Année politique Suisse 1996 : Eléments du système politique / Elections
Kommunalwahlen
Für die detaillierten Resultate siehe die Tabellen im Anhang (
anhang_1996.pdf).
Von den acht grössten Städten (exklusive Basel) wählten im Berichtsjahr vier Regierung und Parlament neu; Regierungsersatzwahlen gab es keine. In Bern und Biel kam es zu insgesamt drei Abwahlen aus der Regierung, wovon zwei die FDP betrafen. Mit je einem Exekutivsitz in den Städten Bern und Luzern hatte die FDP auch die grössten Verluste zu verzeichnen. Die CVP konnte in Bern wieder in die Regierung einziehen, während die SP in Biel einen Sitz dazugewann und damit ihren Vorsprung als stärkste Partei in den Stadtregierungen noch ausbauen konnte (19 von 54 Sitzen). Neu ist der LdU mit Bern wieder in einer Exekutive der acht grössten Städte vertreten, auf Kosten des Bündnisses Junges Bern/Freie Liste. Erstmals wurde eine Frau in die Luzerner Stadtregierung gewählt. Anders als bei den kantonalen Wahlen nahm der Frauenanteil in den acht kommunalen Regierungen aber insgesamt um einen Sitz und damit von 27,8% auf 25,9% ab. In den kommunalen Parlamenten nahm er jedoch um neun Sitze, von 33,9% auf 35,4%, zu.
Klare
Siegerin in den kommunalen Parlamentswahlen war mit 14 Mandatsgewinnen die
SP, gefolgt von der SVP, die in Luzern und St. Gallen zum ersten Mal angetreten war und sechs Mandate
[34] zulegen konnte. Die FDP büsste drei Sitze ein, die CVP sechs. Mit ebenfalls sechs Sitzverlusten gehörte auch die Freiheits-Partei zu den Verlierern. Damit deckten sich kantonale und kommunale Wahlresultate für die Parlamente grossmehrheitlich.
In der Stadt Bern versuchten die bürgerlichen Parteien FDP, SVP und CVP, die vor vier Jahren verlorene Mehrheit im siebenköpfigen Gemeinderat zurückzuholen. Sie traten mit einer Viererliste an, die neben den drei Bisherigen Theres Giger (fdp), Kurt Wasserfallen (fdp) und Ursula Begert (svp) den CVP-Kandidaten Adrian Guggisberg zur Wahl vorschlug. Das Rot-Grün-Mitte-Bündnis (RGM) bestehend aus SP, Grünes Bündnis, Junges Bern/Freie Liste, LdU und EVP beschränkte sich ebenfalls nicht auf eine Verteidigung ihrer vier Sitze, sondern trat mit einer Fünferliste an, die neben den drei Bisherigen Klaus Baumgartner (sp), Alfred Neukomm (sp) und Therese Frösch (gb) die neukandidierenden Claudia Omar (ldu) und Peter von Gunten (jb/fl) vorschlug; Joy Matter (jb/fl) stellte sich nach zwei Legislaturen nicht mehr zur Wiederwahl.
Das RGM-Bündnis konnte seine Regierungsmehrheit erfolgreich verteidigen. Es vermochte seinen Stimmenanteil in den nach Proporzregeln durchgeführten Wahlen von 48,9% auf 55,5% zu erhöhen und sicherte sich vier Vollmandate, nachdem der vierte RGM-Sitz vor vier Jahren noch ein Restmandat war. Die drei Bisherigen wurden wiedergewählt, und Finanzdirektorin Therese Frösch erreichte gar das beste Wahlergebnis, obwohl in den letzten vier Jahren nicht weniger als sechs ihrer Budgetvorlagen verworfen worden waren. Mit 75% der Stimmen wurde Baumgartner auch als Stadtpräsident bestätigt. Für Joy Matter zog neu Claudia Omar in die Stadtregierung ein, die Peter von Gunten klar zu distanzieren vermochte. Die bürgerliche Liste musste mit 37,6% (1992: 38,5%) einen leichten Wählerrückgang hinnehmen. Ursula Begert erzielte das beste bürgerliche Resultat, gefolgt von Kurt Wasserfallen, dessen Polizeieinsätze im Vorfeld der Wahlen nicht unumstritten gewesen waren, sowie überraschend dem Herausforderer der bisherigen RGM-Mehrheit, Adrian Guggisberg. Damit ist die CVP, die drei Jahre zuvor bei Ersatzwahlen ihren einzigen Sitz an die SVP verloren hatte, wieder im Berner Gemeinderat vertreten. Die Bisherige
Theres Giger erzielte über 3000 Stimmen weniger als Guggisberg und wurde damit
abgewählt. Die Abwahl Gigers löste in der Stadt Bern Betroffenheit über die Parteigrenzen hinweg aus und wurde insbesondere auf eine Artikelserie der "Sonntags-Zeitung" kurz vor den Wahlen zurückgeführt, in welcher die Planungs- und Baudirektorin im Zusammenhang mit angeblichen Missständen im Tierpark Dählhölzli heftig angegriffen wurde. Daneben wurde Giger aber auch von ihrer eigenen Partei nur unzureichend unterstützt. Mit den beiden Neugewählten Omar und Guggisberg hielten Vertreter von zwei Parteien in der Regierung Einzug, die in der Stadt Bern lediglich ein Randdasein fristen; LdU und CVP halten im Stadtparlament noch je zwei Mandate. Neu ist der Berner Gemeinderat mit vier Vertretern wieder mehrheitlich in Männerhand, nachdem in Bern seit 1993 erstmals in einem Kanton oder einer grösseren schweizerischen Stadt
[35] die Frauen die Exekutivmehrheit gebildet hatten
[36].
Die
RGM-Parteien konnten im 80köpfigen Stadtrat ihre
Mehrheit von 42 auf 46 Sitze
ausbauen, wobei die Linkskräfte zulasten der Mitte zulegten: die SP erzielte fünf Sitzgewinne (28) und einen Wähleranteil von 32,8% (1992: 27,4%), während das Grüne Bündnis und die Junge Alternative je einen Sitz zulegen konnten. Die Gruppierung Junges Bern/Freie Liste, die Grüne Partei und die EVP büssten je ein Mandat ein. Auf bürgerlicher Seite konnten FDP und Jungfreisinn ihre 15 Sitze verteidigen, ebenso wie die SVP ihre acht, während die CVP eines ihrer bisher drei Mandate verlor. Insgesamt kam das bürgerliche Lager auf 30,5%, gut ein Prozentpunkt weniger als 1992. Einen erdrutschartigen Einbruch erlitt die Freiheits-Partei, die drei ihrer bisher fünf Mandate verlor, wobei ein Mandatsverlust dem FP-Spaltprodukt Bürger-Partei zuzuschreiben ist, das leer ausging. EDU (1), SD (4) sowie die Arbeitnehmer- und Rentnerpartei (2) konnten ihre Mandatsstärken verteidigen, der Wähleranteil der Rechtsparteien sank aber insgesamt von 17% auf 13,5%. Der Grosserfolg der Frauen von 1992 wiederholte sich nicht: ihr Anteil im Stadtparlament nahm von 42,5% auf 36,3% ab; 25 der neu 29 Frauen sind Vertreterinnen der rot-grünen Mehrheit
[37].
Bei den letzten Wahlen war es im traditionell "roten Biel" zu einem Rechtsrutsch gekommen, und die links-grüne Mehrheit ging sowohl in Regierung wie Parlament verloren. Erstmals in der Geschichte Biels trat der Links-Grüne-Mitte-Block deshalb geschlossen als "Team 2000" auf, was sich für die SP lohnte: Sie eroberte in der Stadtregierung die Mehrheit zurück. Diese besteht aus fünf hauptamtlichen und vier nebenamtlichen Gemeinderäten und wird im Proporzverfahren getrennt gewählt. Im ständigen Gemeinderat vermochte die gemeinsame Liste von SP, Grünes Bündnis/Freie Liste und LdU mit einem Wähleranteil von 57,4% den dritten Sitz komfortabel zu gewinnen; neben den beiden Bisherigen, Städtpräsident Hans Stöckli und Erica Wallis, schaffte Ulrich Haag (alle drei sp) den Sprung vom nichtständigen in den ständigen Gemeinderat. Dagegen erlebte die bürgerliche Liste "Der springende Punkt" (fdp, parti radical romand, svp, "Für Biel") ein Debakel. Ihr Wähleranteil sank gegenüber 1992 von fast 40% auf 27,1%. Die beiden Bisherigen, Hans-Rudolf
Aerni (ex-fdp, für Biel) und die Welschfreisinnige Marie-Pierre
Walliser, denen im Wahlkampf wiederholt vorgeworfen worden war, im Gemeinderat polarisierende Kräfte zu sein, wurden abgewählt. Neu gewählt wurde statt dessen der politisch berechenbarere Hubert Klopfenstein (fdp), der als einziger Bürgerlicher im ständigen Gemeinderat verbleibt. Der ebenfalls umstrittene ständige Gemeinderat Jürg Scherrer, einziger Schweizer Exekutivvertreter der Freiheits-Partei, schaffte mit Unterstützung der Schweizer Demokraten und der EDU, aber auch vielen bürgerlichen Stimmen, die Wiederwahl mit dem viertbesten Resultat. Im nichtständigen Gemeinderat blieb die Sitzverteilung unverändert: Martin Bösiger (fdp) wurde wiedergewählt, während Marianne Reber, Pierre-Yves Moeschler (beide sp) und Martin Widmer (svp) neu gewählt wurden.
Auch im 60köpfigen Bieler Parlament änderten sich die
Mehrheitsverhältnisse zugunsten des Mitte-Links-Bündnisses. Die Bürgerlichen und die Rechtsaussenparteien, die bisher zusammen 31 Sitze belegt hatten, büssten vier Sitze an die Linke ein. SVP und "Für Biel", die vor vier Jahren auf je drei Mandate kamen und dieses Jahr auf einer gemeinsamen Liste antraten, holten zusammen lediglich noch drei Mandate und verloren damit deren drei. Die Freiheits-Partei verlor ein Mandat (5), während sich ein Sitzgewinn der Deutschfreisinnigen (10) und ein Sitzverlust der Schwesterpartei Parti Radical Romand (6) aufhoben. Schweizer Demokraten und die EDU halten unverändert je ein Mandat. Die SP als grosse Siegerin konnte fünf Sitze (26) zulegen (davon ein Sitzgewinn für die Romands), während CVP und LdU ihre einzigen Sitze halten konnten. Das Grüne Bündnis/Freie Liste verlor einen Sitz. Damit hält das Mitte-Links-Bündnis neu eine knappe Mehrheit von 31 Sitzen. Die EVP, die keinem der beiden Blöcke angehört, verteidigte ihre beiden Sitze. Fast verdoppeln konnten die Frauen ihre Vertretung im Stadtrat; sie nahm von 16,7% auf 30% zu
[38].
Mit dem Rücktritt des populären Stadtpräsidenten Franz Kurzmeier (fdp) mussten sich die Luzerner entscheiden zwischen einer Fortführung des sozial-liberalen und grünen Kurses Kurzmeiers oder dem von der FDP propagierten neuen wirtschaftsfreisinnigen Kurs. Im Nominationsverfahren der FDP wurde der sozial-liberale Grossrat Urs W. Studer ausgebootet; offizieller Kandidat wurde an seiner Stelle Wirtschaftsvertreter Peter Studer. Urs W. Studer gab deshalb seinen Austritt aus der städtischen FDP bekannt und kandidierte als Unabhängiger, breit unterstützt von einem überparteilichen Komitee aus sozial-liberalen und linken Kreisen. Die Luzerner sprachen sich für eine Fortführung des sozial-liberalen Kurses aus: Urs W. Studer wurde klar zum neuen Stadtpräsidenten gewählt, während sein Kontrahent Peter Studer, der auch die Unterstützung der CVP hatte, überraschend sogar die Wahl in die Exekutive verpasste. Damit musste die FDP, die den Stadtpräsidenten seit 151 Jahren gestellt hatte, eine klare Niederlage einstecken. Der einzige Sitz der FDP ging an Irene Hartmann, die als erste Frau in den fünfköpfigen Stadtrat einzog. Sie wird ebenfalls dem sozial-liberalen Lager zugezählt und war auf der Urs.-W.-Studer-Liste aufgeführt, wie auch die drei bisherigen Stadträte Paul Baumann, Franz Müller (beide cvp) und Werner Schnieper (sp): alle drei schafften die Wiederwahl. Heidy Steffen vom Grünen Bündnis verpasste mit rund 800 Stimmen weniger als Peter Studer ebenfalls das absolute Mehr.
Bei den Wahlen in den 40köpfigen Grossen Stadtrat war die
erstmals angetretene SVP klare Siegerin. Sie erreichte bei einem Stimmenanteil von über 9% auf Anhieb vier Sitze und damit Fraktionsstärke. Ebenfalls auf der Siegerseite standen die SP mit zwei Mandatsgewinnen (11) und das Grüne Bündnis mit einem Sitzgewinn. Dagegen verlor die CVP fast einen Drittel ihrer Stimmen und vier Sitze (7). Die FDP büsste zwei Sitze ein (12), bleibt aber stärkste Partei im Stadtparlament. Die radikalfeministische Unabhängige Frauenliste (UFL) verlor ihren einzigen Sitz. Insgesamt stieg der Frauenanteil im Grossen Stadtrat aber von 30% auf 42,5%
[39].
In der seit 1965 aus je zwei Freisinnigen und Christlichdemokraten sowie einem Sozialdemokraten zusammengesetzten Exekutive der Stadt St. Gallen kam es zu keiner parteipolitischen Veränderung. Die vier wieder antretenden Bisherigen, Liana Ruckstuhl (fdp), Franz Hagmann (cvp), Heinz Christen (sp) und Erich Ziltener (cvp) wurden erwartungsgemäss bestätigt, wobei die erst im Vorjahr dazugekommene Ruckstuhl das Spitzenresultat erzielte. Christen wurde ebenfalls als Stadtammann bestätigt. Neu gewählt wurde FDP-Kandidat Hubert Schlegel, der den zurücktretenden Peter Schorer ersetzt. Seine Gegenkandidatin, die vom gesamten links-grünen Lager getragene LdU-Politikerin Anita Dörler, blieb um rund tausend Stimmen hinter Schlegel zurück. Damit hat die Linke zum dritten Mal nacheinander ihr Ziel verfehlt, die vor gut drei Jahrzehnten verlorene Doppelvertretung im Stadtrat zurückzuerobern.
Die Gemeinderatswahlen der Stadt St. Gallen wiesen klare Parallelen auf zu den Kantonsratswahlen, die zu Beginn des Jahres stattgefunden hatten. Wie auf kantonaler zog auch auf städtischer Ebene die erstmals angetretene
SVP auf Anhieb in
Fraktionsstärke (5) ins Parlament ein. Ihre Sitzgewinne gingen dabei auf Kosten der Autopartei, die zwei Mandate verlor, sowie der FDP, CVP und SD, die je ein Mandat einbüssten. Die links-grünen Parteien waren anders als die bürgerlichen Parteien mit einer grossen Listenverbindung angetreten. Je ein Mandat der LdU und der EVP gingen zur SP, die damit zu den beiden grössten Fraktionen CVP und FDP (je 13 Sitze) aufschliessen konnte. Die Grünen und die Politische Frauengruppe (PFG) verteidigten ihre Mandate. Damit blieben die beiden Blöcke im 63köpfigen Grossen Gemeinderat insgesamt genau gleich stark. Trotz drei Frauenlisten stieg der Frauenanteil nur um eine Vertreterin, auf 27%, an
[40].
[34] Ohne Biel, wo die SVP mit "Für Biel" auf einer gemeinsamen Liste antrat und deshalb statistisch unter Übrige figuriert. Zusammen holte diese Liste 3 Sitze.34
[35] Diese Aussage bezieht sich auf die kantonalen sowie die vom
SPJ berücksichtigten acht kommunalen Exekutiven. Anfangs 1997 bestanden in 2 Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern Frauenmehrheiten in der Exekutive: Pratteln (BL) und Münsingen (BE) (W. Seitz,
Die Frauen in den Exekutiven der Schweizer Gemeinden 1997, Bern (BFS) 1997).35
[36] Wahlen vom 1.12.96: Presse vom 2.12. und 3.12.96. Zur Pressekampagne Giger:
SoZ, 27.10.-24.11.96;
BZ, 3.12. und 4.12.96.36
[37] Wahlen vom 1.12.96: Presse vom 2.12. und 3.12.96;
Bund, 5.12.96. Zur ungewöhnlich hohen Fluktuationsrate im Berner Stadtparlament siehe die Studie
Analyse der Rücktritte aus dem Berner Stadtrat, Bern 1995.37
[38] Regierungs- und Parlamentswahlen vom 22.9.96: Presse vom 23.9.96.38
[39] Regierungs- und Parlamentswahlen vom 5.5.96: Presse vom 6.5.96.39
[40] Regierungs- und Parlamentswahlen vom 25.8.96: Presse vom 26.8.96.40
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