Année politique Suisse 1988 : Economie / Crédit et monnaie
 
Banken
Die Banken überstanden das erste Jahr nach dem Börsenkrach gut und konnten mehrheitlich wieder zunehmende Erträge verzeichnen. Bei den drei Grossbanken stiegen die ausgewiesenen Gewinne um rund 3-7% an [12]. Vorab die neuen Liquiditätsvorschriften der Nationalbank sorgten dafür, dass das Bilanzwachstum die Ausweitung der Geschäftstätigkeit nur unvollständig wiedergibt. Das Wachstum der Bilanzsumme der 71 von der Nationalbank monatlich erfassten Banken war mit 6,3% praktisch gleich hoch wie im Vorjahr; ohne die Wertsteigerung des Dollars hätte es sogar bloss 3,5% betragen. Die gute Wirtschaftslage führte zu einer nochmaligen starken Ausdehnung der Kredite (14,1 %). Dabei wuchsen die Kredite ans Ausland stärker an als die inländischen Darlehen. Unter letzteren war das Wachstum bei den Kommerzkrediten höher als bei den Hypothekardarlehen. Auf der Passivseite nahmen infolge der steigenden kurzfristigen Zinssätze in der zweiten Jahreshälfte die Festgeldeinlagen auf Kosten der Spareinlagen und Depositenhefte zu. Das Treuhandgeschäft erholte sich wieder vom Rückgang resp. der Stagnation der vergangenen Jahre und expandierte um 26,1 %. Dafür verantwortlich waren allerdings ausschliesslich die Treuhandgeschäfte in ausländischer Währung; diejenigen in Schweizer Franken gingen gegenüber dem Vorjahr zurück [13].
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Bankenverordnung
Da der Bundesrat in den Regierungsrichtlinien zur Legislaturplanung 1987—91 seinen früheren Entscheid bestätigte, in nächster Zeit keine Revision des Bankengesetzes vorzunehmen, rückte die Änderung der Bankenverordnung in den Vordergrund des Interesses. Im Oktober gab das EFD den von der Bankenkommission unter Mitwirkung der Nationalbank ausgearbeiteten Entwurf in die Vernehmlassung. Als wichtigsten Punkt sieht er vor, die sogenannten Parabanken (d.h. vor allem Finanzgesellschaften und Emissionshäuser) den Banken aufsichtsrechtlich gleichzustellen. Der Entwurf berücksichtigt damit die Verlagerung der Tätigkeit der Banken und Finanzgesellschaften von der Kreditgewährung auf die Kreditvermittlung. Die Verordnung über die Bankenaufsicht soll in Zukunft zusätzlich zum Gläubigerschutz auch einen Beitrag zum reibungslosen Funktionieren der Kredit- und Kapitalmärkte leisten [14].
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Geldwäscherei und Fluchtgelder
In der Frage der Strafbarkeit der Geldwäscherei, d.h. der Plazierung und der Entgegennahme von illegal erworbenen Geldern, haben die Tagesaktualitäten zu einer Beschleunigung der Gesetzgebungstätigkeit geführt. Nachdem 1987 die Vernehmlassung zu einem Entwurf des Experten P. Bernasconi ziemlich positiv ausgefallen war, hatte der Bundesrat im Februar das EJPD beauftragt, die neuen Bestimmungen in die laufende Revision des Vermögensstrafrechts zu integrieren. Im Zusammenhang mit der Verhaftung von Drogengrosshändlern durch die Untersuchungsbehörden des Kantons Tessin wurde anfangs November der bisher grösste Fall von Geldwäscherei in der Schweiz publik. Im Rahmen dieser "Libanon-Connection" genannten Aktivitäten sollen rund 1,5 Mia Fr. auf verschiedenen Wegen aus dem Nahen Osten zwecks Spurenverwischung in die Schweiz transferiert und namentlich bei einer Zürcher Grossbank deponiert oder in andere Vermögenswerte transferiert worden sein [15]. Bereits drei Wochen nach dem Bekanntwerden der Affäre beschloss der Bundesrat auf Antrag der Vorsteherin des EJPD, E. Kopp, die Gesetzgebung über die Geldwäscherei aus dem Revisionspaket des Vermögensstrafrechts herauszunehmen und dringlich zu behandeln. Die unverzüglich eingesetzte Expertenkommission soll bis zum Frühjahr 1989 einen entsprechenden Entwurf ausarbeiten. Sie hat zudem den Auftrag, zu überprüfen, ob der Artikel neben der eigentlichen Strafnorm auch Bestimmungen über die Beschlagnahmung von Geldern und Vermögenswerten, die aus diesen Geschäften stammen, enthalten soll [16].
Die neuen Standesregeln der Schweizerischen Bankiervereinigung über die Sorgfaltspflicht der Banken bei der Entgegennahme von Geldern sind seit dem 1. Oktober 1987 in Kraft. Die Anwälte nutzten die bis zum 1. April 1989 gewährte Übergangsfrist zu einem Trommelfeuer auf die neuen Bestimmungen über das sogenannte Formular B 1 . Dieses müssen sie ausfüllen, wenn sie bei den im Auftrag Dritter getätigten Bankgeschäften den Namen des Klienten der Bank nicht bekanntgeben wollen. Sie müssen in diesem Formular nicht mehr bloss wie bisher bestätigen, die Identität des wirtschaftlich Berechtigten zu kennen und über keine Hinweise auf eine illegale Herkunft der Gelder zu verfügen, sondern neuerdings auch angeben, dass ihr Mandat nicht zur Hauptsache in der Vermögensverwaltung für den Klienten besteht. Nachdem zuerst der Zuger Anwaltsverband diese neuen Bestimmungen kritisiert hatte, schloss sich ihm der Schweizerische Anwaltsverband an und reichte bei der Eidgenössischen Bankenkommission Revisionsvorschläge ein. Diese, aber auch die Bankiervereinigung, sprachen sich allerdings gegen eine Lockerung der Vorschriften aus. Sie konnten dabei auf ein Bundesgerichtsurteil vom Dezember 1986 verweisen. Dieses hatte festgehalten, dass die Vermögensverwaltung keine berufsspezifische Anwaltstätigkeit sei, und sie deshalb auch nicht unter dem Schutz des Berufsgeheimnisses stehe [17].
Bei der Behandlung des Begehrens der philippinischen Regierung um Repatriierung der vom ehemaligen Staatschef Marcos und seiner Familie auf Schweizer Bankkonten angelegten Gelder konnten einige kleinere Fortschritte erzielt werden. Die Affäre ist allerdings äusserst komplex, da Marcos zur Verschleierung seiner Vermögensverhältnisse und Transaktionen eine Vielzahl von Gesellschaften und Stiftungen verwendet hatte. Die Zürcher Behörden und danach auch das Bundesgericht lehnten einige der rund dreissig Rekurse ab, welche Anwälte von Marcos und beteiligte Banken gegen die Blockierung der Gelder eingereicht hatten. Die Behörden Genfs und Freiburgs lieferten im Rahmen der internationalen Rechtshilfe der philippinischen Justiz Akten aus. Die Justizbehörden der Vereinigten Staaten haben nun ihrerseits eine Strafuntersuchung gegen Marcos in die Wege geleitet und von der Schweiz Rechtshilfe zugesichert erhalten [18].
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Stempelsteuergesetz
Das Seilziehen zwischen Bundesrat Stich und den Banken um die steuerliche Entlastung von Bankgeschäften fand im Berichtsjahr seine Fortsetzung. Grundsätzlich waren sich zwar beide Seiten einig, dass die Stempelsteuer und weitere Umsatzbelastungen die internationale Konkurrenzfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz beeinträchtigen und zu einer Abwanderung der Geschäfte ins Ausland führen. Uneinigkeit bestand jedoch weiterhin in der Frage, in welchem Ausmass und auf welche Weise die Steuerausfälle, die sich aus einer Reduktion dieser Abgaben ergeben würden, zu kompensieren seien. Der Vorsteher des Finanzdepartements hielt an seiner Ansicht fest, dass die Akteure auf dem Finanzmarkt die Entlastungen vollumfänglich über neue Steuern auszugleichen haben. Er wies im Sommer die Empfehlungen einer aus Vertretern der Banken und der eidgenössischen Steuerverwaltung gebildeten Arbeitsgruppe zurück, da sie die erwarteten Steuerausfälle von rund 650 Mio nur etwa zur Hälfte kompensiert hätten [19].
Im November gab das Finanzdepartement einen eigenen Entwurf in die Vernehmlassung, der sich zwar an den Vorschlägen der erwähnten Arbeitsgruppe orientiert, aber einen vollständigen Ausgleich für die geplanten Steuererleichterungen vorsieht. Wie von den Banken gefordert, sollen insbesondere die Umsatzabgaben auf Eigenbeständen der Effektenhändler, auf Emissionen ausländischer Aktien und Obligationen in Schweizer Franken und auf dem Handel mit inländischen Geldmarktpapieren wegfallen. Als Ersatz würde gemäss dem Vernehmlassungsentwurf auf inländischen Obligationen wieder, wie dies bis 1973 der Fall war, eine Emissionsabgabe erhoben und erstmals auch die Kassenobligationen inländischer Schuldner dieser Steuer unterstellt. Wesentlich umstrittener als diese Belastungen sind jedoch die Vorschläge, eine Umsatzabgabe auf Treuhandguthaben und -krediten zu erheben sowie die 1974 abgeschaffte Stempelabgabe auf den Prämien von Lebensversicherungen wieder einzuführen [20].
Noch vor der eigentlichen Vernehmlassung meldete die Bankiervereinigung ihre Opposition zu diesen Plänen an und erhielt dabei von den Versicherungsgesellschaften, welche bereits mit dem Referendum drohten, Unterstützung [21]. Nationalrat Feigenwinter (cvp, BL), dessen Motion für eine steuerliche Entlastung der Bankgeschäfte das Parlament 1986 überwiesen hatte, war sowohl vom Tempo als auch von der Stossrichtung der Vorarbeiten des Finanzdepartements wenig angetan. Er will deshalb die Vorlage vom Parlament selbst ausarbeiten lassen und reichte zu diesem Zweck eine parlamentarische Initiative mit einem ausformulierten Revisionsvorschlag für das Stempelsteuergesetz ein [22].
 
[12] NZZ, 25.2., 2.3., 4.3. und 9.3.89.
[13] SNB, Geschäftsbericht, 81/1988, S. 36 ff.
[14] SNB, Geschäftsbericht, 81/1988, S. 41; SHZ, 14.6.88; NZZ, 26.10.88. Vgl. auch Eidg. Bankenkommission, Jahresbericht 1988, S. 14 f. und SPJ 1987, S. 105.
[15] TA, 4.11. und 29.11.88; Presse vom 5.11.88. Siehe auch oben Teil I, 1b (Strafrecht) und Eidg. Bankenkommission, Jahresbericht 1988, S. 22 ff.
[16] NZZ, 4.2., 8.11. und 29.11.88; SHZ, 3.3. und 29.9.88. Zur Vernehmlassung vgl. SPJ 1987, S. 23 f. und 105. Siehe auch die Debatte im Nationalrat vom 15.12.88 (Amtl. Bull. NR, 1988, S. 1871 ff.) sowie - zu dem durch die "Libanon-Connection" ausgelösten Rücktritt der Justizministerin E. Kopp - oben, Teil I, 1c (Regierung). Vgl. ferner Lit. Bernasconi.
[17] TA, 20.1.88 (Zuger Anwälte); NZZ, 11.11., 14.12. und 15.12.88 (Schweizer Anwaltsverband, Bankenkommission und Bankiers); Ww 17.11. und 29.12.88; SHZ, 17.11.88. Siehe auch Politik und Wirtschaft, 1988, Nr. 12, S. 60 ff.; Eidg. Bankenkommission, Jahresbericht 1988, S. 26 ff. und SPJ 1987, S. 104 f.
[18] NZZ, 23.2., 14.6. únd 16.8.88 (Rekurse); JdG, 19.10.88 (Genf, Freiburg); SHZ, 27.10.88 (USA). Siehe auch Ww, 9.6.88; SPJ 1987, S. 106 und oben, Teil I, 2 (Visites officielles).
[19] TA, 15.3.88; Bund, 7.7.88; NZZ, 9.7.88. Vgl. auch unten , Teil I, 5 (Einnahmenordnung); SPJ 1986, S. 76 sowie die Beilage zur NZZ vom 10.10.88 ("Finanzplatz Schweiz: wohin?").
[20] TA, 22.11.88; SHZ, 24.11.88.
[21] NZZ, 1.12. (Banken) und 3.12.88 (Versicherungen). Vgl. auch Schweizerische Bankiervereinigung, Jahresbericht, 76/1987-88, S. 27 ff. und SAZ, 38, 22.9.88 (S. 761 f.).
[22] Verhandl. B.vers., 1988, IV, S. 22. Siehe auch Amtl. Bull. NR, 1988, S. 1660 und SPJ 1986, S. 76.