Année politique Suisse 2000 : Infrastruktur und Lebensraum
Boden- und Wohnwirtschaft
Die bundesrätliche Verordnung zum revidierten Raumplanungsgesetz war bei Bauern und Landschaftsschützern umstritten. – Der Nationalrat beschloss die Teilrevision des Mietrechts und schaffte die Bindung der Mietpreise an die Hypothekarzinssätze ab. Die Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ lehnte er ab. – Der Bundesrat setzte das revidierte Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz in Kraft und erhielt vom Parlament den Auftrag zur Verlängerung der Wohnbauförderung im Berggebiet. – Die Diskussion über einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung hielt an.
Raumplanung
Der Bundesrat hat das revidierte Raumplanungsgesetz und die Anwendungsverordnung auf Anfang September in Kraft gesetzt.
Die im Juni verabschiedete
Verordnung war bis zuletzt umstritten. Bauern und Landschaftsschützer rangen um den Grad der Deregulierung. Der Bundesrat wollte die raumplanerischen Bestimmungen für die Landwirtschaftszone schliesslich nicht zu stark lockern, weil er eine chaotische Siedlungsentwicklung mit irreversiblen Schäden für die Landschaft befürchtete. Ausserdem wollte er das Gewerbe in der Bauzone nicht konkurrenzieren. Der Bau von Treibhäusern zur Hors-sol-Produktion, die Errichtung von Masthallen sowie die Umnutzung von Landwirtschaftsgebäuden zu Wohnhäusern und betriebsnahen Nebenbetrieben ist nach der Verordnung nur zulässig, wenn der Bauernbetrieb auf ein Zusatzeinkommen unbedingt angewiesen ist. Der Zusatzverdienst darf zudem den Verdienst aus dem angestammten Betrieb nicht übertreffen. Der Bundesrat stellte klar, dass er zu raschen Korrekturen greifen werde, sollten die Bestimmungen sich negativ auf die Landschaftsentwicklung auswirken
[1].
Erneut befassten sich die Räte mit dem
Problem der Innenstadtförderung. Von der Stadtplanung erwünschte Konzentrationen von Bauten wie Industrie- und Gewerbegebäude werden durch Umweltschutznormen oft verunmöglicht. Die Vertreter der Wirtschaft im Parlament sind deshalb an einer Sonderregelung der Grenzwerte für Städte und Ballungszentren interessiert, insbesondere an einer Herabsetzung der Lärmschutz- und Luftreinhaltebestimmungen. Der Ständerat hatte im Vorjahr eine Motion Büttiker (fdp, SO) mit diesem Anliegen an den Nationalrat überwiesen. Die Mehrheit der UREK des Nationalrats empfahl nun diesen Vorstoss zur Ablehnung. Die Grüne Teuscher (BE) erklärte, dass die Kommissionsmehrheit eine Anpassung der Grenzwerte verhindern wolle. Hegetschweiler (fdp, ZH) entgegnete im Namen einer Kommissionsminderheit, gerade in gut erschlossenen Räumen könne eine Ansiedelung verkehrsintensiver Nutzungen durchaus sinnvoll sein. Bundesrat Leuenberger gab zu bedenken, dass es sich hierbei nach Auffassung des Bundesrates um ein Problem des Vollzugs handle und dass deshalb keine gesetzlichen Anpassungen notwendig seien. Mit der Eingliederung des Bundesamtes für Raumplanung
[2] ins UVEK, welchem auch das Buwal angegliedert ist, sei eine bessere Koordination gewährleistet. Gegen Bundesrat und Kommissionsmehrheit beschloss der Rat mit 78 zu 66 Stimmen die Überweisung der Motion. Grundsätzlich anerkannte die Kommission aber das Problem der teilweisen
Widersprüchlichkeit zwischen Raumplanungs- und Umweltschutzrecht. Sie reichte daher eine eigene Motion zur umweltgerechten Innenstadtförderung ein. Wegen der durch Bau- und Umweltauflagen auferlegten Einschränkungen seien viele Industriebetriebe an nicht geeignete Standorte wie den Grüngürtel ausgewichen. Diese Entwicklung müsse in Zukunft unterbunden werden. Die Motion war in beiden Räten erfolgreich
[3].
Nachdem der Ständerat in der vergangenen Wintersession ein Postulat Hofmann (svp, ZH) angenommen hatte, welches den Bundesrat beauftragt, einen Bericht zu den
raumordnungspolitischen Auswirkungen der bilateralen Verträge mit der EU auf die Grenzkantone vorzulegen, hat nun auch der Nationalrat ein gleichlautendes Postulat Ratti (cvp, TI) gutgeheissen. Der Bericht wird bis Mitte 2002 erwartet
[4].
Nationalrätin Nabholz (fdp, ZH) verlangte in einer Motion die
Schaffung eines raumplanerischen Vollzugsförderprogramms zur Einschränkung des hohen Bodenverbrauchs. Die aktuelle Siedlungsausdehnung von 3150 ha jährlich widerspreche den Planungsgrundsätzen des neuen Raumplanungsgesetzes
[5]. Zur Förderung der ortsübergreifenden Standortplanung seien zusätzliche Anstrengungen und eine neue Strategie erforderlich. Nach dem Vorbild der deutschen Bauleitplanung schlug Nabholz gestaffelt freigegebene, vom Siedlungskern radialförmig ausgehende Bauzonen vor. Mit dem Einverständnis des Bundesrats wurde die Motion überwiesen
[6].
Der Zürcher SVP-Nationalrat Fehr hatte im vergangenen Jahr eine parlamentarische Initiative zur
Aufhebung des Verbandsbeschwerderechts im Bau- und Planungsbereich eingereicht. Nach Fehrs Auffassung ist das Verbandsbeschwerderecht veraltet und erweist sich immer mehr als Hemmschuh für Wirtschaft und Gewerbe. Mit den geltenden Bestimmungen könnten Umweltschutzorganisationen öffentliche und private Bauvorhaben mit Beschwerden bis vor das Bundesgericht blockieren, wodurch dem Wirtschaftsstandort Schweiz grosser Schaden erwachse. Als Beispiele nannte der Initiant Grossprojekte wie den Flughafen Zürich-Kloten oder die Westumfahrung der Stadt Zürich. Mit einer Kommissionsminderheit unterstützte Nationalrat Bosshard (ZH) den Vorstoss. Der Aargauer SVP-Nationalrat Siegrist und die Waadtländerin Ménétrey-Savary (gp) beantragten hingegen im Namen der Kommissionsmehrheit, der Initiative keine Folge zu geben. Es könne nicht von einem Willkür- oder Erpressungsinstrument gesprochen werden. Das Verbandsbeschwerderecht ermögliche vielmehr eine ausgewogene Vertretung unterschiedlicher Interessen. Verzögerungen entstünden zudem vor allem durch die überlasteten Behörden und nicht durch das Verbandsbeschwerderecht. Mit 102 zu 69 Stimmen lehnte der Rat die Initiative ab
[7].
Im Oktober unterbreitete der Bundesrat dem Parlament seinen
dritten
Bericht über die Massnahmen des Bundes zur Raumordnungspolitik. Er zog darin Bilanz über die bisherigen Massnahmen und setzte für das Realisierungsprogramm 2000-2003 neue Prioritäten. In erster Linie will er seine Raumordnungspolitik kohärenter auf das Konzept der Nachhaltigkeit ausrichten. Folgende fünf Aktionsfelder mit insgesamt 31 Massnahmen wurden definiert: Mehr Kohärenz im raumwirksamen Handeln des Bundes, Nachhaltige Entwicklung der Volkswirtschaft, Festigung des Städtesystems Schweiz, Förderung des ländlichen Raumes und Einbindung in die europäische Raumordnung
[8].
Bodenrecht
Nachdem der Nationalrat im vergangenen Jahr eine Motion seiner UREK zur
Vereinheitlichung im Baurecht überwiesen hatte, entschärfte der Ständerat nun diesen Vorstoss und verabschiedete ihn als Postulat beider Räte. Pfisterer (fdp, AG) bemängelte die Fristsetzung, die viel zu kurz greife. Briner (fdp, SH) sah die Kompetenzen der Kantone zu stark tangiert. Im Einvernehmen mit Bundesrätin Metzler einigte sich die Ständekammer auf den Weg des kooperativen Föderalismus: der Bund soll mit Mustererlassen, Empfehlungen und Richtlinien zur Verminderung der Kosten beitragen, die durch Probleme im Baurecht entstehen
[9].
Mietwesen
Als der Bundesrat im vergangenen Herbst seine
Botschaft zur Teilrevision des Mietrechts im Obligationenrecht und zur Volksinitiative „Ja zu fairen Mieten“ verabschiedet hatte, herrschte an der Zinsfront noch Ruhe. Das Zinsniveau und speziell die Hypothekarzinsen sind aber im Berichtsjahr wieder angestiegen, was zu Mieterhöhungen führte. Im Mai forderte deshalb der Mieterinnen- und Mieterverband (MV) vom Bundesrat
Sofortmassnahmen im Mietrecht. Die gesetzlich festgelegten Überwälzungssätze sollten mit einem dringlichen Bundesbeschluss halbiert werden. Der Bundesrat wollte diesem Anliegen aber nicht entsprechen. Eine kurzfristige Änderung der Überwälzungsansätze hätte seiner Meinung nach die parlamentarische Debatte zur Mietrechtsrevision unterlaufen
[10].
Gleichzeitig nahm der
Hauseigentümerverband (SHEV) seinen Kampf gegen die Mieterinitiative auf. An einer Delegiertenversammlung im Juni forderte SHEV-Präsident Dettling, der Bundesrat müsse die Initiative ohne Gegenvorschlag zur Abstimmung bringen. Alt Nationalrat Jaeger (ldu, SG) setzte sich für eine schrittweise Liberalisierung des Mietmarktes ein
[11].
Auf Antrag seiner Rechtskommission lehnte der Nationalrat die Mieterinitiative ab und sprach sich grundsätzlich für den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates aus. Dieser will
auf die Hypothekarzinsbindung verzichten und die Mietpreise in Zukunft am Landesindex der Konsumentenpreise (LIK) anbinden. Das Kriterium der missbräuchlichen Miete bleibt erhalten. Bemessungsgrundlage bleibt die quartiersübliche Vergleichsmiete.
Umstritten war jedoch die Frage, zu welchem Prozentsatz die
Teuerung gemäss LIK auf die Mieten überwälzt werden soll. Der Bundesrat schlug eine Überwälzung zu 80% vor. Vallender (fdp, AR) stellte den Antrag, hier keine dirigistischen Schranken einzubauen und den Vermietern das Recht auf eine 100prozentige Überwälzung zu erteilen. Für die Mietervertreter forderte Thanei (sp, ZH) hingegen eine Limitierung bei maximal 60%. Bundesrat Couchepin erklärte, eine Überwälzung von mehr als 80% der Teuerung könnte wiederum die Teuerung verstärken, weil die Mieten selbst zu 20% im LIK enthalten sind. Schliesslich akzeptierte die Ratsmehrheit die vom Bundesrat vorgesehenen 80%. Bei der
Festlegung der Vergleichsmiete waren die Vertreter der Vermieterseite erfolgreich: Sie setzten durch, dass nicht nur Luxuswohnungen sondern auch alle Genossenschafts- und Gemeindewohnungen aus der quartiersweisen Berechnung der Vergleichsmiete ausgeschlossen werden. FDP- und SVP-Vertreter versuchten allerdings vergeblich, eine Kumulation beider Systeme, Indexmiete und Vergleichsmiete, zu erwirken. Keine Chance hatten auch zwei mieterfreundliche Anträge nach einem Ausbau des Kündigungsschutzes und zur Einführung einer Schutzklausel bei übermässig ansteigender Teuerung. Zudem strich eine bürgerliche Mehrheit im Rat die vom Bundesrat als Neuerung vorgeschlagene staatliche Kostenübernahme bei Verhandlungen vor den Mietgerichten. Der Nationalrat genehmigte den bereinigten Gegenvorschlag mit 95 zu 54 Stimmen. Die Mieterseite liess erkennen, dass sie dem Gesetz unter diesen Umständen nie zustimmen werde
[12].
Der Nationalrat überwies ferner eine Motion Thanai (sp, ZH) zur
Beschränkung der Nachzahlungen von Wohnungsnebenkosten als Postulat. Die Sozialdemokratin hatte eine Änderung des Obligationenrechts verlangt, welche Nachzahlungen nur noch in der Höhe eines Viertels der jährlichen Vorauszahlungen zugelassen hätte. Viele Vermieter würden sich durch eine unvollständige Deklaration der Nebenkosten auf dem Papier eine bessere Marktposition schaffen, nachträglich aber hohe Nachzahlungen einfordern. Dieses Vorgehen entspreche einem unlauteren Wettbewerb
[13].
Wohnungsbau und -eigentum
Eine Minderheit Thanei (sp, ZH) der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats schlug eine Änderung des Sachenrechts des Zivilgesetzbuches vor, die es ermöglichen sollte, eine
Wohnung als solche
ohne Miteigentumsanteil am Gebäude erwerben zu können. Der Bundesrat sollte dem Parlament Bericht erstatten und einen entsprechenden Entwurf vorlegen. Hess (cvp, ZG) und Hegetschweiler (fdp, ZH) bekämpften den Vorstoss, weil dessen Urheber das sogenannte „kleine Stockwerkeigentum“ mit einem Vorkaufsrecht und einem Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter verbinden wollten. Obwohl sich der Bundesrat zur Entgegennahme bereit erklärt hatte, wurde das Postulat vom Rat abgelehnt
[14].
Der Bestand an
Leerwohnungen
ging
im Jahr 2000 um weitere 5300 Einheiten zurück (-9%). Am Stichtag vom 1. Juni wurden in der Schweiz insgesamt 52 800 leer stehende Miet- und Eigentumswohnungen sowie Einfamilienhäuser gezählt. Die Leerwohnungsquote ermässigte sich von 1,66% im Vorjahr auf 1,49% im Berichtsjahr. Der Rückgang betraf alle Wohnkategorien und lag im Trend der anziehenden Konjunktur. War in den Kantonen Glarus (3,40%), Schaffhausen (3,19%), Thurgau (3,0%) und Solothurn (2,77%) das Wohnungsangebot vergleichsweise gross, machte sich in den Kantonen Zug (0,31%), Basel-Landschaft (0,59%), Nidwalden (0,68%), Zürich (0,71%) und Genf (0.86%) allgemeine Wohnungsknappheit breit
[15].
Im Berichtsjahr wurden
im Rahmen des WEG 1017 Wohnungen gefördert. Damit war die Zahl der geförderten Objekte weiterhin rückläufig (1999: 1589 Einheiten). Der Rückgang war bei den geförderten Mietwohnungen (1999: 690, 2000: 250) stärker als bei den geförderten Eigentumswohnungen (1999: 901, 2000: 762)
[16].
Der Bundesrat hat im März nach Ablauf der Referendumsfrist die im Vorjahr beschlossene
Änderung des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes (WEG) in Kraft gesetzt. Gleichzeitig trat der Bundesbeschluss über Massnahmen zur Bereinigung und Minderung der Verluste und Zahlungsrisiken aus der Wohnbau- und Eigentumsförderung in Kraft
[17].
Mit einer Motion verlangte die vorberatende Kommission zur Legislaturplanung vom Bundesrat einen Bericht über
Ziel und Umfang der Wohnbauförderung auf Bundesebene. Der Bericht soll ferner über den zeitlichen Rahmen der angestrebten gesetzlichen Neuregelungen und die damit verbundenen finanziellen Folgen Rechenschaft ablegen. Laut Kommission hatte die Wohnbauförderung des Bundes in den Jahren der Rezession versagt. Sie hatte der Bundeskasse bis Ende 1999 über eine halbe Mia Fr. Verlust verursacht. Zudem hätten die geschaffenen Investitionsanreize fehlgeschlagen. Die Kommission kritisierte ausserdem, dass die 1998 vom Bundesrat befürwortete
Überprüfung des Bundesamtes für Wohnungswesen noch nicht zu Ende gebracht worden ist. Gegen den Willen des Bundesrates entschied sich die Ratsmehrheit zur Überweisung der Motion. Der Ständerat wandelte die Motion in ein Postulat beider Räte um
[18].
Das Bundesgesetz vom 20. März 1970 über die Verbesserung der Wohnverhältnisse im Berggebiet sah eine Entrichtung von Bundesbeiträgen an Wohnbausanierungen bis spätestens Ende 2000 vor. Seit Inkrafttreten im Jahre 1971 sind 21 735 Wohneinheiten mit insgesamt 427,7 Mio Fr. gefördert worden. Im Nationalrat verlangten Oehrli (svp, BE) und Wittenwiler (fdp, SG), im Ständerat Maissen (cvp, GR), auf dem Motionsweg eine
Verlängerung dieser Bundeshilfen bis zum Zeitpunkt der Einführung des Neuen Finanzausgleichs (NFA). Sie befürchteten, dass ohne finanziellen Lastenausgleich der Verfassungsauftrag zur Erhaltung einer dezentralen Besiedelungsstruktur gefährdet sei. Die Kantone hätten bis zur Einführung des NFA die Beiträge ohne Kompensation selber zu tragen. Gegen den Antrag des Bundesrates wurden alle drei Motionen von den Räten überwiesen. Im September verabschiedete der Bundesrat seine
Botschaft über die Änderung des VWBG. Bis zum Inkrafttreten des NFA, längstens aber bis Ende 2005 will er die Bundeshilfen fortführen. Jährlich sollen 8 Mio Fr. für diese Aufgabe eingesetzt werden. Das Parlament gab seine Zustimmung noch während der Wintersession
[19].
In den Genuss der vom Bund geförderten Wohnbausanierung kamen laut einer 1998 erstellten Evaluation vor allem einkommensschwache und grössere Haushalte, die mehrheitlich in der Landwirtschaft tätig sind. Damit wurde die Zielgruppe erreicht. Das Ziel der Wohnbausanierung, die Abwanderung aus den Berggebieten zu vermindern und damit die dezentrale Besiedelung der Schweiz zu erhalten, wurde lauf Bundesrat erreicht. Nicht zuletzt profitierte auch das örtliche Gewerbe von den Erneuerungsbauten.In den 90er Jahren trug der Bund rund die Hälfte der im Berggebiet zugesicherten Finanzhilfen. Die Finanzierung wurde über einen Jahreszusicherungskredit gesteuert. Dieser Kredit wurde seit 1997 laufend gekürzt und betrug im Jahre 1999 noch 5 Mio Fr. für Zusicherungen und 6,6 Mio Fr. für Zahlungen. Mit den im laufenden Jahr budgetierten Zusicherungen beliefen sich die offenen Zusicherungen Ende 2000 auf rund 27,7 Mio Fr. Diese Summe will der Bunderat bis 2002 auf Null abbauen und damit die Bundeshilfe zur Wohnverbesserung im Berggebiet einstellen. Je neun Mio Fr. wurden im Voranschlag 2000 und im Finanzplan 2001 eingestellt, weitere 9,7 Mio Fr. im Finanzplan 2002.
Im Januar hat der Bundesrat im Auftrag der WAK-NR das Vernehmlassungsverfahren über eine Gesetzesvorlage zum Bausparen eröffnet. Die Vorlage will es den Kantonen ermöglichen, in ihren Steuergesetzen das
Bausparen nach baselländischem Modell zu
fördern. Dieses Modell wäre nach dem Ablaufen der achtjährigen Übergangsphase zur Umsetzung des 1993 beschlossenen Steuerharmonisierungsgesetzes nicht mehr zugelassen. FDP-Nationalrat Gysin (BL), der mit einer parlamentarischen Initiative die Revision initiiert hatte, zeigte sich aber enttäuscht über den bundesrätlichen Vernehmlassungsentwurf. Seiner Meinung nach wurde darin die WAK-Entwurf ungenügend berücksichtigt: Anstatt eines nach sechs Grundsatzfragen ausgerichteten Fragebogens hat der Bundesrat einen umfangreicheren Bogen an die Interessenvertreter verschickt, welcher nach Auffassung Gysins teilweise widersprüchlich und sachunrichtig war. Er warf dem Bundesrat deshalb vor, eine negative Grundstimmung zu schüren und einen von beiden Kommissions- und Ratsmehrheiten getragenen Vorstoss schikanös zu behandeln
[20]. Das Ergebnis der Vernehmlassung erbrachte grosse Zustimmung von bürgerlicher Seite und eine Ablehnung von Seiten der SP und der meisten Kantone. Die kantonalen Finanzdirektoren stellten sich der Revision ebenfalls in den Weg
[21].
Mit einer parlamentarischen Initiative verlangte Nationalrat Widrig (cvp, SG) eine Präzisierung der
Verrechnungssteuer auf Erneuerungsfonds von Stockwerkeigentümer-Gemeinschaften. Entgegen der früheren Praxis hatte die Eidg. Steuerverwaltung 1995 per Kreisschreiben verfügt, dass eine Rückerstattung der Verrechnungssteuer nicht mehr von der Stockwerkeigentümer-Gemeinschaft sondern ausschliesslich von den einzelnen Stockwerkeigentümern selbst geltend gemacht werden kann. Der Initiant bemängelte, die einzelnen Stockwerkeigentümer seien rechtlich gar nicht zur Rückerstattung legitimiert, da sie nicht über die Nutzungsberechtigung am entsprechenden Vermögen verfügen. Stockwerkeigentümer-Gemeinschaften sollten daher wieder in den Genuss eines eigenständigen Rückerstattungsanspruchs kommen. Die Räte folgten dem Antrag ihrer WAK und präzisierten das Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer (VStG) im Sinne des Initianten
[22].
Im April legte die vom Bundesrat eingesetzte
Expertenkommission zur Überprüfung eines allfälligen Systemwechsels bei der Wohneigentumsbesteuerung ihren Bericht vor. Die Kommission favorisierte die Aufhebung der Eigenmietwertbesteuerung und den gleichzeitigen Wegfall der Abzüge für Unterhaltskosten und Schuldzinsen. Da hochverschuldete Wohneigentümer von einem Systemwechsel eher negativ betroffen wären, schlug die Kommission eine zeitlich begrenzte Fortführung des Schuldzinsabzugs vor. Mit einem maximalen Abzug von 10 000 Fr. im ersten Jahr und einer linearen Absenkung auf 1000 Fr. im zehnten Jahr würde sich der Systemwechsel für den Bund dennoch ertragsneutral auswirken. In Tourismusgebieten könnten allerdings massive steuerbedingte Mindereinnahmen entstehen. Aus diesem Grund empfahl die Kommission die Einführung einer Sondersteuer auf Zweitwohnungen
[23].
Die
WAK des Nationalrats wollte nicht auf die bundesrätliche Vorlage warten und
erarbeitete ein eigenes Modell. Innerhalb der Kommission sprach sich die Linke für eine kostenneutrale Revision aus. Die Bürgerlichen waren in dieser Frage gespalten. Mehrheitlich bevorzugten sie eine Variante mit moderaten Steuereinbussen. Eine bürgerliche Minderheit hielt jedoch sowohl am Schuldzins- als auch am Unterhaltskostenabzug fest. Diese Variante entspricht faktisch der im Vorjahr vom Volk abgelehnten Wohneigentumsinitiative und würde bei Bund und Kantonen zu Mindereinnahmen von über einer Mia Fr. führen. Die
Mehrheit der WAK sprach sich schliesslich für einen Systemwechsel mit Unterhaltskostenabzug aus. Diese Variante würde beim Bund Steuerausfälle von 120 bis 150 Mio und bei den Kantonen solche von 240 bis 450 Mio Fr. verursachen. Neuerwerber sollten ausserdem während 15 Jahren in den Genuss eines vollen Schuldzinsabzugs kommen. Weiter wollte die WAK eine 12jährige Übergangsfrist einführen, während der die Eigentümer das für sie günstigere Modell wählen könnten
[24].
Kurz danach veröffentlichte anschliessend das Finanzdepartement die Vernehmlassungsunterlagen zur
Revision der Wohneigentumsbesteuerung. Der bundesrätliche Vorschlag stützte sich auf die Empfehlungen der Expertenkommission und beantragte die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung bei einem Wegfall der Schuldzins- und Unterhaltskostenabzüge. Bundesrat Villiger liess verlauten, nach dem deutlichen Nein zur Hauseigentümerinitiative sei lediglich eine aufkommensneutrale Reform denkbar. Mit Ausnahme des SGB sprachen sich alle interessierten Organisationen für den Systemwechsel aus. Allerdings wollten die SP und der Mieterverband nur eine kostenneutrale Variante unterstützen, wohingegen der SHEV und die bürgerlichen Parteien mit deutlichen Steuerermässigungen rechneten. Der SHEV kritisierte in erster Linie die vorgesehene Streichung des Unterhaltskostenabzugs. Dadurch würden wichtige Anreize zum Erhalt der Bausubstanz wegfallen. SHEV-Präsident Dettling drohte im August mit einer neuen Initiative, sollten Bundesrat und Parlament die Wohneigentumsförderung beschneiden. Bei den Kantonen herrschte ein uneinheitliches Bild. Der Systemwechsel wurde von elf Kantonen abgelehnt und von fünfzehn begrüsst
[25].
In einem Grundsatzentscheid sprach sich der Bundesrat im Oktober für eine Streichung des Unterhaltskostenabzugs aus. Entgegen seiner Ankündigung hat er aber die Botschaft nicht verabschiedet. Bundesrat Villiger erklärte anlässlich der Budgetberatung im Parlament, die
Gefahr eines Konjunkturabschwungs habe einen Aufschub notwendig gemacht
[26].
Weiterführende Literatur
Bundesamt für Raumentwicklung, Siedlungsraum Schweiz, Struktur und räumliche Entwicklung, Materialien, Bern 2000.
Bundesamt für Raumentwicklung, „Dossier Bodennutzungswandel“ und „Dossier Kernstädte“, in Informationshefte Raumplanung, 2000, Nr. 4, S. 3-14.
Wegelin, Fritz / Wachter, Daniel, "Europäische Raumentwicklung – Konsequenzen für die Raumordnungspolitik der Schweiz", in Volkswirtschaft, 2000, Nr. 10, S. 16-19.
Deschenaux, Chantal e.a., Evaluation de la loi fédérale concernant l’amélioration du logement dans les régions de montagne, Rapport à l‘attention de l‘Office fédéral du logement, Lausanne 2000.
Geiger, Martin e.a., SNL-Mietpreisstruktur bestehender Mietverhältnisse im Rahmen der Diskussion um die Teilrevision des Mietrechts, Schlussbericht des Forschungsauftrages F-8358 des Bundesamtes für Wohnungswesen, Grenchen 2000.
Gurtner, Peter, „Leerwohnungsbestand 1999", in Volkswirtschaft, 2000, Nr. 1, S. 22-25.
Zinniker, Gertrud, „Erwerb von Ferienwohnungen in der Schweiz durch Personen im Ausland im Jahre 1999“, in Volkswirtschaft, 2000, Nr. 12, S. 30-32.
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[1] Presse vom 29.6.00. Vgl.
SPJ 1999, S. 207 f.1
[2] Neue Bezeichnung: Bundesamt für Raumentwicklung.2
[3] Mo. Büttiker:
AB NR, 2000, S. 448;
AB SR, 2000, S. 716 f.;
SPJ 1999, S. 208. Mo. UVEK-NR:
AB NR, 2000, S. 797 f;
TA, 27.10.00;
NZZ, 31.10.00.3
[4]
AB NR, 2000, S. 451. Vgl.
SPJ 1999, S. 209.4
[5] Nach Berechnung des BRP hat die Siedlungsfläche in der Schweiz zwischen 1979 und 1997 einen Quadratmeter pro Sekunde zugenommen (
NZZ, 1.2.00).5
[6]
AB NR, 2000, S. 1601.6
[7]
AB NR, 2000, S. 825 ff.7
[8]
BBl, 2000, S. 5292 ff.8
[9]
AB SR, 2000, S. 42 ff. Vgl.
SPJ 1999, S. 209.9
[10]
NZZ, 31.5. und 6.7.00. Zur Botschaft vgl.
SPJ 1999, S. 210 f.10
[12]
AB NR, 2000, S. 1366 ff., 1376 ff. und 1467 ff.;
TA, 6.12., 12.12 und 16.12.00;
NZZ, 12.12.00. Die Behandlungsfrist der Initiative wurde um ein weiteres Jahr verlängert (
AB NR, 2000, S. 1490;
AB SR, 2000, S. 937).12
[13]
AB NR, 2000, S. 489.13
[14]
AB NR, 2000, S. 411 f.14
[16] Angaben gemäss Auskunft BWO.16
[17]
BBl, 2000, S. 1585 f.17
[18]
AB NR, 2000, S. 813;
AB SR, 2000, S. 657.18
[19] Mo. Maissen:
AB NR, 2000, S. 474.
Mo. Oehrli und Mo. Wittenwiler:
AB NR, 2000, S. 489;
BBl, 2000, S. 4969 ff. (Botschaft ) und 6187 f. (Bundesbeschluss). Vgl.
SPJ 1999, S. 213. Ein Antrag Maissen, im Voranschlag 2001 statt 9 Mio Fr. einen Betrag von 15 Mio Fr. für die VWBG vorzusehen, lehnte der StR in der Wintersession ab (
AB SR, 2000, S. 838 f.).19
[20]
NZZ, 21.1.00;
BaZ, 3.2.00. Vgl.
SPJ 1999, S. 215.20
[21]
BaZ, 3.2.00;
NZZ, 6.4.00.21
[22]
BBl, 2000, S. 3613 f.;
AB NR, 2000, S. 20 ff. und 856;
AB SR, S. 356 ff. und 481.22
[23] Presse vom 15.4.00.23
[24] Presse vom 10.5.00.24
[25]
TA, 10.5.00;
NZZ, 13.5. und 18.7.00;
BaZ, 27.8. und 3.10.00.25
[26]
AB NR, 2000, S. 1248;
NZZ, 3.10. und 29.11.00.26
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