Année politique Suisse 1989 : Chronique générale / Finances publiques
Finanzhaushalt der Kantone
Bei der Beratung des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden bildete die Frage der Besteuerungsperiode und jene der Vergangenheits- oder Gegenwartsbesteuerung den Hauptstreitpunkt. Wir haben darüber in anderem Zusammenhang berichtet (siehe oben, Einnahmenordnung).
Der Nationalrat lehnte in der Sondersession im Februar den Antrag der Kommissionsminderheit nach einer
getrennten Ehegattenbesteuerung ab. Hingegen schrieb er den Kantonen vor, den Ein-Eltern-Familien die gleichen Ermässigungen zu gewähren wie den verheirateten Personen. Er strich im weitern einige aktionärsfreundliche Bestimmungen, wie zum Beispiel die obligatorische Steuerbefreiung von Gratisaktien, welche vom Ständerat aufgenommen worden waren. Ausserdem stimmte er dem Antrag Columberg (cvp, GR) zu, der eine neue Veranlagung der sogenannten Partnerwerke von Elektrizitätsunternehmungen vorsieht
[30].
Im Differenzbereinigungsverfahren lenkte der Ständerat in der Herbstsession in vielen Punkten auf die Linie der Volkskammer ein. So etwa in der Frage der Besteuerung von Ein-Eltern-Familien und in jener der Besteuerung von Gratisaktien. Auch die für die Bergkantone günstigere Steueraufteilung zwischen Elektrizitätsgesellschaften und ihren Partnerwerken fand materiell, aber noch nicht in der Form, Zustimmung. Die wichtigsten noch verbleibenden Differenzen betrafen die Veranlagungsperiode und der bei der Gewinnsteuer für juristische Personen anzuwendende Tarif (Dreistufen- oder Proportionaltarif)
[31].
Die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren beschloss, dem Bundesrat eine
Neuregelung der Kantonsanteile an der direkten Bundessteuer vorzuschlagen. Ihr Projekt sieht vor, für die Jahre 1990/91 rund 50 Mio Fr. zugunsten der finanzschwächeren Stände umzuverteilen. Ab 1992 soll eine definitive Regelung gelten, welche im Vergleich zu heute 130 Mio Fr. neu verteilt. Profitieren würden vor allem die Kantone Wallis, Aargau, Bern und Luzern; schlechter gestellt würden namentlich die Kantone Genf, Waadt, Zürich und Zug
[32].
Dank der guten Wirtschaftslage und der geringen Teuerung erzielten die Kantone für das Rechnungsjahr 1988 insgesamt einen
Einnahmenüberschuss von 446 Mio Fr. 15 Kantone schlossen mit einem positiven Ergebnis ab. Allgemein waren die Rechnungsabschlüsse 1988 besser als veranschlagt. Akkumuliert auf die Zehnjahresperiode 1979-1988 erreichte der Kanton Zug den relativ grössten Überschuss (gemessen an den Gesamtausgaben); Freiburg und Appenzell-Innerrhoden folgen an zweiter und dritter Stelle. Umgekehrt verzeichnete der Kanton Appenzell-Ausserrhoden das prozentual grösste Defizit, gefolgt von den Kantonen Jura und Genf. Die Ausgaben der Kantone nahmen 1988 um 7,2% auf 34,8 Mia Fr. zu, wobei die reale Zuwachsrate die 5%-Marke deutlich überstieg. Die Einnahmen konnten um 6,9% auf 35,3 Mia Fr. gesteigert werden. Die Verschuldung der Kantone setzte sich auch 1988 fort: Gegenüber 1987 erhöhten sich die Schulden um 986 Mio oder 3,4% auf 29,7 Mia Fr. Das starke Wachstum der Kantonsausgaben bei geringer Teuerung liess die Staatsquote weiter ansteigen: Der Anteil der kantonalen Ausgaben am Bruttoinlandprodukt stieg zwischen 1970 und 1988 von 10,5% auf 13%
[33].
Die meisten Kantone budgetierten für 1989 eher pessimistisch: in 9 Kantonen wurden positive, in 17 Kantonen negative Rechnungsabschlüsse erwartet. Insgesamt sollen die Ausgaben um etwa 2,3 Mia oder 6,6% auf 37,4 Mia Fr. anwachsen. Das veranschlagte Ausgabenwachstum war damit wesentlich höher als die geschätzte Zunahme des nominalen Bruttoinlandproduktes
[34].
Die Revision des Bundesgesetzes über den Finanzhaushalt sollte es in Zukunft ermöglichen, einen direkten Vergleich zwischen den Haushaltsrechnungen der einzelnen Kantone anzustellen. Bis heute waren die Systeme so verschiedenartig, dass zwischen laufender Rechnungsart, ordentlicher Rechnung, Finanz- oder Gesamtrechnung komplizierte Umrechnungsverfahren oder Schätzungen für einen Vergleich angestellt werden mussten
[35].
[30] Amtl. Bull. NR, 1989, S. 13 ff.; LNN, 2.2.89.
[31] Amtl. Bull. St R, 1989, S. 561 ff., 584 ff. und 597 f.; NZZ, 5.10. und 6.10.89. Zum Ausmass der unterschiedlichen Steuerbelastung in den Kantonen siehe "Die Steuerbelastung in der Schweiz 1988", in wf, Dok., 40, 2.10.89, S. 1 ff.
[32] Ww, 7.9.89; SZ, 19.10.89; SGT, 26.10.89.
[33] Die Volkswirtschaft, 62/1989, Nr. 11, S. 46 ff.; vgl. auch wf, Dok., 11.12.89.
[34] Die Volkswirtschaft, 62/1989, Nr. 2, S. 20 ff.
[35] Vgl. dazu oben, Finanzhaushaltsgesetz.
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