Année politique Suisse 1997 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen
Direkte Steuern
Zu den kantonalen Steuervorlagen siehe unten, Teil II, 2b.
1995 hatte der Ständerat einer parlamentarischen Initiative Delalay (cvp, VS) Folge gegeben, die die Durchführung einer einmaligen allgemeinen Steueramnestie verlangt. Seine Rechtskommission wurde beauftragt, einen entsprechenden Entwurf auszuarbeiten. Zu Beginn des Berichtsjahres beantragte diese dem Rat jedoch die Abschreibung der Initiative, da eine Steueramnestie bei den Kantonen und der Bevölkerung auf Widerstand stossen würde. Dafür beschloss die Kommission, eine Vorlage für eine
individuelle Steueramnestie
nach dem Prinzip der straflosen Selbstanzeige auszuarbeiten, die sowohl für den Bund als auch für die Kantone und Gemeinden gelten soll. Wer bisher nicht versteuertes Vermögen und Einkommen angibt, müsste damit keine Strafsteuer, sondern lediglich die Nachsteuern samt Verzugszins bezahlen. Im Gegensatz zur allgemeinen Amnestie wäre diese individuelle Amnestie nicht an einen Zeitpunkt gebunden. Der Ständerat stimmte diesem Konzept mit 27 zu 13 Stimmen zu. Den Antrag Delalays, auf die Initiative zu einem späteren Zeitpunkt zurückzukommen, verwarf er
[1].
Eine Motion Marty (fdp, TI) verlangte zudem eine
Steueramnestie für Erben und schlug vor, zugunsten der Erben auf eine Nachsteuer und auf eine Busse zu verzichten, wenn diese ein vollständiges Inventar der Vermögenswerte des Erblassers vorlegen. Die Steueramnestie soll für die direkte Bundessteuer gelten, und soll durch eine Änderung des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG) auch auf kantonaler Ebene möglich werden. Der Ständerat überwies den Vorstoss in Postulatsform. Die Rechtskommission prüft nun auch diese Frage
[2].
In den letzten Jahren hat die Schweiz für Holdinggesellschaften an Attraktivität eingebüsst, und es kam zu diversen Auslagerungen von Holdings in EU-Staaten
[3]. Aber auch für KMU verlor die Schweiz an Attraktivität. Im Vorjahr hatte der Bundesrat deshalb zwei Varianten einer Reform der Unternehmensbesteuerung vorgelegt, die Steuerausfälle von 90 bzw. 210 Mio Fr. zur Folge gehabt hätten; diese stiessen aber im Vernehmlassungsverfahren insbesondere auf linken Widerstand. Die Linke willigte schliesslich aber doch in eine Reform der Unternehmensbesteuerung ein, um im Gegenzug die Unterstützung der Bürgerlichen für ein Investitionsprogramm zu erhalten. Als Teil des Investitionsprogrammes legte der Bundesrat im März ein
neu geschnürtes Reformpaket vor, das einen Einnahmenausfall von geschätzten 170 Mio Fr. (davon 90 Mio für die Kantone) und verschiedene Änderungen des Gesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG), des Steuerharmonisierungsgesetzes (StHG), des Gesetzes über die Stempelabgaben (StG) sowie des Gesetzes über die Verrechnungssteuer (VStG) vorsah. Schwerpunkte waren folgende: 1.) Direkte
Freistellung der Beteiligungsgewinne und Beteiligungserträge. Die bisherige steuerliche Freistellung der Erträge (Dividenden usw.) wird auf die Gewinne (Kapital- und Aufwertungsgewinne zuzüglich Erlöse aus zugehörigen Bezugsrechten) ausgedehnt (-100 Mio Fr.)
[4]. 2.) Einführung einer
proportionalen Gewinnbesteuerung von 8,5% anstelle der renditeabhängigen, progressiven Steuer auf den Reinertrag (+120 Mio) und
Abschaffung der Kapitalsteuer (-320 Mio). 3.)
Senkung der Emissionsabgabe auf Beteiligungen von 2% auf 1%. Zudem gilt ein Freibetrag von 250 000 Fr. für Neugründungen wie auch für Kapitalerhöhungen (-120 Mio). 4.) Differenzierte Neuregelung der Steuerfolgen beim Erwerb eigener Aktien. Die Massnahmen 2 und 3 sollen insbesondere die KMU begünstigen. Die in der Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagene Verlustverrechnung im Konzern nahm der Bundesrat nicht ins Reformpaket auf, da sich die Kantone geschlossen dagegen gewehrt hatten. Als neues Element schlug er dafür die Wiedereinführung einer
Stempelabgabe auf Lebensversicherungsprämien von 2,5% vor, womit der notleidenden Bundeskasse Kompensationseinnahmen von rund 250 Mio Fr. zufliessen sollten
[5].
Die vorberatende Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) des Nationalrates begrüsste das vom Bundesrat vorgelegte Steuerpaket, kritisierte aber mehrere Punkte in der Holdingbesteuerung, so etwa jenen, dass generell Kapitalverluste aus Beteiligungen nicht berücksichtigt werden sollen. Ausserdem beschränkte sie den Stempel auf die vorab der Kapitalanlage dienenden Versicherungen mit Einmalprämie und beschloss, den Stempelbeschluss von der Unternehmenssteuerreform abzukoppeln. In der April-Sondersession folgte der
Nationalrat seiner Kommission und hiess die vom Bundesrat vorgeschlagenen Steuererleichterungen für Unternehmen von insgesamt 420 Mio Fr. gut. Ein Antrag Blocher (svp, ZH), der einen proportionalen Gewinnsteuersatz von lediglich 8% verlangte, wurde ebenso deutlich abgelehnt wie ein Antrag der Ratslinken, den Satz auf 9,8% anzuheben. Bei der Holdingbesteuerung schuf eine bürgerliche Mehrheit aber eine
Asymmetrie, indem die Kapital- und Aufwertungsgewinne auf Beteiligungen steuerfrei erklärt werden, entsprechende Verluste indes steuerlich abzugsfähig sein sollen. Mit 94 zu 81 Stimmen stimmte eine bürgerliche Mehrheit zudem der
Entkoppelung des Stempels vom übrigen Steuerpaket zu, um bei einem Referendum der Versicherungsbranche, die eine Neubesteuerung heftig bekämpfte, wenigstens die dringliche Reform der Unternehmensbesteuerung zu retten. Die SP kritisierte dieses Vorgehen als Versuch, die Besteuerung der Lebensversicherungen zum Abschuss freizugeben. Mit 99 zu 64 Stimmen folgte eine bürgerliche Mehrheit zudem der WAK und stimmte einer
Stempelabgabe von 2,5%
nur für Lebensversicherungen mit
Einmalprämien zu. Damit reduzierten sich die Kompensationseinnahmen auf rund 100 Mio Fr. Ein Antrag Blocher, auf eine Stempelabgabe für Lebensversicherungen ganz zu verzichten, wurde mit 99 zu 64 Stimmen verworfen. Die SP drohte mit dem Referendum gegen die Unternehmenssteuerreform, während die Versicherungsgesellschaften ihrerseits ein Referendum gegen den Stempel nicht ausschliessen wollten
[6].
Der
Ständerat zog in der Sommersession die Notbremse. Oppositionslos trat er zwar auf die Vorlage ein, in der Detailberatung kritisierte aber insbesondere Plattner (sp, BS) die vom Nationalrat eingeführte Asymmetrie bei der Holdingbesteuerung und bezeichnete die Reformwirkungen als "Selbstbedienungsladen ohne Kasse". Die vom Nationalrat beschlossenen neuen Steuerfreiheiten würden nicht dazu führen, dass neue Holding-Gesellschaften in die Schweiz kämen, sondern, dass heute in der Schweiz domizilierte Holding-Gesellschaften ihre Gewinne steuerfrei realisierten und ins noch steuergünstigere Ausland transferierten. Die Beratungen im Nationalrat hätten gezeigt, dass kaum jemand verstanden habe, um was es überhaupt geht. Gemperli (cvp, SG) vertrat zusätzlich die Ansicht, dass die Auswirkungen der Reform auf KMU nicht genügend abgeklärt worden seien. Der verunsicherte Rat stimmte schliesslich einem Antrag Danioth (cvp, UR) auf
Rückweisung an die Kommission zu
[7].
Die WAK des Ständerates hörte sich nochmals mehrere Experten an. Schliesslich übernahm sie das Holding-Besteuerungskonzept des Nationalrats, fügte aber einen
Missbrauchsartikel an, mit dem sichergestellt werden soll, dass nicht mit Wertberichtigungen und Abschreibungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften Steuern vermieden werden können. Wertberichtigungen und Abschreibungen sollen vom steuerbaren Gewinn nur soweit in Abzug gebracht werden können, als sie betriebsnotwendig und entsprechend begründet sind. Zudem sollen nur definitive Verluste steuerlich berücksichtigt werden können. Der Ständerat folgte seiner WAK in der Herbstsession und hiess die Steuerreform mit 30 zu 1 Stimme gut. Den vom Nationalrat abgekoppelten Versicherungsstempel auf Einmalprämien baute er wieder ins Paket ein. In der Differenzbereinigung hielten beide Räte an ihrer Position - Entkoppelung bzw. Paketlösung - fest, bis schlussendlich der Nationalrat nachgab. Der
Einnahmenausfall des Steuerpakets wurde vom EFD auf
320 Mio Fr. geschätzt, wobei 90 Mio Fr. die Kantone betreffen. Gemäss EFD-Vorsteher Kaspar Villiger bringt die Vorlage den Schweizer Holdings neben Deutschland dafür die "weltbeste" Besteuerung, was neues Steuersubstrat anziehen sollte. Nachdem das Referendum nicht ergriffen wurde, wird die Unternehmenssteuerreform auf Anfang 1998 in Kraft treten. Die Stempelabgabe auf Einmalprämien wird vom 1. April 98 an wieder erhoben werden
[8].
Eine Motion Jans (sp, ZG), die Erträge aus allen rückkaufsfähigen Kapitalversicherungen mit
Einmalprämie voll steuerbar machen wollte, wurde vom Nationalrat mit 93 zu 46 Stimmen verworfen. Eine vom Bundesrat eingesetzte Expertenkommission prüft jedoch eine massvolle Besteuerung für Einmalprämienversicherungen, da diese zunehmend ein Steuerspar- anstelle eines Vorsorgeinstruments geworden seien
[9].
Mit 102 zu 64 Stimmen gab der Nationalrat einer parlamentarischen Initiative Gros (lp, GE) Folge, die verlangt, die
steuerlichen Anreize für ausländische Hilfsgesellschaften (Gesellschaften, die in der Schweiz eine Verwaltungs-, aber keine Geschäftstätigkeit ausüben) auf die direkte Bundessteuer auszudehnen. Bisher kennen nur die Kantone Steuerprivilegien für Hilfsgesellschaften. Vergebens wehrte sich die SP dagegen, nach der Unternehmenssteuerreform den Firmen noch weitere Steuergeschenke zu machen
[10].
Im letzten Jahr hatte die WAK des Nationalrates eine von Elmar Ledergerber (sp, ZH) präsidierte Subkommission eingesetzt, die Vorschläge bezüglich der
Förderung von Risikokapital in der Schweiz erarbeiten sollte. Zu Beginn des Jahres legte die WAK Bericht und Entwurf zu einem Bundesbeschluss vor. Ziel ist danach die Schaffung einer oder mehrerer Risikokapitalgesellschaften (RKG) auf privatwirtschaftlicher Basis, welche die Frühfinanzierung und das "Coaching" von Jungunternehmen sicherstellen. Um amtlich anerkannt zu werden, muss eine RKG mindestens 60% (in den ersten drei Jahren 45%) ihrer Mittel in neue, noch nicht börsenkotierte Unternehmen mit Sitz und Tätigkeit in der Schweiz investieren. Damit RKG überhaupt zum erforderlichen Kapital kommen, sollen Kapitalgeber von
Erleichterungen bei der direkten Bundessteuer profitieren. Als Anreize beschloss die WAK, dass Kapitalgeber im ersten Jahr 50% der in RKG investierten Mittel vom Einkommen abziehen können, allerdings höchstens im Umfang von 20% des steuerbaren Einkommens bzw. - bei Unternehmungen - bis zu 20% des Gewinnes. Diese Abzüge werden der Besteuerung wieder unterworfen, wenn der Risikokapitalgeber nach einigen Jahren seine Beteiligung mit Gewinn wieder verkauft. Der Bund verliert so in diesem Bereich nur die Zinsen auf die Steuern während dieser Zeit. Als zweiter Anreiz können Kapitalgeber Verluste vom Einkommen abziehen. Allfällige Gewinne auf Investitionen müssen sie jedoch nicht versteuern, und ausgeschüttete Kapitalerträge sind zu 50% steuerfrei. Der Nationalrat hiess den
auf zehn Jahre befristeten
Bundesbeschluss in der Sommersession mit seltener Einmütigkeit gut. Ein Antrag Berberat (sp, NE), eine Steuerbefreiungsobergrenze von 500 000 Fr. während der zehnjährigen Dauer festzusetzen, hatte trotz Unterstützung von Bundesrat Jean-Pascal Delamuraz keine Chance. Der Nationalrat überwies ausserdem eine Motion der WAK, die den Bundesrat beauftragte, die Anlage- und Aufsichtsvorschriften für Pensionskassen zu lockern, um diesen die Risikokapitalanlage vermehrt zu ermöglichen
[11].
Die
ständerätliche WAK kündigte
Widerstand gegen den Risikokapital-Beschluss des Nationalrates an, da dieser ordnungs- und steuerpolitisch quer in der Landschaft stehe und auch bei den Kantonen nicht auf guten Boden gefallen sei. Eine Motion Forster (fdp, SG) die ebenfalls konkrete Massnahmen zur Förderung von Risikokapital vorschlug, überwies der Ständerat deshalb zur näheren Prüfung an seine Kommission
[12].
Mit 30 zu 6 Stimmen überwies als Zweitrat auch der Ständerat eine Motion der nationalrätlichen WAK, die den Bundesrat auffordert, die steuerliche Ungleichbehandlung von
Konkubinats- und Ehepaaren zu korrigieren. Ausserdem überwies er eine Empfehlung Spoerry (fdp, ZH), die möchte, dass Familienangehörige, die eine invalide oder dauernd pflegebedürftige Person betreuen, Aufwendungen an Arbeit steuerlich abziehen können. Spoerry begründete ihren Vorstoss damit, dass Kosten der
Betreuung durch Dritte - etwa ein Pflegeheim - ebenfalls in Abzug gebracht werden können. Eine vom Bundesrat im letzten Jahr eingesetzte Expertenkommission Locher ist daran, die Familienbesteuerung gesamthaft zu prüfen
[13].
Nationalrat Rechsteiner (sp, SG) verlangte mit einer Motion die
Steuerbefreiung des Existenzminimums. Insbesondere wirke sich die Besteuerung dort stossend aus, wo das Existenzminimum ausschliesslich durch staatliche Leistungen garantiert wird (IV oder AHV zuzüglich Ergänzungsleistungen). Auf Antrag des Bundesrates überwies der Nationalrat den Vorstoss als Postulat
[14].
Via parlamentarische Initiative verlangte Nationalrätin Nabholz (fdp, ZH) eine
Öffnung der Säule 3a für Nichterwerbstätige, insbesondere Frauen, die ohne Entlöhnung Erziehungs- und Betreuungsaufgaben wahrnehmen, sowie Arbeitslose und Invalide. Von der steuerlich privilegierten gebundenen Selbstvorsorge könnten somit rund 635 000 Personen mehr profitieren. Die SP bekämpfte den Vorstoss jedoch als neues Steuerschlupfloch für Reiche und sah darin im Gegensatz zur Initiantin kein eigentliches Gleichstellungsanliegen, da sich viele der anvisierten Personen die Säule 3a gar nicht leisten könnten. Mit 109 zu 60 Stimmen gab der Nationalrat der Initiative aber Folge und beauftragte seine Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) mit der Ausarbeitung einer Revisionsvorlage des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG)
[15].
Gegen Ende des Jahres erhielt der Ruf nach einer
grösseren Steuerharmonisierung unter den Kantonen neuen Auftrieb. Auslöser war der Zürcher Bankier
Martin Ebner, der seine Firma von Zürich ins steuergünstige Freienbach (SZ) verlegte, womit Stadt und Kanton Zürich jährlich mindestens 20 Mio Fr. entgehen. Da in Zürich bis Ende 1998 noch die Vergangenheits-, in Schwyz aber die Gegenwartsbesteuerung gilt, muss Ebner zudem einen Börsenrekordgewinn von geschätzten 200 Mio Fr. für 1997 in keinem der beiden Kantone versteuern. Dieser Steuertrick löste landesweite Empörung aus, legte aber auch eine der Schwächen des Schweizer Steuersystems schonungslos offen. Bereits im Februar hatte der Bundesrat eine ständige Kommission für Steuerharmonisierung eingesetzt, um die Bemühungen um eine Harmonisierung der direkten Steuern von Bund, Kantonen und Gemeinden zu intensivieren
[16].
Die Bankervereinigung und die Schweizer Börse forderten im Sommer lautstark die
Abschaffung der Umsatzabgabe auf Wertschriftentransaktionen
(Börsenstempel) und warnten, dass durch die Öffnung des Börsengeschäfts für ausländische Händler, die Elektronisierung des Handels und die kommende Einführung des Euro sonst bis zu 10 000 Arbeitsplätze ins Ausland verlegt würden. Das EFD signalisierte, dass es das Problem erkannt habe, verlangte aber, dass die jährlich rund 1 Mia Fr. (1996: 1,01 Mia) an Steuereinnahmen, die verloren gehen, zumindest teilweise kompensiert werden müssten. Diese Forderung stiess auch im bürgerlichen Lager auf Verständnis. Die Zürcher FDP-Ständerätin Vreni Spoerry stellte eine
nationale
Erbschaftssteuer zur Diskussion. Eine solche könnte gemäss Spoerry auch das sich verschärfende Konkurrenzproblem unter den Kantonen lösen, das entstanden ist, weil verschiedene Kantone die Erbschaftssteuer in den letzten Jahren senkten oder abschafften. Nationalrat Georg Stucky (fdp, ZG) schlug als Kompensation für die Stempelabgabe eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,2 bis 0,3% vor
[17].
Dagegen forderten die Sozialdemokraten einmal mehr die Einführung einer
Kapitalgewinnsteuer für Privatpersonen. Die Forderung erhielt durch explodierende Aktienkurse fusionierender Grosskonzerne und die Tatsache, dass in der Schweiz die
Buchgewinne an den Börsen erstmals die Arbeitseinkommen überstiegen, zusätzlichen Auftrieb. Sogar FDP-Exponenten wie Parteipräsident Franz Steinegger sprachen sich für eine Besteuerung von Kapitalgewinnen aus. Nachdem der Bundesrat von einer Kapitalgewinnsteuer noch im letzten Jahr nichts wissen wollte, beauftragte er die im Vorjahr eingesetzte Kommission Behnisch, auch Wege gegen die Abwanderung von Börsengeschäften aufzuzeigen und Kompensationsmöglichkeiten für Steuerausfälle, darunter auch eine Kapitalgewinnsteuer, zu prüfen. Die Frage der Ergiebigkeit ist jedoch umstritten. Auf eine einfache Anfrage Jans (sp, ZG) hin schätzte der Bundesrat die Erträge einer Kapitalgewinnsteuer von durchschnittlich 15% auch in guten Börsenzeiten auf "höchstens 100 bis 400 Mio Fr.". Andere Besteuerungsmodelle zur Kompensation einer allfälligen Abschaffung des Börsenstempels werden geprüft. So reichte Ständerat Schüle (fdp, SH) ein Postulat ein, das vom Bundesrat die Prüfung einer
Vermögenszuwachssteuer verlangt, die auch den Wertzuwachs noch nicht verkaufter Aktien und anderer Wertschriften erfassen würde. Andere Parlamentarier möchten das Wertschriftendepot (Depotabgabe) mit einer Abgabe belasten
[18].
Auf Antrag des Bundesrates, der auf die im letzten Jahr eingesetzte Kommission Behnisch hinwies, überwies der Ständerat eine Motion Saudan (fdp, GE), wonach steuerlich
abziehbare Schuldzinsen nur noch bis zur Höhe des Bruttovermögensertrages oder bis zur Hälfte der gesamten Einkünfte angerechnet werden dürfen, als Postulat. Der Kanton Genf kennt diese Regelung bereits. Auch bezüglich einer Motion Cottier (cvp, FR) verwies der Bundesrat auf die eingesetzte Kommission. Der Motionär forderte, die
Besteuerung privater Renten neu nach dem Eintrittsalter des Versicherten abzustufen und den steuerpflichtigen Teil von heute 60% auf maximal 40% zu senken, was eine Änderung des DBG und des StHG erfordern würde. Der Ständerat gab die Motion zur Behandlung an seine WAK weiter
[19].
Ein Postulat Grendelmeier (ldu, ZH), das den Bundesrat bat zu prüfen, ob bei der direkten Bundessteuer die Maxima für den Abzug von Krankenkassenprämien nicht entsprechend dem Anstieg der Prämien für die Grundversicherung angepasst werden sollten, wurde vom Nationalrat überwiesen. Eine Motion Teuscher (gp, BE), die den steuerlichen Abzug von Weiterbildungskosten, die für den Wiedereinstieg ins Berufsleben nötig sind, verlangte, überwies er ebenfalls in Postulatsform.
Nach dem Nationalrat überwies auch der Ständerat eine Motion Vallender (fdp, AR), die eine gesetzliche Regelung der steuerrechtlichen Behandlung des Kaufs eigener
Aktien durch Aktiengesellschaften fordert. Beide Räte überwiesen ausserdem eine Motion Saudan (fdp, GE), die verlangt, das DGB auch auf
Teilliquidationen von Immobiliengesellschaften mit Mieteraktionären auszudehnen
[21].
Eine Motion Schüle (fdp, SG) verlangte als Beitrag zur Stärkung der Schweizer Wirtschaft verschiedene befristete steuerliche Massnahmen, darunter eine Erhöhung des Abzugs für künftige Forschungs- und Entwicklungsaufträge, die teilweise Abzugsfähigkeit des Steueraufwandes bei Personengesellschaften und die befristete
Aufhebung der Dumont-Praxis (Abzug der Unterhaltskosten erst nach fünf Jahren seit dem Erwerb einer Liegenschaft). Der Ständerat überwies die Vorschläge auf Antrag des Bundesrates als Postulat. Auch der Nationalrat überwies eine praktisch gleichlautende Motion der FDP-Fraktion nur in Postulatsform
[22].
Zur Volksinitiative "Wohneigentum für alle" und einem Gegenvorschlag, der ebenfalls eine massive steuerliche Entlastung der Hauseigentümer zur Folge hätte, indem u.a. der Eigenmietwert herabgesetzt und die Dumont-Praxis abgeschafft werden soll, siehe unten, Teil I, 6c (Wohnungsbau). Zu Doppelbesteuerungsabkommen siehe oben, Teil I, 2 (Relations bilatérales).
[1]
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 282 ff.; Presse vom 28.1. und 20.3.97. Vgl.
SPJ 1996, S. 142. Die Kantone AG und GE kennen die straflose Selbstanzeige bereits und bezeichnen die damit gemachten Erfahrungen als sehr gut.1
[2]
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 987 ff.;
BaZ, 10.10.97.2
[3] Die EU führte 1992 Regelungen ein, die im EU-Raum ungehinderte Kapitalflüsse zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften erlauben. Ausserdem verbesserten verschiedene EU-Staaten ihre Unternehmensbesteuerung.3
[4] Unterschieden wird zwischen Neu- und Alt-Beteiligungen. Um Abwanderungen zu verhindern, müssen bestehende Holdinggesellschaften die auf Alt-Beteiligungen realisierten Gewinne für eine lange Frist weiterhin versteuern, dafür können sie die Verluste auf Altbeteiligungen auch künftig steuerlich zum Abzug bringen.4
[5]
BBl, 1997, II. S. 1164 ff.; Presse vom 27.3.97. Der Stempel auf Lebensversicherungen war 1973 abgeschafft worden. Vgl.
SPJ 1996, S. 143 ff. Zum Investitionsprogramm sowie zu administrativen Entlastungen der KMU siehe auch oben, Teil I, 4a (Strukturpolitik).5
[6]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 770 ff.;
SGT, 25.4.97 (WAK); Presse vom 30.4. und 1.5.97. Vgl.
SPJ 1996, S. 143 ff.6
[7]
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 468 ff.; Presse vom 17.5. (WAK), 5.6. und 6.6.97.7
[8]
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 828 ff., 923 ff. und 1025.;
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1925 ff., 1972, 2033 f. und 2329;
NZZ, 13.9.97 (WAK StR);
BBl, 1997, IV, S. 802 ff.;
NZZ, 9.12.97.8
[9]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 835.9
[10]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2176 ff.10
[11]
BBl, 1997, II, S. 1008 ff.;
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1195 ff. und 1204 ff. (Mo); Presse vom 17.1. und 17.6.97.11
[12]
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 1115 ff.12
[13]
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 279 ff.;
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 991 f. Vgl.
SPJ 1996, S. 143.13
[14]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2214 f.14
[15]
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 500 ff. Die Obergrenze für Arbeitnehmer liegt heute bei 5731 Fr. jährlich.15
[16]
NZZ, 8.2.97; Presse vom 12.12. und 16.12.97. Ein Postulat Weber (sp, AG), das vom BR einen Bericht forderte, der systematisch die heutige Praxis der Steuererfassung für natürliche und juristische Personen darstellt und ihr Verbesserungspotential punkto Schliessung von Steuerlücken beurteilt, wurde vom NR überwiesen (
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 542 f.)16
[17]
Bund, 9.7.97;
BaZ, 14.8.97;
SHZ, 4.9.97;
NZZ, 22.10.97. Zu einer Motion Hafner (sp, SH), die eine nationale Erbschafts- und Schenkungssteuer fordert, vgl.
SPJ 1996, S. 145. Die Kantone SG und AR schafften die Erbschaftssteuer für Nachkommen im Berichtsjahr ab, während sich ZH für die Beibehaltung entschied (
NLZ, 9.9.97).17
[18]
NZZ, 27.11.97;
SGT, 10.12.97;
NLZ und
NZZ, 18.12.97;
Verhandl. B.vers., 1997, V, Teil II, S. 139 (Schüle). Eine Motion Rechsteiner (sp, SG) zur Einführung einer Kapitalgewinnsteuer wurde verschoben (
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2213). Als letzter Kanton hatte GR 1996 die Kapitalgewinnsteuer für Privatpersonen aufgehoben, weil der hohe administrative Aufwand die Einnahmen nicht rechtfertige. Zu den steuerpolitischen Forderungen und dem Ruf nach einer Sondersession der SP siehe unten, Teil IIIa (SP).18
[19]
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 311 ff.;
24 Heures, 20.3.97 (Saudan);
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 1117 ff. (Cottier). Vgl.
SPJ 1996, S. 145.19
[21] Vallender:
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 278 f. Vgl.
SPJ 1996, S. 145. Saudan:
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 304 ff.;
Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2815 f.21
[22]
Amtl. Bull. StR, 1997, S. 307 ff.;
Amtl. Bull. NR., 1997, S. 1465 ff.22
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