Année politique Suisse 1999 : Sozialpolitik / Gesundheit, Sozialhilfe, Sport
Suchtmittel
Alle vier Jahr wird in einem internationalen Vergleich das Gesundheitsverhalten von Schulkindern erhoben. In diesem Rahmen wurden 1998 in der Schweiz 8700 11-15-Jährige befragt. 17% der 14-Jährigen und 27% der 15-Jährigen gaben an, bereits mindestens einmal Haschisch konsumiert zu haben. Von den 13-Jährigen rauchen heute 7%, bei den 15-Jährigen 25%, wovon 90% täglich. Gegenüber 1986 (dem Beginn der Erhebung) erhöhte sich der Prozentsatz der
Jugendlichen, die wöchentlich Alkohol trinken von 8,5 auf 17,4%. Gemäss der Fachstelle für Alkohol und andere Drogenprobleme (SFA) sind vor allem
Veränderungen im Konsumverhalten bedenklich: dort, wo es früher um Gelegenheitskonsum ging, könne heute von einem regelmässigen Griff zur Zigarette, zum Glas oder zum Joint gesprochen werden
[51].
Der vom Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) in seiner Subventionspraxis übernommene Entscheid des eidgenössischen Versicherungsgerichts, wonach die IV nur dort für Suchttherapien belangt werden kann, wo tatsächlich eine Invalidität erzeugende Krankheit besteht, brachte viele private und halbprivate Therapiestationen in finanzielle Nöte, weshalb sie beim BSV vorstellig wurden, um weitere Überbrückungsgelder zu verlangen. Die im Drogenbereich angesiedelten Institutionen verlangten insbesondere die Verwendung beschlagnahmter Drogengelder für die Sicherstellung ihrer Tätigkeit
[52]. Diese Problematik fand auch im Nationalrat ihren Niederschlag. Während die vorberatende Kommission eine Petition des „Vereins für umfassende Suchttherapie“ gegen die
Leistungskürzungen im Bereich der Suchttherapie lediglich dem Bundesrat zur Kenntnisnahme übermitteln wollte, erreichte Borel (sp, NE), dass dies in Form einer Motion geschah
[53]. In einer als Postulat überwiesenen Motion verlangte Nationalrat Heim (cvp, SO),
beschlagnahmte
Vermögenswerte aus dem Drogenhandel sollten vom Bund, wie bereits von einigen Kantonen
zur Drogenprävention und –rehabilitation verwendet werden
[54]. In der Wintersession hiess der Rat eine entsprechende parlamentarische Initiative Gross (sp, TG) einstimmig gut
[55].
Im März lancierte das BAG zusammen mit weiteren interessierten Kreisen unter dem Titel „Alles im Griff?“ eine
Kampagne gegen den übermässigen Alkoholkonsum. Mit 3,9 Mio Fr. für 1999 ist es die bisher grösste Werbeaktion des Bundes für einen verantwortungsvollen Umgang mit der legalen Droge Alkohol
[56].
Das
Referendum der EDU
gegen den im Vorjahr gefällten
„Heroinbeschluss“ des Parlaments (befristeter dringlicher Bundesbeschluss zur Verabreichung von Heroin an Schwerstsüchtige bis zum Vorliegen des revidierten Betäubungsmittelgesetzes) kam mit 55 440 gültigen Unterschriften
zustande
[57].
Rund einen Monat vor der Abstimmung erhielt die ärztlich überwachte Heroin-Verschreibung Sukkurs durch einen
Bericht der WHO, welche international anerkannte Experten beauftragt hatte, die schweizerische Praxis kritisch zu durchleuchten und zu würdigen. Das Expertenteam zog eine durchwegs positive Bilanz der zwischen 1994 und 1996 durchgeführten Versuche. Es habe sich gezeigt, dass die Verschreibung von Heroin in einem streng kontrollierten Rahmen machbar sei und in einer für das Gemeinwesen akzeptierbaren Weise durchgeführt werden könne. Als Erfolg wurde ferner bewertet, dass sich der
Gesundheitszustand und die soziale Situation der Betroffenen klar verbessert habe, und dass sowohl die Beschaffungskriminalität als auch der Konsum von illegalem Heroin deutlich zurück gegangen seien. Als Schwachstelle des schweizerischen Forschungsprojekts wurde das Fehlen einer über einen längeren Zeitrahmen erfassten Kontrollgruppe (beispielsweise von Methadon-Patienten) geortet, weshalb weitere wissenschaftliche Erhebungen notwendig seien, um ein definitives Urteil fällen zu können
[58].
Die
Abstimmungskampagne verlief
sehr ruhig, was auch damit zu tun hatte, dass dieses Referendum im Schatten von brisanten Vorlagen stand, welche am 13. Juni ebenfalls zur Abstimmung gelangten (Mutterschaftsversicherung, Revision und dringliche Bundesbeschlüsse der Asylgesetzgebung, 1. Teil der IV-Revision mit der geplanten Abschaffung der Viertelsrente). Zudem wurde allgemein angenommen, dass angesichts der Geschlossenheit der drei grossen Bundesratsparteien CVP, FDP und SP die Argumente jener Splittergruppe, welche das Referendum lanciert hatte (EDU) und jener rechtsbürgerlicher Kreise, welche es unterstützten (SVP, LP, SD und FP) kaum Gehör finden würden. Im Verlauf der Wochen warnten Beobachter aber zunehmend davor, den Angriff der Rechtskonservativen zu unterschätzen; im Verborgenen seien hier die gleichen Kräfte am Werk, die im März gewissermassen in letzter Minute die scheinbar „sichere“ Totalrevision der Bundesverfassung fast noch zu Fall gebracht hätten
[59].
Die Ergebnisse dieser Volksabstimmung lagen mit
54,4 Prozent Ja tatsächlich weit unter jenen zur Volksinitiative „Jugend ohne Drogen“, welche ein analoges Ziel verfolgt hatte und 1997 mit über 70% Nein-Stimmen an der Urne gescheitert war. Während damals aber kein einziger Kanton das restriktive Volksbegehren angenommen hatte, sprachen sich nun
immerhin 10 Kantone gegen die Weiterführung der Heroinabgabe aus. Der Bundesrat erklärte dies damit, dass es hier nicht um die 4-Säulen-Politik als Ganzes gegangen sei, sondern um einen Teilaspekt – und zwar um den umstrittensten der gesamten Drogenpolitik. Die in der Drogenpolitik traditionell restriktive
Westschweiz wurde ihrem Ruf gerecht: mit Ausnahme von Genf stimmte sie geschlossen gegen die Heroinabgabe. Am stärksten war der Widerstand im Wallis (64,6% Nein), dahinter folgten Neuenburg (58%) und die Waadt (57,2%). In der Deutschschweiz lagen die fünf Kantone mit Nein-Mehrheiten in der
Inner- und Ostschweiz (SZ, GL, AR, AI, TG), angeführt von Appenzell Innerrhoden mit 54,5% Nein. An der Spitze der Befürworter lagen Basel-Stadt (69,2% Ja), Baselland (64,9%), Zug und Zürich (62,7 resp. 62,5%) sowie Genf (58,9%). Basel, Zürich und Genf kennen die Heroinabgabe aus eigener Erfahrung. Im Kanton Bern, wo in den Städten Bern und Thun ebenfalls Heroinprogramme laufen, lag die Zustimmung mit 53,3% unter dem Schweizer Durchschnitt. Als Erklärung für diesen Umstand wurde angeführt, dass der Kanton Bern mehrheitlich ländlich sowie eigentliches Stammland der EDU ist und in weiten Teilen in Hand der SVP liegt, die ebenfalls gegen die Heroinabgabe angetreten war; in den städtischen Gebieten war die Annahme überdurchschnittlich
[60].
Dringlicher Bundesbeschluss über die ärztliche Verschreibung von Heroin
Abstimmung vom 13. Juni 1999
Beteiligung: 45,74%
Ja: 1 128 393 (54,4%)
Nein: 944 919 (45,6%)
Parolen:
– Ja: CVP (*1), FDP (*3), SP (*1), Grüne, EVP, (2*), LdU, PdA; SGB, CNG, Jugendverbände, Städteverband.
– Nein: SVP (3*), LPS (*1), FP, EDU.
– Stimmfreigabe: SGV
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Die
Vox-Analyse dieser Abstimmung bestätigte einen
gewissen Antagonismus zwischen der deutschen und der welschen Schweiz in Drogenfragen (59% Befürworter in der Deutschschweiz gegen 51% in der Romandie). Die Schulbildung schien ebenfalls eine nicht unbedeutende Rolle zu spielen, indem Hochschulabsolventen mit 73% Ja-Stimmen überdeutlich zustimmten, während Personen mit reiner Volksschulausbildung zu 61% ein Nein in die Urne legten. Im Gegensatz zu den beiden Initiativen 1997 und 1998 spielten Alter und Kirchenbindung keine Rolle. Abstimmungsentscheidend war einmal mehr die
politische Positionierung: die Anhänger und Anhängerinnen der Linken (SP und Grüne) nahmen die Vorlage fast einstimmig an, während sich die Sympathisanten und Sympathisantinnen der SVP nur zu 30% dafür aussprachen
[61].
Das Bundesgerichtes befasste sich in zwei Leitentscheiden mit der Modedroge
Ecstasy. Gleich wie 1991 bei Cannabis entschied es, für die Bestrafung des Handels mit Ecstasy könne keine mengenmässige Definition vorgenommen werden. Ecstasy sei zwar ”keinesfalls eine harmlose Substanz”, doch sei es nicht geeignet, die körperliche oder seelische Gesundheit vieler Menschen in eine naheliegende und ernsthafte Gefahr zu bringen. Das Gefahrenpotential von Ecstasy liege unter jenem der ”harten” Drogen wie Heroin und Kokain, allerdings aber auch über jenem von Cannabis. Der banden- oder gewerbsmässige Handel mit Ecstasy könne allerdings durchaus als schweres Vergehen betrachtet werden
[62].
Eine der zentralen Fragen der anstehenden Gesetzesrevision, nämlich der
Umgang mit Cannabis (Konsum und Produktion) wurde in der Frühjahrssession des Nationalrates von ganz unterschiedlicher Warte aus in die Diskussion gebracht. Mit einer Motion wollte die grüne Fraktion erreichen, dass die gesetzlichen Grundlagen geschaffen bzw. geändert werden, damit Cannabisprodukte
aus der Liste der verbotenen Betäubungsmittel gestrichen werden können. Sie verwies dabei auf verschiedene Standesinitiativen, welche dieses Ansinnen ebenfalls gestellt hatten, angefangen bei jener des Kantons Bern (1988). Fraktionssprecher Baumann (BE) bezeichnete das Konsumverbot als „unbeschreibliche Heuchelei“, da volksgesundheitlich bedeutend schädlichere Genuss- resp. Suchtmittel wie Tabak und Alkohol frei zugänglich seien und zudem ein nicht unbeträchtlicher Teil der Bevölkerung (rund 500 000 Personen) zugegebenermassen Haschisch konsumiere, wenn meistens auch nur gelegentlich. Unter Hinweis auf internationale UNO-Übereinkommen und die anstehende Revision des Betäubungsmittelgesetzes erklärte Bundespräsidentin Dreifuss, eine umgehende Legalisierung des Cannabis-Konsums scheine der Landesregierung nicht angezeigt, weshalb sie Ablehnung der Motion beantragte. Sie verhehlte aber auch nicht, dass die Diskussion in diesem Bereich weiter gehen werde und allenfalls später zu einem anderen Ergebnis führen könne. Der Vorstoss wurde mit 65 zu 50 Stimmen abgewiesen
[63].
Ebenfalls mit einer Motion verlangte Nationalrat Bortoluzzi (svp, ZH), der Bundesrat solle den
Hanfanbau in der Schweiz einer generellen
Bewilligungspflicht unterstellen und nur jene Sorten zuzulassen, deren THC-Gehalt unter 0,3% liegt. Der Bundesrat war bereit, den Vorstoss als Postulat anzunehmen, doch wurde er von Ratsmitgliedern aus dem links-grünen Lager bekämpft und vorderhand der Diskussion entzogen
[64].
Rückendeckung erhielt die Position der Grünen vom Bericht der eidgenössischen Kommission für Drogenfragen (EKDF) über die Legalisierung von Cannabisprodukten – jedenfalls in dessen Grundaussage, wonach im revidierten Gesetz zwischen „weichen“ und „harten“ Drogen unterschieden werden sollte. Ohne die Gefährlichkeit von Haschisch und Marihuana bagatellisieren zu wollen, kam die Kommission zum Schluss, dass Cannabisprodukte seit einigen Jahren im Gegensatz zu anderen Drogen gesellschaftlich breit akzeptiert sind. Die Verbotspolitik habe dies nicht verhindern können. Mit der Diskrepanz zwischen Gesetz und Wirklichkeit verliere die staatliche Drogenpolitik aber zunehmend ihre Glaubwürdigkeit. Die EKDF möchte deshalb den Konsum von Cannabis und die Vorbereitungshandlungen zum Konsum, etwa den Besitz oder den Anbau der Droge, für Erwachsene freigeben.
Beim Handel schlug die Kommission zwei Modelle vor. Im ersten – dem sie einstimmig den Vorzug gab – sollte der Handel zwar legal, aber nicht völlig unkontrolliert sein. Sie empfahl, den Handel an eine Lizenz zu knüpfen. Mit einer Reihe von Regulierungen könnten sodann Konsumenten- und Jugendschutz verwirklicht werden. Diese Variante wäre allerdings mit dem – von der Schweiz noch nicht ratifizierten – Drogenabkommen der UNO von 1988 nicht vereinbar. Als „zweitbeste Lösung“ stellte die EKDF ein Modell vor, das den Rahmen der zurzeit bestehenden internationalen Abkommen voll ausschöpft, um einer Freigabe möglichst nahe zu kommen. Der Handel bliebe zwar weiterhin strafbar, durch eine Einführung des Opportunitätsprinzips könnten Polizei und Gerichte aber fallweise von Verfolgung und Bestrafung absehen. Da die Schweiz aber keine einheitlichen Grundsätze der Strafverfolgung kennt, müsste der Bund diese Praxis auf dem Verordnungsweg präzisieren, um eine rechtsungleiche Situation in den Kantonen zu verhindern.
Gleichzeitig mit dem Auftrag an die EKDF hatte das BAG von vier
Experten Studien zur möglichen Straffreiheit des
Konsums auch
von
harten Drogen bestellt. Hier fielen die Meinungen und Empfehlungen
nicht einheitlich aus. Generell wurde jedoch festgehalten, dass der Konsum aller heute verbotenen Drogen von Strafe befreit werden könnte, ohne dass die Schweiz eines der bisher ratifizierten internationalen Abkommen aufkünden müsste, da diese in erster Linie den Handel betreffen. Unbestritten war auch die Aussage, dass diese Liberalisierung Kosteneinsparungen in Höhe von mindestens 40 Mio Fr. jährlich brächten, da die Konsumenten nicht mehr verfolgt werden müssten. Uneins waren sich die Fachleute bei den Auswirkungen auf den Drogenhandel: Während ein Experte befürchtete, eine Liberalisierung des Konsums würde die Bildung offener Drogenszenen begünstigen und das Vorgehen gegen die Dealer erschweren, wies eine Expertin darauf hin, dass in Ländern mit straflosem Drogenkonsum (Deutschland und Italien) dieser nicht höher ist als in der Schweiz und eher mehr Händler verhaftet werden als in Staaten mit Konsumverbot
[65].
Da sich die Stellungnahme des Bundesrates zur Revision der Betäubungsmittelgesetzgebung gegenüber früher gemachten Zusagen verzögerte, beschloss die
Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK) im Frühjahr mit grosser Mehrheit, das Heft selber in die Hand zu nehmen. Zur Revision des BetmG schlug sie
drei
ausformulierte
Varianten vor, wobei sie einer völligen Entkriminalisierung von Besitz und Konsum aller Drogen sowie einer Freigabe der Herstellung von Cannabis den Vorzug gab. Ein zweites Modell sieht vor, die Straffreiheit auf den Konsum von Cannabis zu beschränken, ein drittes begnügt sich mit dem Opportunitätsprinzip, bei dem die Behörden in Bagatellfällen oder zur Unterstützung einer Therapie auf Strafverfolgung verzichten können. Nach dem Wunsch der Kommission sollten diese Vorschläge zusammen mit jenen des Bundesrates in die Vernehmlassung gegeben werden; würde der Bundesrat mit seiner Vorlage jedoch scheitern oder die Revision weiter aufgeschoben, so nahm sich die Kommission vor, über eine parlamentarische Initiative selber gesetzgeberisch tätig zu werden
[66].
Diese Willensbezeugung wichtiger Parlamentarier, die vorliegenden Expertenberichte und die Ergebnisse der Volksabstimmung vom 13. Juni führten – gemeinsam mit Vorarbeiten der Verwaltung – dazu, dass der
Bundesrat Ende August
fünf Varianten zur Entkriminalisierung des Drogenkonsums in die Vernehmlassung gab, wobei die Modelle 3-5 die Vorstellungen der SGK des Nationalrates übernahmen. Als Variante 1 schlug der Bundesrat vor, den Konsum, Erwerb und Besitz aller heute illegalen Drogen ab 18 Jahren zuzulassen; für Anbau, Fabrikation und Handel mit Cannabis sollte das Opportunitätsprinzip gelten. Variante 2 des Bundesrates sieht vor, zwischen weichen und harten Drogen zu unterscheiden; der Konsum von Cannabis würde straffrei, für alle anderen Drogen sollte das Opportunitätsprinzip gelten. Fabrikation und Handel mit Cannabis würden nach wie vor verboten, doch sollte bei geringfügigen Mengen Straffreiheit gelten. Nach diesem Modell würde es für den Hanfanbau zum Drogenkonsum einer allgemeinen Bewilligung bedürfen, während jener für den Industriegebrauch der Meldepflicht unterstellt würde
[67].
Die Entschiedenheit des Nationalrates, bei der Entkriminalisierung des Betäubungsmittelkonsums vorwärts zu machen, schlug sich auch in der Behandlung von
drei Standesinitiativen nieder. Eine Initiative des Kantons
Solothurn, welche eine völlige Strafbefreiung des Konsums illegaler Drogen verlangt, war 1996 vom Ständerat abgelehnt worden, da auf anstehende Lösungsvorschläge des Bundesrates hingewiesen werden konnte. Da diese auf sich warten liessen und die Initiative der privilegierten Stossrichtung der nationalrätlichen SGK entspricht (siehe oben), beantragte diese dem Plenum Annahme des Vorstosses. Zwei vom Ständerat noch nicht behandelte Standesinitiativen der Kantone
Basel-Land und
Zürich möchten die ersatzlose Streichung der Cannabisprodukte aus dem Betäubungsmittelgesetz erreichen; diese Vorschläge nehmen das „mittlere“ Modell der SGK des Nationalrates auf, weshalb diese auch hier sinngemäss Zustimmung beantragte. In einer gemeinsamen Abstimmung wurden die drei Standesinitiativen mit dem sehr knappen Mehr von 67 zu 66 Stimmen gutgeheissen
[68].
[51] Presse vom 4.2.99. Vgl.
SPJ 1995, S. 231.51
[52]
LT, 9.6.99;
NZZ, 15.10.99. Siehe dazu oben, Teil I, 1b (Strafrecht) sowie
SPJ 1998, S. 248.52
[53]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1292 ff. Siehe dazu auch eine Interpellation Rochat (lp, VD) in
Amtl. Bull. StR, 1999, S. 802 f. Vgl.
SPJ 1998, S. 248. Gegen den Willen des BR wurde eine Motion Schmied (svp, BE), welche die Einrichtung eines permanenten Telefondienstes für Drogenabhängige verlangte, als Postulat überwiesen. Der BR argumentierte, als Anlaufstelle für Sucht- und andere persönlichen Probleme gebe es genügend private Institutionen (
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 154 ff.).53
[54]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1306 f. Vorreiter sind hier die Kantone GE, VD und FR, welche seit 1995 über 78 Mio Fr. aus dem Drogenhandel in einen Fonds für den Kampf gegen die Drogensucht eingespiesen haben (
TA, 1.6.99). Zur Verwendung der Drogengelder siehe die Antwort des BR auf eine Einfache Anfrage Fehr Lisbeth (svp, ZH) (
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 1414 ff.).54
[55]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2580.55
[56] Presse vom 24.3.99. Vgl. dazu die Ausführungen des BR zu einer Interpellation Tschopp (fdp, GE) sowie zu einer Frage Zwygart (evp, BE) im NR (
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 512 f. und 1952). Diese Kampagne stand auch im Zusammenhang mit der auf den 1. Juli gültig werdenden Senkung der Bundessteuer um rund 15% auf importierten Spirituosen; siehe dazu oben, Teil I, 4c (Produits alimentaires).56
[57]
BBl, 1999, S. 1930 f. Siehe
SPJ 1997, S. 253 ff. und
1998, S. 246 ff. Während noch vor wenigen Jahren das Schweizer Heroin-Modell im internationalen Umfeld im Abseits stand, zeigte sich an einem im März in Bern durchgeführten internationalen Symposium, dass immer mehr Länder mit Interesse die hiesige Entwicklung verfolgen. Holland unternahm bereits 1998 erste Versuche mit der kontrollierten Heroinabgabe; in Deutschland, Spanien, Dänemark, Australien, Kanada und Frankreich steht sie zur Diskussion (Presse vom 11.3.99;
NZZ, 18.3.99). Komplimente erhielt die Schweiz auch vom Direktor des UNO-Programms zur Bekämpfung von Aids (
TG, 22.3.99).57
[58] Presse vom 17.4.99. Die Verfechter des Referendums behaupteten wiederholt, die WHO habe zu ihrem Bericht noch einen Kommentar abgegeben, der wesentlich kritischer sei als die Expertise selber; das kolportierte Papier war jedoch weder datiert noch signiert, und die WHO dementierte stets die Existenz einer derartigen Stellungnahme (
NZZ, 23.4.99;
LT, 27.5.99).58
[59] Presse vom 17.4.-11.6.99.59
[60]
BBl, 1999, S. 7293 ff.60
[61] Kriesi, Hanspeter u.a.,
Analyse der eidgenössischen Abstimmung vom 13. Juni 1999, Vox Nr. 68, Genf 1999. Vgl.
SPJ 1997, S. 255 und 1998, S. 248.61
[62] Presse vom 16.6.99. Siehe
SPJ 1991, S. 219.62
[63]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 151 ff.63
[64]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 477. Das BA für Polizei schätzte, dass der Hanfanbau 1999 rund 200 Tonnen betragen dürfte; zwei Drittel des Umsatzes von 600 Mio Fr. gehen dabei auf das Konto von genussfähigem Hanf (
24h, 13.10.99).64
[65] Presse vom 24.4.99;
LT, 23.6.99. Die Straffreiheit in Deutschland muss allerdings dadurch relativiert werden, dass der Besitz von Drogen nach wie vor strafbar ist. Zu früheren Berichten der EKDF, die bereits ähnliche Massnahmen vorgeschlagen hatte, siehe
SPJ 1989, S. 197 f. und
1996, S. 245 f.65
[66]
BZ, 1.2.99; Presse vom 3.5.99.66
[67]
BBl, 1999, S. 7306 ff.; Presse vom 26.8.99. Nach den Worten des BR verfolgt die Revision das Ziel, die Gesetzgebung an die Realität im Drogenbereich anzupassen, sowie Lückenhaftigkeit, Inkohärenzen und Widersprüchlichkeiten des bestehenden Gesetzes zu verbessern. Für den Anbau und den Vertrieb von Hanfprodukten sind Verordnungsänderungen vorgesehen.67
[68]
Amtl. Bull. NR, 1999, S. 2010 ff. Siehe
SPJ 1996, S. 245. Dafür stimmte das geschlossene links-grüne Lager, sowie einzelne bürgerliche Abgeordnete aus der CVP, FDP und SVP.68
Copyright 2014 by Année politique suisse