Année politique Suisse 1997 : Bildung, Kultur und Medien
Medien
Das Parlament verabschiedete eine Revision des Medienstrafrechts, die Medienschaffenden ein begrenztes Zeugnisverweigerungsrecht einräumt. An der Strafbarkeit der Veröffentlichung amtlich geheimer Dokumente hielt es fest. - Der Konzentrationsprozess im Pressewesen beschleunigte sich nochmals: In der Ostschweiz schlossen sich elf Zeitungen zur "Südostschweiz" zusammen. Das St. Galler Tagblatt übernahm "Die Ostschweiz" und kooperiert neu mit der "Appenzeller Zeitung". In der Westschweiz wurde die Fusion von "Journal de Genève" und "Le Nouveau Quotidien" perfekt. Mit der "Berner Tagwacht" verschwand die letzte linke Tageszeitung. - Im Herbst wurde die vierte Sendekette als sprachregionaler Ergänzungskanal "SF 2/TSR 2/TSI 2" zum dritten Mal neu lanciert. Angesichts des "Doppelmonopols" der SRG erhielt die Forderung der Regionalfernsehen nach einem Gebührensplitting Aufwind. - Im Rahmen der zweiten Etappe der UKW-Sendernetzplanung erteilte das EVED 18 Lokalradios, darunter neu Radio Tropic und Radio Emme, definitive Sendekonzessionen.
 
Medienpolitische Grundfragen
In der Frühlingssession kam die Revision des Medienstraf- und Verfahrensrechts ins Parlament. Deren Beratung fand unter dem Eindruck von zwei Vorfällen statt. Einerseits dem Fall Jagmetti: Die "SonntagsZeitung" hatte im Januar aus einer vertraulichen Lageanalyse über die Forderungen jüdischer Organisationen im Zusammenhang mit den Holocaust-Geldern von US-Botschafter Carlo Jagmetti zitiert, worauf dieser zurücktrat. Der Fall Jagmetti führte im bürgerlichen Lager teilweise zu einem Meinungsumschwung in Richtung Disziplinierung der Medien. Andererseits wurde Ende Februar publik, dass die Bundesanwaltschaft, nachdem im letzten Jahr ein erster Fall bekannt geworden war, in zwei weiteren Fällen - bei "Facts" und beim "Bund" - Telefonüberwachungen vorgenommen hatte, um Indiskretionen in den Reihen der Verwaltung auf die Spur zu kommen. Die Medienschaffenden reagierten empört.
Der Nationalrat entschied sich als Erstrat für ein restriktives Medienstrafrecht. In der Kernfrage des Quellenschutzes folgte er dem bundesrätlichen Konzept und entschied, dass es Sache der Gerichte sein soll, ob das Zeugnisverweigerungsrecht gewährt wird, oder ob die Interessen der Strafjustiz vorgehen. Ein von der Mehrheit seiner vorberatenden Rechtskommission und der Ratslinken vorgeschlagenes generelles Zeugnisverweigerungsrecht für Medienschaffende, das nur unter bestimmten Voraussetzungen, etwa wenn es um ein schweres Verbrechen geht, aufgehoben werden könnte, lehnte er mit 84 zu 67 Stimmen ab. Um ein Haar hätte dagegen ein Antrag Vallender (fdp, AR) auf Streichung Erfolg gehabt; die Votantin argumentierte, dass die Verfassungsgrundlage für ein Zeugnisverweigerungsrecht fehle. Gegen den Willen des Bundesrates und der Kommissionsmehrheit lehnte eine bürgerliche Ratsmehrheit mit 74 zu 64 Stimmen ausserdem die Streichung der umstrittenen Strafvorschrift über die Veröffentlichung amtlich geheimer Verhandlungen ab. Vergeblich wiesen Bundespräsident Koller und die Linke darauf hin, dass diese Strafnorm bereits heute keine Wirkung habe und dass der indiskrete Beamte, nicht der Journalist zu bestrafen sei. Mit 75 zu 49 Stimmen lehnte es der Nationalrat ausserdem ab, die Anwendung des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb (UWG) in bezug auf Journalisten aufzuheben. Eine Kommissionsmehrheit hatte vorgeschlagen, das Gesetz auf Medienschaffende nicht anzuwenden, wenn diese nicht mit Wettbewerbsabsicht gehandelt haben. Mit 75 zu 37 Stimmen, gegen den Willen der Fraktionen von SP und GPS, hiess der Rat die Revision schliesslich gut [2].
Im Gegensatz zum Nationalrat und zum Bundesrat erweiterte der Ständerat das Zeugnisverweigerungsrecht für Medienschaffende. Mit 20 zu 13 Stimmen folgte er einem Antrag Zimmerli (svp, BE), der ein absolutes Redaktionsgeheimnis festschreiben wollte, das nur in zwei Situationen durchbrochen werden kann. Erstens, wenn dadurch eine Person aus einer unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben gerettet werden kann, oder zweitens, wenn ohne das Zeugnis ein Tötungsdelikt oder ein anderes, mit einer Mindeststrafe von drei Jahren Zuchthaus bedrohtes Verbrechen nicht aufgeklärt werden kann. Das gilt für zehn Straftatbestände. Bundespräsident Koller bedauerte, dass mit dieser Regelung neuere Tatbestände wie das organisierte Verbrechen oder Geldwäscherei nicht abgedeckt wären. In bezug auf die Veröffentlichung von amtlich geheimen Dokumenten folgte der Ständerat der restriktiven Linie des Nationalrates und beschloss - jedoch knapp, mit 16 zu 15 Stimmen - dass diese weiterhin strafbar bleiben soll [3].
In der Differenzbereinigung fasste der Nationalrat das Zeugnisverweigerungsrecht wieder etwas enger. Von seiner ursprünglichen Position, die Interessenabwägung zwischen Quellenschutz und Strafverfolgung dem Ermessen des Richters zu überlassen, kam er ab und erweiterte auf Anregung von Rolf Engler (cvp, AI) den vom Ständerat beschlossenen Ausnahmekatalog vom Zeugnisverweigerungsrecht auf 21 Tatbestände. Neben den Gewaltdelikten listete er abschliessend unter anderem harte Pornographie, Pädophilie, Geldwäscherei, Korruption und die organisierte Kriminalität auf. Der Ständerat fügte diesem noch Fälle von schwerem Drogenhandel an, was auch die Zustimmung des Nationalrates fand. Insgesamt müssen Journalisten ihre Quellen damit bei 22 Strafrechts-Tatbeständen offenlegen [4].
Diskussionslos überwies der Nationalrat zudem eine Motion seiner Rechtskommission, die den Bundesrat auffordert, umgehend eine Vorlage für die Revision der Strafbestimmungen des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu unterbreiten, welche die Grundrechte der Meinungs- und Informationsfreiheit besser wahrt [5].
Die beiden Kommissionen zur Vorberatung der Totalrevision der Bundesverfassung kamen bei der Regelung der Medienfreiheit im Rahmen der Verfassungsnachführung zu unterschiedlichen Lösungen (Art. 14a Abs. 3). Die ständerätliche Kommission sprach sich gegenüber der Bundesratsvariante für eine Abschwächung aus. Die Verfassung solle das Redaktionsgeheimnis nicht ausdrücklich garantieren, sondern nur den Auftrag enthalten, dessen Umfang auf Gesetzesstufe festzulegen. Die nationalrätliche Kommission hielt hingegen an der verfassungsmässigen Garantie des Redaktionsgeheimnisses fest [6].
1995 hatte der Nationalrat einer parlamentarischen Initiative seiner Rechtskommission Folge gegeben, wonach vorsorglich verfügte Publikationsverbote gegen Medienerzeugnisse künftig beim Bundesgericht angefochten werden können. Im letzten Jahr war der Ständerat auf diese Initiative aber nicht eingetreten. Diesem Entscheid folgte nun auch der Nationalrat [7].
 
Presse
Der Verband der Schweizer Verleger kündigte den erst letztes Jahr auf vier Jahre abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrag (GAV) mit den Journalistenverbänden auf Ende 1998 auf. Der GAV nehme auf die lokal-, regional- und gattungsbedingte Vielfalt der schweizerischen Medienlandschaft keine Rücksicht, wurde von Verlegerseite argumentiert. Die Journalistenverbände reagierten mit Empörung [8].
Auf den 1. Januar 1999 soll die Mediengewerkschaft Comedia gegründet werden, die rund 30 000 Mitglieder zählen würde. Die Gewerkschaft Druck und Papier (GDP), der Schweizerische Litografenbund (SLB), die beiden Journalistenverbände SVJ und SJU, das Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) und der Angestelltenverband der Buchhändlerinnen und Buchhändler (ASB) entschlossen sich zur Fusion. Insbesondere im SVJ formierte sich jedoch Widerstand [9].
Im Berichtsjahr kam es nicht zuletzt aus Gründen eines sich verändernden Werbe- und Inseratemarktes zu einem noch nie dagewesenen Konzentrationsprozess in der Schweizer Presse. Insgesamt verschwanden 16 Tageszeitungstitel. Nach dem Vollzug der angekündigten Fusionen und Kooperationen im April 1998 wird es in der Schweiz noch 82 Tageszeitungen geben, die sechsmal in der Woche erscheinen. 8 (Ende 1996: 9) von insgesamt 228 (242) Zeitungstiteln werden vier- bis fünfmal pro Woche, 53 (53) zwei- bis dreimal pro Woche und 85 (82) Titel noch einmal wöchentlich erscheinen. Nur noch 40 der 228 Zeitungen werden über eine vollausgebaute Redaktion verfügen. Ab April 98 werden acht Kantone (AR, AI, GL, NW, OW, SZ, UR, ZG) über keine eigenständige Tageszeitung mehr verfügen [10].
Zu Beginn des Jahres erschien im Kanton Graubünden neu "La Quotidiana" aus dem Churer Verlagshaus Gasser Media AG, womit die rätoromanische Sprachgemeinschaft erstmals in ihrer Geschichte über eine Tageszeitung verfügt. Die neue Zeitung, der mehrere Regionalblätter zum Opfer fielen, stiess aber in den einzelnen Sprachregionen nicht nur auf Begeisterung; die Auflage sank im ersten Halbjahr von 10 000 auf rund 8000. Ab August liess Gasser deshalb unter dem Kopftitel "La Quotidiana" die alten Regionalblätter wieder aufleben. Bei einem gemeinsamen Mantelteil mit kantonalen und nationalen Themen berichtet die "Gasetta Romontscha/La Casa Paterna" zu lokalen Themen im Dialekt Sursilvan, "Fögl Ladin" im Idiom Ladin und "La Punt" im Dialekt Sutsilvan. Für Oberhalbstein, die Region bei Savognin, wurde neu der Titel "La Vousch da Surmeir" geschaffen [11].
Nur einen Tag nach der Ersterscheinung der "La Quotidiana" gab das Gasser Verlagshaus den Schulterschluss - später sprach man offen von Übernahme - mit der Glarner Tschudi Druck und Verlag AG bekannt und kündigte an, das neu geschaffene Bündner Dreititelsystem ("Bündner Zeitung" samt Kopfblatt "Oberländer Tagblatt", "Bündner Tagblatt" und "La Quotidiana") ab Juni um die "Glarner Nachrichten" sowie die sankt-gallischen "Gasterländer" und "Seepresse" aus dem Hause Tschudi zu ergänzen. Im April konnte Gasser diesen Titeln noch drei Schwyzer Zeitungen, der "Bote der Urschweiz", das "Höfner Volksblatt" und der "March-Anzeiger" anfügen; diese bleiben jedoch im Besitz ihrer Verleger. Im neuen Zeitungsverbund "Südostschweiz" schlossen sich damit insgesamt zehn Tageszeitungen der Kantone Graubünden, Glarus, St. Gallen und Schwyz zusammen. Ab 2. Juni trat die "Südostschweiz", die rund einen Drittel der Fläche der Deutschschweiz abdeckt, mit einer Gesamtauflage von rund 110 000 Exemplaren neu auf dem nationalen Werbemarkt auf. Während fünf Kerntitel ("Bündner Zeitung", "Glarner Nachrichten", "Der Gasterländer", "Seepresse" und "Oberländer") den neuen Haupttitel übernahmen und die alte Bezeichnung nur noch im Untertitel tragen, fungieren der "March-Anzeiger", das "Höfner Volksblatt" und der "Bote der Urschweiz" nur im Untertitel als "Südostschweiz". Das "Bündner Tagblatt" und "La Quotidiana" treten mit einem eigenen Erscheinungsbild auf. Jedes Blatt produziert einen eigenen Regionalteil, während die übergreifenden Teile von der Zentralredaktion in Chur beigesteuert werden. Die Machtballung des Churer Verlagshauses Gasser, die im letzten Jahr mit der Übernahme des "Bündner Tagblatt" von Christoph Blocher begonnen hatte, stiess auf Kritik. Der Ostschweizer Verein der Journalistinnen und Journalisten rief die Kartellkommission an, da für Medienschaffende insbesondere in Graubünden und Schwyz kaum noch Wege an Gasser vorbeiführten. Die Kartellkommission segnete den Zusammenschluss, der der erste seit Inkrafttreten des neuen Kartellgesetzes ist, jedoch ab. Als elfter Regionaltitel reihte Gasser im Oktober ausserdem noch das "Liechtensteiner Volksblatt" in die "Südostschweiz" ein [12].
In der Region St. Gallen/Appenzell konnten sich bisher noch verschiedene Tageszeitungen eigenständig behaupten. Dem Vormarsch des Konkurrenten Gasser Richtung Norden mochte die grösste Ostschweizer Zeitung, das "St. Galler Tagblatt" - seinerseits im Besitz der NZZ - aber nicht tatenlos zusehen und blies zum Gegenangriff. Im September vereinbarte es mit dem "Volksfreund", der "Wiler Zeitung" und der "Gossauer Zeitung" ab Anfang 1998 eine enge Kooperation [13]. Damit verlor die "Appenzeller Zeitung", die diesen drei Zeitungen die überregionalen Seiten geliefert hatte, wichtige Verbündete. Und die finanziell ohnehin serbelnde St. Galler Zweitzeitung "Ostschweiz", die mit den drei Blättern und der "Appenzeller Zeitung" in einem Inserateverbund liiert war, verlor wichtige Inseratepartner. Damit kam es zum Dominoeffekt, der der bisherigen Pressevielfalt in der Ostschweiz ein jähes Ende setzte: Die bald 125jährige "Ostschweiz" (Auflage 21 000) gab auf und verkaufte ihre Abonnentenkartei auf Ende Jahr dem "St. Galler Tagblatt". Ihr Ende bedeutet zugleich das Ende der katholisch geprägten Presse in der deutschen Schweiz. Gleichzeitig gaben das "St. Galler Tagblatt" und die "Appenzeller Zeitung" (Auflage 15 000) ihre Kooperation bekannt; ersteres wird der im 169. Jahrgang stehenden "Appenzeller Zeitung" ab Frühjahr 1998 den überregionalen Teil liefern. Damit hat Appenzell Ausserrhoden keine unabhängige Zeitung mehr. Das "Appenzeller Tagblatt", seit knapp zwei Jahrzehnten Regionalausgabe des "St. Galler Tagblatt", wird eingestellt. Noch im November vereinbarte das "St. Galler Tagblatt" ausserdem mit dem "Rheintaler" (Auflage 11 000) und dem "Toggenburger" (Auflage 6000) eine enge Zusammenarbeit auf Frühjahr 1998. Beide Regionen hatten bisher eine eigene Ausgabe des "St. Galler Tagblatt" erhalten. Für dieses ging die Rechnung auf: Wie die "Südostschweiz" wird es neu mit einer Auflage von über 100 000 auf dem nationalen Werbemarkt auftreten können. Seine Exemplarzahl wird insgesamt bei rund 120 000 liegen [14].
Im Raum Zürichsee/Sihltal/Linthgebiet kam es ab Oktober zum überkantonalen Presseverbund "Zürichsee-Zeitung" von sechs Zeitungstiteln (Auflage rund 53 000). Eingebunden sind um die bisherige "Zürichsee-Zeitung" der "Sihltaler", die "Grenzpost" und die "Linth Zeitung". Während diese Titel ihre Namen behielten, gingen der "Anzeiger des Bezirkes Horgen" und der "Allgemeine Anzeiger vom Zürichsee" in der "Zürichsee-Zeitung" auf. Anlass zu Kritik gab, dass all jene, welche die bisherigen, nicht täglich erscheinenden Lokalblätter mit teilweise Amtsblattcharakter nur als Ergänzung genutzt hatten, plötzlich mit zwei Tageszeitungen zu entsprechend höheren Kosten bedient wurden. Der neue Zeitungsverbund ist mehrheitlich im Besitz der Zürichsee Medien AG und minderheitlich der Orell Füssli Werbe AG [15].
In der Westschweiz wird die Fusion zwischen "Le Journal de Genève" und "Le Nouveau Quotidien", die im letzten Jahr scheiterte, ab Frühjahr 1998 doch noch Realität. Die Aktionäre segneten die Fusion zu "Le Temps" im November ab. Mit dem über 170 Jahre alten "Journal de Genève" (Auflage 32 000) geht dem Genferseeraum nicht nur ein liberales Traditionsblatt verloren, sondern auch die letzte überregionale Tageszeitung, die nicht vom Imperium des Lausanner Verlagshauses Edipresse kontrolliert wurde. "Le Nouveau Quotidien" (Auflage 38 000), ein Produkt der Edipresse, war erst 1991 gegründet worden. Auch die angerufene Wettbewerbskommission gab im Dezember grünes Licht für die Fusion, mit der Begründung, dass diese zwar die schon bestehende marktbeherrschende Stellung von Edipresse noch verstärke, dass der Markt in der Westschweiz aber zu klein sei für zwei überregionale Tageszeitungen. Immerhin machte die Wettbewerbskommission die Auflage, dass alle Veränderungen der Kapitalstruktur einer Bewilligung durch sie bedürfen, um eine ausgeglichene Verteilung der Kräfteverhältnisse zwischen den Gruppen der neuen Gesellschaft (je 47% für JdG und Edipresse, 6% für die Redaktion) sicherzustellen. Weiter muss der Verwaltungsrat der neuen Zeitung von einer unabhängigen Person geleitet werden. Das Urteil der Wettbewerbskommission stiess trotz diesen Auflagen auf breite Kritik [16].
Dem Spektrum der Arbeiterpresse gehörten einst 19 Tageszeitungen an. Im Berichtsjahr ging auch den letzten vier Vertretern der linken Tagespresse der Schnauf aus: Die Zürcher "DAZ", welche die Flucht nach vorne ergreifen und neu als einzige Schweizer Abendzeitung erscheinen wollte, machte Konkurs, nachdem ein wichtiger Geldgeber ausgestiegen war. Die in "Stadtblatt" umbenannte "Winterthurer AZ" und die "Schaffhauser AZ" reduzierten ihre wöchentliche Ausgabenzahl auf drei. Am längsten hielt sich die im 105. Jahrgang stehende "Berner Tagwacht" über Wasser. Als letzte linke Tageszeitung wird aber auch sie ab 1998 den Neuanfang als Wochenzeitung unter dem Titel "Die Hauptstadt" wagen. Das 1996 neu zur Linkspresse gestossene, dreimal wöchentlich herausgegebene Alternativblatt "Luzern heute" erschien bereits ab August nur noch als Wochenblatt [17].
Mit einer Motion verlangte die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) des Ständerates, beim Zeitungstransport künftig nur noch den abonnierten Lokal- und Regionalzeitungen Vorzugstarife zu gewähren, gleichzeitig diese Hilfe mit dem Einbezug der Subventionierung der Frühzustellung aber substantieller auszugestalten. Gerade das gegenteilige Ziel hatte im letzten Jahr der Nationalrat verfolgt, der per Postulat einen Vorzugstarif auch für rund 3000 Zeitungen forderte, die eine Auflage von weniger als 1000 Stück haben. Im Sinne des Bundesrats, der sich bereit zeigte, den gesamten Problembereich nochmals zu prüfen, überwies der Ständerat die Motion der KVF als Postulat [18].
Mit 19 zu 4 Stimmen überwies der Ständerat ausserdem ein Postulat seiner Rechtskommission, das die Prüfung einer Ombudsstelle für Printmedien - analog derjenigen für Radio und Fernsehen - fordert. Während Bundesrat und der Verband der Schweizer Presse eine solche Ombudsstelle begrüssten, lehnte sie der Schweizerische Verband der Journalistinnen und Journalisten (SVJ) als staatliche Einmischung ins Pressewesen ab. Dagegen signalisierte er die Bereitschaft zur Öffnung seines Presserates auch für die Verleger [19].
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Agenturen
Die rätoromanische Nachrichtenagentur "Agentura da Novitads Rumantscha" (ANR) nahm Anfang Jahr ihren Betrieb auf. Weil die rätoromanische Tageszeitung "La Quotidiana" ihre Meldungen wegen eines letztjährig vorausgegangenen Streits bei der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) bezog, stand die ANR zuerst aber ohne eigentliche Aufgabe da. Ende Januar kam es zu einer Einigung zwischen "La Quotidiana" und der ANR. "La Quotidiana" wie auch Radio Grischa äusserten danach jedoch Kritik an der qualitativen Leistung der neuen Nachrichtenagentur. Viele Texte sind keine redaktionellen Eigenleistungen, sondern Übersetzungen aus dem Deutschen [20].
 
Radio und Fernsehen
Die Verhältnisse im schweizerischen Radio- und Fernsehbereich blieben stabil. Die SRG konnte ihre Marktanteile im Fernsehbereich 1997 knapp halten. Den leichten Rückgang in der Deutschschweiz von 34,5% auf 33,4% erklärte sie vor allem mit der Sendepause beim Übergang von "Schweiz 4" auf "SF 2" (siehe weiter unten). In der welschen Schweiz konnten die SRG-Fernsehsender ihren Marktanteil von 35,1% halten, in der italienischen Schweiz legten sie um 1,2% auf 29,6% zu. Auch beim Radio konnten die SRG-Sender ihre Marktanteile halten. Die privaten Schweizer Fernsehsender konnten von 1,2% auf 1,7% zulegen, während die Privatradios Marktanteile von 36% (-1%) in der Deutschschweiz und 32% in der Romandie (+2%) erzielten [21].
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SRG
Die Rechnung 1997 der SRG wies wegen der Schliessung der Deckungslücke bei der Pensionskasse des Bundes einen Verlust von 22 Mio Fr. aus (1996: +18 Mio) [22].
Im Rahmen der "Unternehmensstrategie 1997 bis 2002" erwog die SRG, ein viertes Radioprogramm zu lancieren und damit insbesondere das regionale Angebot auszubauen. Sie stellte auch eine engere Zusammenarbeit mit den Lokalradios und sogar Beteiligungen in Aussicht. Die Lokalradios wehrten sich jedoch heftig gegen ein viertes Radioprogramm und damit einen weiteren Ausbau der Stellung der SRG. Vielmehr forderten sie, dass das Gebührenprivileg der SRG aufgehoben werde [23].
Auch auf Stufe Fernsehen bliesen Private zum Angriff auf die SRG. Im Dezember vergangenen Jahres hatte die SRG dem Bundesrat erneut eine Konzessionsänderung für die vierte Fernsehkette beantragt. Diese sollte nach dem Konkurrenzprogramm "S Plus" und dem Mischprogramm "Schweiz 4/Suisse 4/Svizzera 4" innerhalb von weniger als vier Jahren zum dritten Mal, als ergänzendes Fernsehprogramm neu konzipiert und regionalisiert werden. Das Neukonzept stiess aber insbesondere in der Deutschschweiz auf Kritik. Der Verband Schweizerischer Regionalfernsehen "Telesuisse" kritisierte das entstehende nationale "Doppelmonopol" der SRG und forderte einen jährlichen Anteil an den SRG-Gebühreneinnahmen von vorab 30 der rund 800 Mio Fr. In dieselbe Richtung zielten Stellungnahmen des Zeitungsverlegerverbands Schweizer Presse, des Bunds Schweizer Werbeagenturen (BSW), der Lokalradios und des "Hofer-Clubs". Auch der Ständerat unterstützte die Forderung eines stärkeren Gebührensplittings im Grundsatz. Er überwies ein Postulat seiner Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF), das vom Bundesrat verlangt, privaten Fernsehveranstaltern, die eine regelmässige Informations- und Kulturleistung von öffentlichem Interesse im regionalen Bereich erbringen, einen "angemessenen" Anteil am Ertrag der Empfangsgebühren zukommen zu lassen. Die SRG meldete Widerstand gegen eine Kürzung ihrer Gelder an.
Ende März genehmigte der Bundesrat die Neuausrichtung und damit die sprachregionale Aufsplitterung der vierten Fernsehkette der SRG. Er verband die Konzessionsänderung aber mit der ausdrücklichen Verpflichtung der SRG, den nationalen Zusammenhalt mit Programminhalten sicherzustellen. Um zu beweisen, dass sie ihrer Integrationsaufgabe nachleben will und im Hinblick auf das Jubiläumsjahr 1998 hatte die SRG kurz zuvor ihr Konzept "SRG SSR Idée Suisse" skizziert. Die Projekte reichen von dreisprachigen "Arena"-Debatten bis zu einer "Seifenoper" schweizerischer Prägung und sollen die Verständigung zwischen den Sprachgruppen fördern. Ein Teil der Projekte soll über die Mehreinnahmen aus der vierten Senderkette finanziert werden [25].
Am 1. September ging die neu regional funktionierende vierte Fernsehkette auf Sendung, in der Deutschschweiz als "SF 2", in der Westschweiz als "TSR 2" und in der italienischen Schweiz als "TSI 2". Der Ergänzungskanal spricht ein jüngeres Publikum an, ist aber insbesondere auch als Sportkette konzipiert. Daneben setzen die privaten Anbieter, die als "Presse-TV" zusammengeschlossen sind, vorwiegend an den Wochenenden Akzente. Bis Ende Jahr verzeichnete SF 2 sowohl im Hauptprogramm als auch über 24 Stunden einen Marktanteil von 4,9% [26].
Zur Koproduktion von SF DRS und BBC über die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg siehe oben, Teil I, 1a (Grundsatzfragen).
Die SVP-Fraktion nahm den umstrittenen BBC-Film im Herbst zum Anlass, um ein weiteres Mal die SRG-Privilegien anzugreifen. Sie reichte in beiden Räten eine Motion ein, die den Bundesrat zu einer dringenden Revision der Gesetzgebung im Radio- und Fernsehbereich auffordert und eine Neudefinition der Stellung der SRG verlangt. Nationalrat Weigelt (fdp, SG), Präsident des Medienausschusses der FDP, reichte ebenfalls eine Motion für eine Lockerung des SRG-Gebührenmonopols ein, wobei er betonte, dass die FDP keine Schwächung der SRG anstrebe und auch deren Service public nicht in Frage stelle. Andere Veranstalter müssten aber ebenfalls die Möglichkeit erhalten, von den Gebühren zu profitieren, wenn sie bestimmte Konzessionsbedingungen erfüllen. Dazu gehörten staats-, bildungs- und kulturpolitische Auflagen [27].
Mit einem Bericht "Kultur in den Medien der SRG" nahm der Bundesrat Stellung zu verschiedenen parlamentarischen Vorstössen der letzten Jahre. Im Bericht würdigte er die kulturellen Leistungen der SRG, forderte sie aber auf, dem heimischen Kulturschaffen mehr Beachtung zu schenken und betonte die Wichtigkeit des SRG-Konzepts "Idée Suisse". Die SRG müsse zudem ihre Verständigungs- und Integrationsfunktion unter den Sprachgemeinschaften verstärken, indem sie dem Kulturschaffen in den Regionen mehr Bedeutung zumesse. Ein weiterer Kulturabbau aus finanziellen Überlegungen sei nicht zu rechtfertigen [28].
Die SRG verbreitet ihre Programme neu auch über Satellit und machte damit einen ersten Schritt in den zukunftsträchtigen Satellitenmarkt. Seit Juli verbreitet sie zehn Radioprogramme über den Satelliten Astra, die in ganz Europa frei empfangbar sind. Seit September werden auch die Fernsehprogramme SF1, SF2, TSR und TSI über den Eutelsat-Satelliten "Hot Bird 3" verbreitet, allerdings verschlüsselt und auf die Schweiz beschränkt. Zusätzlich wird SF DRS auch über den Satelliten Astra 1 G in verschlüsselter Form ausgestrahlt. Via Satellit erreicht die SRG auch jene Haushalte, welche aus topographischen Gründen die Programme bisher nicht empfangen konnten. Zudem ist die Verbreitung per Satellit billiger als die terrestrische, wo viele, teils teure Sender nötig sind. Mit der Verbreitung über Satellit setzte die SRG die Kabelanbieter unter Druck [29].
Liechtenstein stellt seinen seit 1979 bezahlten SRG-Jahresbeitrag von 250 000 Fr. auf 1998 ein. Der Landtag begründete seinen Entscheid damit, dass die SRG die Tendenz hätte, sich über das Fürstentum lustig zu machen. Als Konsequenz schliesst die SRG das Vaduzer Büro [30].
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Privates sprachregionales Fernsehen
Im Juli scheiterte ein gemeinsames Projekt der TA Media AG und Tele-Züri-Chef Roger Schawinski für ein privates Deutschschweizer Fernsehen an der Frage der Machtverteilung. Nur einen Monat später reichte Schawinski beim BAKOM ein Konzessionsgesuch für Tele Swiss ein, das in einer ersten Phase in der Hauptsendezeit ein einstündiges, eigenproduziertes Informations- und Unterhaltungsprogramm anbieten will, das stündlich wiederholt würde. Beabsichtigt ist, das Programm auch in einzelnen Regional-TV-Stationen einzuklinken. In der vom BAKOM durchgeführten Vernehmlassung wehrten sich neben dem Verband Schweizer Lokalradios auch etwa TeleBärn und TeleBasel, die alle eine Abwanderung von Werbegeldern befürchten, gegen eine Konzessionierung. Die SRG gab sich dagegen gelassen [31].
Mitte Dezember reichten TeleBärn, Tele M1, TeleTell und die Metro Media AG, Partnerin von TeleBasel, ein eigenes Konzessionsgesuch für ein "nationales" Fernsehen unter dem Namen CH 1 ein. Die Initianten wollen damit ein Gegengewicht zum Fernsehprojekt Tele Swiss und der Dominanz Schawinskis schaffen. In einer ersten Phase soll ein halbstündiges Programm realisiert werden, das mindestens dreimal täglich ausgestrahlt wird. Während die Unterhaltungssendungen weitgehend von den beteiligten Kanälen geliefert werden, soll CH 1 die Nachrichten in Eigenregie realisieren. Ferner sollen sportliche, politische und kulturelle Veranstaltungen von überregionaler Bedeutung direkt übertragen werden [32].
Als dritter Anwärter reichte der deutsche Privatsender SAT.1 ein Gesuch für ein Schweizer Programmfenster ein, das primär Fussballspiele übertragen würde. Später sollen Unterhaltungssendungen dazukommen [33].
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Regionalfernsehen
Der Aargauer Sender Tele M1 und der Zentralschweizer Sender TeleTell schlossen sich auf Januar 1998 zu einer gemeinsamen Betriebsgesellschaft (Tele M1 70%, TeleTell 30%) zusammen und werden damit hinter TeleZüri zum zweitgrössten Regionalsender. Beide treten aber weiterhin unter eigenem Namen und mit eigenständigen Konzessionen auf. Das neuformierte Sendegebiet umfasst rund 1,2 Mio Zuschauer [34].
Im Juli erteilte das EVED dem Bieler Telebielingue und damit dem ersten zweisprachigen Regionalfernsehen der Schweiz eine Konzession. Das EVED begründete den Entscheid damit, dass das Sendegebiet einen selbständigen Wirtschafts- und Kommunikationsraum bilde. Telebielingue, ein Projekt der drei Bieler Medienunternehmen Gassmann, Büro Cortesi und Canal 3, will im Berner Jura ein französischsprachiges und im Berner Seeland bis in die Region Grenchen (SO) ein deutschsprachiges Programm senden (Sendegebiet von gut 200 000 Zuschauern). Mit der Konzessionserteilung entfiel für TeleBärn die Verpflichtung, für die Region Biel ein französischsprachiges Programm zu produzieren. TeleBärn, das Werbeeinnahmeverluste befürchtete, legte jedoch Beschwerde gegen Telebielingue ein, da ihm seinerzeit bei der Konzessionierung Exklusivität in seinem Sendegebiet zugesichert worden sei; diese Beschwerde war Ende Jahr noch hängig. Als Reaktion auf Telebielingue reichten TVJB+ und TV Transjurane beim BAKOM ein Konzessionsgesuch für ein Regionalfernsehen für den gesamten Jura ein [35].
St. Gallen ist als einzige grössere Deutschschweizer Agglomeration immer noch regionalfernsehfrei. Zu Beginn des Jahres unterzeichneten das Regionalfernsehen St. Gallen (rfs) und Tele Wil eine Absichtserklärung, das Regionalfernsehen Ostschweiz zu realisieren. Nach einem Streit zog sich rfs aber von der Kooperation zurück. Beide Sender reichten beim BAKOM danach ein eigenes Konzessionsgesuch ein [36].
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Spartenfernsehen
Ende März lehnte der Bundesrat ein Konzessionsgesuch für das dem Auto gewidmete Spartenfernsehen Car TV von Rediffusion und dem Berner Hallwag-Verlag ab. Bundesrat Leuenberger begründete den Entscheid damit, dass sich Spartenprogramme tendenziell negativ auf die innere Kohärenz der Schweiz auswirken könnten. Eine Konzessionierung könne ausnahmsweise dann erwogen werden, wenn dieser befürchtete negative Aspekt durch einen besonders wertvollen Beitrag etwa im Kulturellen oder zur politischen Meinungsbildung aufgewogen werde. Diesem Kriterium genüge Car TV nicht. Der Initiant des Kanals reichte bei der Europäischen Menschenrechtskommission Beschwerde ein [37].
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Schweizer Radio International
Schweizer Radio International (SRI) erhielt mit Carla Ferrari eine neue Direktorin. Sie löste Ulrich Kündig ab. Ferrari kündigte an, dass SRI sich nicht mehr nur auf das Radio, sondern auch auf andere elektronische Medien, allen voran das Fernsehen, konzentrieren wolle [38].
Nach einem jahrelangen Streit mit der Bevölkerung Schwarzenburgs (BE) entschied der Bundesrat, den Kurzwellen-Sender Schwarzenburg gar nicht erst zu sanieren, sondern aus wirtschaftlichen Gründen auf März 1998 abzuschalten. Die SRI-Programme für Europa, Nahost und Afrika werden künftig von Jülich bei Köln, jene für den asiatischen Raum von Kranji bei Singapur verbreitet [39].
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Sparten- und Lokalradios
Der einzige Deutschschweizer Spartenkanal, der populäre private Volksmusiksender Radio Eviva, gab nach fünfjähriger Tätigkeit seinen Sendebetrieb auf. Seit Oktober letzten Jahres sendete Eviva über Mittelwelle, konnte aber speziell im Raum Zürich nur schlecht empfangen werden, weshalb wichtige Werbegelder verloren gingen. Eviva warf dem EVED vor, es habe der gleichzeitig auf Mittelwelle expandierenden DRS-"Musigwälle 531" eine viel leistungsfähigere Frequenz zugestanden. Das EVED stellte dies in Abrede und beharrte auf dem Grundsatz, wonach die UKW-Frequenzen nur für SRG-Programme und Lokalradios freigegeben werden [40].
Als erster Deutschschweizer Jugendsender erhielt dafür Radio 105 Network mit Sitz in Basel eine Konzession vom Bundesrat. Der Sender, der erst 1998 starten wird und nur via Kabel empfangen werden kann, ist verpflichtet, die junge schweizerische Kulturszene, insbesondere die Musikszene, zu fördern [41].
Im Rahmen der zweiten Etappe der UKW-Sendernetzplanung erteilte das EVED Ende März 17 Lokalradios im östlichen Mittelland, in der Zentral- und Ostschweiz definitive Sendekonzessionen. Alle bisherigen 16 Lokalradios dürfen weitersenden, sechs weitere Bewerber für diese Gebiete wurden abgewiesen. Für das neu geschaffene Konzessionsgebiet Stadt Zürich konzessionierte das EVED unter sieben Bewerbungen überraschend Radio Tropic neu, das zur multikulturellen Integration verschiedener Bevölkerungskreise in Zürich beitragen will. Dem favorisierten Radio Opus erteilte es eine Absage, um eine Monopolstellung des Medienunternehmers Roger Schawinski (Radio 24 und TeleZüri) zu vermeiden. Zum Schutz gegen unerwünschte lokale Medienkonzentration wurde ausserdem in den Konzessionen von Radio Pilatus (Ringier und Luzerner AG) und Radio Argovia (Aargauer Zeitung AG und BT Wanner Holding AG) die maximale Beteiligung der Presseverlage auf 40% von Kapital und Stimmen der Lokalradioträgergesellschaft beschränkt. Beide Parteien reichten beim EVED Beschwerde ein. Eher überraschend korrigierte dieses im September seine Entscheide und erteilte beiden eine definitive Konzession ohne Auflagen. Es hielt dabei neu fest, dass die publizistische Vormachtstellung allein noch kein Grund für eine Ablehnung einer Konzession sein könne. Erforderlich sei vielmehr eine aktuelle Gefährdung der Meinungsvielfalt. Nach vertieften Abklärungen erteilte das EVED im Juni auch Radio Emme eine definitive Konzession. Die Region Emmental/Entlebuch war das letzte grössere Gebiet der Schweiz ohne Lokalradio. Für die übrigen neuen Regionen Solothurn, Luzern-Stadt und Stadt Schaffhausen traf das EVED noch keinen Entscheid, für die Stadt St. Gallen erübrigte er sich: Die Initianten des Projekts "Radio RaGA" zogen ihr Gesuch um eine Konzession für ein nichtkommerzielles Radio im November zurück [42].
Als letztes von vier Lokalradios, die im Rahmen der ersten Etappe der UKW-Sendernetzplanung neu konzessioniert worden waren, ging im März Radio Ticino auf Sendung. Radio Piz erhielt für die Region Südbünden eine definitive Konzession [43].
In der Ostschweiz gründeten die drei Lokalradios Eulach, Thurgau und Wil eine gemeinsame Betriebsgesellschaft Radio Top. Radio Top produziert das gemeinsame Mantelprogramm, die Redaktionen der drei Lokalradios produzieren täglich je drei halbstündige lokale Fenster der Regionen Winterthur, Thurgau und Wil. Damit setzte dieses im Pressebereich wohlbekannte Mantelmodell auch bei den Lokalradios ein [44].
Zu Beginn des Jahres verfügte das EVED, dass das Lausanner Lokalradio AciduL, das sich nach der letztjährigen Beteiligung des französischen Radiokonzerns Radio Nostalgie neu Radio Nostalgie Lausanne nannte, das Label "Nostalgie" nicht benutzen dürfe, da Radio AciduL nur als schwachkommerzielles Lokalradio konzessioniert worden sei. Nachdem das Lausanner Lokalradio vor Bundesgericht vergeblich aufschiebende Wirkung des Entscheids verlangt hatte, benannte es sich in "102.8" um. Im Februar verweigerte das EVED die Genehmigung des wirtschaftlichen Übergangs der Konzession von Radio AciduL (Übernahme von 20% des Kapitals durch Radio Nostalgie). Nachdem AciduL auch gegen diesen Entscheid Rekurs einlegte, sistierte das Bundesgericht beide Verfahren, um den Parteien eine einvernehmliche Lösung zu ermöglichen. Der französische Konzern Nostalgie beteiligte sich ab Februar auch am Baselbieter Lokalsender Edelweiss mit 20% [45].
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Ombudsstelle und UBI
Als Nachfolger von Arthur Hänsenberger wählte der Publikumsrat DRS den im Berichtsjahr aus dem Ständerat zurückgetretenen Otto Schoch (fdp, AR) zum neuen Ombudsmann. Er wird sein Amt Anfang 1998 antreten [46].
Erstmals seit ihrem Bestehen konnte die Ombudsstelle im Berichtsjahr einen Rückgang der Beanstandungen an Radio- und TV-Sendungen registrieren. 142 (1996: 271) Beanstandungen gingen insgesamt ein. 16 Fälle wurden an die UBI weitergeleitet, davon betrafen fünf den BBC-Film über Nazigold in der Schweiz [47].
 
Neue Kommunikationstechnologien
Der Ständerat überwies diskussionslos eine Motion seiner Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF), die den Bundesrat beauftragt, den Urheberrechtsschutz auch im Bereich der neuen Kommunikationstechnologien und der digitalen Übermittlung von Werken und Leistungen sicherzustellen [48].
Eine Motion Jeanprêtre (sp, VD), die zur Bekämpfung der Kinderpornographie auf Datennetzen ein einheitliches Überwachungsorgan forderte, wurde vom Nationalrat als Postulat überwiesen [49].
 
Weiterführende Literatur
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Allgemeines
Cornu, D., Les médias en Suisse: structures et audience, les médias et la société, Lausanne 1996.
Leuenberger, M., "Ihr und wir - Medien, Macht und Moral", in Documenta, 1997, Nr. 2, S. 28 ff.
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Presse
Ehinger, P., 125 Jahre Zofinger Tagblatt. Die Geschichte einer Regionalzeitung. Zofingen 1997.
Hänni, F., Die schweizerische Anti-Rassismus-Strafnorm und die Massenmedien. Grundrechtskonforme Anwendung eines unscharfen Straftatbestands unter Beizug des Kriteriums der "professionellen Adäquanz", Bern 1997.
Ihle, P., Die journalistische Landesverteidigung im Zweiten Weltkrieg. Eine kommunikationshistorische Studie über die Pressezensur in der Schweiz in den Jahren 1939 bis 1945, Zürich 1997.
Nobel, P., "Möglichkeiten einer tauglichen Selbstregulierung in der Presse - Vom Konkreten zum Allgemeinen", in Medialex, 1997, Nr. 2, S. 87 ff.
Ruckstuhl, A., Machtgefüge und freie Presse, eine rechtsvergleichende Studie des schweizerischen und amerikanischen Rechts, Zürich 1997.
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Radio und Fernsehen
Bundesamt für Kultur, Kultur in den Medien der SRG, Bern 1997.
Dumermuth, M., "Radio- und Fernsehprogramme auf dem Internet", in Medialex, 1998, Nr. 1, S. 15 ff.
Hänecke, F., Einheimische Musik in den Schweizer Radioprogrammen, Aarau 1997.
Publicom, Radioprogrammprofile und Publikumspräferenzen, Zürich 1997.
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E.M.
 
[2] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 383 ff. Siehe auch G. Lüchinger, "Erleichterungen für den unfairen Journalismus? Gegen eine extensive Lockerung des Medienstrafrechts", in NZZ, 4.3.97 sowie F. Riklin, "Faire Spielregeln für den Journalismus. Für medienstrafrechtliche Lockerungen", in NZZ, 13.3.97.2
[3] Amtl. Bull. StR, 1997, S. 572 ff.3
[4] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1817 ff., 2061 f. und 2327; Amtl. Bull. StR, 1997, S. 899 f. und 1024; BBl, 1997, IV, S. 782 ff. Vgl. auch D. Barrelet, "Le nouveau droit pénal des médias ne tient pas toutes ses promesses", in Medialex, 1997, Nr. 4, S. 185 f. Das neue Medienstrafrecht wird am 1. April 1998 in Kraft treten.4
[5] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1822 f.5
[6] BBl, 1998, S. 373 und 442; NZZ und TA, 23.4.97; SGT, 21.8.97 (NR).6
[7] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 1873. Vgl. SPJ 1996, S. 318.7
[8] Presse vom 20.9.97. Vgl. SPJ 1996, S. 318.8
[9] WoZ, 20.6.97; BaZ, 18.10.97; TA, 4.11.97.9
[10] Presse vom 3.1.98. Vgl. auch "Reichhaltige politische Kultur verschwindet", in TW, 27.11.97.10
[11] Presse vom 7.1.97; TA, 30.7.97. Vgl. SPJ 1996, S. 319 f.11
[12] Presse vom 8.1., 3.4., 3.6. und 7.6.97; BüZ, 20.10.97. Vgl. SPJ 1996, S. 319 f.12
[13] Die "Gossauer Zeitung" verschwindet auf Ende Jahr, das neue Kopfblatt zwischen Wil und Flawil heisst "Wiler Zeitung-Volksfreund". Dessen Herausgeberin übernahm das "Neue Wiler Tagblatt", das nach 125 Jahren verschwindet (SGT, 1.12.97).13
[14] SGT, 18.9., 22.11. und 24.11.97; Presse vom 5.11.97.14
[15] Presse vom 10.9.97. Gewerbe-, Parteien- und Vereinskreise, die ihre Anliegen in der neuen regionalen Tageszeitung nicht im gewünschten Masse berücksichtigt fanden, lancierten im Dezember die "Sihltal-Zeitung" (NZZ, 18.12.97).15
[16] Presse vom 25.6., 14.10., 16.10. und 2.12.97. Vgl. SPJ 1996, S. 320.16
[17] DAZ: TA, 10.7.97. Stadtblatt: NZZ, 24.4.97. SAZ: SN, 2.7.97. Die Hauptstadt: TW, 25.9.97; WoZ und Bund, 26.9.97. Luzern heute: NLZ, 19.6.97. Siehe auch "Die linke Presse ist tot", in Ww, 20.11.97.17
[18] Amtl. Bull. StR, 1997, S. 118 ff. Vgl. SPJ 1996, S. 194 (FN). Der BR hatte auf den 1.1.1996 ein neues Tarifmodell für den Zeitungs- und Zeitschriftentransport in Kraft gesetzt, das den Empfängerkreis für Vorzugstarife stark einschränkte (von rund 7000 auf 3500), indem die für die Zulassung massgebende Auflage von 100 auf 1000 Exemplare erhöht wurde.18
[19] Amtl. Bull. StR, 1997, S. 589 f.; NZZ, 17.5.97; Bund, 13.6.97.19
[20] TA, 30.1.97; BüZ, 23.5.97; Klartext, 1998, Nr. 1, S. 28 ff. Vgl. SPJ 1996, S. 320 f.20
[21] Presse vom 3.4.98. Zahlen gemäss SRG-Forschungsdienst.21
[22] Presse vom 27.3.98.22
[23] Presse vom 28.11.97.23
[25] BBl, 1997, II, S. 877 f.; Presse vom 25.3. und 27.3.97. Im November stellte die SRG die "Idée Suisse" in Genf offiziell vor (Presse vom 28.11.97).25
[26] BBl, 1997, II, S. 877 f.; Presse vom 14.5. und 2.9.97. Vgl. SPJ 1996, S. 322 f.26
[27] Verhandl. B'vers., 1997, IV, Teil II, S. 133 (SVP) und 142 (Weigelt); BaZ, 25.10.97; SGT, 10.11.97. Der BBC-Film hatte Reimann (svp, AG) zuvor bereits zu einer Interpellation zur Zukunft der elektronischen Medienszene Schweiz veranlasst (Amtl. Bull. StR, 1997, S. 800 ff.). Im Dezember reichte die Schweizerische Fernseh- und Radio-Vereinigung (SFRV) eine Petition mit gut 20 000 Unterschriften für eine Totalrevision des RTVG ein; das geltende Gesetz verhindere die dringliche Liberalisierung und Öffnung über die Grenze (Bund, 10.12.97). Zu den Positionen der Parteien (neben SVP und FDP auch CVP, SP und Grüne) bezüglich Medienpolitik siehe auch Klartext, 1998, Nr. 2, S. 7 ff.27
[28] Lit. BA für Kultur; Bund, 17.6.97; NZZ, 4.7.97. Vgl. SPJ 1995, S. 305 und 1996, S. 321 f.28
[29] BZ, 27.6.97.29
[30] TA, 29.10.97.30
[31] TA und NZZ, 17.7.97. Tele Swiss: TA und NZZ, 2.8.97; NZZ, 3.10.97.31
[32] Presse vom 17.12.97.32
[33] NZZ, 22.11.97.33
[34] Presse vom 31.10.97.34
[35] Telebielingue: Presse vom 10.7.97; Bund, 17.7.97. Vgl. SPJ 1996, S. 324. JU: BZ, 31.12.97.35
[36] SGT, 11.7. und 25.9.97.36
[37] Presse vom 27.3.97; NZZ, 18.12.97.37
[38] NZZ, 4.9.97; NZZ und BaZ, 27.11.97.38
[39] BZ, 29.10.97. Vgl. SPJ 1996, S. 324.39
[40] BZ, 25.6.97; Presse vom 27.6.97. Vgl. SPJ 1996, S. 324 f.40
[41] BBl, 1997, III, S. 1058 ff.41
[42] TA, 22.1.97; Presse vom 27.3.97; SHZ, 22.5.97; AZ, 24.5.97 (Beschwerde); NLZ, 3.6. (Emme) und 3.9.97 (Pilatus); AZ, 10.9.97 (Argovia). Vgl. SPJ 1996, S. 325. Definitiv konzessioniert wurden im März Radio 32, Argovia, Kanal K (heute: Aargauer Regionalradio), Pilatus, Sunshine, Central (ehemals Schwyz), Zürisee, 24, Z, Lora, Eulach, Munot, Thurgau, Wil, Aktuell und Ri (ehemals Gonzen). Abgelehnt wurden im Gebiet Stadt Zürich Business Radio, Star-Radio, Sky, Opus, Powerstation und Magic FM.42
[43] CdT, 21.3.97 (Ticino); Presse vom 27.3.97 (Piz).43
[44] Presse vom 11.9.97; NZZ, 13.9.97.44
[45] JdG, 9.1.97; 24 Heures, 14.3.97 (AciduL); BaZ, 26.2.97 (Edelweiss).45
[46] NZZ, 27.6.97.46
[47] Presse vom 28.2.98. Vgl. dazu oben, Teil I, 1a (Grundsatzfragen). Gemäss UBI hat SF DRS mit der Ausstrahlung der BBC-Dokumentation "Nazigold und Judengeld" seine Konzession nicht verletzt. Die UBI übte aber scharfe Kritik am Zustandekommen der Koproduktion. Programmrecht verletzt hat dagegen gemäss UBI TSR mit "L'honneur perdu de la Suisse" (Presse vom 23.12.97).47
[48] Amtl. Bull. StR, 1997, S. 110.48
[49] Amtl. Bull. NR, 1997, S. 2832. Vgl. dazu auch oben, Teil I, 1b (Strafrecht).49
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