Année politique Suisse 2000 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
 
Wohnungsbau und -eigentum
Eine Minderheit Thanei (sp, ZH) der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats schlug eine Änderung des Sachenrechts des Zivilgesetzbuches vor, die es ermöglichen sollte, eine Wohnung als solche ohne Miteigentumsanteil am Gebäude erwerben zu können. Der Bundesrat sollte dem Parlament Bericht erstatten und einen entsprechenden Entwurf vorlegen. Hess (cvp, ZG) und Hegetschweiler (fdp, ZH) bekämpften den Vorstoss, weil dessen Urheber das sogenannte „kleine Stockwerkeigentum“ mit einem Vorkaufsrecht und einem Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter verbinden wollten. Obwohl sich der Bundesrat zur Entgegennahme bereit erklärt hatte, wurde das Postulat vom Rat abgelehnt [14].
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Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt
Der Bestand an Leerwohnungen ging im Jahr 2000 um weitere 5300 Einheiten zurück (-9%). Am Stichtag vom 1. Juni wurden in der Schweiz insgesamt 52 800 leer stehende Miet- und Eigentumswohnungen sowie Einfamilienhäuser gezählt. Die Leerwohnungsquote ermässigte sich von 1,66% im Vorjahr auf 1,49% im Berichtsjahr. Der Rückgang betraf alle Wohnkategorien und lag im Trend der anziehenden Konjunktur. War in den Kantonen Glarus (3,40%), Schaffhausen (3,19%), Thurgau (3,0%) und Solothurn (2,77%) das Wohnungsangebot vergleichsweise gross, machte sich in den Kantonen Zug (0,31%), Basel-Landschaft (0,59%), Nidwalden (0,68%), Zürich (0,71%) und Genf (0.86%) allgemeine Wohnungsknappheit breit [15].
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Wohneigentumsförderung (WEG)
Im Berichtsjahr wurden im Rahmen des WEG 1017 Wohnungen gefördert. Damit war die Zahl der geförderten Objekte weiterhin rückläufig (1999: 1589 Einheiten). Der Rückgang war bei den geförderten Mietwohnungen (1999: 690, 2000: 250) stärker als bei den geförderten Eigentumswohnungen (1999: 901, 2000: 762) [16].
Der Bundesrat hat im März nach Ablauf der Referendumsfrist die im Vorjahr beschlossene Änderung des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes (WEG) in Kraft gesetzt. Gleichzeitig trat der Bundesbeschluss über Massnahmen zur Bereinigung und Minderung der Verluste und Zahlungsrisiken aus der Wohnbau- und Eigentumsförderung in Kraft [17].
Mit einer Motion verlangte die vorberatende Kommission zur Legislaturplanung vom Bundesrat einen Bericht über Ziel und Umfang der Wohnbauförderung auf Bundesebene. Der Bericht soll ferner über den zeitlichen Rahmen der angestrebten gesetzlichen Neuregelungen und die damit verbundenen finanziellen Folgen Rechenschaft ablegen. Laut Kommission hatte die Wohnbauförderung des Bundes in den Jahren der Rezession versagt. Sie hatte der Bundeskasse bis Ende 1999 über eine halbe Mia Fr. Verlust verursacht. Zudem hätten die geschaffenen Investitionsanreize fehlgeschlagen. Die Kommission kritisierte ausserdem, dass die 1998 vom Bundesrat befürwortete Überprüfung des Bundesamtes für Wohnungswesen noch nicht zu Ende gebracht worden ist. Gegen den Willen des Bundesrates entschied sich die Ratsmehrheit zur Überweisung der Motion. Der Ständerat wandelte die Motion in ein Postulat beider Räte um [18].
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Wohnbauförderung im Berggebiet
Das Bundesgesetz vom 20. März 1970 über die Verbesserung der Wohnverhältnisse im Berggebiet sah eine Entrichtung von Bundesbeiträgen an Wohnbausanierungen bis spätestens Ende 2000 vor. Seit Inkrafttreten im Jahre 1971 sind 21 735 Wohneinheiten mit insgesamt 427,7 Mio Fr. gefördert worden. Im Nationalrat verlangten Oehrli (svp, BE) und Wittenwiler (fdp, SG), im Ständerat Maissen (cvp, GR), auf dem Motionsweg eine Verlängerung dieser Bundeshilfen bis zum Zeitpunkt der Einführung des Neuen Finanzausgleichs (NFA). Sie befürchteten, dass ohne finanziellen Lastenausgleich der Verfassungsauftrag zur Erhaltung einer dezentralen Besiedelungsstruktur gefährdet sei. Die Kantone hätten bis zur Einführung des NFA die Beiträge ohne Kompensation selber zu tragen. Gegen den Antrag des Bundesrates wurden alle drei Motionen von den Räten überwiesen. Im September verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft über die Änderung des VWBG. Bis zum Inkrafttreten des NFA, längstens aber bis Ende 2005 will er die Bundeshilfen fortführen. Jährlich sollen 8 Mio Fr. für diese Aufgabe eingesetzt werden. Das Parlament gab seine Zustimmung noch während der Wintersession [19].
In den Genuss der vom Bund geförderten Wohnbausanierung kamen laut einer 1998 erstellten Evaluation vor allem einkommensschwache und grössere Haushalte, die mehrheitlich in der Landwirtschaft tätig sind. Damit wurde die Zielgruppe erreicht. Das Ziel der Wohnbausanierung, die Abwanderung aus den Berggebieten zu vermindern und damit die dezentrale Besiedelung der Schweiz zu erhalten, wurde lauf Bundesrat erreicht. Nicht zuletzt profitierte auch das örtliche Gewerbe von den Erneuerungsbauten.In den 90er Jahren trug der Bund rund die Hälfte der im Berggebiet zugesicherten Finanzhilfen. Die Finanzierung wurde über einen Jahreszusicherungskredit gesteuert. Dieser Kredit wurde seit 1997 laufend gekürzt und betrug im Jahre 1999 noch 5 Mio Fr. für Zusicherungen und 6,6 Mio Fr. für Zahlungen. Mit den im laufenden Jahr budgetierten Zusicherungen beliefen sich die offenen Zusicherungen Ende 2000 auf rund 27,7 Mio Fr. Diese Summe will der Bunderat bis 2002 auf Null abbauen und damit die Bundeshilfe zur Wohnverbesserung im Berggebiet einstellen. Je neun Mio Fr. wurden im Voranschlag 2000 und im Finanzplan 2001 eingestellt, weitere 9,7 Mio Fr. im Finanzplan 2002.
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Besteuerung von Wohneigentum
Im Januar hat der Bundesrat im Auftrag der WAK-NR das Vernehmlassungsverfahren über eine Gesetzesvorlage zum Bausparen eröffnet. Die Vorlage will es den Kantonen ermöglichen, in ihren Steuergesetzen das Bausparen nach baselländischem Modell zu fördern. Dieses Modell wäre nach dem Ablaufen der achtjährigen Übergangsphase zur Umsetzung des 1993 beschlossenen Steuerharmonisierungsgesetzes nicht mehr zugelassen. FDP-Nationalrat Gysin (BL), der mit einer parlamentarischen Initiative die Revision initiiert hatte, zeigte sich aber enttäuscht über den bundesrätlichen Vernehmlassungsentwurf. Seiner Meinung nach wurde darin die WAK-Entwurf ungenügend berücksichtigt: Anstatt eines nach sechs Grundsatzfragen ausgerichteten Fragebogens hat der Bundesrat einen umfangreicheren Bogen an die Interessenvertreter verschickt, welcher nach Auffassung Gysins teilweise widersprüchlich und sachunrichtig war. Er warf dem Bundesrat deshalb vor, eine negative Grundstimmung zu schüren und einen von beiden Kommissions- und Ratsmehrheiten getragenen Vorstoss schikanös zu behandeln [20]. Das Ergebnis der Vernehmlassung erbrachte grosse Zustimmung von bürgerlicher Seite und eine Ablehnung von Seiten der SP und der meisten Kantone. Die kantonalen Finanzdirektoren stellten sich der Revision ebenfalls in den Weg [21].
Mit einer parlamentarischen Initiative verlangte Nationalrat Widrig (cvp, SG) eine Präzisierung der Verrechnungssteuer auf Erneuerungsfonds von Stockwerkeigentümer-Gemeinschaften. Entgegen der früheren Praxis hatte die Eidg. Steuerverwaltung 1995 per Kreisschreiben verfügt, dass eine Rückerstattung der Verrechnungssteuer nicht mehr von der Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft sondern ausschliesslich von den einzelnen Stockwerkeigentümern selbst geltend gemacht werden kann. Der Initiant bemängelte, die einzelnen Stockwerkeigentümer seien rechtlich gar nicht zur Rückerstattung legitimiert, da sie nicht über die Nutzungsberechtigung am entsprechenden Vermögen verfügen. Stockwerkeigentümer-Gemeinschaften sollten daher wieder in den Genuss eines eigenständigen Rückerstattungsanspruchs kommen. Die Räte folgten dem Antrag ihrer WAK und präzisierten das Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer (VStG) im Sinne des Initianten [22].
Im April legte die vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission zur Überprüfung eines allfälligen Systemwechsels bei der Wohneigentumsbesteuerung ihren Bericht vor. Die Kommission favorisierte die Aufhebung der Eigenmietwertbesteuerung und den gleichzeitigen Wegfall der Abzüge für Unterhaltskosten und Schuldzinsen. Da hochverschuldete Wohneigentümer von einem Systemwechsel eher negativ betroffen wären, schlug die Kommission eine zeitlich begrenzte Fortführung des Schuldzinsabzugs vor. Mit einem maximalen Abzug von 10 000 Fr. im ersten Jahr und einer linearen Absenkung auf 1000 Fr. im zehnten Jahr würde sich der Systemwechsel für den Bund dennoch ertragsneutral auswirken. In Tourismusgebieten könnten allerdings massive steuerbedingte Mindereinnahmen entstehen. Aus diesem Grund empfahl die Kommission die Einführung einer Sondersteuer auf Zweitwohnungen [23].
Die WAK des Nationalrats wollte nicht auf die bundesrätliche Vorlage warten und erarbeitete ein eigenes Modell. Innerhalb der Kommission sprach sich die Linke für eine kostenneutrale Revision aus. Die Bürgerlichen waren in dieser Frage gespalten. Mehrheitlich bevorzugten sie eine Variante mit moderaten Steuereinbussen. Eine bürgerliche Minderheit hielt jedoch sowohl am Schuldzins- als auch am Unterhaltskostenabzug fest. Diese Variante entspricht faktisch der im Vorjahr vom Volk abgelehnten Wohneigentumsinitiative und würde bei Bund und Kantonen zu Mindereinnahmen von über einer Mia Fr. führen. Die Mehrheit der WAK sprach sich schliesslich für einen Systemwechsel mit Unterhaltskostenabzug aus. Diese Variante würde beim Bund Steuerausfälle von 120 bis 150 Mio und bei den Kantonen solche von 240 bis 450 Mio Fr. verursachen. Neuerwerber sollten ausserdem während 15 Jahren in den Genuss eines vollen Schuldzinsabzugs kommen. Weiter wollte die WAK eine 12jährige Übergangsfrist einführen, während der die Eigentümer das für sie günstigere Modell wählen könnten [24].
Kurz danach veröffentlichte anschliessend das Finanzdepartement die Vernehmlassungsunterlagen zur Revision der Wohneigentumsbesteuerung. Der bundesrätliche Vorschlag stützte sich auf die Empfehlungen der Expertenkommission und beantragte die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung bei einem Wegfall der Schuldzins- und Unterhaltskostenabzüge. Bundesrat Villiger liess verlauten, nach dem deutlichen Nein zur Hauseigentümerinitiative sei lediglich eine aufkommensneutrale Reform denkbar. Mit Ausnahme des SGB sprachen sich alle interessierten Organisationen für den Systemwechsel aus. Allerdings wollten die SP und der Mieterverband nur eine kostenneutrale Variante unterstützen, wohingegen der SHEV und die bürgerlichen Parteien mit deutlichen Steuerermässigungen rechneten. Der SHEV kritisierte in erster Linie die vorgesehene Streichung des Unterhaltskostenabzugs. Dadurch würden wichtige Anreize zum Erhalt der Bausubstanz wegfallen. SHEV-Präsident Dettling drohte im August mit einer neuen Initiative, sollten Bundesrat und Parlament die Wohneigentumsförderung beschneiden. Bei den Kantonen herrschte ein uneinheitliches Bild. Der Systemwechsel wurde von elf Kantonen abgelehnt und von fünfzehn begrüsst [25].
In einem Grundsatzentscheid sprach sich der Bundesrat im Oktober für eine Streichung des Unterhaltskostenabzugs aus. Entgegen seiner Ankündigung hat er aber die Botschaft nicht verabschiedet. Bundesrat Villiger erklärte anlässlich der Budgetberatung im Parlament, die Gefahr eines Konjunkturabschwungs habe einen Aufschub notwendig gemacht [26].
 
[14] AB NR, 2000, S. 411 f.14
[15] NZZ, 16.9.00.15
[16] Angaben gemäss Auskunft BWO.16
[17] BBl, 2000, S. 1585 f.17
[18] AB NR, 2000, S. 813; AB SR, 2000, S. 657.18
[19] Mo. Maissen: AB NR, 2000, S. 474. Mo. Oehrli und Mo. Wittenwiler: AB NR, 2000, S. 489; BBl, 2000, S. 4969 ff. (Botschaft ) und 6187 f. (Bundesbeschluss). Vgl. SPJ 1999, S. 213. Ein Antrag Maissen, im Voranschlag 2001 statt 9 Mio Fr. einen Betrag von 15 Mio Fr. für die VWBG vorzusehen, lehnte der StR in der Wintersession ab (AB SR, 2000, S. 838 f.).19
[20] NZZ, 21.1.00; BaZ, 3.2.00. Vgl. SPJ 1999, S. 215.20
[21] BaZ, 3.2.00; NZZ, 6.4.00.21
[22] BBl, 2000, S. 3613 f.; AB NR, 2000, S. 20 ff. und 856; AB SR, S. 356 ff. und 481.22
[23] Presse vom 15.4.00.23
[24] Presse vom 10.5.00.24
[25] TA, 10.5.00; NZZ, 13.5. und 18.7.00; BaZ, 27.8. und 3.10.00.25
[26] AB NR, 2000, S. 1248; NZZ, 3.10. und 29.11.00.26