Année politique Suisse 1988 : Chronique générale
Résumé
Jahresthemen — Faits marquants
Avec cette nouvelle rubrique, les collaborateurs de l'Année politique suisse souhaitent approfondir certains événements et faits politiques de l'année. Le choix des sujets comme leurs commentaires sont le fruit d'une discussion commune. Parmi les événements et processus politiques ayant connu un certain retentissement médiatique au cours de l'année 1988, quatre d'entre eux ont plus particulièrement retenu notre attention: les politiques européenne et énergétique, l'affirmation du parti des automobilistes et les circonstances liées à la démission d'E. Kopp. Au-delà des polémiques et des discussions qui s'engagent autour de ces sujets, nous avons jugé pertinent de les commenter sous un angle relevant de la science politique. Révélateurs d'un certain climat, ces thèmes nous paraissent susceptibles d'influer sur notre système politique et sa culture et de déployer des effets à long terme.
Mit den "Jahresthemen" unternimmt die Equipe des "Année politique" den Versuch, einzelne herausragende Themen und Ereignisse des politischen Jahres vertieft zu würdigen. Themenauswahl und Kommentierung* sind Ergebnis gemeinsamer Diskussion . Vier politische Themen und Ereignisse haben 1988 einen besonders starken Widerhall gefunden: die Europapolitik, die neue Bewegung der Auto-Partei, die Energiepolitik, und der Fall der Justizministerin Kopp. Sie alle sind mehr als bloss Tagesereignisse. Sie greifen über das politische Jahr hinaus, werfen Licht und Schatten auf Künftiges, sind vielleicht gar von grundsätzlicher Bedeutung für unser politisches System und seine Kultur. Es sind Themen und Vorgänge, die auch uns haften geblieben sind aus der Fülle der Ereignisse, die wie in der Chronik verarbeitet haben, und deren Kommentierung aus politologischer Sicht uns sinnvoll erscheint.
Wie kaum ein politisches Ereignis in den letzten Jahren hat der erzwungene Rücktritt der Vorsteherin des Justiz- und Polizeidepartements das Parlament, die Parteien, die Presse und die öffentliche Meinung bewegt. Gescheitert ist die Justizministerin an der Verwicklung in die Geschäftstätigkeit ihres Mannes, damit an der mangelnden Abgrenzungsfähigkeit zwischen Amts- und Privatinteresse. Der Fall berührt grundsätzliche Aspekte.
Zunächst ist der erzwungene Rücktritt eines Mitgliedes der Landesregierung ein äusserst seltenes Ereignis. Das hängt mit der institutionellen Besonderheit zusammen, dass die Regierung als Ganzes nicht wie in parlamentarischen Demokratien vom Vertrauen wechselnder Parlamentsmehrheiten abhängt. Ihre Mitglieder werden auf feste Amtszeit gewählt und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Amt bestätigt, wenn sie dies wollen. Gerade weil die Regierung für ihren politischen Erfolg oder ihre Niederlagen in der Parlaments- und Referendumsdemokratie nicht haftet, spielt die persönlich-individuelle Glaubwürdigkeit und Amtsfähigkeit ihrer Mitglieder eine wichtige Rolle. Insoweit, als einzelne Parteien ihre Regierungsmitglieder hinter den Kulissen zu einem. vorzeitigen Abgang drängten, ist der Fall nicht einzigartig. Neu ist indessen ein Rücktritt aufgrund einer politischen Affäre und eines öffentlichen Vertrauenszerfalls, bei welchen der Druck der Medien eine zentrale Rolle spielte, dem die Parteien, die Fraktionen und das Parlament erst nachfolgten.
Der Vertrauensverlust, den die schweizerischen Institutionen erlitten, dürfte so leicht nicht wettzumachen sein. Darüber hinaus reicht die mangelnde Abgrenzung zwischen privaten und öffentlichen Interessen weit über den persönlichen Fall des Ehepaars Kopp hinaus. Sie spiegelt eigentliche Schwächen des schweizerischen Politiksystems, denn die schweizerische politische Kultur lebt geradezu von der Verbindung privater und öffentlicher Interessen. Im Milizsystem – von der Gemeinde bis zu den Eidgenössischen Räten – stellen Bürgerinnen und Bürger ihre persönlichen Fähigkeiten und mithin ihre sozialen Beziehungen in den Dienst des öffentlichen Amts. Verbandsstaat sowie private Organisationen mit öffentlichen Aufgaben sorgen für eine intensive Verflechtung des politischen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens. Solche Verflechtúngen haben durchaus Vorteile, sind bis zu einem gewissen Grad auch unverzichtbar in unserer Kleingesellschaft, im Wirtschafts- und Sozialstaat. Die Kehrseite davon, die Verfilzung, die Machtkonzentration, die Arrangements zu Lasten Dritter, ist nun freilich in den Augen von Staatsrechtlern, Ökonomen und Politologen ein ebenso altes wie ungelöstes Problem.
Politiker haben darum guten Grund, der besseren Abgrenzung öffentlicher und privater Interessen vermehrte Aufmerksamkeit zu schenken. Wo das Milizsystem unersetzbar ist, stellt sich die Frage moralischer Integrität, die Frage einer "öffentlichen Moral" seiner Träger und der Fortsetzung einer politischen Kultur des Gemeinsinns in aller Schärfe. Die neue Ideologie des ökonomischen Egoismus und persönlichen Individualismus' dürfte dafür nicht die idealste Voraussetzung bilden. Beim Bund, wo im Zusammenhang mit der Affäre Kopp die zahlreichen, zum Teil lukrativen Verwaltungsratsmandate der Parlamentarier ins Blickfeld öffentlicher Kritik rückten, wird die Transparenz von Leistung und Gegenleistung zu diskutieren sein. Nun sind Fragen vermehrter Offenlegung der Interessenbindungen, der Ausstandspflicht oder der Unvereinbarkeit gewisser Tätigkeiten von Parlamentariern politisch gewiss kontrovers. Zu hoffen ist aber, dass juristische und politologische Stimmen wie diejenigen Eichenbergers, Hubers, Imbodens oder Gruners, die bereits vor 20 und 30 Jahren Interessenentflechtungen und eine professionellere Ausstattung des Parlaments verlangten, künftig nicht gänzlich ungehört bleiben.
Das Volk hat – trotz der Einrichtungen der direkten Demokratie – auf die Zusammensetzung und Wahl der Landesregierung keinen Einfluss. Es erstaunt darum nicht, wenn gerade mit dem absehbaren Verlust des einzigen "Frauensitzes" der Ruf nach der Volkswahl des Bundesrates wieder einmal ertönte. Verständlich aber auch das geringe Echo: die Schweiz als Wahlkreis existiert bisher nicht (Zürcher wählen nur Zürcher, Walliser nur Walliser Nationalräte). Die Einführung der Volkswahl wäre daher ein Experiment, das mit der Volkswahl der Kantonsregierungen nicht vergleichbar ist. Vor allem aber liesse sich kaum eine "gerechte" Vertretung der Landesteile zusammen mit einer proportionalen Zusammensetzung der Regierung nach Parteistärke realisieren.
Will man am Konkordanzsystem festhalten, so ist allerdings Sorge zu tragen, dass das heutige Wahlverfahren der Regierung mitsamt der "Zauberformel" ausserhalb des Parlaments nicht auf wachsendes Unverständnis stösst. Der heutige Modus kann als Kumulierung von Quoten begriffen werden, die entweder verfassungsrechtlich bestimmt (nur ein Vertreter pro Kanton) oder politisch festgesetzt sind (zwei Sitze für Romands und Tessiner, Zauberformel, Ansprüche Zürichs, Berns und der Waadt mit parteipolitischer Ausrichtung für Freisinn und SVP). Diese historisch bedeutungsvollen Quotierungen waren alle äusserst erfolgreich. Sie haben aber heute ihren Sinn zum Teil verloren, während sie umgekehrt nicht nur in der Kopp-Nachfolge, sondern auch künftig den Frauen den Eintritt in die Landesregierung erschweren können. Gerade die Reaktion auf den Verlust des einzigen Frauensitzes im Bundesrat hat indessen gezeigt, dass die (proportionale) Vertretung der Frau in politischen Gremien zu einem wichtigen Anliegen im Zeichen der Frauen-Gleichstellung geworden ist. Die Ersetzung einiger historisch obsoleter Quoten durch eine Frauenquote für den Bundesrat liegt zwar tealpolitisch kaum in Griffnähe. Sie wäre aber ein Gradmesser dafür, wie weit sich mit den politischen Institutionen nicht nur errungene Positionen verteidigen lassen, sondern sie auch Vorgriffe auf die Chancengleichheit – hier in der tiefgreifenden Umwandlung der Frauen- und Männerrollen in unserer Gesellschaft – erlauben.
Was sich bei den Nationalratswahlen vom Herbst 1987 angekündigt hatte, ist im Berichtsjahr eingetreten: Der 1985 gegründeten Auto-Partei ist bei ihrem erstmaligen Auftreten bei kantonalen und kommunalen Wahlen ein Durchbruch gelungen, welcher sich durchaus mit demjenigen der Grünen in den beiden Vorjahren vergleichen lässt. Sie zog in St. Gallen, Thurgau und Schaffhausen in Fraktionsstärke in die kantonalen Parlamente ein. Die Wahlen in den Städten Bern, Biel und vor allem St. Gallen zeigten zudem, dass sich ihre Erfolge keineswegs auf ländliche Gebiete mit einem hohen Anteil an motorisierten Pendlern beschränken. Dass aber dieses Auftauchen einer neuen Partei, die gleich bei ihren ersten Auftritten bis zu 11% der Stimmen auf sich vereinigen konnte, die politische Szene erschüttert hätte, lässt sich nicht behaupten. Anders als etwa bei den Erfolgen der nationalistischen Rechten zu Beginn der 70er Jahre, reagierten die Medien und die Politiker eher mit kopfschüttelnder Irritation als mit Entsetzen und Alarmrufen.
Für das rasche Aufkommen neuer Parteien bietet das politische System der Schweiz – zumindest auf kantonaler und kommunaler Ebene – in der Regel eine recht gute Ausgangslage. Ein Grund dafür besteht in der relativen Bedeutungslosigkeit der Parlamente, welche nur einen geringen und indirekten Einfluss auf die Zusammensetzung der Regierungen haben und deren sachpolitische Entscheide zumeist dem obligatorischen oder fakultativen Referendum unterstehen. Diese relative Machtlosigkeit der Parlamente und die Konkordanzpolitik der grossen Parteien führen dazu, dass den Parlamentswahlen nicht die Bedeutung eines entscheidenden Kampfs um politische Mehrheiten zukommt und ihr Ausgang nur beschränkte Auswirkungen auf die zukünftige Politik hat. Sie werden denn auch von einem Teil der Bürgerinnen und Bürger als Gelegenheit wahrgenommen, ein Votum für diejenige Partei abzugeben, welche der aktuellen persönlichen Befindlichkeit am besten entspricht. Und dies sind dann eben nicht selten neue Parteien, die den Eindruck vermitteln, sich als erste oder gar als einzige mit einem aktuellen Thema zu befassen. Ein historischer Rückblick zeigt aber auch, dass es in den letzten Jahrzehnten nirgends einer dieser neuen Parteien gelungen ist, über mehrere Legislaturperioden hinweg einen Stimmenanteil von deutlich über 10% zu erzielen und damit entscheidend in die Phalanx der etablierten Parteien einzubrechen.
Dass nach dem Landesring in den 30er und vor allem in den 60er Jahren, der nationalistischen Rechten in den Siebzigern und den Grünen seit Beginn dieses Jahrzehnts nun eine Auto-Partei erfolgreich ihr Debüt auf der politischen Bühne gibt, hängt aber auch mit politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen zusammen. Mit der organisatorischen Formierung einer radikalen Opposition gegen die auch von den bürgerlichen Parteien mitgetragenen Entscheidungen zum Schutz der Umwelt musste eigentlich gerechnet werden. Zudem kann es im Grunde kaum erstaunen, wenn im reichsten Land Europas, in dem für die Mehrheit der Bevölkerung das Interesse an öffentlichen Angelegenheiten hinter die uneingeschränkte Befriedigung der individuellen Konsum- und Freizeitbedürfnisse zurückgetreten ist, eine Partei gewisse Erfolge hat, die sich plakativ dieses zweite Ziel auf die Fahnen geschrieben hat.
Die gelassene Reaktion der politischen Elite auf die Erfolge der Auto-Partei mag mit der 'bürgerlichen Normalität' von deren Ideologie und dem damit ausgelösten Déjà-vu-Effekt zusammenhängen. Darüber können auch die fremdenfeindlichen Tupfer in ihren Stellungnahmen zur Asylpolitik – die bisher eher Dissens innerhalb der Partei denn Propagandawirkung nach aussen erzeugt haben – nicht hinwegtäuschen. Mit ihren Tiraden gegen die reglementierende Allmacht des Staates übernimmt die Auto-Partei die vom Schweizerischen Gewerbeverband seit Jahrzehnten vertretene Politik und erinnert zugleich den Freisinn an die populäre Kurzfassung seiner gar nicht so alten Wahlkampfparole «mehr Freiheit, weniger Staat». Auch das andere Element der politischen Argumentationslinie, der Kampf für die Interessen der Automobilisten, ist alles andere als neu und war bisher bei den mitgliederstarken Interessenverbänden TCS und ACS gut aufgehoben.
Die politische Leistung der Gründer der Auto-Partei – und darin unterscheiden sie sich zum Beispiel von den Grünen – besteht also nicht darin, neue Themen oder zumindest neue Lösungsvorschläge in die Politik eingebracht zu haben. Ihr 'Verdienst' ist vielmehr darin zu sehen, dass es ihnen gelungen ist, die beiden Protestpotentiale des gewerblichen Kampfes gegen staatliche Vorschriften einerseits und der über neue umweltschutzpolitische Vorschriften verärgerten Automobilisten andererseits unter einen Hut gebracht zu haben. Beide Protestgruppen hatten bisher bei Abstimmungskämpfen ihr beträchtliches Potential mehrfach demonstriert. Während die gewerblichen Anti-Etatisten ihre politische Heimat bei den bürgerlichen Parteien gefunden hatten, liess sich das Protestpotential der Automobilisten zwar für Sachfragen wie Tempolirniten und Motorfahrzeugsteuern, kaum aber für parteipolitisches Engagement mobilisieren.
Als eigentlich originelle Leistung der Auto-Partei, die eine Weltpremiere darstellt und bereits ihre Nachahmer in der BRD und in Italien gefunden hat, muss daher ihre ganz und gar nicht zufällige Namensgebung angesehen werden. Mit dem Verzicht auf einen politisch besetzten abstrakten Begriff wie etwa Freiheit oder Fortschritt will sie erklärtermassen die frustrierten, politisch aber nicht interessierten Automobilisten ansprechen. In dieselbe Richtung zielt auch das Rambo-Vokabular einiger Parteiführer. Wer die politischen Gegner mit Entlaubungsmitteln und Flammenwerfern bekämpfen will, spricht – auch wenn dies nur bildlich gemeint ist – ein anderes Publikum an als die herkömmlichen rechtsbürgerlichen Politiker. Dass diese Strategie erfolgreich ist, zeigen nicht nur die Wahlerfolge der Auto-Partei, sondern auch eine Analyse ihrer Sympathisanten: diese sind überwiegend jung und männlichen Geschlechts.
Bei allen Erfolgen der Auto-Partei muss doch gesagt werden, dass durch sie weder der Staat als Ganzes noch die Vorherrschaft der bisherigen Regierungsparteien herausgefordert sind. Dazu ist ihre Ideologie zu konventionell, ihr Wähleranteil zu gering und ihre Elite mit zu wenig politischem Format ausgestattet. Herausgefordert sind jedoch die bürgerlichen Parteien, welche bisher die Zeche der Wahlgewinne der Auto-Partei mit zum Teil erheblichen Stimmen- und Mandatsverlusten zu begleichen hatten. Für sie stellt sich – ähnlich wie für die SP mit umgekehrten Vorzeichen in den 70er Jahren – die Frage, wie sie dem Einbruch auf ihrem rechten Parteiflügel begegnen wollen. Die Wahlresultate von 1988 deuten darauf hin, dass eine Kurskorrektur nach rechts keine Gewähr gegen die Erfolge der Auto-Partei bietet, sondern eher den aggresiveren und unverbrauchten Newcomern der neuen Konkurrenzpartei Auftrieb gibt.
Im Januar legte die Expertengruppe Energieszenarien ihren Bericht vor, der – im Anschluss an parlamentarische Debatten über die Tschernobyl-Katastrophe und im Auftrag des Bundesrates – die Möglichkeiten des Ausstiegs aus der Kernenergie überprüfte. Einen guten Monat später überraschten Nationalrat Christoph Blocher und ausgewählte Mitglieder aus bürgerlichen Fraktionen Parlament und Öffentlichkeit mit dem Vorschlag, gegen Entschädigung der Bauherrin auf das Projekt des Kernkraftwerks Kaiseraugst zu verzichten. Im Herbst schliesslich präsentierte der Bundesrat seinen Vorschlag zu einem vorgezogenen Energiesparbeschluss. Ohne auf die Option Kernenergie zu verzichten, dokumentierte der Bundesrat damit seinen Willen, bis zum ungewissen Ergebnis eines neuen Verfassungsartikels keine Zeit zu verlieren und mit den Anstrengungen für eine rationelle Energieverwendung Ernst zu machen.
Damit waren an sich günstige Voraussetzungen geschaffen, aus der Sackgasse einer blockierten Energiepolitik herauszukommen, die das Land seit gut zehn Jahren in Anhänger und Gegner der Kernenergie teilt. Der Verzicht auf Kaiseraugst konnte die Entfernung eines Zankapfels bedeuten, der Bundesrat und Parlament die Suche nach einer neuen, mehrheitsfähigen Energiepolitik erleichterte. Die EGES-Szenarien boten dazu eine neue Grundlage. Sie zeigten einen grossen langfristigen Handlungsspielraum der Energiepolitik auf, wiesen aber auf die Notwendigkeit konsequenter Sparmassnahmen hin – gleichgültig ob nun der Ausbau der Kernenergie fortgesetzt, abgebrochen oder unentschieden bleiben sollte.
Der Fortgang der Ereignisse ist bekannt. Die Liquidierung von Kaiseraugst wurde im März 1989 zur beschlossenen Sache, der Energiesparbeschluss dagegen nicht; die EGES-Szenarien wurden dem Parlament nicht vorgelegt und lösten dort keine Diskussion über die energiepolitische Zukunft des Landes aus. Dieses "passive Moratorium", befürchten Kenner wie der Genfer Nationalökonom Tschopp, lässt Zeit ungenutzt verstreichen, in welcher der Stromverbrauch wächst, die Produktion aber stagniert. Wird in einigen Jahren die Versorgungslücke spürbar, bleibt die unerfreuliche Perspektive der "Sachzwangpolitik". Sie wird, ohne Lösung des sozialen Konflikts, entweder zusätzliche Kernkraftwerke oder Stromimporte diktieren.
Lassen wir die inhaltlichen Positionen beiseite, so drängen sich doch einige Bemerkungen über die Lernfähigkeit des Parlaments und der Regierung in jenem Konflikt auf, der wie kaum ein anderer die schweizerische politische Landschaft polarisiert hat.
Geht man von der Hypothese aus, dass gewisse Konflikte nicht aus sachlichen Gründen, sondern aus erstarrten Rollenfixierungen heraus unlösbar werden, so wäre eigentlich das Ereignis "Tschernobyl" ideal für die Aufweichung der Fronten gewesen. Das "systemfremde" Ereignis hätte tatsächlich nicht nur einzelnen Parlamentariern in den unmittelbaren Wochen danach, sondern der Mehrheitspolitik insgesamt ein Überdenken von Positionen erlaubt, ohne das Gesicht zu verlieren. Ansätze dazu waren im Sparbeschluss des Bundesrats sichtbar: dort kamen energiepolitische Entscheidungen für einmal in einer andern Koalition zustande. Beim Parlament, das Tschernobyl seinerzeit ausgiebig diskutierte, scheint das Ereignis aber keine nachhaltigen Spuren hinterlassen zu haben. Die Wirkungen von Umwelt- oder anderen Katastrophen haben oft kurze Halbwertszeiten.
Nun lässt sich das kurzfristige "Vergessen" auch in ausländischen Parlamenten oft beobachten. Parlamentarische Regierungssysteme profitieren indessen von "erzwungenen" Lernprozessen des regelmässigen Rollentausches zwischen Regierung und Opposition. Im schweizerischen Konkordanzsystem, wo Wahlen keine wechselnden Parlamentsmehrheiten bescheren, muss institutionelles Lernen anders gesichert werden: durch das Verhalten der Konkordanzpartner zum einen, durch die Volksrechte zum andern. In der funktionierenden Konkordanz finden Lernprozesse statt, wenn sich die Partner in wechselnden Koalitionen gegenseitige Zugeständnisse machen, oder das Volk "erzwingt" Lernprozesse durch Initiativbegehren oder Referenden.
Die vergangenen 15 Jahre Energiepolitik belegen, wie schwierig dieses institutionelle Lernen werden kann. Zwar kamen nicht nur die Thematisierung der Kernenergiefrage, sondern auch die Revision des Atomgesetzes unter dem Druck von Volksinitiativen zustande. Jenes Umdenken in der Kernenergie – gleichgültig ob richtig oder falsch, aber festzustellen in den meisten westlichen Demokratien – hat damit in der Schweiz vergleichsweise früh und breit eingesetzt. Auf der Ebene des Parlaments dagegen ersetzte im Zuge der Polarisierung des Kernenergiekonflikts eine einseitige Mehrheitspolitik den Kompromiss. Daran hat auch das Jahr 1988 nichts geändert.
Um echte Lernprozesse zu garantieren, müssten vermutlich beide Mechanismen spielen: der Druck durch Volksrechte und eine kompromissfähige Konkordanz. Gerade weil die Energieprobleme des Landes weniger im Technischen als in der Formulierung eines allseits getragenen "Energiefriedens" zu suchen sind, liegt hier ein Testfall dafür vor, ob Parlament und Konkordanz auf der Höhe ihrer Aufgabe bleiben.
Géographiquement, la Suisse se situe au coeur de l'Europe occidentale, à la rencontre des carrefours tant linguistiques et culturels que de ceux, plus pragmatiques, des voies de communication et des mouvements économiques. Paradoxalement, notre pays n'est pourtant pas partie prenante au formidable défi que représente la création d'un marché unique européen. Du fait de sa non-appartenance à la Communauté européenne, la Suisse ne risque-t-elle pas d'être menacée d'ostracisme? Comment peut-elle concilier sa spécificité avec ce processus d'intégration en cours? Ces interrogations, connues et reconnues aujourd'hui par bien des milieux politiques et économiques, ont suscité l'élaboration par le Conseil fédéral d'un rapport sur la position de la Suisse dans le processus d'intégration européenne. Dans ce texte, le gouvernement postule clairement l'impossibilité d'une éventuelle adhésion à la Communauté européenne en raison du statut de neutralité, des structures fédéralistes, de la démocratie directe, des compétences parlementaires ainsi que des politiques agricole, étrangère et de l'immigration. La question se pose alors dans toute son acuité: quelle attitude doit adopter la Confédération face à l'unification européenne signifiant, entre autres, la libre circulation des personnes, des marchandises et des capitaux?
Dans son rapport, le Conseil fédéral propose l'exploration d'une "troisième voie", alternative tant à l'adhésion qu'à l'isolement. Basée sur l'actuelle politique européenne développée par la Suisse, elle consiste en un approfondissement pragmatique et sectoriel des relations contractuelles avec la Communauté européenne. La coopération sera spécifiquement réglée dans les domaines où existent des intérêts communs et ce en vertu d'un équilibre des droits et des obligations entre les deux parties contractantes.
Deux questions se posent néanmoins. Premièrement, ce choix d'une troisième voie en est-il vraiment un ou n'est-il qu'un leurre? La Suisse peut-elle réellement opter en faveur de tel ou tel comportement ou bien est-elle liée tant par la volonté et l'intérêt de la Communauté européenne à coopérer avec elle que par son propre héritage démocratique? Deuxièment, cette troisième voie – que l'on considère aujourd'hui comme étant la seule attitude envisageable – n'est-elle pas un miroir aux alouettes permettant à l'Etat suisse de reculer indéfiniment l'instant du véritable choix? Ne vaudrait-il pas mieux pouvoir décider sereinement de l'attitude à suivre plutôt que de devoir le faire sous la pression des faits?
Ces deux interrogations ne nous conduisent-elles pas vers un troisième problème, quelque peu amer à envisager? Se pourrait-il que la Suisse ne soit pas maître de son destin en ce qui concerne son insertion dans la trame européenne? Attachée à son legs politique et à ses traditions démocratiques, dépendante d'une (bonne) volonté extérieure, la troisième voie ne serait-elle pas un biais permettant de dissimuler l'absence de toute possibilité de choix réel?
De surcroît, la différence de perception de l'unité européenne entre la majorité alémanique et la minorité romande ne fait qu'accroître cette valse hésitation. La quasi totalité des sondages effectués à ce jour, quels que soient leurs méthodes, leurs moyens et leurs instigateurs, a démontré que l'hypothèse de l'adhésion à la Communauté européenne était nettement mieux reçue en Suisse romande qu'en Suisse allemande. Est-ce le risque d'inversion de la polarité entre groupe majoritaire et groupe minoritaire qui fonde les espoirs des uns et les craintes des autres? La Suisse romande est-elle davantage influencée par le discours européen tenu par la France.que ne l'est la Suisse allemande par son voisin germanique? Une telle hypothèse est-elle basée sur une identité culturelle plus intense entre Suisse romande et France qu'elle ne l'est entre Suisse alémanique et RFA? Peut-on évoquer une ouverture d'esprit dissemblable ou la volonté d'une prise en considération plus grande de certains problèmes – tels que l'environnement – négligés actuellement par la Communauté européenne pour expliquer ces attitudes différenciées des deux communautés?
A l'instar de la Suisse, l'Autriche – pays neutre membre de l'AELE – doit faire face à une problématique similaire. Dans ce pays, le désir d'adhésion à la Communauté est fortement soutenu par la grande économie privée qui risque d'être plus ou moins exclue du marché européen en raison de sa faible implantation dans les pays communautaires. En Suisse, ce problème n'existe peu ou prou car les industries importantes sont déjà, pour la plupart, établies hors de nos frontières. Peut-on dès lors dire que cette absence de pression pèse sur l'indécision helvétique? Par contre, les petites et moyennes entreprises qui n'ont pas de telles opportunités et désirent donc promouvoir l'idée de l'adhésion, ont-elles vraiment accès aux moyens médiatiques et aux canaux politiques permettant un tel soutien?
Actuellement, l'on ne peut donc que constater la permanence d'une foison de questions liées à notre intégration européenne, questions pour le moment sans réponse. Deux alternatives sont envisageables: soit la Suisse poursuit et encourage le développement de ses relations avec l'Europe ainsi que la mise en oeuvre de l'ensemble de son potentiel créatif et concurrentiel – nécessaire dans le futur afin de garantir le maximum d'efficacité dans la réalisation de l'option finalement choisie – soit elle s'engage sur le chemin d'un attentisme défavorable à tout dynamisme.
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