Année politique Suisse 2011 : Infrastruktur und Lebensraum
Boden- und Wohnwirtschaft
Der Entwurf für ein Raumkonzept Schweiz wurde präsentiert. – In den Beratungen zur Teilrevision des Raumplanungsgesetzes zeigten sich gewichtige Differenzen zwischen National- und Ständerat. – Nachdem das Parlament im Vorjahr bereits einem indirekten Gegenvorschlag zugestimmt hatte, empfahl es im Berichtsjahr die Zweitwohnungsinitiative zur Ablehnung. – Während der Ständerat die Ablehnung der Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ beantragte, setzte sich der Nationalrat für das Begehren ein. – Die Bausparinitiativen werden dem Volk ohne Empfehlung des Parlaments und ohne indirekten Gegenentwurf unterbreitet. Letzterer wurde in der Schlussabstimmung vom Ständerat abgelehnt.
 
Raumplanung
Im Januar präsentierte das UVEK zusammen mit dem Bundesamt für Raumentwicklung (ARE), der Konferenz der Kantonsregierungen, der Schweizerischen Bau-, Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz (BPUK), sowie dem Schweizerischen Städte- und Gemeindeverband (SSV, SGV) den Entwurf für ein Raumkonzept Schweiz. Aufgrund der zunehmenden räumlichen Vernetzung plädiert das Konzept für ein nachhaltiges, Institutionen übergreifendes „Denken und Planen in überregionalen Handlungsräumen“. Insgesamt zwölf funktionale Räume werden darin identifiziert, davon vier grossstädtisch geprägte (Metropolitanregionen Zürich, Basel, Bassin-Lémanique und Hauptstadtregion Bern), fünf klein- und mittelstädtisch geprägte (Luzern, Tessin, Jurabogen, Aargau-Solothurn und Nordwestschweiz), sowie drei alpin geprägte (Gotthard, Südwest- und Südostschweiz). Das Raumkonzept hat rechtlich keine Verbindlichkeit, soll jedoch allen drei politischen Ebenen als Orientierungs- und Entscheidungshilfe dienen. Die wichtigsten Grundsätze des Konzeptes umfassen die Eindämmung der Zersiedelung, den schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen, die optimale Nutzung bestehender Verkehrsinfrastrukturen, die bessere Inwertsetzung von unverbauten, identitätsstiftenden Landschaften sowie die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Auf Widerhall in der Presse stiess insbesondere die Nachricht, dass „verdichtet“ gebaut werden soll und die negativen Auswirkungen der Entflechtung von Wohn- und Arbeitsplatz begrenzt werden müssen. Letzteres bedeutet konkret, dass die Verkehrsinfrastruktur nicht weiter ausgebaut werden sollte, um das Pendeln zwischen städtischen Zentren und dem peripheren Umland nicht noch attraktiver zu gestalten. In Zusammenhang mit der beinahe zeitgleich präsentierten Mitteilung der Verkehrsministerin, dass das Pendeln in Zukunft teurer werde, regte sich nicht nur Widerstand bei den Randregionen sondern auch bei den Pendlern. Mit der Publikation wurde der Entwurf in die öffentliche Konsultation geschickt. Aufgrund der eingehenden Stellungnahmen wird das Konzept angepasst und voraussichtlich im Sommerhalbjahr 2012 zur politischen Verabschiedung vorgelegt [1].
Der Ständerat folgte im Berichtsjahr dem im Vorjahr gefällten Beschluss des Nationalrats und stimmte einer Motion Joder (svp, BE) zu, welche eine gesetzliche Verankerung des Raumkonzeptes fordert. Er tat dies auf Anraten einer geschlossenen Kommission und anerkannte damit die strategische Wichtigkeit eines solchen Instrumentes für die zukünftige Raumentwicklung der Schweiz. Im Rahmen der öffentlichen Konsultation zum Raumkonzept sprach sich der Bundesrat für eine gesetzliche Anwendung des Konzeptes aus, will eine solche aber an die Mitarbeit der Kantone, Städte und Gemeinden binden [2].
Eine eidgenössische Strategie für die Berggebiete und die ländlichen Räume verlangt die im Berichtsjahr eingereichte Motion Maissen (cvp, GR). Der Initiant zeigte sich enttäuscht über die Vernachlässigung der traditionellen Bergregionen seit Inkrafttreten der neuen Regionalpolitik (NRP). Anderer Ansicht war der Bundesrat, der die Motion zur Ablehnung empfahl. Er erachtete eine integrative Lösung zielführender als eine scharfe Abgrenzung von Stadt-Land und argumentierte weiter, dass die Berggebiete mit dem NRP faktisch über eine Strategie zur Förderung der peripheren Regionen verfügten. Ebenso präsentiere das Raumkonzept differenzierte Ansätze für zwölf Handlungsräume, darunter auch ländliche Regionen. In der Ständeratsdebatte zeigte sich Ivo Bischofsberger (cvp, AI), der das Geschäft nach Ausscheiden des Initianten aus dem Rat übernahm, überrascht von der negativen Antwort des Bundesrates und wies darauf hin, dass sowohl im Entwurf des Raumplanungskonzeptes wie auch in der parlamentarischen Debatte zu den Durchführungsprotokollen der Alpenkonvention eine Gesamtstrategie für den Alpenraum in Aussicht gestellt worden sei. Die Motion wurde nach kurzer Debatte mit 21 zu 4 Stimmen deutlich angenommen und zur Behandlung an den Nationalrat überwiesen [3].
In der Synthese zum im Berichtsjahr abgeschlossenen Nationalen Forschungsprogramm „Nachhaltige Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung“ (NFP 54) bemängelte ein Team von Forschenden die ungebremste Fortschreitung der Zersiedelung. Die Raumplanung in der Schweiz sei als unkoordiniert und nicht ressourcenschonend zu beurteilen. Zur Verbesserung der Situation wurden 13 Empfehlungen verabschiedet. Diese umfassen unter anderem die Entwicklung eines nationalen Infrastrukturkonzeptes, koordiniertes Handeln in funktionalen Räumen sowie die vermehrte Nutzung des städtischen Untergrundes. Darüber hinaus priesen die vom Bundesrat beauftragten Experten die Mehrwertabschöpfung als geeignetes Mittel zur Förderung einer aktiven Wohnbaupolitik. Zu demselben Schluss war bereits eine im Vorjahr publizierte Studie von Avenir Suisse gelangt [4].
Nachdem der Bundesrat in seiner Antwort auf eine Interpellation Riklin (cvp, ZH) eingestanden hatte, dass die Nutzung des Untergrundes nur unzureichend geregelt sei, verlangte die Urheberin der Interpellation in einem Postulat einen Bericht über die geltende Rechtssetzung in der Schweiz und Möglichkeiten zur Verbesserung der Nutzungssituation. Der Nationalrat überwies das Geschäft diskussionslos [5].
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Raumplanungsgesetz (RPG)
Im Berichtsjahr eröffnete der Nationalrat als Zweitrat die Detailberatung zur Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG). Die Revision, welche der Volksinitiative „Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)“ als indirekter Gegenvorschlag gegenübergestellt werden soll, beinhaltet Massnahmen zur Lenkung der Siedlungsentwicklung, zur Eindämmung der Zersiedelung und zum verbesserten Schutz des Kulturlandes. Dem Geschäft lag ein Nichteintretensantrag einer Kommissionsminderheit angeführt durch Hans Rutschmann (svp, ZH) vor. Die Minderheit war der Ansicht, dass die Initiative mit dem 20-jährigen Bauzonenmoratorium dermassen unrealistische Forderungen stelle, dass das Anliegen an der Urne chancenlos bleiben werde und es somit nicht nötig sei, ihm einen Gegenvorschlag gegenüber zu stellen. Zu einem anderen Schluss waren im Vorfeld jedoch zwei Umfragen gelangt, die im Mai 2011 je rund 1000 Personen zur Initiative befragten. Laut M.I.S. Trend unterstützten dazumal 61 Prozent der Befragten ein Bauzonenmoratorium; in der Umfrage von gfs.bern waren es gar deren 66 Prozent. Die Kommissionsminderheit monierte des Weiteren, dass der Gegenvorschlag verschiedene Elemente des in der Vernehmlassung gescheiterten Entwurfs zur Totalrevision des Raumplanungsgesetzes wieder aufnehmen würde. Neben dem Nichteintretensantrag lag ein Rückweisungsantrag der BDP-Fraktion vor. Im Gegensatz zum SVP-Minderheitsantrag vertat die BDP die Ansicht, dass dem Volk auf alle Fälle ein indirekter Gegenvorschlag gegenüber gestellt werden soll. Jedoch erachtete sie den zum Zeitpunkt vorliegenden Entwurf als zu wenig ausgereift, um den kantonalen Gegebenheiten angemessen Rechnung zu tragen. Die obligatorische Mehrwertabgabe sei zudem verfassungswidrig. Nach längerer Diskussion beschloss die grosse Kammer unter geschlossener Opposition der SVP, auf das Geschäft einzutreten. Ebenfalls deutlich abgelehnt wurde der Rückweisungsantrag der BDP, welcher nur bei der SVP volle Unterstützung fand. Hauptdiskussionspunkt in der nationalrätlichen Debatte war besagte Mehrwertabgabe, welche im Vorjahr vom Ständerat eingefügt worden war. Nach ständerätlicher Vorstellung wären die Kantone bei Neueinzonungen zur Erhebung einer Abgabe von mindestens einem Viertel des Mehrwertes verpflichtet, die sie dann in erster Linie als Entschädigung bei Enteignungen verwenden könnten. Die FDP-Liberale Fraktion machte nun im Nationalrat geltend, dass sie diese Abgabe als derart starken Eingriff in die kantonale Hoheit ansehe, dass sie einer „Entmündigung der Kantone“ gleichkomme. Schliesslich brachten die SVP, eine beinahe geschlossene FDP und eine Mehrheit der CVP den ständerätlichen Vorschlag betreffend Mehrwertabgabe mit 89 zu 72 Stimmen zu Fall. Ebenfalls abgelehnt wurde der von der nationalrätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) erarbeitete Kompromissvorschlag, welcher den Kantonen die Wahl lassen wollte zwischen der Erhebung einer Mehrwertabgabe und der Möglichkeit, neu eingezontes Bauland durch eine entsprechende Fläche Landwirtschaftsland zu kompensieren. Der Nationalrat schuf weitere Differenzen zum Ständerat: So folgte die grosse Kammer ihrer Kommissionsmehrheit und strich den im Vorjahr vom Ständerat eingefügten Zusatz, dass überdimensionierte Bauzonen zu reduzieren seien. Diese Streichung stiess insbesondere bei der Ratslinken auf Widerstand: Franziska Teuscher (gp, BE) bezeichnete die vom Ständerat befürwortete Regelung als „Kernstück“ des indirekten Gegenvorschlags zur Landschaftsinitiative. Darüber hinaus wurden zwei weitere Änderungen zum Entwurf des Bundesrates beschlossen, welche ebenfalls darauf abzielten, Grundeigentümer von noch unbebautem Bauland zu schützen. Desweiteren entschärfte der Nationalrat die raumplanerischen Massnahmen, indem er sich erfolgreich gegen zwei zentrale Elemente betreffend Erschliessung von Bauzonen stellte. Zum einen strich er den vom Ständerat eingeführten Zusatz, dass bei Neuerschliessung der Anschluss an den öffentlichen Verkehr gewährleistet und die Entstehung eines kompakten Siedlungsbildes als Kriterien berücksichtigt werden sollen. Zum anderen sprach er sich in den Übergangsbestimmungen dagegen aus, dass vor Genehmigung der Richtplananpassung keine Vergrösserung der Bauzonen erfolgen darf. Auch hier zeigten sich dieselben Mehrheitsverhältnisse wie bei den anderen Differenzen: Die geschlossene Ratslinke opponierte erfolglos, trotz Unterstützung einiger Mitglieder aus der CVP/EVP/glp-Fraktion. Eine weitere Differenz zum Bundesrat schuf der Nationalrat in Art. 8, Abs. 2. Besagter Absatz verlangt, dass Vorhaben mit gewichtigen Auswirkungen für Raum und Umwelt einer Grundlage in den kantonalen Richtplänen bedürfen. Auch gegen diesen Absatz opponierte eine breite bürgerliche Mehrheit erfolgreich. Zu guter Letzt sorgte Artikel 18a zur Installation von Solaranlagen für zusätzliche Diskussionen. Laut Roberto Schmidt (cvp, VS) zeigte sich hier die „Euphorie der Atomausstiegsdebatte“: Eine bürgerlich dominierte Kommissionsmehrheit ging in ihrem Antrag weiter als der vorliegende bundesrätliche Entwurf und verlangte eine bewilligungsfreie Installation von Solaranlagen in Bau- und Landwirtschaftszonen. Lediglich eine Meldepflicht an die zuständigen Behörden sollte bestehen bleiben. Eine Kommissionsminderheit aus Parlamentariern von Mitte-Links sprach sich zwar für ein vereinfachtes Verfahren aus, erachtete eine vollständige Abschaffung der Bewilligungspflicht aufgrund von Rechtsunsicherheit jedoch als nicht zielführend. Mit 109 zu 66 Stimmen fand die Abschaffung der Bewilligungspflicht dann aber deutliche Zustimmung. Während die CVP sich beinahe geschlossen dagegen stellte, unterstützten sowohl die Fraktionen der SVP und der FDP das Anliegen. Gespalten zeigten sich Grüne und SP. In der Gesamtabstimmung wurde der Entwurf mit 92 zu 62 Stimmen und 20 Enthaltungen angenommen. Eine knappe Mehrheit der Grünen stimmte gegen die Revision, ebenso eine beinahe geschlossene SVP. Die BDP enthielt sich als Fraktion der Stimme, während die übrigen Parteien die Vorlage unterstützten [6].
In der Wintersession gelangte das Geschäft zur Differenzbereinigung in den neu gewählten Ständerat. Im Gegensatz zu ihrer Schwesterkommission im Nationalrat war sich die UREK-SR im Grundsatz einig. Insbesondere konkretisierte die kleine Kammer den Ausgleich von Planungsvorteilen, basierend auf einem Kompromissvorschlag, den die Kantone an der letzten Hauptversammlung der kantonalen Bau- Planungs- und Umweltdirektorenkonferenz (BPUK) einstimmig gefällt hatten. Der vom Ständerat übernommene Kompromissvorschlag gewährt den Kantonen grossen Handlungsspielraum im Bezug auf den Ausgleich der durch Einzonungen entstandenen Planungsvorteile. Sie können dies zum Beispiel über eine Mehrwertabgabe, die Grundstückgewinnsteuer oder über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag tun. Bei der Installation von Solaranlagen kam die kleine Kammer dem Nationalrat entgegen, präsentierte jedoch erneut eine abgeänderte Version. Solaranlagen sollen nach Willen des Ständerats bewilligungsfrei sein, sofern sie „sorgfältig“ auf Dächern integriert würden. In allen weiteren zentralen Differenzen beschloss der Ständerat Festhalten. Die erneute Differenzbereinigung im Nationalrat fand im Berichtjahr noch nicht statt [7].
Da sich durch die vielen Differenzen in besagter Teilrevision des RPG eine längere Debatte abzeichnete, verlängerten die Räte die Behandlungsfrist der Volksinitiative „Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)“ um ein Jahr bis zum 14.2.13 [8].
Sowohl der National- wie auch der Ständerat stimmten im Berichtsjahr einer weiteren Änderung des RPG zu, welche die Vorschriften für den Abbruch und Umbau von Bauernhäusern ausserhalb der Bauzonen lockern will. Die Änderung geht auf eine Standesinitiative des Kantons St. Gallen zurück, welche im 2008 eingereicht worden war. Konkret verlangt das Geschäft, dass Eigentümer von Bauten, welche vor dem Stichtag vom 1.7.1972 landwirtschaftlich bewohnt oder genutzt wurden, über dieselben baulichen Möglichkeiten von Abbruch, Wiederaufbau und Erweiterung verfügen dürfen wie die Besitzer von nichtlandwirtschaftlichen, altrechtlichen Bauten. Dies ist jedoch an die Bedingung gekoppelt, dass Veränderungen am Erscheinungsbild in das Landschaftsbild passen müssen. In der Vernehmlassung stiess die Gleichstellung aller altrechtlichen Bauten auf einhellige Zustimmung. Ähnlich klar sprach man sich für den Erhalt des Landschaftsbildes aus; Bedenken wurden lediglich zum Vollzug dieser Bestimmung geäussert. In der Vernehmlassung wurde moniert, dass durch Annahme der Standesinitiative genannte Anpassungen in Form einer isolierten Teilrevision vorgenommen werden müssten, obwohl eine gesamte Überprüfung der Vorschriften zum Bauen ausserhalb der Bauzonen im Rahmen einer zweiten Teilrevision des RPG bereits in Angriff genommen worden sei. Diese Bedenken teilte auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Geschäft; er erachtete den Entwurf aber als vertretbare Lösung, um das als dringlich eingestufte Anliegen der Standesinitiative umzusetzen. Der Kanton St. Gallen als Urheber des Anliegens zeigte sich ebenfalls zufrieden mit dem von der UREK-NR erarbeiteten Entwurf. Im Dezember verabschiedete der Nationalrat das Geschäft in der Schlussabstimmung unter Opposition der Grünen und der SP mit 121 zu 53 Stimmen bei 20 Enthaltungen, darunter die komplette Fraktion der Grünliberalen. Die kleine Kammer verabschiedete die Änderung mit 27 zu 2 Stimmen bei 15 Enthaltungen [9].
Wyss (gp, SO) und Vischer (gp, SO) äusserten in zwei Postulaten Bedenken, dass Pendlerströme zur Zersiedelung der Landschaft beitragen und hohe Infrastrukturkosten verursachen würden. Aus diesen Gründen verlangten die zwei Geschäfte vom Bundesrat einen Bericht, der aufzeigen soll, mit welchen Anreizen Arbeitsplatz und Wohnort wieder näher zusammengeführt werden können. Der Bundesrat zeigte sich bereit, die den Anliegen zu Grunde liegenden Fragestellungen im Rahmen der zweiten Etappe der RPG-Revision oder allenfalls in der Botschaft zur neuen Energiepolitik aufzugreifen. In der Herbstsession überwies der Nationalrat das Postulat Wyss, lehnte in der folgenden Session das Postulat Vischer, welches vom Bundesrat das Aufzeigen von konkreten Massnahmen in der Raumplanung forderte, jedoch ab [10].
Der Ständerat überwies ein Postulat Imoberdorf (cvp, VS), das vom Bundesrat eine Übersicht über bestehende raumplanerische Bestimmungen zum Agrotourismus im angrenzenden Ausland verlangte. Es forderte von der Regierung, dass diese aufzeige, wie das Schweizer Recht im Rahmen einer umfassenden Teilrevision des RPG an die weniger restriktiven, ausländischen Bestimmungen angepasst werden könnte. Dieser Vorstoss nahm das Anliegen einer abgeschriebenen Motion Zemp (cvp, AG) wieder auf, welche aufgrund eingeschränkter raumplanerischer Möglichkeiten bereits im 2008 um die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Agrotourismus im Vergleich zum benachbarten Ausland besorgt war [11].
Im Berichtsjahr wurden zudem drei Motionen überwiesen, die sich durch Änderungen im Raumplanungsgesetz einen wirksameren und umfassenderen Schutz von Kulturland zum Ziel setzten. Weitere Ausführungen zu den drei Vorstösse finden sich oben in Teil I, 4c (politique agricole) [12].
 
Bodenrecht
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Zweitwohnungen
In der Sommersession behandelte der Ständerat als zweiter Rat die Volksinitiative „Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen“. Er tat dies vor dem Hintergrund eines indirekten Gegenvorschlages, welcher in der vorjährigen Dezembersession als flankierende Massnahme zur Aufhebung der Lex Koller bereits verabschiedet worden war. Daher fiel die Diskussion im Rat nur kurz aus. Die Gegner der Initiative wiesen darauf hin, dass mit den bereits verabschiedeten Massnahmen eine regionalpolitisch abgestimmte Lenkung des Zweitwohnungsbaus verfolgt werden könne; etwas, was mit den starren Forderungen der Initiative, den Zweitwohnungsanteil in einer Gemeinde bei 20 Prozent zu begrenzen, nicht möglich wäre. Mit 24 zu 9 Stimmen beschloss die kleine Kammer, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Für die Annahme der Initiative sprach sich eine links-grüne Minderheit aus. Diese vertrat die Ansicht, dass die nach der Einigungskonferenz angenommene Fassung des indirekten Gegenentwurfes nicht über ausreichend konkrete Massnahmen verfüge, um die Kantone zur Umsetzung griffiger raumplanerischer Massnahmen zu zwingen. In der Schlussabstimmung beschlossen der Ständerat mit 29 zu 10 und der Nationalrat mit 123 zu 61 Stimmen, die Volksinitiative zur Ablehnung zu empfehlen [13].
 
Mietwesen
Die SP Schweiz machte die Forderung nach erschwinglichem Wohnraum für alle zu einem ihrer Wahlkampfthemen. In einer Pressekonferenz Ende Februar sagte Parteipräsident Christian Levrat den steigenden Mietkosten in der Schweiz den Kampf an und sprach dabei sogar von einer drohenden „Sozial-Apartheid“ auf dem Wohnungsmarkt, wenn dieses Problem nicht aktiv angegangen würde. Neben verschiedenen Vorstössen auf kantonaler und städtischer Ebene wollte die SP mit einer im Frühjahr eingereichten dringlichen Interpellation im Bundesparlament auf die prekäre Lage am Schweizerischen Immobilienmarkt hinweisen, welche sich insbesondere für Familien und Personen mit tiefem und mittlerem Einkommen negativ auswirke. Die Partei bewertete in ihrer Interpellation die Zuwanderung von hochqualifizierten Arbeitskräften aus dem EU-Raum zwar als „Erfolgsmodell“, erachtete als Folge davon jedoch zusätzliche flankierende Massnahmen zum Schutz des Wohnungsmarktes als zwingend. Anders sah dies der Bundesrat. In seiner Antwort zur Interpellation befand er die vorhandenen Mittel zur Wohnraumförderung als ausreichend [14].
Ende Oktober beschloss der Bundesrat eine Änderung der Verordnung zum Mietrecht. Neu soll der Referenzzinssatz durch kaufmännische Rundung auf den nächsten Viertelprozentwert des Durchschnittszinssatzes für inländische Hypothekarforderungen angepasst werden. Damit löst die neue Regelung die seit 2008 geltende, und von der breiten Öffentlichkeit als kompliziert und bürokratisch wahrgenommene Methode ab, die erst eine Mietzinsanpassung vorsah, wenn sich der Durchschnittszinssatz um mindestens 0,25 Prozentpunkte (oder ein Mehrfaches davon) vom erstmalig gemessenen Wert im Jahr 2008 von 3,43 Prozent wegbewegte. Diese Regelung war ursprünglich als Zwischenlösung bis zur Verabschiedung der Mietrechtsrevision gedacht gewesen. Angesichts des Scheiterns der Revision im Jahr 2010 forderte der Schweizerische Mieterverband im Berichtsjahr eine Anpassung, da sich die geltende Rundungsregel aufgrund des seit der Einführung im 2008 stark gesunkenen Zinsniveaus für die Mieter nachteilig auswirke. Die Neuregelung trat per 1.12.11 in Kraft und führte sogleich zu einer ersten Zinssenkung im 2011 von 2,75 auf 2,5 Prozent [15].
 
Wohnungsbau und -eigentum
Nachdem der Ständerat im Jahr 2010 auf Nichteintreten entschieden hatte, gelangte die parlamentarische Initiative Hegetschweiler (fdp, ZH) im Frühjahr erneut in den Nationalrat. Das Geschäft verlangt bei Ersatzbeschaffung von Wohneigentum den Wechsel von der absoluten zur relativen Methode der Grundstückgewinnbesteuerung. Im Gegensatz zu der absoluten Methode würde beim Anwenden der relativen Methode der nicht reinvestierte Grundstückgewinn ebenfalls dem Steueraufschub unterliegen. Eine äusserst knappe bürgerliche Kommissionsmehrheit der zuständigen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-NR) wollte am vorjährig gefällten Entscheid des Nationalrates festhalten und beantragte erneut Eintreten. Ein Minderheitsantrag von Mitte-Links wollte sich hingegen dem Ständerat anschliessen. Die Kommissionsminderheit vertrat – wie auch Bundesrat, Finanzdirektorenkonferenz und 25 Kantone – den Standpunkt, dass die relative Besteuerungsmethode keine angemessene Lösung sei und nicht zu einer Vereinfachung des Systems führen würde. Die grosse Kammer folgte jedoch der Kommissionsmehrheit und entschied mit 107 zu 72 Stimmen erneut, auf das Geschäft einzutreten. Der Ständerat hielt jedoch ebenfalls an seiner Position fest: Er beschloss zum zweiten Mal Nichteintreten, womit das 2004 eingereichte Anliegen nach langem Leidensweg endgültig vom Tisch war [16].
In der Frühjahrssession stimmte der Ständerat einstimmig einem Eventualkredit von CHF 1,4 Mia. zur Förderung von gemeinnützigem Wohnungsbau zu. Dieser Betrag, welcher 2011 bis 2015 zur Verbürgung von jährlich drei Emissionen der Emissionszentrale für gemeinnützige Wohnbauträger (EGW) eingesetzt werden kann, war im Vorjahr bereits vom Nationalrat abgesegnet worden [17].
Im Berichtsjahr behandelten die beiden Räte die Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ sowie den indirekten Gegenentwurf, welcher der Bundesrat dem Parlament in Form eines Bundesgesetzes über die Besteuerung des privaten Wohneigentums präsentierte. Die Volksinitiative des Hauseigentümerverbandes (HEV) fordert für Personen im Rentenalter eine fakultative Befreiung von der Besteuerung des Eigenmietwertes. Der im Vorjahr vom Bundesrat erarbeitete Gegenentwurf sieht im Gegenzug eine generelle Abschaffung des Eigenmietwerts für alle Personen mit selbstgenutztem Wohneigentum vor. In der Frühjahrssession präsentierte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-SR) ihrem Rat eine überarbeitete Version des bundesrätlichen Entwurfes. Ende 2010 hatte die WAK-SR nach Anhörung des HEV und der Finanzdirektorenkonferenz ohne Gegenstimme beschlossen, nicht auf den ursprünglichen Entwurf des Bundesrates einzugehen. Laut Kommissionssprecher Rolf Schweiger (fdp, ZG) würde der nun präsentierte, überarbeite Entwurf eine optimale Lösung bieten. Er ermögliche ausserdem eine angemessene Lösung für Zweitliegenschaften. Mit der Schaffung einer verfassungsrechtlichen Grundlage sollen Kantone und Gemeinden berechtigt werden, eine Kostenanlastungssteuer in Form einer Objektsteuer zu erheben, wodurch bei Abschaffung des Eigenmietwertes ausfallende Steuereinnahmen kompensiert werden könnten. Eine liberal-linke Kommissionsminderheit beantragte erfolglos Nichteintreten auf die Vorlage. Sie argumentierte, dass der Gegenentwurf nicht zu einer Vereinfachung des Steuersystems führen würde. In der Detailberatung umstritten war die Frage, ob Investitionskosten für energetische Sanierungsmassnahmen und denkmalpflegerische Arbeiten von der Bundessteuer abzugsberechtigt sein sollten. Hier setzte sich die Kommissionsminderheit durch, welche sich wie der Bundesrat für die Abzugsberechtigung aussprach. Der Ständerat beschloss zudem auf Anraten seiner Kommission mit deutlichem Mehr die Erhöhung des möglichen Schuldzinsabzugs für Neuerwerbende auf CHF 12 000 pro Ehepaar, resp. auf CHF 6000 für Alleinstehende, im ersten Steuerjahr mit einer Verminderung der Abzugsmöglichkeiten um jährlich 5 Prozentpunkte, was die Neuerwerbenden für eine Dauer von 20 Jahren abzugsberechtigt machen würde. Der Bundesrat hatte in seinem Entwurf einen leicht tieferen Abzug empfohlen, welcher des Weiteren nur für 10 Jahre geltend gemacht werden könnte. In der Schlussabstimmung wurde dem indirekten Gegenvorschlag mit 17 zu 12 Stimmen bei drei Enthaltungen zugestimmt. Beinahe einstimmig folgte der Ständerat im Folgenden dem Bundesrat und empfahl die Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ zur Ablehnung. Es sei nicht einzusehen, wieso in der Schweiz zwei Klassen von Steuerpflichtigen geschaffen werden sollten, liess Kommissionssprecher Schweiger (fdp, ZG) verlauten. Ähnlich argumentierte Hildegard Fässler-Osterwald (sp, SG) für die knappe Kommissionsmehrheit im Nationalrat. Hier lag jedoch ein bürgerlicher Minderheitsantrag zur Annahme des Volksbegehrens vor, welcher durch Georges Theiler (fdp, LU), Mitglied des Initiativkomitees, vertreten wurde. Der Eigenmietwert sei eine staatliche Aufforderung zum Schuldenmachen und wirke sich insbesondere für ältere Menschen, die ihre Hypotheken bereits teilweise oder sogar ganz amortisiert haben, negativ aus. Dank einer Mehrheit der CVP/EVP/glp-Fraktion gelang den Bürgerlichen mit 97 zu 72 Stimmen eine positive Empfehlung zur Volksinitiative. In Sachen indirekter Gegenvorschlag sprach sich die WAK-NR mit 14 zu 10 Stimmen für Nichteintreten aus. Ausschlaggebend war die Befürchtung, dass der indirekte Gegenvorschlag zu einer verschärften Ungleichbehandlung von Mietern und Wohneigentümern führen würde. Ebenso erachtete die WAK-NR den vehementen Widerstand der Kantone, welcher auf den ständerätlichen, positiven Entscheid zum indirekten Gegenvorschlag folgte, als Grund, diesem die Zustimmung zu verweigern. In dieser Sache folgte der Nationalrat der Kommissionsmehrheit nun deutlich; Nichteintreten wurde mit 114 zu 58 Stimmen beschlossen. Für Eintreten sprachen sich je ungefähr die Hälfte der FDP und der CVP aus. Dabei wurden sie durch eine Minderheit der SVP und einer Mehrheit der Grünen unterstützt. Im Winter gingen die Vorlagen zur Differenzbereinigung zurück an den Ständerat. Nach kurzer Diskussion beschloss dieser erneut mit deutlichem Mehr von 35 zu 5 Stimmen, die Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ zur Ablehnung zu empfehlen. Dies geschah auf grossmehrheitliche Empfehlung seiner Kommission. Diese empfahl ihrem Rat auch erneut, auf den Gegenvorschlag einzutreten; dieses Mal jedoch nur knapp und dank Stichentscheid des Kommissionspräsidenten. Der neu gewählte Ständerat sprach sich jedoch in der Folge mit 23 zu 17 Stimmen gegen diese Empfehlung und somit auch gegen den ständerätlichen Entscheid aus der ersten Beratung aus. Nach bereits erfolgtem Nichteintretensentscheid der grossen Kammer bedeutete dies das Scheitern des indirekten Gegenvorschlags [18].
Die Motion Schweiger (fdp, ZG), die ebenfalls die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung verlangte, wurde vom Ständerat nach dessen anfänglicher Zustimmung zum indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ abgelehnt und damit erledigt [19].
Die von der Credit Suisse veröffentlichte Studie zum Zustand des Schweizer Immobilienmarktes 2011 verzeichnete einen trotz Wirtschaftskrise und ansteigenden Immobilienpreisen ungebremsten Anstieg der Wohneigentumsquote. Die beiden Hauptgründe für diese Entwicklung verortete die Studie zum einen in der Zuwanderung und zum anderen in den rekordtiefen Zinsen. Gleichzeitig warnten die Ökonomen vor einer Überhitzung des Marktes, insbesondere in den Kantonen Genf, Waadt, Tessin und Zug. Sie hielten jedoch fest, dass sich der Trend zum Eigenheim als positiv für die Mieterinnen und Mieter erweise, weil ein Anstieg der Mieten nicht vor 2013 zu erwarten sei [20].
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Bausparen
Anfang Jahr wurden die Vernehmlassungsergebnisse zum indirekten Gegenentwurf zu den beiden Bausparinitiativen präsentiert. Der Gegenvorschlag, der von der ständerätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-SR) gefordert und ausgearbeitet worden war, orientierte sich stark an der Volksinitiative des HEV, welche im Gegensatz zur Initiative der Schweizerischen Gesellschaft für Bausparen (SGFB) eine obligatorische Einführung des Bausparens in den Kantonen vorsieht. Der Gegenentwurf unterscheidet sich aber in zwei wesentlichen Punkten von der HEV-Initiative: Zum einen verfügt er über moderatere steuerliche Anreize, da die Vermögenserträge der Einkommenssteuer und die Bausparguthaben der kantonalen Vermögenssteuer unterstellt würden, und zum anderen enthält er klarere Regelungen im Falle zweckwidriger Verwendung der Bauspareinlagen. In der Vernehmlassung äusserten sich die CVP, CSP und SVP positiv zum Gegenentwurf. Die FDP stimmte dem Entwurf unter dem Vorbehalt zu, dass er durch die in der SGFB-Initiative geforderten Abzugsmöglichkeiten für Energie- und Umweltinvestitionen ergänzt werde. Eine klar ablehnende Haltung gegenüber dem Anliegen vertraten die EVP, die Grünen und die SP sowie nicht weniger als 22 Kantone. Nur gerade der Kanton Genf und der Kanton Basel-Land, welcher als einziger Kanton über die Möglichkeit des steuerbegünstigten Bausparens verfügt, unterstützen das Vorhaben. Die Urheber der beiden Initiativen sprachen sich ebenfalls für den Gegenvorschlag aus. Abgelehnt wurde der indirekte Gegenvorschlag von den Mieterverbänden. Der Bundesrat gab ebenfalls eine ablehnende Stellungnahme ab. Der wichtigste Einwand der Landesregierung war, dass die Zielgruppe der Schwellenhaushalte (Haushaltseinkommen zwischen CHF 60 000 und CHF 100 000) mangels Eigenkapital nicht in der Lage sein würden, innerhalb von 10 Jahren ausreichend Mittel zum Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum zu äufnen. Das Bausparen widerspräche dem Rechtsgleichheitsgebot, da gerade einkommensstarke Steuerpflichtige, welche sich auch ohne die vorgesehenen Massnahmen Eigenwohnheim leisten könnten, überdurchschnittlich vom Bausparen profitieren würden. Der Bundesrat verwies zudem auf den Kommissionsbericht der WAK-SR, der bei zweckwidriger Verwendung der Bauspareinlagen trotz Nachbesteuerung in einigen Fällen von Steuerausfällen im fünfstelligen Bereich pro Person oder Ehepaar ausgeht. Weiter befürchtete er wegen Raumknappheit steigende Haus- und Bodenpreise, was den Effekt der steuerlichen Fördermassnahmen zumindest teilweise aushebeln könnte. In der Frühjahrssession des Berichtsjahres behandelte der Ständerat den indirekten Gegenentwurf. Die Kommissionsmehrheit der WAK-SR empfahl Eintreten. Unter anderem würde dies dem Nationalrat ermöglichen, seine im Vorjahr ausgesprochene Unterstützung der beiden Volksinitiativen zu Gunsten des moderateren Gegenvorschlages zurückzuziehen. Die kleine Kammer trat mit 20 zu 15 Stimmen auf den Entwurf ein und verabschiedete ihn bei 17 zu 17 Stimmen nur dank Stichentscheid des Präsidenten Inderkum (cvp, UR). Der Nationalrat trat dann in der Sommersession mit deutlichem Mehr auf den Gegenentwurf ein und empfahl ihn ebenfalls zur Annahme. Praktisch geschlossen gegen den Entwurf votierten SP und Grüne mit Unterstützung einer Minderheit der CVP. In der Schlussabstimmung fand das Anliegen im Nationalrat mit 111 zu 64 Stimmen Zustimmung. In der ständerätlichen Schlussabstimmung wurde der indirekte Gegenentwurf dann aber doch noch zu Fall gebracht, nämlich mit 22 zu 17 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Was die Stimmung im Ständerat schlussendlich kippen liess, darüber konnte nur spekuliert werden. Zum einen hätten einige freisinnige Ständeräte aus gewichtigen Gründen der Schlussabstimmung fernbleiben müssen, zum anderen hätten die kantonalen Finanzdirektionen mit ihrer Warnung vor Steuerausfällen von jährlich über CHF 100 Millionen die kleine Kammer erfolgreich mobilisiert, liess Ansgar Gmür, Direktor des HEV, verlauten. Bei Annahme des Gegenvorschlages hätte der HEV den Rückzug seiner Initiative in Aussicht gestellt. Auf der anderen Seite hatte die SP bei Annahme des Gegenvorschlages bereits mit dem Referendum gedroht [21].
Im Berichtsjahr befasste sich das Parlament nicht nur mit dem Gegenvorschlag sondern ebenfalls mit den Empfehlungen zu den beiden Bausparinitiativen. Nachdem sich der Ständerat im Vorjahr bereits gegen die Initiative der SGFB ausgesprochen hatte, lehnte er in der Frühjahrssession auch die HEV-Initiative ab. Der Nationalrat hatte sich bereits im Vorjahr zustimmend zu den Anliegen geäussert und hielt auch in der Sommersession an seinen gefassten Beschlüssen fest. Dabei zeigten sich die gleichen Kräfteverhältnisse wie bei der Annahme des indirekten Gegenentwurfes. Auch der Ständerat beharrte auf seiner ablehnenden Haltung gegenüber den beiden Volksbegehren – allerdings nur knapp mit 17 zu 16 Voten. Damit gelangte das Geschäft in der Herbstsession in die Einigungskonferenz. Die Einigungskonferenz beantragte die SGFB-Initiative zur Ablehnung, wie dies der Bundesrat und die kleine Kammer forderten, empfahl jedoch – dem Nationalrat folgend – die Initiative des HEV zur Annahme. Keiner der Räte zeigte sich hingegen Willens, der Empfehlung der Einigungskonferenz zu folgen. Die Bausparinitiativen werden dem Volk somit ohne Empfehlung vom Parlament vorgelegt [22].
Die beiden Kammern beschäftigten sich ebenfalls mit einer Motion der WAK-NR, welche die HEV-Initiative auf den ersten Abstimmungstermin festlegen wollte, womit das Volk zuerst über eine obligatorische Einführung des Bausparens abstimmen würde. Während eine bürgerliche Ratsmehrheit das Geschäft im Nationalrat mit 105 zu 62 Stimmen deutlich annahm, wurde es im Ständerat verworfen. Somit blieb die Kompetenz zur Bestimmung der Abstimmungsreihenfolge der Bausparinitiativen gemäss Parlamentsrecht beim Bundesrat [23].
 
Weiterführende Literatur
Baur, Martin e.a., Wohneigentumspolitik in der Schweiz, Bern (ESTV, BSV und BWO) 2011.
Hepperle, Erwin e.a. (Hg.), Kernthemen der Bodenpolitik. Nachhaltige Entwicklung und Interessenausgleich, Zürich 2011.
Jans, Armin e.a., Aktuelle Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt, Winterthur 2011.
Leitungsgruppe NFP 54 (Hg.), Nachhaltige Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung. Programmsynthese, Zürich 2011.
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Marlène Gerber
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[1] Presse vom 22.1.11; vgl. SPJ 2010, S. 202.
[2] Mo. 08.3478: AB SR, 2011, S. 429; Medienmitteilung UVEK vom 29.6.11; vgl. SPJ 2010, S. 202.
[3] Mo. 11.3927: AB SR, 2011, S. 1253 ff.
[4] NZZ und SGT, 20.10.11; Lit. NFP 54. Zur Mehrwertabschöpfung vgl. auch unten (Teilrevision RPG); vgl. SPJ 2010, S. 203 f.
[5] Po. 11.3229: AB NR, 2011, S. 1268; vgl. auch Ip. 09.3806 (Riklin).
[6] BRG 10.019: AB NR, 2011, S. 1567 ff. und 1788 ff.; LT, 13.5.11 und SoZ, 15.5.11 (Umfragen); TA und SGT, 22.9.11 (Debatte); vgl. SPJ 2010, S. 203 f.
[7] BRG 10.019: AB SR, 2011, S. 1174 ff.
[8] BRG 10.018: AB NR, 2011, S. 1804; AB SR, 2011, S. 1184 f.; vgl. SPJ 2010, S. 202 f.
[9] Kt.Iv. 08.314: BBl, 2011, S. 3727, 7083 ff. und 7095 ff.; AB NR, 2011, S. 1808 ff. und 2279; AB SR, 2011, S. 1161 ff. und 1305; BBl, 2012, S. 59 f.; am Stichtag vom 1.7.1972 war die konsequente Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet in Kraft getreten.
[10] Po. 11.3726 (Wyss): AB NR, 2011, S. 1844; Po. 11.3702 (Vischer): AB NR, 2011, S. 2262.
[11] Po. 11.3081: AB SR, 2011, S. 433; vgl. auch Mo. 08.3877 (Zemp).
[12] Vgl. auch SPJ 2010, S. 136 f. und 204 f.
[13] BRG 08.073: AB SR, 2011, S. 427 ff. und 704; AB NR, 2011, S. 1285; BBl, 2011, S. 4825 f.; vgl. SPJ 2010, 205 f.
[14] Ip. 11.3029: AB NR, 2011, S. 1281 und 1486 ff.; NZZ, 1.3.11; Medienmitteilung der SP vom 28.2.11; vgl. auch Lit. Jans e.a. Zur Frage der staatlichen Wohneigentumsförderung vgl. auch Lit. Baur e.a.
[15] Medienmitteilung des Bundesrates und des EVD vom 26.10.11; NZZ, 20.8., 27.10. und 2.12.11.
[16] Pa.Iv. 04.450: AB NR, 2011, S. 48 ff.; AB SR, 2011, S. 520; vgl. SPJ 2010, S. 207.
[17] BRG 10.067: AB SR, 2011, S. 305 f.; vgl. SPJ 2010, S. 209 f.
[18] BRG 10.060: AB SR, 2011, S. 209 ff.;und 1141 ff.; AB NR, 2011, S. 1159 ff.; Medienmitteilung der WAK-SR vom 12.11.10; TA, 20.4.11; vgl. SPJ 2010, S. 208.
[19] Mo. 09.3215: AB SR, 2011, S. 224 f.; vgl. SPJ 2009, S. 182. Die gleichlautende Mo. 09.3213 (Sommaruga) wurde wegen Ausscheiden der Motionärin aus dem Rat abgeschrieben.
[20] Presse vom 9.3.11.
[21] Pa.Iv. 10.459: Vernehmlassungsbericht der ESTV (www.admin.ch); BBl, 2011, S. 2235 ff. und 2269 ff.; AB SR, 2011, S. 89 ff. und 713; AB NR, 2011, S. 784 ff. und 1295; NZZ, 18.6.11.; vgl. SPJ 2010, S. 208 f.
[22] BRG 09.074: AB SR, 2011, S. 101, 858 f., 925 ff. und 999 f.; AB NR, 2011, S. 182 f., 1428 ff., 1599 f. und 1743 ff.; vgl. SPJ 2010, S. 208 f.
[23] Mo. 11.3759: AB NR, 2011, S. 1432 f.; AB SR, 2011, S. 1295 f.
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