konnten diesen Sitz nicht verteidigen. Seit 1927 setzt sich die Regierung nun erstmals nicht mehr nur aus Mitgliedern der drei Traditionsparteien FDP, CVP und SP zusammen. Neu und mit Bestresultat gewählt wurde als Nachfolgerin des zurücktretenden Freisinnigen Dick Marty Marina Masoni, womit auch im Tessin
erstmals eine Frau Einsitz in der Exekutive nimmt. Mit der dem rechten FDP-Flügel zuzuordnenden Masoni und dem Lega-Vertreter Borradori kam es in der Regierung, analog zu den Grossratswahlen, zu einem Rechtsrutsch. Giuseppe Buffi (fdp), Alex Pedrazzini (cvp) und Pietro Martinelli (sp) wurden wiedergewählt. Elf Parteien mit insgesamt 38 Kandidaten hatten sich um einen Sitz in der Tessiner Kantonsregierung beworben
[60].
Obwohl gleich zwei Regierungssitze neu zu besetzen waren - die erste Regierungsrätin der Schweiz, Hedi Lang (sp), und Alfred Gilgen (ex-ldu) traten zurück -, erlebte der Kanton Zürich einen für seine Verhältnisse
ruhigen Wahlkampf. Die SVP, die nur ein Jahr zuvor mit ihrer Wahlkampagne zu den Regierungswahlen der Stadt Zürich die ganze Schweiz polarisiert hatte, gab sich dieses Mal moderat. Schon früh war klar, dass die
Entscheidung zwischen drei Frauen fallen würde. Das Rennen machten schliesslich Rita Fuhrer (svp), die vom geschlossenen Auftreten des bürgerlichen Fünfertickets profitierte, und die Parteipräsidentin der Grünen, Nationalrätin Verena Diener. Die SP-Kandidatin Vreni Müller-Hemmi erreichte zwar das absolute Mehr, fiel aber als überzählig aus der Wahl. Die SVP hat damit ihren 1991 an die SP verlorenen zweiten Sitz zurückerobert, während die
Grünen erstmals in der Zürcher Regierung vertreten sind. Die fünf wiederkandidierenden Regierungsräte waren ungefährdet: Das Spitzenresultat erzielte wie vier Jahre zuvor Finanzdirektor Eric Honegger (fdp), gefolgt von Ernst Buschor (cvp), Ernst Homberger (fdp), Moritz Leuenberger (sp) und Hans Hofmann (svp). Keine Chance hatten hingegen LdU-Kandidat Anton Schaller und Ernst Frischknecht (evp). Die Wahlbeteiligung betrug nur gerade 36,7%, obwohl die briefliche Wahl in Zürich kurz zuvor erleichtert worden war
[61].
[58] Wahlen vom 19.2.95: Presse vom 20.2.95. Wahlkampf:
BaZ, 13.1. und 3.2.95.58
[59] 1. Wahlgang vom 2.4.95:
LZ,
LNN und
NZZ, 3.4.95. 2. Wahlgang vom 7.5.95:
LZ und
LNN, 8.5.95. Wahlkampf:
LZ, 22.4.95.59
[60] Wahlen vom 2.4.95: Presse vom 3.4. und 4.4.95. Wahlkampf:
CdT und
LNN, 1.4.95.60
[61] Wahlen vom 2.4.95:
NZZ und
TA, 3.4.95. Wahlkampf:
TA, 28.3.95;
LNN, 30.3.95.61
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