Année politique Suisse 1992 : Sozialpolitik
Gesundheit, Sozialhilfe, Sport
Der neue Art. 24decies der Bundesverfassung, welcher erste Leitplanken im Bereich der Fortpflanzungs- und Gentechnologie setzt, wurde in der Volksabstimmung mit grossem Mehr angenommen. Weitere Volksinitiativen wurden zu diesem Thema lanciert. - Der Bundesrat gab die Rahmenbedingungen für die medizinisch kontrollierte Abgabe harter Drogen bekannt. Zur Drogenpolitik wurden mehrere Volksinitiativen lanciert oder angekündigt. - Den "Zwillingsinitiativen" für ein Verbot der Alkohol- und Tabakwerbung stellte der Bundesrat einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber, der ein teilweises Werbeverbot vorsieht. - In mehreren Kantone wurden Studien zur neuen Armut vorgestellt. - Der Bundesrat setzte das Opferhilfegesetz auf den 1.1.1993 in Kraft.
Gesundheitspolitik
Bei der Beratung der
Legislaturplanung 1991-1995 legte die ständerätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit eine Richtlinienmotion vor, welche den Bundesrat beauftragen wollte, ein umfassendes Leitbild "Gesundheitswesen Schweiz" vorzulegen. Damit sollte eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen, Verbänden, Krankenkassen und Patientenorganisationen erreicht werden mit dem Ziel einer effizienteren Versorgung und einer höheren Qualität bei niedrigeren Kosten. Unter Hinweis auf die kantonalen Prärogativen im Gesundheitswesen beantragte der Bundesrat Umwandlung in ein Postulat. Die kleine Kammer hielt aber an der verbindlichen Form fest. Der Nationalrat folgte hingegen der bundesrätlichen Argumentation und lehnte die Motion ab
[1].
Der
gesundheitliche Zustand der Schweizer Bevölkerung hat ein Niveau erreicht, das im internationalen Vergleich zu den besten gehört. Dies ist im wesentlichen der sehr guten Gesundheitsversorgung zu verdanken, wie aus dem Bericht der Schweiz an die Weltgesundheitsorganisation hervorging, der im Rahmen des WHO-Strategieprogramms "Gesundheit für alle bis zum Jahr 2000" erarbeitet wurde. Die durchschnittliche Lebenserwartung hat in allen europäischen Ländern in den vergangenen Jahren zugenommen, in der Schweiz zwischen 1970 und 1989 um 4,6 auf 77,8 Jahre, im europäischen Durchschnitt im gleichen Zeitraum um 1,7 auf 74,9 Jahre. Das von der WHO für das gesamte Europa festgesetzte Ziel von 75 Jahren bis zum Jahr 2000 ist somit in der Schweiz bereits erreicht. Im einzelnen gilt dies aber nur für die Frauen mit 81,2 Jahren, bei den Schweizer Männern beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung 74,2 Jahre. Das bei der Studie federführende Bundesamt für Gesundheit (BAG) wies aber gleichzeitig auf neue Gefahren und weitere Verbesserungsmöglichkeiten hin. Während - wie übrigens in ganz Westeuropa - in den letzten Jahren die durch Herz-Kreislauf-Krankheiten bedingten Todesfälle abnahmen, verzeichnete der frühzeitige Tod durch Lungenkrebs, vor allem bei Frauen, eine markante Zunahme. Sorgen bereitet dem BAG ebenfalls die hohe Anzahl von Unfallopfern sowie die nach wie vor für Europa überdurchschnittliche Suizidrate
[2].
Als erstes Land der Welt erliess die Schweiz eine Verordnung, welche für den Fall einer radioaktiven Verstrahlung die
flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Jodtabletten vorsieht. Für die Lagerung der Tabletten sind in erster Linie Zivilschutzunterkünfte vorgesehen. In einem Gebiet bis 20 Kilometer um die fünf Kernkraftwerke wird das einem Schilddrüsenkrebs vorbeugende Kaliumjodid hingegen direkt an die Haushalte abgegeben, da es im Katastrophenfall möglichst rasch eingenommen werden müsste
[3].
Eine neu entdeckte Gesundheitsgefährdung droht aus der Umwelt. Wie eine vom Bundesrat eingesetzte Expertengruppe nach fünfjähriger Arbeit darlegte, herrschen in rund 10 000 Häusern in der Schweiz – vor allem im Bündner Oberland, in den Bündner Südtälern, in den Karstgebieten des westlichen Juras und in einigen Gemeinden des Tessins –
zu hohe Radonwerte, welche beim Zerfall von natürlichem Uran im Boden entstehen. Diese Zerfallsprodukte führen zu einer Bestrahlung der Atmungsorgane und damit zu einem erhöhten Krebsrisiko. In der Schweiz ist Radon für 40% der mittleren Strahlenbelastung der Menschen verantwortlich. In den am stärksten betroffenen Gebieten erreicht die Radongaskonzentration in einzelnen Häusern mit über 1000 Becquerel pro Kubikmeter ein Niveau, das als äusserst gesundheitsgefährdend betrachtet werden muss
[4].
Das Gesundheitswesen
kostet die Schweiz heute weit über 26 Mia Fr. im Jahr. Geleistet wird diese Summe zu fast zwei Dritteln durch die privaten Haushalte und zu etwa einem Viertel durch die öffentliche Hand. Dies ging aus Schätzung des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervor. Zwischen 1985 und 1990 nahmen die Gesundheitskosten um , 43,1 % zu, rund 6 Prozentpunkte mehr als das Bruttoinlandprodukt. Gut die Hälfte entfiel dabei auf den stationären Bereich, knapp 30% auf die ambulante Versorgung; 11,4% wurden für Medikamente ausgegeben. Die Verwaltungen der Sozialversicherungen und der Gesundheitsbehörden verursachten 6,2% der Kosten, während nur 1,6% für Präventionsmassnahmen eingesetzt wurden
[5].
Im Berichtsjahr gerieten vor allem die
Arzthonorare unter Beschuss. Die von Bundesrat Cotti bei der Beratung des zweiten Massnahmenpakets gegen die Kostensteigerung im Gesundheitswesen angeführten Zahlen über das Durchschnittseinkommen der Ärzte wurden von deren Standesorganisationen zwar heftig bestritten. Doch ergaben Studien, dass die Ärzte in weit grösserem Ausmass für den Kostenschub verantwortlich sind als bisher angenommen. Die teilweise verweigerte Erhöhung der Tarife wurde in den letzten Jahren durch eine massive Mengenausweitung mehr als nur kompensiert. Teuerungsbereinigt nahm das durchschnittliche Einkommen pro Arzt in den letzten acht Jahren um 12% zu, dasjenige der arbeitenden Gesamtbevölkerung nur um 7%. Die Untersuchungen zeigten aber auch krasse Unterschiede innerhalb der Ärzteschaft: Ein Viertel der Ärzte, vornehmlich Chefärzte und Spezialisten, kassierte die Hälfte der Krankenkassenleistungen, während das Nettoeinkommen der praktischen Ärzte im Mittel abnahm
[6].
Sowohl das zweite Massnahmenpaket des Bundes gegen die Kostensteigerung im Gesundheitswesen wie die Volksinitiativen "für eine finanziell tragbare Krankenversicherung" und "für eine gesunde Krankenversicherung" werden unten, Teil I, 7c (Krankenversicherung) behandelt.
Im Auftrag des Bundesrates schrieb der Schweizerische Nationalfonds ein neues
Nationales Forschungsprogramm (NFP 34) aus, welches in den nächsten fünf Jahren mit einem Kreditrahmen von 6 Mio Fr. die Kenntnisse über diagnostische und therapeutische Verfahren, die nicht zur Schulmedizin gehören, vertiefen soll. Im ersten Forschungsschwerpunkt werden die Gründe für die zunehmende Verbreitung der Komplementärmedizin analysiert. Der zweite Teilbereich umfasst die Abklärung ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung. Im dritten Teil sollen Methoden entwickelt und angewendet werden, welche es erlauben, die
Wirksamkeit von komplementärmedizinischen Verfahren zu überprüfen
[7].
Nach Zürich, wo sich die Besetzung des 1990 von der Regierung beschlossenen Lehrstuhls für Naturheilkunde weiter verzögerte, wird möglicherweise auch der Kanton Bern die Alternativmedizin als eigenständiges Fach in die Ausbildung der angehenden Arztinnen und Ärzte einbeziehen: Im September reichten über 20 000 Stimmberechtigte eine entsprechende Volksinitiative ein
[8].
24 Kantone haben dem 1988 beschlossenen neuen interkantonalen
Konkordat über die Kontrolle der Heilmittel zugestimmt, Basel-Stadt und Bern allerdings nur mit Vorbehalten bzw. mit einer zeitlichen Befristung. Im Berichtsjahr führte die Ablehnung durch die Kantone Zürich und Appenzell Ausserrhoden jedoch zum Scheitern des neuen Konkordates. Der Widerstand dieser beiden Kantone erfolgte allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Mit ihrer Ablehnung wollte die Zürcher Legislative den Weg frei machen für eine Bundeslösung. Dem Konkordat warf sie vor, schwerfällig zu sein und an einem Demokratiedefizit zu leiden. Appenzell befürchtete die Stärkung der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) und damit den Verlust der kantonalen Heilmittelregistrierung, was zu einschneidenden Einschränkungen in der Appenzeller Naturärztetradition führen würde
[9].
Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates forderte daraufhin die Landesregierung auf, umgehend ein
Bundesgesetz zur Heilmittelkontrolle vorzubereiten. Der Bundesrat hatte diese Möglichkeit bei der Ausarbeitung des ersten Eurolex-Pakets erwogen, sie dann aber wegen des Widerstandes der Kantone wieder fallengelassen. Bei der Beratung der Legislaturplanung 1991-1995 hatte der Nationalrat eine entsprechende Motion der Kommission ebenfalls abgelehnt, doch war damals der negative Entscheid der Kantone Zürich und Appenzell noch nicht gefallen
[10].
In seinen Richtlinien der Regierungspolitik kündigte der Bundesrat an, dem Parlament in der laufenden Legislatur ein Bundesgesetz über die Organisation der Grenzkontrolle für Heilmittel vorlegen zu wollen. Diese soll erlauben, das mit einer unkontrollierten Einfuhr verbundene Risikopotential zu überwachen, den illegalen Vertrieb von nicht registrierten Heilmitteln zu verhindern sowie für den Export von Medikamenten eine Ausfuhrkontrolle einzuführen
[11].
Seit dem Inkrafttreten der neuen Radio- und Fernsehverordnung ist die
Werbung für nicht rezeptpflichtige Medikamente in diesen Medien erlaubt. Ausgeschlossen sind Heilmittel, welche nur in Apotheken erhältlich sind, sowie Medikamente, bei denen eine gesundheitsbeeinträchtigende Wirkung bei Missbrauch nicht ausgeschlossen werden kann. Die Aufsicht über die Heilmittelwerbung liegt bei der IKS. Diese nicht unumstrittene Öffnung begründete der Bundesrat mit der wettbewerbspolitischen Gleichstellung von Radio und Fernsehen mit den Printmedien
[12].
Nach Ansicht des Preisüberwachers sind die
Medikamentenpreise in der Schweiz massiv überhöht, werden dafür doch rund 40% mehr bezahlt als im europäischen Durchschnitt. Er forderte deshalb das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) auf, bei der Preiskontrolle künftig auch auf das tiefere Auslandniveau abzustellen. Die Pharmabranche wollte die Zahlen des Preisüberwachers nicht gelten lassen. Gemäss ihren Angaben sind ältere Medikamente in der Schweiz tatsächlich etwas teurer als im Ausland, neuere Präparate hingegen billiger als in den europäischen Vergleichsländern. Zumindest in der Eidgenössischen Arzneimittelkommission setzte sich der Preisüberwacher durch. Die Kommission, welche nur beratende Funktion hat, fand es angemessen, die Preise für Originalmedikamente, die seit mehr als 30 Jahren auf dem Markt sind, um 15% zu senken. Die Preisschutzfrist soll zudem sowohl für alte wie für neue Medikamente von heute 30 auf 15 Jahre gesenkt werden
[13].
Gegen Verfügungen zur Aufnahme von Arzneimitteln in die Liste der kassenpflichtigen Spezialitäten kann künftig bei einer verwaltungsunabhängigen Instanz Rekurs eingelegt werden. Der Bundesrat setzte die Rekurskommission für die Spezialitätenliste auf den 1. Dezember ein. Gegen Entscheide dieses Gremiums ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Eidgenössischen Versicherungsgericht möglich. Damit wird fortan das ganze Beschwerdeverfahren vor verwaltungsunabhängigen Instanzen durchgeführt
[14].
Der Nationalrat lehnte eine Motion Zisyadis (pda, VD) ab, welche den Bundesrat verpflichten wollte, Hersteller von Medikamenten gegen seltene Krankheiten finanziell zu unterstützen
[15].
Im Berichtsjahr wurden 651 Aids-Neuerkrankungen registriert, 46 mehr als im Jahr zuvor. Zunehmend ist die Zahl der durch heterosexuelle Kontakte infizierten Personen, wobei der Anstieg bei den Frauen besonders markant ist. Nach wie vor bilden Drogensüchtige die am meisten betroffene Gruppe (39,5% aller Erkrankungen), gefolgt von jener der homo- und bisexuellen Männer (38,6%). Gesamthaft gesehen
flachte die Zunahme der Fälle 1992 jedoch leicht ab. Der Grund für diese Entwicklung lässt sich gemäss BAG nicht eindeutig feststellen. Sowohl von HIV-Positiven benutzte Medikamente als auch die Informationskampagnen des Bundes könnten eine Rolle gespielt haben. Von 1983 bis zum Ende des Berichtsjahrs erkrankten insgesamt 2879 Menschen an Aids; 1916 sind bereits an der Immunschwächekrankheit verstorben. Seit 1985 meldeten die Laboratorien 17 112 HIV-positive Testergebnisse
[16].
Die Weltgesundheitsorganisation WHO bezeichnete die
Schweizer Aids-Prävention als sehr erfolgreich. Dank intensivierter Aufklärung habe sich der Gebrauch von Kondomen stark erhöht, bei den Jugendlichen beispielsweise von 17 auf 73%. Zudem sei es gelungen, nicht nur die Risikogruppen, sondern auch die breite Bevölkerung anzusprechen. Besonderes Lob erhielt dabei die Stop-Aids-Informationskampagne des BAG und der "Aids Hilfe Schweiz" (AHS). Als weltweit einmalig bezeichneten die Fachleute die fortgesetzte Evaluation aller präventiven Massnahmen, deren Auswertung und Einbezug in neue Kampagnen. Anlass zur Kritik gaben hingegen die föderalistischen Strukturen, welche die Umsetzung der Prävention insbesondere im Bereich der Drogenpolitik teilweise behinderten
[17].
Nach einem dreimonatigen Pilotprojekt im Vorjahr lancierte die Aids Hilfe Schweiz mit Unterstützung des BAG im Oktober neben anderen Präventionsprojekten das flächendeckend in Apotheken und Drogerien abgegebene Präventionsset "Flash", welches neben sauberem Spritzenmaterial und einem Kondom Informationsmaterial mit einer Liste der Beratungsstellen enthält. Bis Ende Jahr wurden 75 000 Sets ausgeliefert. Hingegen wurde im gleichen Zeitpunkt eine weitere Stop-Aids-Kampagne, welche den Gebrauch sauberer Spritzen propagieren wollte, vom BAG auf unbestimmte Zeit verschoben, da — vor allem auch an der Spitze des EDI — befürchtet wurde, dies könnte in der Öffentlichkeit als Drogenpromotionskampagne missverstanden werden
[18].
Im Vorjahr hatte sich das BSV geweigert, den privaten Institutionen, welche zur Beherbergung Aids-Kranker geschaffen worden waren, Beiträge aus der
Invalidenversicherung auszurichten, da es sich hier um eigentliche Sterbe-Heime handle, eine soziale und berufliche Eingliederung, wie sie die IV anstrebt, also nicht mehr gegeben sei. Das Basler "Light-House", die erste Einrichtung dieser Art in der Schweiz, reichte umgehend Beschwerde beim Eidgenössischen Versicherungsgericht ein. Dieses gab ihm Recht und befand, der Invaliditätsbegriff, wie ihn das Gesetz umschreibt (gesundheitlich bedingte bleibende oder länger dauernde Erwerbsunfähigkeit), sei durchaus auf Aids-Kranke anzuwenden, weshalb Aids-Wohnheime weiterhin Anspruch auf Betriebsbeiträge aus der IV hätten. Zudem handle es sich bei den Aids-Sterbeheimen um Stätten der sozialen Integration, da ohne Institutionen wie das "Lighthouse" Aids-Kranke im Endstadium in Spitäler eingeliefert werden müssten, wo sie — abgesehen von Phasen stationärer Behandlung — nicht angemessen untergebracht wären
[19].
Anonyme Aids-Tests ohne ausdrückliches Einverständnis der Probanden sollen über die tatsächliche Ausbreitung des HI-Virus in der Schweiz Aufschluss geben und noch effektivere Präventionsmassnahmen ermöglichen. Der entsprechende Verordnungsentwurf stiess in der Vernehmlassung auf breite Zustimmung. Das sogenannte "Unlinked Anonymous Screening" verwendet Blutproben, die Patienten in Spitälern, Arztpraxen oder Laboratorien zu anderen medizinischen Zwecken ohnehin entnommen werden. Die Blutproben werden vollständig anonymisiert und von den vorgegebenen Teststellen auf HIV untersucht. Die Teststellen dürfen dabei nicht mit den Entnahmestellen identisch sein. Erhoben werden für das Screening lediglich Angaben über Alter, Geschlecht und Wohnregion der Testperson. Die Teilnahme am Screening) kann vom Patienten verweigert werden
[20].
Die Kontroverse um
HIV-verseuchte Blutpräparate flackerte erneut auf. Ein aidsinfizierter Hämophiler reichte Strafklage gegen Unbekannt ein — wobei aber klar war, dass er das BAG, die IKS und den Blutspendedienst des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) meinte—, da er durch eine Bluttransfusion mit dem HI-Virus kontaminiert worden war. Er erhielt indirekte Unterstützung vom ehemaligen Leiter des Zentrallaboratoriums des SRK, der öffentlich erklärte, Opfer wären zu vermeiden gewesen, wenn die verantwortlichen Behörden rechtzeitig gehandelt hätten. Diese Anschuldigungen führten Ende Jahr zu einer konkreten Reaktion des SRK: Es entschloss sich, unter Mithilfe des BAG, welches dies schon mehrfach angeregt hatte, ein "Look back" durchzuführen, d.h. die Blutspendenempfänger, welche zwischen 1982 und 1985 womöglich ohne ihr Wissen mit kontaminiertem Blut angesteckt wurden, durch Zurückverfolgung der kritischen Blutkonserven ausfindig zu machen. Bisher hatte das SRK dies stets mit dem Hinweis auf die grosse psychische Belastung abgelehnt, welcher nicht infizierte Blutempfänger während des Abklärungsverfahrens ausgesetzt wären, sowie mit dem Fehlen wirksamer Medikamente gegen die Infektion
[21].
In der Abstimmung vom 17. Mai nahmen Volk und Stände den von Bundesrat und Parlament als
direkten Gegenvorschlag zur inzwischen zurückgezogenen "Beobachter-Initiative" ausgearbeiteten neuen Artikel 24decies der Bundesverfassung deutlieh an. Fast zwei Drittel der Urnengängerinnen und Urnengänger und alle Kantone mit Ausnahme des Wallis stimmten damit der Einführung von verbindlichen Leitplanken im Bereich der Gentechnologie zu. Bisher hatte es auf Bundesebene nur Richtlinien und einige Bundesgerichtsurteile gegeben. Der neue Verfassungsartikel sieht im einzelnen vor, dass die In-vitro-Fertilisation (IvF) nur erlaubt sein soll, wenn alle anderen Methoden zur Behebung ungewollter Kinderlosigkeit versagt haben. Eingriffe in die menschliche Keimbahn sind verboten, ebenso die Forschung an und der Handel mit Embryonen. Das Erbgut einer Person darf nur mit deren Zustimmung oder aufgrund gesetzlicher Anordnung untersucht oder registriert werden. Eine mit Spendersamen gezeugte Person soll Zugang zu den Daten ihrer Abstammung erhalten. Bei Tieren und Pflanzen schliesslich ist die Würde der Kreatur sowie die Sicherheit von Mensch, Tier und Umwelt zu wahren
[22].
Dafür ausgesprochen hatten sich mit Ausnahme von AP, EDU, LP und SD alle im Parlament vertretenen Parteien, die Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, der Bauernverband und die Kleinbauernvereinigung, der Evangelische Kirchenbund, der Katholische Frauenbund, die Standesorganisationen von Chemischer Industrie und Medizin, die Kommission für biologische Sicherheit, der Bund für Naturschutz sowie das ehemalige Initiativkomitee, welches 1987 mit der Einreichung seines Volksbegehrens "gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen" die Diskussion überhaupt erst lanciert hatte.
Bekämpft wurde der Verfassungsartikel von der Liberalen Partei, welcher die neuen Regelungen bereits zu restriktiv waren. Als zu permissiv wurde er hingegen von AP, EDU, der SD und der Jungen SVP abgelehnt, ebenso von der Vereinigung "Ja zum Leben" unter der Führung des Berner EVP-Nationalrats Zwygart, von zahlreichen Frauenorganisationen wie der Ofra, der FraP und — abweichend von der Gesamtpartei — vom Vorstand der CVP-Frauen, von Behindertenvereinigungen sowie vom Basler Appell gegen Gentechnologie und der Schweizerischen Arbeitsgruppe Gentechnologie (SAG)
[23].
Verfassungsartikel zur Fortpflanzungsund Gentechnologie (Art. 24dec'es BV). Abstimmung vom 17. Mai 1992
Beteiligung: 39,2%
Ja: 1 271 052 (73,8%) / 19 6/2 Stände
Nein: 450 635 (26,2%) / 1 Stand
Parolen:
— Ja: FDP, SP (2), CVP (3), SVP (1 ), GP, LdU, EVP, PdA; SGB, CNG, Vorort, SGV, SBV, VKMB, SBN, SGCI, FMH, Kath. Frauenbund
— Nein: LP (4), AP, SD, EDU; SAG, Basler Appell gegen Gentechnologie, Behindertenorganisationen, diverse feministische Gruppen
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen
Wie die Vox-Analyse dieses Urnengangs zeigte, wurde die Vorlage in erster Linie in grossstädtischen Agglomerationen sowie von den. jüngeren Stimmberechtigten und Personen mit höherer Schulbildung angenommen. Das liberale Gegenargument einer zu restriktiven Regelung scheint kaum eine Rolle gespielt zu haben, ganz im Gegensatz zur christlich-ethischen Opposition, welche sich bei der Ablehnung recht deutlich auswirkte. Ausgesprochen hoch war die Zustimmung im linken Spektrum. Die Gegnerschaft aus diesen Kreisen (Frauen, Behinderte, Grüne und Alternative) fand demnach keine breite Abstützung
[24].
Bereits während der Abstimmungskampagne zeichnete sich die
Lancierung weiterer Volksinitiativen ab, die eine schärfere Begrenzung der Gentechnologie anstreben. Als erste wurde die Schweizerische Arbeitsgruppe Gentechnologie (SAG) aktiv. Ihre Initiative versteht sich als Ergänzung zum Verfassungsartikel, welcher den ausserhumanen Bereich nur sehr generell regelt. Für die SAG sollen dagegen Tiere, Pflanzen und die Umwelt umfassend geschützt werden. Kernpunkte der Initiative sind die Verbote von gentechnisch manipulierten Tieren, von Patenten auf Lebewesen und von Freisetzungsversuchen sowie die Forderung nach gesetzlichen Regeln namentlich für die risikoreiche Forschung und die industrielle Anwendung. Diese von 23 Organisationen aus den Bereichen Umwelt-, Natur- und Tierschutz, Landwirtschaft und Entwicklungspolitik unterstützte Volksinitiative "zum Schutz von Leben und Umwelt vor Genmanipulation" ("Gen-Schutz-Initiative") wurde Ende April lanciert
[25].
Ebenfalls eine einschränkende Präzisierung des Verfassungsartikels strebt eine
Volksinitiative gegen Retortenzeugung und Samenspende an. Dieses Volksbegehren "zum Schutz des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie" ("Initiative für menschenwürdige Fortpflanzung") wird von einem überparteilichen Komitee getragen, das vom Basler CVP-Politiker Guido Appius präsidiert wird, und welchem neben Ständerat Plattner (sp, BS) und den Nationalräten Weder (Idu, BS) und Zwygart (evp, BE) eine Reihe von Medizinern und Juristen angehört. Ermutigt wurde das Komitee durch Volksentscheide gegen lvF und Samenspende Dritter in den Kantonen Basel-Stadt und Glarus
[26].
In seinem Bericht über die
Legislaturplanung 1991-1995 stellte der Bundesrat seine Sichtweise der Ausführungsgesetzgebung zum neuen Verfassungsartikel vor. Für den Teil Fortpflanzungsmedizin/Genomanalyse soll ein eigenständiges Gesetz ausgearbeitet werden, welches die Rahmenbedingungen festlegt sowie den Zugang zu den Daten über die Abstammung regelt. Im ausserhumanen Bereich soll der Verfassungsartikel hingegen nicht zu einem eigentlich Gen-Tech-Gesetz führen, sondern nur zur Revision bestehender Gesetze z.B. aus dem Bereich des Umweltschutzes, der Epidemien und der Lebensmittel
[27].
Diesen Weg gingen Bundesrat und Parlament denn auch bei den entsprechenden
Eurolex-Vorlagen. Wobei heftige Diskussionen vor allem im Nationalrat nicht ausblieben. Sowohl bei der Revision des Umweltschutzgesetzes wie bei jener des Epidemiengesetzes plädierte eine starke Kornmissionsminderheit bzw. eine schwache -mehrheit bestehend aus SP, Grünen, LdU/EVP und Teilen der CVP erfolglos dafür, das brisante Thema nicht im Schnellzugstempo abzuhandeln, sondern nach der Durchführung weiterer Abklärungen im regulären Gesetzgebungsprozess anzugehen. Bundesrat und bürgerliche Ratsmehrheit hielten dem entgegen, als Forschungsstandort habe die Schweiz einen dringenden Handlungsbedarf, weshalb sie auch, im Gegensatz zu den anderen Efta-Staaten, auf die Aushandlung einer Ubèrgangsfrist verzichtet habe. In der Detailberatung setzte sich die Minderheit ebenfalls erfolglos für restriktivere Formulierungen ein. Nach anfänglichen Zugeständnissen (Einbezug der natürlichen pathogenen Organismen, Befristung der umstrittenen Bestimmungen) schwenkte die grosse Kammer in der Differenzbereinigung auf die Linie des Ständerates ein, welcher sich strikt darauf beschränken wollte, nur gerade den "acquis communautaire" (Melde- und Bewilligungspflicht) zu übernehmen ohne den künftigen Gesetzgebungsprozess zu präjudizieren
[28].
Diese Gesetzesänderungen wurden infolge der Ablehnung des EWR-Vertrages in der Volksabstimmung vom 6. Dezember hinfällig.
Im Zusammenhang mit diesen Eurolex-Beschlüssen behandelten beide Kammern mehrere Motionen, welche aus den Beratungen der zuständigen Kommissionen hervorgegangen waren. Der Nationalrat lehnte dabei sowohl ein eigenständiges Gentechnologiegesetz für den ausserhumanen Bereich als auch eine hinreichende Bundeskontrolle für gentechnisch hergestellte Medikamente ab. Ebenso sprach er sich dagegen aus, vom Bundesrat eine weitere gesetzliche Konkretisierung des Begriffs der umweltgefährdenden Organismen zu verlangen. Einzig eine Motion der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats für den unverzüglichen Erlass von Bestimmungen, die den Umgang mit gentechnisch veränderten und pathogenen Organismen umfassend und unter Einbezug des Transports regeln soll, wurde von beiden Kammern angenommen
[29].
In einer Eingabe an den Bundesrat forderte der Schweizerische Gewerkschaftsbund eine generelle gesetzliche Regelung der Bio- und Gentechnologien. Gemäss SGB müssten die gesundheitlichen und ökologischen Risiken der neuen Verfahren, insbesondere die Folgen arbeitsplatzbedingter Expositionen möglichst rasch in einem staatlichen Forschungsprogramm untersucht werden. Der SGB forderte zudem rechtsverbindliche Richtlinien für die Arbeit mit und an bio- und gentechnologisch veränderten Produkten
[30].
Nachdem seine restriktive Regelung der Fortpflanzungsmedizin 1989 vom Bundesgericht abgelehnt worden war, stimmte das
St. Galler Kantonsparlament – wenn auch widerwillig – einer liberaleren Lösung zu. Die In-vitro-Fertilisation sowie die Befruchtung mit dem Samen Dritter sollen erlaubt sein, allerdings nur bei Ehepaaren. Gegen die heterologe Insemination wurde noch eine zusätzliche Barriere eingebaut: Über den Samenspender soll eine Akte angelegt werden, in welche die Eltern und das künstlich gezeugte Kind Einblick nehmen können. Weiterhin verboten bleiben im Kanton St. Gallen die künstliche Befruchtung von Eizellen zu anderen Zwecken als zur Fortpflanzung, Massnahmen zur Beeinflussung des Geschlechts oder anderer Eigenschaften des Kindes, die Leihmutterschaft und die Aufzucht befruchteter Eizellen ausserhalb des Mutterleibes. Die St. Galler Regelung wird nur solange in Kraft bleiben, bis der Bund ein entsprechendes Gesetz verabschiedet hat
[31].
Der Thurgauer Kantonsrat nahm ebenfalls ein einschränkendes Gesetz zum Schutz vor bleibenden Veränderungen im menschlichen Erbgut an. Unter strafrechtlichen Androhungen sind Eingriffe in die menschliche Keimbahn und an Embryonen verboten. Auch dieses Gesetz versteht sich nur als Ubergangslösung, bis das Bundesrecht den gesamten Problembereich regelt
[32].
Suchtmittel
Gemäss den offiziellen Statistiken
starben im Berichtsjahr 419 Menschen am Drogenkonsum, 14 mehr als 1991. In den Kantonen Bern, Waadt und Zürich nahm die Anzahl der Drogentoten ab, in angrenzenden Kantonen wie Genf, Luzern, Solothurn, St. Gallen, Tessin und Wallis stieg sie dagegen an
[33].
Anfangs Jahr gab das BAG eine
Verordnung in die Vernehmlassung, welche die Betreuungs-, Präventions- und Ausbildungsprogramme auf nationaler Ebene regelt und die Rahmenbedingungen für die vom Bund übernommene wissenschaftliche Begleitforschung absteckt. Eine Neuausrichtung erfuhr die Drogenpolitik insofern, als Versuche mit der ärztlich kontrollierten und von therapeutischen Massnahmen flankierten Abgabe von injizierbaren Betäubungsmitteln zugelassen werden sollten. Wie bereits zu Ende des Vorjahres von Bundesrat Cotti angedeutet, wurden dafür Morphin und Methadon vorgesehen, nicht aber Heroin, da dieses nach geltendem Betäubungsmittelgesetz nicht zu den verschreibbaren Medikamenten gehört. Drogenfachleute und Verantwortliche der vom Drogenproblem besonders betroffenen Städte und Kantone distanzierten sich von diesem Entscheid. Sie kritisierten, dass ohne Einbezug von Heroin die wissenschaftlichen Versuche nicht aussagekräftig seien. In einer mehrheitlich vom Heroinkonsum geprägten Drogenszene sei die Untersuchung der Auswirkungen einer medizinischen Abgabe auf die Verelendung oder die Aidsprophylaxe nur relevant, wenn dafür auch die am meisten konsumierte Droge eingesetzt werden könne. Zudem sei es wenig sinnvoll, ein Betäubungsmittel (Morphium) zusätzlich einzuführen, welches heute kaum gehandelt und konsumiert werde
[34].
Als die Vernehmlassung klar zeigte, dass mit Ausnahme der SVP alle Bundesratsparteien und eine Mehrheit der Kantone sowie der Städteverband Versuche mit der medizinisch indizierten Abgabe von Heroin befürworten, begann sich ein Sinneswandel Cottis abzuzeichnen. Nun war es aber der Gesamtbundesrat, der sich mit einem Entscheid schwer tat und diesen deshalb wiederholt vertagte. Mitte Mai gab der Bundesrat dann doch noch
grünes Licht für die Heroinversuche, wenn auch unter sehr strengen Rahmenbedingungen: Die bis Ende 1996 befristeten wissenschaftlichen Versuche brauchen eine Bewilligung des Bundes sowie des jeweiligen Kantons und sind auf 50 Personen zu beschränken. Das BAG rechnete damit, dass ungefähr zehn Projekte durchgeführt werden, davon maximal fünf mit Heroin, die restlichen mit Morphin oder injiziertem Methadon
[35].
Die Drogenfachleute reagierten erleichtert, bedauerten aber die geringe Teilnehmerzahl, da damit kaum schlüssige Resultate erreicht werden könnten. Die Städte Basel, Bern, Freiburg, St. Gallen, Solothurn, Zug und Zürich meldeten umgehend ihr Interesse an, mindestens einen Versuch mit harten Drogen durchzuführen. Der Beginn der Versuche wurde auf Herbst in Aussicht gestellt. Der Erlass der entsprechenden Verordnung verzögerte sich jedoch bis Ende Oktober, so dass frühestens 1993 damit gestartet werden kann. Die vom Bundesrat gesetzten Rahmenbedingungen lassen 13 Versuche zu, fünf davon mit Heroin. In die Heroinversuche können nur schwerstabhängige, verelendete oder sich prostituierende Drogensüchtige einbezogen werden, welche volljährig und seit mindestens zwei Jahren nachweisbar drogenabhängig sind sowie mindestens zwei gescheiterte Entzüge hinter sich haben und für andere Therapieprogramme nicht in Frage kommen
[36].
Seinen Widerstand gegen jede
weiterführende Liberalisierung im Drogenbereich unterstrich Bundesrat Cotti bei der Behandlung von drei Vorstössen im Ständerat. Eine Motion Onken (sp, TG), welche auch im bürgerlichen Lager vereinzelte Unterstützung fand, forderte den Bundesrat auf, seine bisherige restriktive Haltung zu überprüfen und das Betäubungsmittelgesetz entsprechend zu revidieren. Insbesondere sollte eine Entkriminalisierung des Konsums vorgenommen sowie die Möglichkeit der ärztlich kontrollieren Abgabe von Drogen ermöglicht werden. Ebenfalls mit einer Motion verlangte der Tessiner Lega-Abgeordnete Morniroli die Aufwertung der Subkommission Drogenfragen in eine Eidgenössische Drogenkommission, die Erarbeitung eines gesamtschweizerischen Drogenkonzepts sowie die Gründung eines nationalen Institutes für Grundlagenforschung über die Drogensucht. In einer Interpellation wollte Ständerätin Weber (ldu, ZH) vom Bundesrat wissen, wie er sich die weitere Drogenpolitik vorstelle und welche Massnahmen er gegen die Drogenkriminalität zu ergreifen gedenke. Cotti beantwortete die drei Vorstösse mit dem Hinweis auf die Uneinigkeit sowohl der nationalen wie der internationalen Experten und erklärte, vor der Auswertung seines im Vorjahr vorgelegten Massnahmenpakets könne kein Richtungswechsel in der Drogenpolitik des Bundesrates erwartet werden. Auf seinen Antrag wurden die beiden Motionen nur als Postulate überwiesen
[37].
Die ebenfalls zum Massnahmenpaket des Bundes gehörende
Informationskampagne zur Drogensuchtprävention kam in der Bevölkerung gut an und konnte im Laufe des Sommers in eine zweite; vertiefende Phase treten, in welcher das BAG seine Zusammenarbeit mit Beratungsstellen und Hilfsorganisationen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene verstärken will, um zu gewährleisten, dass gefährdeten Menschen eine Beratung und Betreuung in der näheren Umgebung zur Verfügung steht
[38].
Die Grüne Partei stellte ihre Vorschläge zur Drogenpolitik vor. Kurzfristig verlangten die Grünen eine breitangelegte, medizinisch kontrollierte Drogenabgabe sowie Betreuungsangebote und Ausstiegshilfen für Süchtige. Langfristig, meinten sie, müsse eine kontrollierte Regelung des Handels eingeführt werden, um dem illegalen Markt den Boden zu entziehen. Die Einfuhr, die Herstellung, der Verkauf und die fiskalische Belastung von Betäubungsmitteln solle ausschliesslich dem Bund zustehen. Auch die Sozialdemokratische Partei sprach sich an ihrem Parteitag für eine weitgehende Legalisierung der Drogen sowie für ein Staatsmonopol bei der Herstellung dem Handel und dem Vertrieb aus
[39].
Sinngemäss sicherten beide Parteien auch der für 1993 geplanten
Drogenliberalisierungsinitiative, deren Text der Verein gegen gesellschaftliche Gleichgültigkeit (VGGG) in eine Vernehmlassung bei Parteien und politischen Behörden schickte, ihre grundsätzliche Unterstützung zu. Die Initiative verlangt die Straffreiheit des Drogenerwerbs und -konsums sowie die Legalisierung eines staatlich kontrollierten Drogenhandels. Auch hier sollten Einfuhr, Herstellung und Verkauf von Betäubungsmitteln ausschliesslich dem Bund zustehen
[40].
Der Verein "Schweizer Hanf-Freunde und -Freundinnen", lancierte im Herbst eine Volksinitiative ("Schweizer Hanf"), welche sich für einen
freien Anbau, Vertrieb und Verbrauch von einheimischem Haschisch einsetzt sowie die Aufhebung aller Hanfverbote und Hanfurteile rückwirkend bis 1951 verlangt. Ohne den Tatbestand des Handels mit Cannabis als solchen zu würdigen, lehnten beide Kammern aus rechtspolitischen Gründen eine Petition desselben Vereins für eine Amnestie für Haschischhändler ab. Der Verein hatte sich auf ein im Vorjahr gefälltes Urteil des Bundesgerichtes berufen, wonach Cannabis nicht zu einer Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen führen könne
[41].
Aber auch die
dezidierten Gegner jeglicher Liberalisierung blieben nicht untätig. Mit einer Motion wollte der Berner AP-Nationalrat Scherrer den Bundesrat verpflichten, sich in seiner Drogenpolitik am Modell Schwedens zu orientieren, welches auf harte Repression und Zwangstherapie setzte. Da sich die Erfahrungen und Modelle anderer Staaten wegen des spezifischen gesellschaftlichen Umfeldes, in welchem sie zur Anwendung kommen, nicht ohne weiteres von einem Land auf das andere übertragen lassen, und weil das Massnahmenpaket des Bundesrates mit seinen Schwerpunkten Prävention, Betreuung, Therapie und Forschung in eine andere Richtung tendiere, beantragte der Bundesrat der grossen Kammer, die Motion abzulehnen. Der Rat folgte mit grossem Mehr diesem Antrag
[42].
In der Januarsession gründeten National- und Ständeräte aller bürgerlicher Parteien eine
parlamentarische Gruppe "Drogenpolitik". Als Präsidentin und Co-Präsident wurden Aubry (fdp, BE) und Morniroli (lega, TI) gewählt. Ziel der neuen, rund 50 Mitglieder umfassenden Gruppierung ist die Unterstützung einer nationalen Drogenpolitik auf der Basis des geltenden Betäubungsmittelgesetzes und der verschiedenen Uno-Konventionen. Die Gruppe warnte denn auch verschiedentlich vor einer Liberalisierung der Drogenpolitik, welche die Schweiz zum "Platzspitz Europas" werden liesse, und sprach sich gegen jeden Versuch mit einer medizinisch indizierten Abgabe von Heroin aus
[43].
Vertreter dieser Gruppe gehörten federführend zum Initiativkomitee, welches Ende Jahr eine
Volksinitiative "Jugend ohne Drogen" lancierte. Dem Copräsidium gehören die Nationalrätinnen und Nationalräte Aubry (fdp, BE), Borer (ap, SO), Bortoluzzi (svp, ZH), Dreher (ap, ZH), Friderici (lp, VD), Giezendanner (ap, AG), Leuba (lp, VD), Miesch (fdp, BL), Moser (ap, AG), Müller (svp, AG), Philipona (fdp, FR), Rohrbasser (svp, FR), Sandoz (lp, VD), Jürg Scherrer (ap, BE), Werner Scherrer (edu, BE), Steinemann (ap, SG) und Tschuppert (fdp, LU) sowie die beiden Ständeräte Kündig (cvp, ZG) und Morniroli (lega, TI) an. Massiv vertreten im Initiativkomitee sind Sportler vorab aus dem Umkreis der schweizerischen Ski-Nationalmannschaft und einige Prominente aus der Unterhaltungsbranche. Gemäss dem Initiativtext soll der Bund das Rauschgiftproblem mit einer
restriktiven, direkt auf Abstinenz ausgerichteten Drogenpolitik bekämpfen und die notwendigen Gesetze dazu erlassen, zudem eine aktive Drogenprävention verfolgen und Entzugs- und Wiedereingliederungsmassnahmen fördern. Ausdrücklich verbieten wollen die Initianten die Abgabe von Betäubungsmitteln. Vorbehalten ist eine Abgabe zu rein medizinischen Zwecken, wobei Heroin und Kokain allerdings ausgeschlossen sind
[44].
Im März gab der Bundesrat die Unterlagen für die
Ratifizierung von drei UNO-Drogenkonventionen in die Vernehmlassung. Während der Beitritt zum Psychotropen-Abkommen von 1971 und zum Zusatzprotokoll von 1972 zum Einheitsübereinkommen von 1961 kaum bestritten war, schieden sich die Geister an der Wiener Konvention von 1988, welche aufgrund ihrer repressiven Grundhaltung jeden liberalen Ansatz in der Drogenpolitik verunmöglichen würde. Der Bundesrat schloss deshalb nicht mehr aus, die Auswirkungen dieses Abkommens auf die Schweiz allenfalls mit einer auslegenden Erklärung abzuschwächen. Dennoch lehnten FDP, SP und GPS sowie mehrere Kantone und der Städteverband eine Ratifikation ab, da sie zu einem ungünstigen Zeitpunkt erfolge und falsche Signale setze. CVP und SVP stimmten dem Beitritt aus Gründen der internationalen Solidarität zu, votierten aber für verschiedene Vorbehalte
[45].
Wie bereits im Vorjahr angekündigt, wurden im Verlauf des Winters und des Frühjahres die
offenen Szenen in Zürich (Platzspitz) und Bern (Kocherpark) aufgelöst, doch gelang vor allem in Zürich die Dezentralisierung in die weitere Umgebung nicht. Stadtpräsident Estermann richtete im Sommer einen dringenden Appell an Bund, Kanton und Gemeinden, Zürich bei der Bewältigung des Drogenproblems nicht allein zu lassen. In erster Linie forderte er bessere Auffangstrukturen in den Wohngemeinden der Drogenabhängigen und eine Revision des Betäubungsmittelgesetzes in Richtung Entkriminalisierung sowie die breite Abgabe von Heroin an Schwersüchtige. Er bat aber auch um vermehrte Unterstützung bei der Repression des Drogenhandels, insbesondere um die Internierung von delinquierenden Asylbewerbern. Sowohl EDI wie EJPD lehnten dies ab
[46].
Der Bundesrat beantragte dem Parlament die Ablehnung der "Zwillingsinitiativen" zur Verminderung der Alkohol- und Tabakprobleme, welche 1989 mit der Forderung nach einem totalen Werbeverbot für Alkoholika und Tabakwaren eingereicht worden waren, und leitete den Räten seine Botschaft für einen indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesstufe zu. Dabei zeigte er Bereitschaft, den in der Vernehmlassung vorgebrachten Bedenken der betroffenen Kreise (Industrie, Gewerbe, Medien) zumindest teilweise Rechnung zu tragen und seinen ursprünglichen Vorschlag etwas zu lockern. Als Erklärung für diesen partiellen Rückzieher – beispielsweise bei der Tabakwerbung in den Printmedien oder beim Sponsoring – führte er an, dass neben der hohen Priorität, welche dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung gebühre, auch die Handels- und Gewerbefreiheit, die Rechtsgleichheit und das Informationsbedürfnis der Konsumentinnen und Konsumenten berücksichtigt werden müssten.
Strikt verboten sein soll die Werbung am Schweizer Radio und Fernsehen, bei den Lokalradios, in den Kinos und auf Plakatwänden. In allen anderen Bereichen würde die Werbung bloss eingeschränkt. An den Verkaufsstellen darf informativ geworben werden. Degustationen bleiben hier – mit Ausnahme der gebrannten Wasser – erlaubt, hingegen dürfen keine Gratismuster von Raucherwaren mehr abgegeben werden. Sachbezogene Werbung für Alkoholika und Tabak soll auch in den Printmedien mit Ausnahme der Jugendzeitschriften möglich sein. Ebenfalls zugelassen bleiben das Sponsoring und die Markendiversifizierung, sofern damit nicht die Förderung des Verkaufs von Alkohol und Tabakwaren bezweckt wird
[47].
Zu heftigen Wortgefechten kam es, als der Nationalrat
im Rahmen der Revision des Lebensmittelgesetzes Werbeeinschränkungen für Tabak und Alkohol behandelte. Der Ständerat hatte 1990 einer Kompetenznorm, wonach der Bundesrat zum Schutz der Gesundheit insbesondere von Jugendlichen die Werbung für alkoholische Getränke sowie für Tabak- und Raucherwaren einschränken kann, nach langer Diskussion zugestimmt. Im Nationalrat versuchten Vertreter des bürgerlichen Lagers, angeführt von Nationalrat Oehler (cvp, SG), Präsident des Verbandes der schweizerischen Tabakindustrie, mit vielfältigen Argumenten einen völligen Verzicht auf Werbebeschränkungen zu erreichen. So weit wollte der Rat nicht gehen, doch schwächte er den Beschluss des Ständerates ab. Gemäss nationalrätlicher Variante kann der Bundesrat die Werbung für alkoholische Getränke und für Tabakartikel nur dann einschränken, wenn sie sich speziell an die Jugend richtet. Der Ständerat stimmte dieser Version zu
[48].
Um den einschneidenden Forderungen der Volksinitiative den Wind aus den Segeln zu nehmen, erlegte sich der Verband Schweizerischer Zigarettenfabrikanten
freiwillig Einschränkungen bei der Zigarettenwerbung auf. Die Einhaltung dieses "Werbekodexes", der sich in erster Linie an den Anliegen des Jugendschutzes orientiert, wird von der Kommission für Lauterkeit in der Werbung kontrolliert
[49].
Zum erstenmal in der Schweiz erstellte das Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern im Auftrag des BAG eine
epidemiologische Studie über rauchenbedingte Todesfälle. Die Studie ergab, dass in der Schweiz jährlich rund 10 000 Raucherinnen und Raucher an den Folgen ihres Tabakkonsums sterben. Dies entspricht einem Anteil von 16,6% aller Todesfälle. Das BAG erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass Rauchen die wichtigste vermeidbare Einzelursache von Krankheit und vorzeitiger Mortalität in Europa ist
[50].
Recht knapp wurden im Ständerat zwei Motionen (Seiler, svp, SH und Weber, Idu, ZH) abgelehnt, welche ein verschärftes Strafmass für Fahren in angetrunkenem Zustand bzw. die
Absenkung des Alkoholpromille-Grenzwerts auf 0,5 Promille verlangten. In beiden Fällen hatte der Bundesrat Umwandlung in ein Postulat beantragt, ein Ansinnen, dem sich die Motionäre angesichts der hohen Anzahl von Verkehrsunfällen unter Alkoholeinfluss nicht anschliessen konnten. Hingegen war der Bundesrat bereit, eine Motion Gonseth (gp, BL), welche systematische Atemluftkontrollen verlangt, zumindest teilweise anzunehmen, worauf der Nationalrat den unbestrittenen Teil des Vorstosses überwies
[51].
Fürsorge
Bei der Beratung der Legislaturplanung 1991-1995 überwies der Nationalrat eine Kommissionsmotion, welche den Bundesrat beauftragen wollte, einen umfassenden Bericht zur Sicherung des finanziellen Existenzminimums zu erstellen und allenfalls Massnahmen vorzuschlagen, auf Antrag des Bundesrates lediglich als Postulat
[52].
Eine gesamtschweizerische Untersuchung der Armutsproblematik (NFP 29) lässt weiterhin auf sich warten, weshalb den kantonalen Studien besondere Bedeutung zukommt. Neu erschienen
Untersuchungen für die Kantone Bern, Jura, St.Gallen und Zürich. Je nach Berechnungsart wiesen die Untersuchungen einen Armutsanteil von drei bis fünf Prozent (St. Gallen), knapp zehn Prozent (Zürich) oder 15-17 Prozent (Bern und Jura) aus. Einig waren sich aber alle Autoren, dass bestehende oder drohende Armut in einzelnen Bevölkerungsteilen besonders stark vertreten ist, nämlich bei den Alleinstehenden, den Alleinerziehenden, den Familien und den Rentnern. Zudem wiesen alle darauf hin, dass ihre Studien – basierend auf Zahlen der späteren 80er Jahre – notwendigerweise zu niedrig greifen, da sie der zunehmenden Langzeitarbeitslosigkeit noch nicht Rechnung tragen konnten
[53].
In seinem Bericht über die Richtlinien der Regierungspolitik versprach der Bundesrat, dem Parlament in der laufenden Legislatur einen Bericht zur neuen Armut zu unterbreiten und darin darzulegen, welche praktischen und dringenden Massnahmen seitens des Bundes in Ergänzung der kantonalen und kommunalen Anstrengungen bei der Bekämpfung der Armut zu unternehmen sind. Als ersten konkreten Schritt regte Bundesrat Cotti an der Jahreskonferenz der kantonalen Fürsorgedirektoren die Schaffung einer Arbeitsgruppe zur Bekämpfung der neuen Armut in der Schweiz an. Die Arbeitsgruppe soll sich aus Vertretern der Kantone und des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) zusammensetzen
[54].
Der Nationalrat überwies diskussionslos ein Postulat Comby (fdp, VS) welches den Bundesrat ersucht, zwei konkrete Massnahmen im Kampf gegen die neue Armut zu prüfen. Einerseits sollen die Bundesbeiträge zur Finanzierung und Verbilligung der Krankenkassenprämien für Menschen, die in Armut leben, substantiell erhöht werden, anderseits den Kantonen, die zugunsten von Personen und Familien in äusserst schwierigen Verhältnissen Zuschüsse zu den Ergänzungsleistungen zur AHV/IV gewähren, Subventionen ausgerichtet werden
[55].
In Basel gründete die Caritas den ersten "Carisatt-Laden", in welchem Bedürftige verbilligte oder gratis abgegebene Waren beziehen können. Bewährt sich das Pilotprojekt, so soll eine Ladenkette in der ganzen Schweiz aufgezogen werden
[56].
Opfer von Gewaltverbrechen haben ab dem 1. Januar 1993 Anrecht auf Betreuung, Beratung und Entschädigung. Der Bundesrat setzte das
Opferhilfegesetz auf diesen Zeitpunkt
in Kraft und beschränkte in einer Verordnung die maximale Entschädigung, welche zu Lasten der Kantone geht, auf 100 000 Fr. Der Bund will jährlich 7,5 Mio Fr. für die Beratungsstellen und drei bis vier Mio Fr. für Zusatzhilfe zur Verfügung stellen. Allerdings zeigte sich auch, dass die notwendige Infrastruktur in den Kantonen noch kaum bereit ist
[57].
Als direkte Folge des Opferhilfegesetzes, welches bestimmt, dass Opfer von Sexualdelikten Anrecht auf Einvernahme und Urteil durch eine Person des gleichen Geschlechts haben, wurde auf den 1.1.1993 erstmals eine Frau in die Militärjustiz gewählt
[58].
Im September ratifizierte die Schweiz die
europäische Konvention über die Entschädigung der Opfer von Gewaltverbrechen. Die Konvention verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, Mindeststandards für die Entschädigung der Opfer zu erlassen. Die Konvention, welche bereits in Dänemark, Grossbritannien Finnland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Norwegen und Schweden gilt, wurde vom Bundesrat auf den 1.1.1993 in Kraft gesetzt
[59].
Sport
Obgleich sie die gesundheits- und sozialpolitische Bedeutung des Breitensports ganz allgemein und die sportliche Förderung von Jugendlichen im besonderen klar bejahten, wiesen beide Räte die Botschaft über
Finanzhilfen zugunsten Anlagen für sportliche Ausbildung an den Bundesrat zurück mit dem Auftrag, eine echte sportspezifische Perspektive zu entwickeln und seinen Antrag– 30 Mio Fr. verteilt auf die Jahre 1992 bis 1996 – besser mit der Legislatur- und Finanzplanung zu koordinieren
[60].
Einstimmig ermächtigten beide Kammern den Bundesrat, der 1990 in Kraft getretenen Konvention des Europarates gegen Doping beizutreten und dem Schweizerischen Landesverband für Sport (SLS) jährlich 700 000 Fr. zur Durchführung der notwendigen Kontrollen zukommen zu lassen
[61].
In Ausführung eines Postulates Rüesch (fdp, SG) schickte der Bundesrat einen Vorschlag zur Senkung der unteren Altersgrenze für "Jugend und Sport" von 14 auf zehn Jahre in die Vernehmlassung
[62].
Das schlechte Abschneiden der Schweizer Athletinnen und Athleten an den Olympischen Spielen von Albertville (Frankreich) und Barcelona (Spanien) liess erneut die Frage nach der
Rolle des Staates im Elitesport aufkommen. Während der frühere Spitzensportler und heutige FDP-Generalsekretär Kauter schon mal laut über die Schaffung eines Staatssekretariats für Sport nachdachte, gab man sich bei den anderen Parteien eher reserviert. Der für Sport zuständige Bundesrat Cotti liess ebenfalls keinen Zweifel daran, dass sich die Regierung weiterhin nicht in die Belange des Hochleistungssports einmischen will
[63].
Zumindest während ihrer Rekrutenschule können Spitzensportler inskünftig mit mehr Verständnis seitens des Staates rechnen. Da die viermonatige RS oft negative Auswirkungen auf Training und Wettkampf h'at, wurde das Pilotprojekt "
Sportkompagnie ad hoc" ins Leben gerufen. Athleten mit Ausweisen des nationalen Komitees für Elitesport, Mitglieder von Nationalmannschaften A und B und Junioren sowie weitere Elitesportler können, falls sie dafür selektioniert werden, einen Teil ihrer RS (25 Tage) mit individuellem Training und einer Ausbildung zum Sportanimator verbringen. In dieser Funktion sollen sie dann ihre Wiederholungskurse in den Rekrutenschulen leisten
[64].
Weiterführende Literatur
J. Alber / B. Bernardi-Schenkluhn, Europäische Gesundheitssysteme im Vergleich, Frankfurt 1992.
M. Battaglini, Hospitalisation en Suisse: statistiques, 1936-1975-1990, Lausanne (IDHEAP) 1992.
B. Bernardi-Schenkluhn, Das Gesundheitssystem der Schweiz, Muri (BE) 1992.
A. Dalessi, Evoluzione esviluppo dei servizi della salute nel Canton Ticino in relazione alla situazione demografica e socio-economica, Bellinzona 1992.
Dipartimento delle opere sociali, Il conto sanitario del Canton Ticino nel 1990, Bellinzona 1992.
A. Frei / S. Hill, Das schweizerische Gesundheitswesen, Ausgabe 1992, Basel 1992.
J. Martin, Enjeux éthiques en santé publique, Lausanne (IDHEAP) 1992. République et canton du Jura, Département de la justice, de la santé et des affaires sociales, Les coûts de la santé en Suisse et dans le canton du Jura, Delémont 1992.
Schweizerischen Nationalkommission Justitia et Pax (Hg.), Gentechnologie aus ethischer Sicht, Bern 1992.
H. Hausheer, "DNS-Analyse und Recht: Eine Auslegeordnung", in Zeitschrift des bernischen Juristenvereins, 1992, S. 493 ff.
J.-M. Thévoz / A. Mauron, «Génétique et procréation dans la Constitution: des choix éthiques importants en perspective», in Plädoyer, 1992, Nr. 5, S. 50 ff.
Ch. Huber, Irrwege und Auswege: Anmerkungen zur schweizerischen Drogenpolitik, Stäfa 1992.
Ch. Huber, "Die gesetzliche Grundlage einer kontrollierten Heroinabgabe", in Schweizerische Juristenzeitung, 1992, S. 47 ff.
G. Jenny, "Heroinverschreibung: Wirklich keine Rechtsgrundlage vorhanden?", in Plädoyer, 1992, Nr. 2, S. 44 ff.
H. Kleinewefers et al., Ökonomische Aspekte der Drogenpolitik, Bern 1992.
A. Leuthold, Sichtbarkeit und Akzeptanz der Phase 1 der nationalen Drogenkampagne 1991-1992: Ergebnisse einer Umfrage, Lausanne 1992.
D. Malatesta, Villes et toxicomanie: des politiques urbaines de prévention du SIDA en Suisse, Lausanne 1992.
T. Müller, Medizinische und soziale Aspekte der offenen Drogenszene Platzspitz in Zürich: vergleichende repräsentative Befragung von 758 Drogenkonsumentinnen, Bern 1992.
P.-A. Berger, Allocationsspéciales: un revenu minimum garanti dans le canton de Berne?, Lausanne (IDHEAP) 1992.
Bureau de l'Egalite et Centre-F-Information, Femmes pauvres dans ville riche, Genève 1992.
P. Füglistaler, Sozialpolitische Massnahmen im Kampf gegen die Armut in der Schweiz, Bern 1992.
P. Füglistaler / M. Hohl, Armut und Einkommensschwäche im Kanton St. Gallen, Bern 1992.
Ch. J. Jäggi / Th. Mächler, Die Sicherung der Existenz ist ein Menschenrecht: die Diskussion um ein existenzsicherndes Grundeinkommen — ein Überblick und weiterführende Überlegungen, Luzern 1992.
P. Niggli, "'Krise des Sozialstaates' und garantiertes Einkommen: neue Sozialpolitik erfordert eine neue Politik der Arbeit", in Widerspruch, Nr. 23, 1992, S. 41 ff.
W. Ulrich / J. Binder, Armut im Kanton Bern: Bericht über die kantonale Armutsstudie, Bern 1992.
E. Jörg, "Opferhilfe: Viele Kantone mit dem Vollzug in Verzug", in Plädoyer, 1992, Nr. 6, S. 27 ff.
Ch. Schneider, "Neue Wege in der Opferhilfe", in Neue Kriminalpolitik, 1991, Nr. 4.
U. Scherrer, "Doping. Im Clinch zwischen Verbandsrecht und ordentlichen Gerichten", in Plädoyer, 1992, Nr. 5, S. 6 ff.
[1] Amtl. Bull. St R, 1992, S. 355 ff.; Amtl. Null. NR, 1992, S. 1104 ff. Der BR will in diesem Bereich aber nicht untätig bleiben. Für die laufende Legislatur nahm er sich vor, mit einer repräsentativen Haushaltbefragung über die Gesundheit die allgemeine Datenlage zu verbessern sowie ein Sozial- und Gesundheitsbudget zu erstellen (BBl, 1992, III, S. 112).
[2] BAG-Bulletin, 23.3.92; Presse vom 25.3.92; NZZ, 26.3.92; NQ, 26.5.92. Speziell an Jugendliche und Frauen richtete sich im Sommer eine nationale Kampagne gegen den Tabakkonsum unter dem Motto "Die neue Lust – Nichtrauchen" (Presse vom 24.4.92).
[3] Presse vom 9.7.92. Siehe dazu auch oben, Teil I, 6a (Energie nucléaire). Vgl. ebenfalls SPJ 1991, S. 210.
[4] Presse vom 11.4.92. Zum ersten schweizerischen Kongress "Medizin und Umwelt" siehe Presse vom 24.2.92. Das Thema Gesundheit und Umwelt war auch Thema der 45. Weltgesundheitsversammlung in Genf (NZZ, 18.4.92).
[5] LNN, 23.2.93. Gemäss den vom BA für Sozialversicherung veröffentlichten Zahlen verzehnfachten sich zwischen 1966 und 1991 die Krankenpflegekosten je Versicherten, während im selben Zeitraum die Konsumentenpreise um das 2,7fache und die Löhne gut um das Vierfache zunahmen (Presse vom 4.2.93). Zu den Gründen für die "Kostenexplosion" im Gesundheitswesen siehe TA, 5.2.92.
[6] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 2003; Suisse, 21.2.92; SoZ, 1.3.92; LZ, 11.3.92; LNN, 30.4.92.
[7] Mit dem Hinweis auf diese Arbeiten wurde bei der Beratung der Legislaturplanung eine entsprechende Kommissionsmotion abgeschrieben (Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1104 ff.; NZZ, 11.2.92; Bund und JdG, 21.1.92). Siehe auch SPJ 1990, S. 207.
[8] ZH: TA, 2.9.92; Bund, 15.9.92. BE: Bund, 12.2. und 15.9.92; BZ, 29.8.92.
[9] Presse vom 18.8. und 1.12.92; TA, 17.9.92; BZ, 29.12.92. Siehe auch SPJ 1990, S. 208.
[10] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1103 ff.; NZZ, 5.5.92; BZ, 16.6.92; Bund, 29.10. und 1.12.92.
[11] BBl, 1992, III, S. 111. Siehe auch SPJ 1991, S. 211 f.
[12] Siehe dazu eine Interpellation Zwygart (evp, BE): Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1264 f.
[13] Presse vom 25.4.92: NZZ, 6.8.92; NQ, 27.9.92; BZ, 6.11.92. Pharmaindustrie: BaZ, 14.5. und 12.6.92; NZZ, 6.6. und 26.6.92; TA, 12.6.92. Apotheker: JdG, 23.5.92; Bund, 23.10.92. Gemäss dem Länderbericht Schweiz der OECD sind die Konsumgüter in der Schweiz um 40% teurer als im EG-Durchschnitt, die Medikamente hingegen um 67% (TA, 13.11.92).
[15] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 2156.
[16] BAG-Bulletin, 1993, S. 18 ff.
[17] Bund, 23.6.92; Presse vom 18.11.92. Diese internationale Rückendeckung war für das BAG und die AHS umso bedeutender, als deren Kampagnen in letzter Zeit mehrfach von der repressiv ausgerichteten "Aids Aufklärung Schweiz" (AAS) unter Beschuss genommen wurden. Hartnäckig hielt sich das Gerücht, BR Cotti gerate zunehmend unter den Einfluss der AAS und des dahinter stehenden Vereins zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis (VPM): Presse vom 26.5.92; TA, 27.5. und 4.7.92; WoZ, 5.6.92; Ww, 18.6.92; NQ, 23.7.92. Cotti bestritt jede Beeinflussung (BüZ, 27.5.92).
[18] LNN. 3.10.92 und 20.1.93. Siehe SPJ 1991, S. 213:
[20] Presse vom 15.7. und 26.11.92; NZZ, 20.7.92.
[21] Presse vom 11.5. und 22.12.92; NQ, 12.5. und 19.12.92; Bund, 13.5.92; 24 Heures, 25.6.92 ; Presse vom 7.7.92; TA, 10.8., 18.8. und 23.9.92.
[22] BBl, 1992, V, S. 451 ff. Presse vom 12.5.92. Siehe auch SPJ 1991, S. 213 ff. Mit einem Ja-Anteil von 82,3% erreichte die Vorlage im Chemie-Kanton Basel-Stadt die höchste Zustimmung.
[23] JdG, 13.5.92; Presse vom 16.5.92.
[24] Vox, Analyse der eidgenössischen Abstimmungen vom 17. Mai 1992, Adliswil 1992.
[25] BBl, 1992, II, S. 1652 ff.; Presse vom 7.2., 8.4. und 29.4.92. Bei einer Annahme des EWR hätte die Forderung nach einem Freisetzungsverbot nicht aufrechterhalten werden können, während in den anderen Bereichen weiterhin Spielraum bestanden hätte (Presse vom 16.10.92). Für die Eröffnung des umstrittenen Instituts für Viruskrankheiten und Immunprophylaxe in Mittelhäusern (BE) siehe unten, Teil I, 8a (Recherche).
[26] BBl, 1992, VI, S. 418 ff.; Presse vom 8.4.92. Zu einer repräsentativen Umfrage zur Fortpflanzungsmedizin siehe NZZ, 19.9.92. BS: SPJ 1991, S. 214 f. GL: SPJ 1988, S. 308.
[27] BBl, 1992, III, S. 110. Zur gleichen Einschätzung gelangte auch die Interdepartementale Koordinationsstelle für die Anwendung gentechnisch veränderter Organismen (Kobago): Bund, 29.5.92.
[28] Umweltschutzgesetz: Amtl. Bull. StR, 1992, S. 680 ff., 909 ff., 959 und 1071; Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1503 ff., 1527 ff., 1955 ff., 2000 f. und 2222. Epidemiengesetz: Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1537 ff., 1676 ff., 1706 ff., 1959, 2001 und 2221; Amtl. Bull. StR, 1992, S. 903 ff., 960 und 1071.
[29] Amtl. Bull. NR, S. 1536 ff., 1710 ff., 1715 f. und 1959; Amtl. Bull. StR, 1992, S. 911. Der NR hatte auf die Behandlung der letzterwähnten Motion vorerst verzichtet und sie dann in der Hitze des EuroIex-Gefechtes am Ende der Augustsession offensichtlich vergessen; um keine Verzögerung eintreten zu lassen, nahm der StR die Motion in eigener Regie auf, so dass der NR schliesslich seinen Vorstoss in Form einer Motion des StR annahm.
[31] BZ und LNN, 19.2.92; TA, 30.4.92. Siehe dazu auch SPJ 1989, S. 196.
[32] SGT, 7.2. und 19.11.92. Siehe dazu auch SPJ 1990, S. 211.
[34] Presse vom 9.1. und 10.1.92. Zum Ausschluss von Heroin siehe auch Amtl. Bull. NR. 1992, S. 334. Vgl. auch SPJ 1991. S. 216 f. Für eine nationale Kundgebung gegen die bundesrätliche Drogenpolitik siehe WoZ, 20.3.92; JdG, 26.3.92; Presse vom 30.3.92.
[35] Bund, 31.3.92; Presse vom 1.4., 3.4., 28.4., 1.5., 7.5. und 14.5.92. Für den weiterhin bestehenden Graben zwischen der eher liberalen Deutschschweiz und der repressiveren Romandie und dem Tessin siehe NQ, 3.4. und 30.4.92; Lib., 7.4.92; NZZ, 21.4.92; Presse vorn 15.5.92.
[36] Presse vom 14.5. und 22.10.92; 7A, 15.5. und 10.9.92; BZ, 19.8.92; LNN, 23.10.92.
[37] Amtl. Bull. StR, 1992, S. 1061 ff. Eine der Motion Morniroli ähnliche Motion der SD/Lega-Fraktion wurde im NR auf Antrag des BR abgelehnt (Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1109). Siehe dazu auch die Ausführungen des BR in Amtl. Bull. NR, 1992, S. 2179 f. und 2202 f.
[39] GP: Presse vom 16.10.92. Zu Realisierung ihrer kurz- und mittelfristigen Perspektiven reichte die Fraktion der GP zudem eine parlamentarische Initiative ein (Vorhandl. B.vers., 1992, IV/V, S. 31). SP: Presse vont 26.10.92; NQ, 27.10.92.
[40] TW, 1.4. und 29.7.92; BZ, 12.5.92; WoZ, 23.10. und 30.10.92; NZZ, 26.10.92. Siehe auch SPJ 1991, S. 219.
[41] BBl, 1992, VI, S. 207; Amtl. Bull. StR, 1992, S. 298 ff.; Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1189 f. Presse vom 20.10.92; BZ, 26.10.92. Siehe auch SPJ 1991, S. 219.
[42] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 250 ff.
[43] NZZ, 1.2. und 22.7.92; SGT, 15.4.92; JdG, 28.10.92.
[44] BBl, 1992, VI, S. 522 ff. Als bekannt wurde, dass auch der umstrittene Verein zur Förderung der psychologischen Menschenkenntnis (VPM) hinter der Initiative steht, distanzierten sich einzelne Sportler von ihrem Engagement (TA, 12.1.93).
[45] Presse vom 10.3. und 23.6.92; NZZ, 3.7.92. Siehe auch SPJ 1991, S. 217 f. Einer Ratifizierung des Wiener Abkommens ohne weitreichende Vorbehalte erwuchs auch in der Ämterkonsultation innerhalb der Departemente heftige Opposition (BZ, 18.9.92).
[46] Presse vom 10.1., 15.1. und 5.2.92; TA, 25.7.92. Bern: TW, 10.6.92. Zürich: TA, 1.7.92; Presse vom 2.7.92; BaZ, 11.7.92. Zur Präsenz von Asylsuchenden im Drogenhandel siehe auch unten, Teil I, 7d (Flüchtlinge).
[47] BBl, 1992, II, S. 1149 ff.; Presse vom 23.1. und 10.3.92. Siehe auch SPJ 1991, S. 219 f. Das Aktionskomitee zeigte sich enttäuscht vom Gegenvorschlag und beschloss, seine Initiativen nicht zurückzuziehen (Presse vom 24.1.92).
[48] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 73 ff., 1092 ff. und 2217; Amtl. Bull. StR, 1992, S. 305 ff. und 1069. Vgl. SPJ 1990, S. 213.
[49] Presse vom 9.9.92; SHZ, 29.10.92.
[50] BAG-Bulletin, 1992, Nr. 8; Presse vom 4.3.92.
[51] Amtl. Bull. StR, 1992, S. 41 ff.; Amtl. Bull. NR, 1992, S. 2158.
[52] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1 103 ff.
[53] NFP 29 Bulletin, Nr. 3; Presse vom 18.2. und 23.6.92: DP, 9.4.92; NQ, 9.8.92. BE: Lit. Ulrich; P. Ammann / J. Binder / W. Ulrich, "Armut, Arbeitsmarkt und Bildung im Kanton Bern", in Die Volkswirtschaft, 66/1993, Nr. 1, S. 52 ff.; Presse vom 19.6.92. Eine Untersuchung in der Stadt Bern ergab noch einmal leicht höhere Zahlen (Bund, 14.1 1.92). JU: JdG. 23.4.92. SG: Lit. Füglistaler; SGT, 30.1., 4.2., 7.2., 15.2., 18.3., 26.5. und 30.11.92. LU: LNN, 4.9.92. ZH: Presse vom 16.12.92. Siehe dazu auch SPJ 1990, S. 213 f. und 1991, S. 220 f.
[54] BBl, 1992, III, S. 108; LNN, 19.9.92.
[55] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 1212 f.
[56] SoZ, 7.6.92; BaZ, 30.6. und 31.7.92; WoZ, 18.9.92.
[57] Presse vom 19.11.92. Als erster Kanton arbeitete Zürich ein Einführungsgesetz aus (LNN, 21.8.92). Siehe dazu auch SPJ 1991, S. 221 und NZZ, 6.5.92.
[58] Presse vorn 30.12.92.
[60] Amtl. Bull. NR. 1992, S. 335 ff. und 1212 (Postulat Aregger, fdp, LU): Amtl. Bull. StR, 1992, S. 325 f. Siehe auch SPJ 1991, S. 222.
[61] Amtl. Bull. .StR, 1992. S. 326 ff.; Amtl. Bull. NR, 1992. S. 1667 f. Siehe auch SPJ 1991, S. 222.
[62] Presse vorn 25.6.92; SPJ 1990, S. 215 und 1991, S. 222
[63] Bund, 11.8. und 25.8.92.
[64] Bund, 31.3. und 21.10.92.
Copyright 2014 by Année politique suisse
Dieser Text wurde ab Papier eingescannt und kann daher Fehler enthalten.