Année politique Suisse 1999 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung
Strafrecht
Der Nationalrat behandelte als Erstrat das neue Bundesgesetz über die
Post- und Telefonüberwachung und hiess es in der Gesamtabstimmung mit 128:3 Stimmen gut. Der Rat hat allerdings auf Antrag seiner Kommission den bundesrätlichen Entwurf um einiges restriktiver gestaltet. Die Überwachung ist demnach nur bei einem dringenden Tatverdacht möglich; der Einsatz zur Verhinderung von möglichen, aber noch nicht erfolgten Straftaten ist damit untersagt. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass nach den Strafgesetzbestimmungen für bestimmte Deliktarten auch vorbereitende Handlungen als strafbar gelten. Der Katalog der Delikte, welche eine Überwachung rechtfertigen, wurde noch etwas eingeschränkt. Der Brief- und Telefonverkehr von an ein Berufsgeheimnis gebundenen Personen wie Ärzte, Anwälte oder Pfarrer darf nur dann überwacht werden, wenn diese Personen selbst unter dringendem Tatverdacht stehen
[30].
Ende April unterzeichnete Justizminister Koller gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus Deutschland, Österreich und Liechtenstein bilaterale Abkommen über die
grenzüberschreitende Polizeiarbeit. Damit wurde die bereits bisher praktizierte Zusammenarbeit auf eine einwandfreie rechtliche Grundlage gestellt. Geregelt wird dabei insbesondere die gegenseitige Hilfe bei Grossereignissen und Katastrophen, aber auch die grenzüberschreitende Observierung, Verfolgung und Festnahme von Tatverdächtigen sowie der Informationsaustausch
[31]. Das Parlament hiess Verträge mit Italien und Frankreich über die polizeiliche Zusammenarbeit gut. Diese sehen eine ähnliche Kooperation wie mit den nördlichen und östlichen Nachbarstaaten vor, das Schwergewicht liegt aber auf der Zusammenarbeit bei der Bewältigung des Flüchtlingsproblems
[32].
Verbesserte Ermittlungsverfahren verspricht man sich auch von
DNA-Profil-Datenbanken. Mit den damit möglichen Analysen können biologische Täterspuren (Blut, Speichel, Hautteilchen, Haare etc.) eindeutig einer Person zugeordnet werden. Eine vom EJPD im Einvernehmen mit den kantonalen Polizeidirektoren eingesetzte Expertenkommission empfahl, eine solche Datenbank zentral beim Bund einzurichten. Da es sich bei diesem „genetischen Fingerabdruck“, der allerdings keine Informationen über die Gene an sich enthält, um besonders schützenswerte Daten handelt, würde die Datenbank einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. In ersten Kommentaren in den Medien wurde die Nützlichkeit derartiger Analysen bei der Aufklärung und Verhinderung von schweren Verbrechen durch Wiederholungstäter hervorgestrichen, gleichzeitig aber heftige Kritik am Vorschlag der Experten vorgebracht, möglichst alle erkennungsdienstlich behandelten Personen darin zu erfassen. Nationalrat Widmer (sp, LU) reichte eine Motion ein, in welcher er rechtliche Grundlagen für den Schutz der Persönlichkeitsrechte verlangt. Insbesondere sollen DNA-Profile von Personen, die sich nach der erkennungsdienstlichen Behandlung als unschuldig erwiesen haben, wieder gelöscht werden
[33]. Der Kanton Bern, welcher bereits über eine DNA-Profil-Sammlung verfügt, möchte allerdings nicht auf eine bundesweite Regelung warten. Seine Regierung gab einen Gesetzesentwurf in die Vernehmlassung, der jedoch als datenschützerisch ungenügend kritisiert wurde
[34].
Die mit der neuen Bundesverfassung möglich gewordene
Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen durch den Bund kam einen weiteren Schritt voran. Im April beauftragte Bundesrat Koller den Zürcher Strafrechtsprofessor Niklaus Schmid mit der Ausarbeitung eines Gesetzesvorentwurfs. Dabei soll er sich, in Abweichung vom Expertenentwurf des Vorjahres, auf das sogenannte Staatsanwaltsmodell konzentrieren, bei dem nicht ein Untersuchungsrichter sondern ein Staatsanwalt die zentrale Figur der Voruntersuchung ist. Gestützt auf die Ergebnisse von Hearings mit Fachorganisationen über den Expertenentwurf hatte sich das EJPD für diese als effizienter beurteilte Lösung entschieden
[35].
Nach dem im Vorjahr positiv verlaufenen Vernehmlassungsverfahren präsentierte der Bundesrat seine Botschaft für ein Bundesgesetz über die
Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte. Der Gesetzesentwurf schlägt vor, dass Anwälte, die sich mit einem Patent über die Erfüllung der fachlichen Anforderungen ausweisen, sich im Kanton ihrer Geschäftsadresse in ein Anwaltsregister eintragen lassen können. Dieser Registereintrag erlaubt ihnen, in sämtlichen Kantonen ohne weitere Bewilligungen Parteien vor Gericht zu vertreten. Das neue Gesetz legt die Anforderungen für den Erwerb eines Anwaltpatentes fest: Abschluss eines mindestens dreijährigen Rechtsstudiums (mit einem Lizentiatsabschluss oder einer gleichwertigen Prüfung an einer schweizerischen oder einer EU-Universität) sowie ein in der Schweiz absolviertes einjähriges Praktikum mit einem Abschlussexamen. Als Begleitmassnahme regelt das Gesetz zudem die bisher kantonal gestalteten Vorschriften über die
Berufsausübung von Anwälten. Im Hinblick auf das Abkommen mit der EU über die Freizügigkeit im Personenverkehr bestimmt das Gesetz auch die Modalitäten für die freie Berufsausübung von Anwälten im europäischen Raum
[36].
Der
Nationalrat stimmte dem neuen Gesetz zu. Dabei nahm er allerdings eine Änderung vor, die im Rat heftig debattiert wurde. Auf Antrag von Baumberger (cvp, ZH) beschloss er unter dem Titel „Unabhängigkeit der Anwälte gegenüber Dritten“ Restriktionen bei der Zulassung zur Registrierung. Die Registrierung und damit die Zulassung als Rechtsvertreter vor Gericht sollen nur unabhängige Anwälte oder solche, deren Vorgesetzter selbst als Anwalt registriert ist, erhalten. Nicht registrieren lassen dürfen sich hingegen die nicht von einer Anwaltsfirma (z.B. eine Versicherung) angestellten Anwälte, da bei ihnen die Unabhängigkeit gegenüber Dritten nicht gegeben sei. Ein Antrag Nabholz (fdp, ZH), wenigsten diejenigen Anwälte davon auszunehmen, die bei einer nichtgewinnorientierten Organisation (z.B. Umweltschutzverband) angestellt sind, scheiterte
[37].
Der Ständerat befasste sich in der Dezembersession mit der
im Vorjahr vom Bundesrat präsentierten
Revision des Strafgesetzbuchs (Allgemeine Bestimmungen, Einführung und Anwendung) und stimmte der Vorlage zu. Grundsätzlich umstrittene Punkte gab es in der kleinen Kammer keine, jedoch wurde eine grosse Anzahl von Detailveränderungen am Regierungsentwurf und zudem einige Verschärfungen beschlossen. Die wichtige Neuerung, die vorsieht, dass anstelle von kurzen Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten eine neue Geldstrafe (oder eine gemeinnützige Arbeit) eingeführt wird, blieb unbestritten. Auf Antrag seiner Rechtskommission setzte der Rat aber den Höchsttagessatz von 2000 auf 3000 Fr. hinauf. Als neue Strafe im Sinne einer Zusatzmassnahme fügte er auch noch ein Fahrverbot für Delikte ein, die nicht in Zusammenhang mit dem Strassenverkehrsgesetz stehen. Es kann bei Tätern angeordnet werden, die ein Fahrzeug zur Tatbegehung verwendet haben. Die vom Bundesrat beantragte Heraufsetzung der Maximaldauer der bedingt ausgesprochenen Strafen von 18 Monaten auf drei Jahre wurde etwas modifiziert, indem dem Richter die Kompetenz eingeräumt wird, abhängig vom Verhalten des Verurteilten, auch bei kürzeren Haftstrafen den bedingten Strafvollzug nicht zu gewähren. Die vom Bundesrat beantragte
Verwahrung von gemeingefährlichen und nicht resozialisierbaren Gewalttätern wurde in dem Sinne verschärft, dass der Richter sie nicht bloss anordnen kann, sondern, wenn die Gefahr weiterer Taten besteht, bereits bei Ersttätern aussprechen muss. Bei der Bestrafung von sexuellen Delikten mit Kindern beschloss der Rat auf Antrag seiner Kommission ebenfalls eine Verschärfung gegenüber dem Bundesratsentwurf. Diesbezügliche Straftaten, die in einem Land begangen werden, wo sie nicht als Delikt gelten, sollen nicht nur bei Einheimischen, sondern auch bei Personen, die ihren Wohnsitz nicht in der Schweiz haben, sich aber vorübergehend hier aufhalten, verfolgt werden
[38].
Mit einer von Parteikollegen, aber auch vielen Vertretern der SVP und der LP sowie einigen Freisinnigen und Christlichdemokraten unterzeichneten parlamentarischen Initiative verlangte Nationalrat Scherrer (fp, BE) die Schaffung von gesetzlichen Grundlagen für die Einrichtung von
Schnellgerichten für die rasche Aburteilung von Kleindelinquenten wie Ladendiebe, Schwarzfahrer, Sprayer etc. Er berief sich dabei auf Erfahrungen in den USA (namentlich New York), wo sich solche Einrichtungen als effizientes Mittel zur Bekämpfung derartiger Delikte erwiesen hätten. Auf Antrag seiner Kommission für Rechtsfragen, welche primär damit argumentiert hatte, dass die Prozessordnung vorläufig noch in den Kompetenzbereich der Kantone falle, lehnte der Rat den Vorstoss mit deutlichem Mehr ab
[39].
Der Bundesrat gab den Kantonen Basel-Land, Basel-Stadt, Bern, Genf, Tessin und Waadt die Erlaubnis, vom Herbst an Versuche mit dem
elektronisch überwachten Strafvollzug zu beginnen. Dabei werden Personen, die zu einer kürzeren Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, mit einem am Fuss- oder Handgelenk befestigten Sender überwacht und können ihre Strafe zu Hause oder an einem anderen zugewiesenen Ort (z.B. gemeinnütziger Arbeitsplatz) absitzen
[40].
Der Bundesrat legte dem Parlament einen im Jahr 1997 mit
Thailand abgeschlossenen Vertrag über die
Überstellung von Straftätern zur Ratifizierung vor. Das Interesse der Schweiz an diesem Vertrag liegt primär darin, dass dieser schweizerischen Delinquenten erlaubt, ihre Strafe in einem schweizerischen Gefängnis zu verbüssen, wovon man sich auch bessere Resozialisierungseffekte verspricht. Dieser Vertrag – der einem Europarats-Übereinkommen nachempfunden ist – eröffnet freilich nur die Möglichkeit einer Rückführung, ein Rechtsanspruch besteht jedoch nicht. Der Hintergrund für diese nichtzwingende Regelung besteht darin, dass in Thailand die allgemeinen Strafmasse, insbesondere aber diejenigen für Drogendelikte drastisch höher sind als in der Schweiz, und die Schweiz nicht bereit war, diese thailändischen Urteile in jedem Fall zu vollziehen
[41].
Der im Vorjahr vom Bundesrat in die Vernehmlassung gegebene Vorentwurf für ein Sistieren des Laufens der zehnjährigen
Verjährungsfrist bei sexuellen Delikten mit Kindern bis zum
18. Altersjahr der Opfer rief ein gemischtes Echo hervor. Die beiden Strafrechtler Martin Killias und Guido Jenny, aber auch die SP befürchteten, dass es bei einer derart verlängerten Verjährungsfrist zu Fehlurteilen kommen könnte und die Gefahr von verleumderischen Anzeigen bestehen würde. Neben der SP zeigte sich auch die SVP skeptisch
[42].
Die gleichzeitig durchgeführte Vernehmlassung über eine Verschärfung der Vorschriften gegen die
harte Pornografie und gegen extreme Gewaltdarstellungen führte zu einer Überarbeitung des Entwurfs. Insbesondere soll dabei abgeklärt werden, ob die vorgesehene
Strafbarkeit des
Besitzes generell, oder nur für bestimmte Kategorien der harten, d.h. verbotenen Pornografie gelten soll (z.B. sexuelle Handlungen mit Kindern)
[43].
Der Ständerat wandelte eine 1997 vom Nationalrat überwiesene Motion Jeanprêtre (sp, VD) für den Ausbau der logistischen Mittel zur Bekämpfung der
Pädophilie in ein Postulat um
[44].
Bei der Schaffung
von zusätzlichen Bundeskompetenzen bei der Ermittlung gegen das organisierte Verbrechen und die Wirtschaftskriminalität schloss sich der Nationalrat weitgehend den Beschlüssen der kleinen Kammer aus dem Vorjahr an. Auf Antrag seiner Kommission für Rechtsfragen nahm er allerdings wieder eine gewisse Zentralisierung vor, indem er bei ganz oder teilweise im Ausland oder in mehreren Kantonen begangenen und infolge ihrer Komplexität eine einheitliche Untersuchungsführung verlangenden Delikten für bestimmte Kategorien zwingend die Bundesgerichtsbarkeit beschloss. Es betrifft dies Verbrechen krimineller Organisationen, Geldwäscherei, Bestechung und mangelnde Sorgfalt bei Finanzgeschäften. Wenn es sich hingegen lediglich um Vermögensdelikte und Urkundenfälschungen handelt, soll die Bundesanwaltschaft nur auf Verlangen der Kantone oder bei deren Nichttätigkeit den Fall an sich ziehen dürfen. Damit soll verhindert werden, dass sich die Bundesbehörden besonders attraktive Fälle herauspicken können. Die parallel zu diesen neuen Bundeskompetenzen beantragte Entflechtung der Bundesanwaltschaft und der Bundespolizei bzw. der Ausbau der Rechte der Beschuldigten und ihrer Verteidiger hiess der Nationalrat diskussionslos gut. In der
Differenzbereinigung schloss sich der Ständerat grundsätzlich dem nationalrätlichen Konzept an. Er verzichtete allerdings auf das für ihn zu wenig eindeutige Kriterium der Komplexität eines Falls. Zusätzlich fügte er ein, dass unkomplizierte Verfahren, bei denen zwar an sich eine Bundesgerichtsbarkeit gegeben ist, zur Untersuchung, Anklage und Beurteilung an die Kantone delegiert werden können. Die neuen Bestimmungen wurden in der Wintersession verabschiedet
[45].
Die
organisatorische Trennung von Polizei- und Anklagebehörden auf Bundesebene wurde im Herbst vollzogen. Die bisher bei der Bundesanwaltschaft angegliederte Bundespolizei und der Sicherheitsdienst wurden in das Bundesamt für Polizeiwesen integriert
[46].
Der Nationalrat hiess eine Motion des Ständerates aus dem Vorjahr gut, welche klare Regeln für die
Aufteilung von staatlich beschlagnahmten deliktisch erworbener Gelder auf die an einer Untersuchung beteiligten Behörden verlangt. Eine Motion Heim (cvp, SO), welche forderte, dass derartige Gelder, wenn sie aus Drogendelikten stammen, vom Bund gleich wie bereits von einigen Kantonen (FR, GE, VD) für die Drogenprävention und -bekämpfung verwendet werden, wurde in Postulatsform überwiesen. Die Forderung Heims war auch von der Interessengemeinschaft private Drogenhilfe (IGPD) vorgebracht worden. In der Wintersession gab der Nationalrat auch noch einer parlamentarischen Initiative Gross (sp, TG) mit entsprechendem Inhalt Folge
[47].
Im April präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zu Reform des
Korruptionsstrafrechts; darin enthalten ist auch der
Antrag zur Ratifizierung des OECD-Übereinkommens zur Korruptionsbekämpfung. Abgesehen davon, dass er auf die heftig kritisierte Absicht verzichtete, auch die Bestechung im privaten Bereich ins Strafgesetz aufzunehmen, nahm er gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf vom Vorjahr nur wenige Änderungen vor. Insbesondere behielt er sowohl die Aufwertung der aktiven Bestechung zu einem mit Zuchthaus zu bestrafenden Verbrechen als auch den
neuen Straftatbestand der aktiven Bestechung von Amtsträgern im Ausland bei. Bei letzterem präzisierte er, dass damit sowohl Vertreter von Staaten (und von ihnen kontrollierte Firmen) als auch von internationalen Organisationen gemeint sind. Zusätzlich soll festgehalten werden, dass nur dann Bestechung vorliegt, wenn eine pflichtwidrige oder im Ermessen stehende Vorteilsgewährung angestrebt wird. Damit sind die in einigen Ländern üblichen Schmiergelder, welche Beamte zur pflichtgemässen Erledigung einer Aufgabe motivieren sollen, als strafbare Handlung ausgeschlossen. An dem in der Vernehmlassung besonders umstrittenen neuen Straftatbestand des sogenannten Anfütterns, d.h. der Gewährung von Vorteilen ohne direkten Bezug zu einer Amtshandlung, welche zur Schaffung eines guten Klimas dient, hielt die Regierung fest. Diese Vorteilsgewährungen müssen allerdings einen Bezug zur zukünftigen Amtsführung aufweisen, um nicht auch private Geschenke oder solche, die nach Abschluss einer Dienstleistung gemacht werden (etwa ein Blumenstrauss für eine Krankenschwester nach einem Spitalaufenthalt), mit einzubeziehen. Schliesslich sieht der Entwurf vor, dass in Bagatellfällen von einer Strafverfolgung abgesehen werden kann
[48].
Der
Nationalrat befasste sich als erster mit den neuen Bestimmungen. Nachdem Eintreten unbestritten war, übernahm der Rat, abgesehen von einigen redaktionellen Änderungen, die Version des Bundesrates und ratifizierte auch den Beitritt zur OECD-Übereinkunft. Gleichzeitig verabschiedete er ein Postulat seiner Rechtskommission für ein vom Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen auszuarbeitendes Konzept der Korruptionsbekämpfung. Bei der OECD-Konvention musste allerdings ein Vorbehalt angebracht werden: das verabschiedete Anti-Korruptionsgesetz betrifft lediglich Einzelpersonen (allerdings auch solche, die im Auftrag eines Unternehmens handeln), nicht aber Unternehmen. Mit der vom Bundesrat im Vorjahr beantragten und vom Ständerat in der Dezembersession des Berichtsjahres gutgeheissenen Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuchs soll allerdings auch diese Lücke in Kürze geschlossen werden. Nachdem der Ständerat die neuen Bestimmungen ebenfalls angenommen hatte, konnte die Vorlage noch vor Jahresende verabschiedet werden
[49].
Gleichzeitig wurde auch die
steuerliche Abzugsfähigkeit von Bestechungszahlungen als Geschäftsunkosten gestrichen. In Ausführung einer 1995 gutgeheissenen parlamentarischen Initiative Carobbio (sp, TI) hatte die WAK-NR 1997 entsprechende Anträge zur Revision des Bundessteuer- und des Steuerharmonisierungsgesetzes vorgelegt. Im Nationalrat gab es keine grundsätzliche Kritik. Einige Abgeordnete der FDP und der SVP nahmen allerdings den Vorschlag der Expertenkommission teilweise wieder auf, wonach nicht die Steuerbehörden über die steuerliche Abzugsfähigkeit entscheiden sollen, sondern eine rechtskräftige Verurteilung oder eine Einziehungsverfügung im In- oder Ausland vorliegen muss. Als Ergänzung soll in diesem Konzept eine Meldepflicht der Steuerbehörden an die Strafverfolgungsbehörden bei Kenntnis von rechtswidrigen Bestechungszahlungen eingeführt werden. Im Rat setzte sich jedoch das von der Ratslinken und der CVP unterstützte Konzept der WAK durch. Die kleine Kammer schloss sich diskussionslos und einstimmig diesen Entscheiden an, worauf die Vorlage in der Wintersession verabschiedet werden konnte
[50]. Da von dieser Vorlage nur Bestechungsgelder an Amtsträger betroffen sind, reichte der Sozialdemokrat Jans (ZG) eine Motion ein, welche auch Schmiergelder an Private nicht mehr als steuerrelevante Geschäftsunkosten gelten lassen will
[51].
[30]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2601 ff.;
BaZ, 22.12.99. Siehe
SPJ 1998, S. 30. Das 1998 vom BR gleichzeitig präsentierte neue Gesetz über verdeckte Ermittler ist vom NR noch nicht beraten worden.30
[31]
TA, 28.4.99;
Bund, 28.4.99. Im November legte der BR die Verträge dem Parlament zur Ratifizierung vor (
BBl, 2000, S. 862 ff.).31
[32] Vgl. dazu unten, Teil I, 7d (Flüchtlingspolitik).32
[33] Presse vom 20.1.99;
Verhandl. B.vers., 1999, I, Teil II, S. 178. Solche Datenbanken sind v.a. in den USA und in Grossbritannien in Gebrauch, aber z.B. auch in Österreich.33
[35]
NZZ, 7.4.99. Vgl.
SPJ 1998, S. 31.35
[36]
BBl, 1999, S. 6013 ff. Vgl.
SPJ 1998, S. 31.36
[37]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1551 ff.;
LT und
TA, 2.9.99.37
[38]
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 1104 ff. Vgl.
SPJ 1998, S. 32. Eine 1997 vom NR überwiesene Motion Wiederkehr (ldu, ZH) für die Einführung von gemeinnütziger Arbeit als neue Strafe konnte vom StR als erledigt abgeschrieben werden (
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 1138; vgl.
SPJ 1997, S. 33).38
[39]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 187 ff. Vgl. dazu auch
Plädoyer, 1999, Nr. 4, S. 8-11.39
[40]
TA, 29.4. und 20.8.99;
BaZ, 20.8.99.40
[41]
BBl, 1999, S. 4379 ff. Vgl.
SPJ 1997, S. 94.41
[42]
BaZ, 4.1.99;
TA, 9.9.99. Siehe
SPJ 1998, S. 33.42
[43]
TA, 9.9.99. Siehe
SPJ 1998, S. 33.43
[44]
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 1138. Vgl.
SPJ 1997, S. 33.44
[45]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1037 ff., 2409 f. und 2678;
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 817 f. und 1203;
BBl, 2000, S. 70 ff. (resp. 76 ff. Bundesstrafrechtspflege, 83 ff. Verwaltungsstrafrecht). Vgl.
SPJ 1998, S. 33 f.45
[46]
BaZ und
NZZ, 2.6.99.46
[47]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1306 f. (Heim), 1037 ff. (StR-Motion) und 2580 (Gross);
TA, 22.1.99 (IGPD). Siehe dazu auch die Ausführungen des BR in
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1414 ff.47
[48]
BBl, 1999, S. 5497 ff.; Presse vom 20.4.99. Vgl.
SPJ 1998, S. 34 f. Zur Vernehmlassung siehe auch
NLZ, 21.1.99.48
[49]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2119 ff., 2127 f. (Postulat), 2128 ff. und 2678;
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 1068 ff. und 1204;
BBl, 2000, S. 65 ff. Zur StGB-Revision siehe
SPJ 1998, S. 32 sowie oben.49
[50]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2131 ff. und 2676;
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 1178 f. und 1201;
BBl, 2000, S. 87 f. Vgl.
SPJ 1997, S. 34 f.50
[51]
Verhandl. B.vers., 1999, VI, Teil I, S. 16. Die Motion wurde von Gysin (sp, BS) übernommen.51
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