Année politique Suisse 1989 : Partis, associations et groupes d'interêt / Partis
 
Grüne und links-grüne Gruppierungen
Die Konkurrenzsituation zwischen den beiden nationalen grünen Gruppierungen, der Grünen Partei der Schweiz (GPS) und dem Grünen Bündnis Schweiz (GBS) ist auch im Berichtsjahr erhalten geblieben. Die GPS scheint aber für viele lokale Organisationen, die sich die Frage nach dem Anschluss an eine Dachorganisation stellen, aber auch für einige Sektionen des GBS, eindeutig grössere Anziehungskraft zu besitzen als das Grüne Bündnis. An der Delegiertenversammlung der GPS im Oktober zeigten verschiedene Vertreter eine gewisse Bereitschaft, sich dem Grünen Bündnis gegenüber zu öffnen und langfristig auf einen Zusammenschluss hinzuarbeiten. Solche Absichtserklärungen blieben allerdings nicht unbestritten. Praktisch gleichzeitig legte der GPS-Sekretär Bernhard Pulver — anlässlich eines Treffens der Vorstände von GPS und GBS — ein Grundlagenpapier vor, in welchem er die GPS klar gegen grün-alternative sozialistische Organisationen abgrenzte. Er betonte in jenem Papier, dass sich die GPS als ausserhalb des links-rechts-Schemas stehend verstehe und kein Interesse an der Aufnahme von Gruppen habe, in denen Mitglieder der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) eine wichtige Rolle spielen [44].
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Grüne Partei (GPS)
Auch in diesem Jahr schlossen sich einige lokale Parteien, Bewegungen und Gruppierungen der GPS an. Die linksgerichtete "Grüne Alternative Basel (GAB)" trat im Juni in die GPS ein, die drei übrigen grünen Basler Gruppierungen, die eher bürgerliche "Grüne Mitte", die "Grüne Partei" und "Die Grünen" erlangten Beobachterstatus bei der GPS. Nach einem Jahr Beobachterstatus wurde Ende Oktober das Kritische Forum Schwyz (kfs) als dreizehnte Organisation vollberechtigtes Mitglied der GPS. An derselben Delegiertenversammlung erhielten das Grüne Bündnis St. Gallen sowie das Grüne Bündnis Luzern den Beobachterstatus [45].
An ihrer Versammlung vom 29. April in Marly (FR) entschlossen sich die Delegierten zur Unterstützung der Kleinbauerninitiative, konnten hingegen keinen Entscheid über die Parole zur GSoA-Initiative fällen. Zum ersten Mal spielte das in den Statuten vorgesehene "Ständemehr" der Kantonalparteien das Zünglein an der Waage. Zwar setzte sich bei den Delegierten die Ja-Parole sowohl mit 69:25 Stimmen gegen die Nein-Parole als auch mit 51:42 gegen die Stimmfreigabe durch. In der zweiten Abstimmung standen aber den fünf befürwortenden Kantonalsektionen deren sechs gegenüber, die für eine Stimmfreigabe votierten. Dieses Patt-Ergebnis hatte zur Folge, dass die GPS, im Gegensatz zum GBS, dessen Delegierte einstimmig ein Ja empfahlen, keine Parole zur Abschaffung der Armee ausgab. Einige wichtige Kantonalsektionen (u.a. Freie Liste Bern) empfahlen allerdings Zustimmung. Die nach der Volksabstimmung vorgenommene Befragung ergab, dass. 78% der Sympathisanten der GPS für die Armeeabschaffungsinitiative gestimmt hatten [46].
An der Versammlung in Marly wurde auch eine Statutenänderung beschlossen, welche den Einfluss der mitgliederstarken Sektionen vergrössert: Künftig wird der Präsident von der Delegiertenversammlung gewählt und nicht mehr vom 11köpfigen Ausschuss, in dem alle Sektionen gleich stark vertreten sind. Der Thurgauer Nationalrat Peter Schmid (TG) wurde für ein weiteres Jahr in seinem Präsidentenamt bestätigt; zum neuen Vizepräsidenten wurde im Oktober der Genfer Nationalrat Rebeaud gewählt [47].
In den kantonalen und kommunalen Wahlen setzte die GPS ihren Siegeszug fort. Im Aargau und in Solothurn konnte sie die vor vier Jahren von den damals noch zum Grünen Bündnis gehörenden Gruppierungen errungenen Sitze mehr als verdoppeln. Gut schnitt die GPS auch in der Westschweiz ab. In Neuenburg hielt sie in Fraktionsstärke Einzug in die Legislative und ein von ihnen und der SP unterstützter unabhängiger Kandidat verdrängte die Freisinnigen aus der Regierung; im Kanton Genf und in der Stadt Lausanne, wo sie bereits in den Parlamenten vertreten waren, erzielten sie Wähleranteile von 12,3% resp. 13,7% [48].
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Grünes Bündnis (GBS)
Das Grüne Bündnis konnte im Berichtsjahr die Absetzbewegung der ihr angehörenden Gruppierungen nicht aufhalten: So bekundeten zwei links-grüne Gruppierungen aus Baselland ("Grüne BL", "Grüne Liste BL") ihre Absicht, sich der Grünen Partei anzuschliessen und die starken Grünen Bündnisse Luzern und St. Gallen (8,7% resp. 5,3% Wähleranteil bei den letzten Nationalratswahlen) erhielten bei der GPS Beobachterstatus; beide streben eine Fusion von GPS und GBS an. Immerhin konnte mit der Winterthurer Opposition (WOP) auch ein neues Mitglied in das GBS aufgenommen werden. Dieses zählte anfangs 1990 zehn kantonale Organisationen (BE, BL (2), FR, GR, LU, SG, SH, ZG, VD) und drei lokale Gruppierungen in den Kantonen Zürich (2) und Freiburg (1) [49].
Das GBS hielt am 28. Januar seine erste ordentliche Versammlung ab. Auf organisatorischer Ebene beschlossen die Delegierten den weiteren Aufbau nationaler Strukturen mit einem Sekretariat und geregelter Finanzierung. Die parteipolitische Linie konnte nicht näher definiert werden, weil grundsätzliche Meinungsunterschiede zur Ausgestaltung des Parteiprogramms, zur Struktur und zum Parteicharakter existierten. Schliesslich wurde der Entscheid über die Frage, ob ein themenbezogenes Programm oder nur Grundsätze verabschiedet werden sollen, dem Vorstand überlassen [50].
Bei den kantonalen Wahlen des Berichtsjahres trat das GBS nirgends an, nachdem sich die früher zu ihm gehörenden Gruppierungen im Aargau und in Solothurn auf die Seite der Grünen Partei geschlagen hatten [51].
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Progressive Organisationen (POCH)
Die POCH waren auf eidgenössischer Ebene praktisch nur noch im Nationalrat präsent, nachdem sich in den beiden Vorjahren ihre Sektionen oder zumindest ein Teil ihrer Mitglieder vielerorts in die Grünen Bündnisse integriert hatten. Auf Anfang Juni löste sich die POCH-Sektion Winterthur auf. Die Haltung der Stadtzürcher Sektion gegenüber dem Grünen Bündnis war eher abwartend. Die POCH-Sektion Basel war die einzige, welche ihre Eigenständigkeit ungebrochen weiterführen wollte und konnte. Ihre Vertreterin im Nationalrat, Anita Fetz, legte nach knapp fünfjähriger Amtszeit ihr Mandat auf Ende Jahr nieder; als Ersatz rückte der 33jährige Biologe und Grossrat Thomas Baerlocher nach. Damit ist die POCH Basel zum ersten Mal nicht mehr durch eine Frau im Bundeshaus vertreten [52].
Einige Vertreter der Stadtzürcher POCH veröffentlichten als Diskussionsplattform ein Manifest für einen "Neuen Gesellschaftsvertrag". Darin wird die gesellschaftliche Realität nicht mehr als eine polarisierte Welt von grundsätzlich unterschiedlichen Interessen verstanden. Die Herrschaft und Machtausübung wird gemäss diesem Entwurf vielmehr diffus durch das System und den gesamten Gesellschaftskörper ausgeübt. Die Autoren zogen daraus den Schluss, dass nur eine Politik der je nach Themen wechselnden Mehrheiten und Koalitionen befriedigende Lösungen für unsere Gesellschaft bringen könne [53].
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Sozialistische Arbeiterpartei (SAP)
Die SAP verurteilte dieses Konzept als Konsenspolitik mit dem Bürgertum. Ihrer Auffassung nach stellt das Bürgertum nach wie vor eine durch klare ökonomische Interessen bestimmte Klasse dar, die bei aller inneren Differenzierung in entscheidenden Fragen als geschlossener Block auftrete. Die SAP selbst hat als Organisation ebenfalls nur wenig Aktivitäten auf nationalem Niveau entwickelt; vielerorts ist sie jedoch die dominierende Gruppe in den Organisationen, welche zum Grünen Bündnis gehören [54].
 
[44] WoZ, 3.11.89; BaZ, 4.12.89. Zum Verhältnis GPS/GBS siehe auch WoZ, 14.7. und 20.10.89 (Gespräch "Wieviele grüne Parteien braucht die Schweiz").
[45] Ökoparteien Basel: WoZ, 14.7.89. DV: Bund und TA, 30.10.89. Zum kfs siehe auch WoZ, 22.9.89.
[46] Presse vom 1.5. und 2.5.89. Parole GBS: Vr, 11.9.89. Vox, Analyse der eidgenössischen Abstimmung vom 26. November 1989, Bern 1990.
[47] Bund und 24 Heures, 1.5.89; TA, 2.5.89; NZZ, 9.5. und 2.11.89 (Rebeaud). Schmid wurde 1987 erstmals gewählt (vgl. SPJ 1987, S. 304).
[48] Siehe oben, Teil I, 1e.
[49] Grüne Tribüne. Eine Publikation des Grünen Bündnisses der Schweiz, April 1990.
[50] TA, 30.1.89; WoZ, 3.2.89.
[51] Siehe oben, Teil I, 1e.
[52] Zum Verhältnis POCH/GB: Vr, 26.6.89; vgl. auch SPJ 1988, S. 323 f. Fetz: NZZ und BaZ, 23.10.89; TA, 14.12.89; BaZ, 16.12.89.
[53] Siehe Lit. Forum. Vgl. auch LNN, 17.8.89; Bund, 19.8.89; WoZ, 10.11.89; TA, 5.12.89.
[54] WoZ, 1.12.89.