Partis, associations et groupes d'interêt
Partis
Avec Christoph Blocher, l’UDC dispose d’un second siège au Conseil fédéral; la conseillère fédérale démocrate-chrétienne Ruth Metzler n’a pas été réélue. – Christiane Langenberger (VD) devient la première femme à la tête du PRD. – Les présidents du PDC, Philipp Stähelin, du PS, Christiane Brunner, ainsi que le co-président des Verts, Patrice Mugny, ont annoncé leur démission. – Les libéraux n’ont plus de groupe parlementaire; ils s’intègrent au groupe radical pour former le groupe radical-libéral.
Parteiensystem
Zu den Sitzanteilen der Parteien auf Exekutiv- und Legislativebene sowie zu den Frauenanteilen vgl. oben, Teil I, 1e (Wahlen) sowie
anhang_2003.pdf. Für zusätzliche Informationen zu den Wahlplattformen siehe ebenfalls 1e. Zu den Parolen der Parteien zu den eidgenössischen Volksabstimmungen siehe die Tabelle
parolen_2003.pdf. Siehe dazu auch die verschiedenen Sachkapitel.
Gemäss der
Selects-Studie zu den eidgenössischen Wahlen
1999 mussten die politischen Parteien drei Aspekte berücksichtigen, wollten sie erfolgreich sein: Sie mussten erstens eine klare Position zu Themen einnehmen, welche die Leute bewegten, zweitens über genügend Finanzmittel verfügen, um ihre Botschaft verbreiten zu können und drittens die Kapazität haben, ihre Stammwählerschaft zu behalten. Die Bürgerinnen und Bürger identifizierten sich mit derjenigen Partei, welche zu den für sie wichtigsten Themen jene Standpunkte vertrete, die ihnen am nächsten stünden. Bei den letzten Wahlen waren die Themen EU, Asyl, Sozialausgaben und Umweltschutz ausschlaggebend
[1].
Michael Hermann und Heiri Lüthold erstellten basierend auf den Resultaten aller 1155 Namensabstimmungen der vergangenen Legislatur eine
politische Karte des Nationalrats. Diese zeigt, dass sich der Bürgerblock in den letzten vier Jahren auflöste, weil die SVP nach rechts gerutscht war. Am meisten auseinander lagen die Grünen und die SVP, am nächsten beieinander Grüne und SP. Zwischen dem linken und dem rechten Pol des Parlaments befinden sich die Fraktionen der bürgerlichen Mitte (FDP, CVP und Liberale)
[2].
Sozialdemokratische Partei (SP)
Im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums in Davos und des Weltsozialforums in Porto Alegre (Brasilien) plädierten die Sozialdemokraten für eine
Globalisierung der Gerechtigkeit. Sie seien nicht gegen die Globalisierung, doch gehe es nicht nur um den weltweiten Export von Gütern, sondern auch um den Export von Menschenrechten, demokratischer Teilnahme und wirtschaftlicher Gerechtigkeit. Die SP verurteilte die Kriegsdrohungen der USA gegenüber dem Irak und begrüsste die Haltung des Bundesrates, der die USA in Davos an ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen erinnern wollte; nur solle der Bundesrat nicht nur Davos, sondern auch Porto Alegre als offizielles Forum nutzen
[3].
An ihrer Delegiertenversammlung in Landquart (GR) beschlossen die Sozialdemokraten zu allen im Mai zur Abstimmung gelangenden Volksinitiativen die Ja-Parole. Bei der Moratoriumsinitiative machte Bundesrat Moritz Leuenberger durch seine Stimmenthaltung indirekt klar, dass er das Begehren unterstützte, obwohl der Gesamtbundesrat die Vorlage zur Ablehnung empfohlen hatte. Bei der Vorlage zur
Armee XXI folgten die Delegierten dem Antrag der Parteileitung und beschlossen
Stimmfreigabe, die Revision des Bevölkerungsschutzes empfahlen sie zur Annahme. In einer Resolution zum Irak-Krieg forderten die Delegierten den Bundesrat auf, militärische Überflüge zu verweigern und im Kriegsfall die Rüstungsgeschäfte mit den USA zu stoppen. Ausserdem sagten sie ihrer Bundesrätin Micheline Calmy-Rey für deren öffentliche Diplomatie, konkret für deren Initiative zu einem humanitären Treffen in Genf, die Unterstützung zu. In ihrer Rede zur Entwicklungspolitik rief Calmy-Rey dazu auf, den Pauperismus in der Welt nicht wie das mit diesem Ausdruck bezeichnete vorindustrielle Massenelend hinzunehmen
[4].
Im Mai eröffneten die
SP-Frauen mit einer Frauen-Konferenz in Bern ihren Wahlkampf; sie beabsichtigten, bei den Nationalratswahlen gleich viele Sitze zu gewinnen wie ihre männlichen Kollegen. Um dieses Ziel zu erreichen, forderten sie die Kantonalparteien dazu auf, ihre Listen paritätisch zu besetzen; die SP Schweiz solle Kandidatinnen ebenso oft an öffentliche Anlässe und zu Fernsehdiskussionen schicken wie Kandidaten
[5].
An ihrer Delegiertenversammlung in Yverdon (VD) unterstützten die Sozialdemokraten das Kantonsreferendum gegen das Steuerpaket und sprachen sich für einen starken
Service public aus. Auf Antrag der JungsozialistInnen verschärften sie eine Resolution der Geschäftsleitung und forderten Bundesrat und Parlament auf, jegliche Privatisierungstendenzen bei der Post zu unterbinden, die Monopolgrenzen nicht weiter zu senken und den Abbau von Poststellen zu stoppen. Bundesrat Moritz Leuenberger wandte erfolglos ein, die Post könne nur dann ein sozialer Arbeitgeber bleiben, wenn sie ihre Dienstleistungen den neuen Kundenbedürfnissen anpasse und rentable Strukturen aufweise
[6].
An einer Medienkonferenz zum Rentenalter und zur
AHV warf die SP dem Freisinn in Anspielung auf den Vorschlag Bundespräsident Couchepins, das Rentenalter auf 67 zu erhöhen, vor, das Vertrauen des Volkes in die AHV zu schwächen. Um die Altersvorsorge zu sichern, müsse vor allem die AHV gestärkt werden. Bei der zweiten Säule sei dagegen im überobligatorischen Bereich ein Abbau sinnvoll
[7].
Für ihr
Wahlhappening in Bern übernahm die SP das Motto der deutschen Sozialdemokraten aus deren letztjährigem Wahlkampf: „Job und Kind – wir wollen beides“. In ihrer Rede verlangte Parteipräsidentin Christiane Brunner eine Mutterschaftsversicherung, mehr Krippen und Horte, Tagesschulen und Aufgabenhilfen, Steuergutschriften für Familien und höhere Kinderzulagen. Diese Forderungen seien zwar alt, aber immer noch nicht erfüllt. Im Gegensatz zur CVP bestehe eine Familie für die SP nicht zwingend nur aus Mutter, Vater und Kind, sondern umfasse jede Form des Zusammenlebens zwischen Erwachsenen und Kindern. Wichtig sei, dass Eltern wirklich wählen könnten, wie sie Erziehung und Berufsarbeit unter sich aufteilen wollten
[8].
Mit dem
Referendum gegen die 11. AHV-Revision starteten die Sozialdemokraten Anfang Oktober in die Schlussphase des Wahlkampfs. Erstmals in der Geschichte der AHV habe das Parlament eine reine „Abbauvorlage“ beschlossen, welche vor allem die Frauen, die Witwen sowie die unteren und mittleren Einkommen belaste. In einer Resolution zur Krankenversicherung forderten die SP-Delegierten, nicht ausgeschöpfte Beiträge zur Prämienverbilligung, vor allem der Kinderprämien, einzusetzen. Zudem sollte die Ärzteschaft vermehrt preisgünstige Arzneimittel resp. Generika verschreiben
[9].
Bei den
eidgenössischen Wahlen konnte die SP ihre Vertretung im Parlament um insgesamt 4 Sitze, 3 davon im Ständerat, erhöhen. Auf die Forderung von SVP-Parteipräsident Ueli Maurer, der SVP einen zweiten Bundesratssitz zuzugestehen, der mit Christoph Blocher (ZH) zu besetzen sei, reagierten die Sozialdemokraten mit Ablehnung. An einer Delegiertenversammlung Ende November bekräftigte die SP-Basis insbesondere angesichts der Drohung der SVP, auch den Sitz von SP-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey anzugreifen, die Linie der Parteileitung, alles zu unternehmen, um einen Bundesrat Blocher zu verhindern. Obschon die Sozialdemokraten mit ihrer Gesundheitsinitiative im Mai gescheitert waren, entschieden sie sich entgegen der ursprünglichen Absicht der Parteileitung, das Volksbegehren des „Mouvement populaire des familles“ für eine soziale Einheitskrankenkasse zu unterstützen und je nach Ausgang der Parlamentsberatungen das Referendum gegen die Revision des KVG zu ergreifen oder zu unterstützen. Nach der Wahl von Christoph Blocher (svp, ZH) und Hans-Rudolf Merz (fdp, AR) in den Bundesrat erklärte die SP, sie wolle auf diesen Rechtsrutsch mit verstärkter Opposition reagieren
[10].
Im November wählte die Gewerkschaft VPOD SP-Vizepräsidentin Christine Goll (ZH) zu ihrer neuen Präsidentin; Goll stellte ihr Amt in der SP auf Ende Jahr zur Verfügung. Ende Dezember gab
Christiane Brunner bekannt, sie werde am 6. März 2004
als Parteipräsidentin
zurücktreten. Sie hatte die Leitung der SP im Herbst 2000 übernommen, als die Partei nach dem Rücktritt von Ursula Koch heillos zerstritten war. Als aussichtsreichster Anwärter auf ihre Nachfolge galt SP-Vizepräsident Hans-Jürg Fehr (SH), Chancen wurden auch Preisüberwacher Werner Marti (GL) eingeräumt. Die Berner Nationalrätin Ursula Wyss wurde als Kandidatin fürs Vizepräsidium gehandelt
[11].
Freisinnig-Demokratische Partei (FDP)
Anfang Januar wählten die FDP-Delegierten Interimspräsidentin
Christiane Langenberger (VD) mit 181 Stimmen zur
Präsidentin. Auf die als Favoritin gehandelte Zürcher Nationalrätin Trix Heberlein entfielen 164 Stimmen. Manche Freisinnige hatten befürchtet, dass Heberlein, die im Herbst gemeinsam mit dem SVP-Vertreter Hans Hofmann (ZH) für den Ständerat kandidieren wollte, sich als FDP-Präsidentin auf nationaler Ebene zu wenig würde von der Hauptkonkurrentin SVP abgrenzen können – die SVP hatte bereits damit gedroht, das Doppel-Ticket Heberlein-Hofmann platzen zu lassen. Langenberger hingegen hatte für eine eigenständige Politik der Mitte plädiert
[12].
Anlässlich der alpinen Ski-Weltmeisterschaften in St. Moritz (GR) forderte die FDP in einem Positionspapier eine
umfassende Sportpolitik, finanziert aus den Erträgen der Tabak- und der Alkoholsteuer. Politik und Wirtschaft müssten von den wichtigen Impulsen des Spitzensports profitieren. Die Rahmenbedingungen für den Sport seien zu verbessern, insbesondere die Vereinbarkeit von Leistungssport und Schule resp. Ausbildung
[13].
Als letzte der vier Bundesratsparteien stellte die FDP ein
Positionspapier zur „Bürgersicherheit“ vor. Basierend auf den vier Säulen Prävention, Repression, Therapie und Reparation wollte sie das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger erhöhen. Bei Themen wie der Strafbarkeit des Cannabis-Konsums oder der Videoüberwachung im öffentlichen Raum waren die Freisinnigen jedoch uneins
[14].
An ihrem Programmparteitag im Schiffbau des Zürcher Schauspielhauses beschlossen die Freisinnigen die Nein-Parole zu den sieben von der Linken unterstützten Volksinitiativen. Anschliessend wählten die Delegierten den Unternehmer und Kantonsrat Ruedi Noser (ZH) zum Vizepräsidenten – als Ersatz für die zur Parteipräsidentin aufgerückte Christiane Langenberger – und Maja Lalive d’Epinay (SZ) als neues Mitglied in die FDP-Geschäftsleitung. Kaum zu Diskussionen Anlass gab die
Wahlplattform „FDP – im Einsatz für Freiheit und Verantwortung. Mehr Chancen für die Schweiz“ mit den vier Schwerpunkten Wirtschaftswachstum, Bildung und Forschung, soziale Sicherheit und Gesundheit sowie Sicherheit und Migration. Ohne Gegenstimme und mit einigen Enthaltungen sprachen sich die Delegierten im Grundsatz für die Einführung eines Finanzreferendums auf Bundesebene aus. Dass der Freisinn den Bundeshaushalt ausschliesslich ausgabenseitig sanieren wollte, stellten die Delegierten mit einer adhoc-Resolution gegen eine eidgenössische Erbschaftssteuer klar – Bundesrat Villiger hatte eine solche im Hinblick auf die Unzuverlässigkeit des Parlaments in Sachen Ausgabendisziplin am Vortag in Erwägung gezogen und damit einigen Unmut ausgelöst, da die Wahlplattform nur Steuersenkungen, keinesfalls aber neue Steuern vorsah. Ausserdem sprachen sich die Freisinnigen für eine baldige Regierungsreform aus, wollten sich jedoch nicht so konkret auf die Äste hinauswagen wie Fraktionschef Fulvio Pelli (TI), dessen Antrag die Erweiterung des Bundesrates von 7 auf 9 Mitglieder vorsah. Gutgeheissen wurde schliesslich eine Stärkung des Bundespräsidentenamtes durch die Verlängerung der Amtszeit von einem auf zwei Jahre
[15].
Um ihren Wähleranteil bei den eidgenössischen Wahlen zu steigern, stellten die
FDP-Frauen eine eigene Wahlplattform vor, in der sie Blockzeiten in den Schulen für die ganze Schweiz, die Einführung der Mutterschaftsversicherung, eine qualitativ hoch stehende medizinische Versorgung zu einem vernünftigen Preis sowie Sicherheit im öffentlichen Raum und einen verbesserten Schutz vor häuslicher Gewalt (die Möglichkeit, analog dem St. Galler Modell den Täter oder die Täterin aus der gemeinsamen Wohnung wegzuweisen) forderten. Für die Nachfolge von Bundesrat Villiger stellten sie eine Frauenkandidatur in Aussicht
[16].
Die
1.-August-Rede von Parteipräsidentin Christiane Langenberger wirbelte etwas Wahlkampfstaub auf: Langenberger forderte zwar nicht direkt die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen, wies aber darauf hin, dass die Schweiz ihrem europäischen Schicksal nicht sehr lange entgehen könne und prangerte die wirtschaftlichen Folgen des Alleingangs, vor allem die Ablehnung des EWR, an
[17].
In einem Positionspapier zur
Verkehrspolitik wies die FDP darauf hin, dass es nur dank der Mobilität sichere Arbeitsplätze in der Schweiz gebe. Die Verkehrsinfrastruktur zu Lande, zu Wasser und in der Luft müsse aus einer Gesamtschau heraus regelmässig erneuert und bei Bedarf ausgebaut werden, ohne jedoch die natürlichen Lebensgrundlagen zu gefährden. Deshalb plädierten die Freisinnigen für eine Beseitigung von Engpässen auf den Nationalstrassen und in den Agglomerationen, wie sie der hängige Gegenvorschlag zur Avanti-Initiative vorsieht. In diesem Sinne trete die FDP auch für eine zweite Strassentunnelröhre durch den Gotthard ein, sofern die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Bahn nicht behindert werde. Die Neat trage sie weiterhin mit
[18].
In ihrer Stellungnahme „Golden Age – Alt und Jung gemeinsam“ verlangte die FDP, dass ältere Menschen ein selbstbestimmtes Leben in materieller Sicherheit führen können. Dazu seien Änderungen im 3-Säulen-System sowie Massnahmen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Gesundheit, Pflege und Integration nötig. Wichtig sei insbesondere eine generationengerechte Ausrichtung der
Altersvorsorge, d.h. keine weiteren Ausbauschritte bei der AHV, sondern eine Stärkung der dritten Säule (steuerbegünstigtes privates Sparen). Ausserdem sollten die im hohen Alter wichtigen Ergänzungsleistungen in die Verfassung aufgenommen werden. In Bezug auf die Höhe des Rentenalters wollten sich die Freisinnigen nicht festlegen
[19].
Am
Wahlparteitag in Basel charakterisierte Präsidentin Christiane Langenberger die FDP als Partei, welche Probleme nicht bekämpfen, sondern aufzeigen und lösen wolle. Die Bürger hätten die volle Wahrheit verdient, auch wenn diese unpopulär, ja schmerzhaft sei. Bundesrat Pascal Couchepin konstatierte in seiner Rede, die demographischen Probleme der Schweiz hätten nicht nur Folgen für die Renten, die Krankenversicherung, den Arbeitsmarkt und die Immigration, sondern auch für den Markt der Ideen. Eine alternde Gesellschaft habe mehr Mühe, etwas zu wagen, neige zum Stillstand. Bundesrat Kaspar Villiger doppelte nach: Er ortete die politischen Schwierigkeiten in einem übertriebenen Pessimismus, in der Bekämpfung statt der Lösung von Problemen, im staatlichen Machbarkeitswahn und im Verlust an langfristigem Denken. Die Freisinnigen entliessen Villiger mit einer stehenden Ovation. Während auf dem Podium die Sachthemen dominierten, prägten Mutmassungen über die Nachfolge Villigers die Pausengespräche
[20].
Mitte September reichte
Bundesrat Kaspar Villiger sein
Rücktrittsschreiben ein – dass er nicht mehr für eine weitere Legislatur kandidieren würde, war seit einem Jahr bekannt. Als Favoriten für seine Nachfolge galten die Berner Ständerätin Christine Beerli, der Urner Nationalrat Franz Steinegger und die Aargauer Nationalrätin Christine Egerszegi. Aussenseiterchancen eingeräumt wurden Ständerat Hans-Rudolf Merz (AR)
[21].
Anfang Oktober verabschiedeten die Freisinnigen in Frauenfeld (TG) ihren scheidenden Bundesrat. Mit 138:12 Stimmen lehnten sie das Referendum gegen das
Steuerpaket ab. Die Jungfreisinnigen beantragten, den Nationalrat auf 150 Personen zu verkleinern, dies sei effizienter und spare Kosten; es wurde dazu eine Arbeitsgruppe eingesetzt
[22].
Bei den eidgenössischen Wahlen musste die FDP die grössten Verluste aller Parteien hinnehmen: Sie verlor insgesamt 11 Parlamentsmandate, davon 4 Ständeratssitze. In der Folge kam es – auch im Hinblick auf die Bundesratswahlen (die Nachfolge für Kaspar Villiger und die ultimative Forderung der SVP, ihr einen zweiten Sitz zuzugestehen, der mit Christoph Blocher zu besetzen sei) zu
Diskussionen über die Ausrichtung der Partei: Als neugewählte FDP-Parlamentarier sich aktiv für das Referendum der SVP gegen die Mutterschaftsversicherung engagierten und sich damit von einer Vorlage, die unter der Ägide der FDP zustande gekommen war, distanzierten, verwarnten Fraktionsmehrheit und Parteispitze die Abtrünnigen, da extreme Abweichungen eine klare Positionierung der Partei beeinträchtigten. Im November stellten Rechtsbürgerliche den politischen Kurs der Parteileitung in Frage und verlangten eine Standortbestimmung, während Mitglieder der Parteileitung Überlegungen dahingehend anstellten, ob die FDP vorübergehend auf einen ihrer beiden Sitze in der Regierung verzichten oder gar den Gang in die Opposition erwägen solle. Schliesslich beschlossen die Freisinnigen, am Anspruch auf zwei Regierungssitze festzuhalten und nominierten Christine Beerli (BE) und Hans-Rudolf Merz (AR) als Kandidaten für die Nachfolge von Bundesrat Kaspar Villiger. Am 10. Dezember wählte die Vereinigte Bundesversammlung Hans-Rudolf Merz in die Regierung
[23].
Um die Diskussion an der Basis über die
Zukunft der Partei anzuregen, setzte die FDP Anfang Dezember drei Arbeitsgruppen ein: Die erste Arbeitsgruppe „avenir radical“ unter der Leitung des neu gewählten Zürcher Nationalrats und FDP-Vizepräsidenten Ruedi Noser sollte das Programm der FDP durchleuchten; die zweite Arbeitsgruppe „Wahlvorbereitung April04“ unter der Leitung der Appenzell Ausserrhoder Nationalrätin und FDP-Vizepräsidentin Marianne Kleiner befasste sich mit Personalfragen, welche im Rahmen der turnusgemässen Wahlen für Präsidium und Geschäftsleitung an der FDP-Delegiertenversammlung vom April 2004 geregelt werden sollen; die dritte Arbeitsgruppe unter der Leitung von Generalsekretär Guido Schommer hatte schliesslich den Auftrag, die Parteistrukturen zu überprüfen. Das Ziel sei eine flexiblere und effizientere Arbeitsweise. Das gesamte Projekt wird den Delegierten im Januar 2004 vorgestellt
[24].
Ende Dezember schlug Vizepräsident Ruedi Noser die Konzentration auf einige wenige konkrete radikale Projekte vor, die in einer Art Ideenwettbewerb mit der Parteibasis definiert werden sollen. Um
freisinnige
Wirtschaftspolitik zu machen, dürfe die FDP nicht nur auf die Wirtschaftsverbände hören, denn freisinnig politisieren heisse unabhängig politisieren. Konkret verlangte Noser unter anderem die Abgrenzung von rechtsbürgerlichen Kräften, unentgeltliche Tagesschulen, um auch Frauen mit Familie eine berufliche Karriere zu ermöglichen, Parallelimporte, sowie Roadpricing anstelle von Benzinzöllen und Fahrzeugsteuern. Seine Vorschläge lösten parteiintern etlichen Widerspruch aus
[25].
Christlichdemokratische Volkspartei (CVP)
An ihrer Delegiertenversammlung in Regensdorf (ZH) verabschiedete die CVP fast diskussionslos die beiden
Wirtschaftspapiere „Mehr Innovation schafft sichere Jobs und Wohlstand“ und „Neues Vertrauen schaffen“, welche beide Bestandteile der Wahlplattform waren
[26].
Eine Woche vor den dortigen Regierungs- und Parlamentswahlen trafen sich die CVP-Delegierten in Luzern zur Parolenfassung für die neun Vorlagen, welche im Mai zur Abstimmung gelangten. Sie empfahlen alle sieben von der Linken unterstützten Volksinitiativen zur Ablehnung, die Revision der Armee und des Bevölkerungsschutzes zur Annahme. Einstimmig nahmen sie eine Resolution der Jungen CVP an, welche einen
Ausbildungsabzug zur steuerlichen Entlastung von Familien forderte
[27].
Im Mai verabschiedeten die
CVP-Frauen einen Forderungskatalog, der ihnen auch als Programm für die eidgenössischen Wahlen vom Herbst dienen sollte. Darin verlangten sie ein Bundesgesetz über Familienzulagen, Ergänzungsleistungen für erwerbstätige Eltern mit niedrigem Einkommen, Entlastungen bei der direkten Bundessteuer für Familien mit mittleren Einkommen sowie einen Steuerabzug für Personen, die zu Hause Angehörige pflegen. Weiter sollten alle Kantone dafür sorgen, dass bei häuslicher Gewalt die Täter und nicht die Opfer die gemeinsame Wohnung verlassen müssen
[28].
An ihrem Parteitag in Baar (ZG) verabschiedeten die CVP-Delegierten ein 3-Punkte-Programm, das eine Halbierung der bürokratischen Lasten für Bürger und Wirtschaft forderte. Volkswirtschaftsminister Joseph Deiss stellte ein Massnahmenpaket zur
administrativen Entlastung der KMU bei den Sozialversicherungen, den Lohnausweisen und den Steuererklärungen in Aussicht
[29].
Anfang August stellten die Christlichdemokraten ein
Positionspapier „Stopp der Jugendgewalt“ vor, in dem sie ihre Vorschläge an Eltern, Lehrer, Kinder und Behörden zum Thema zusammenfassten; das Papier enthielt keine neuen Erkenntnisse und keine Angaben zu den Kosten. Während die Pressemitteilung das Schwergewicht vor allem auf die Repression legte, kamen an der Pressekonferenz auch Prävention und Intervention zur Sprache
[30].
Als der Vatikan die christlichen Parteien aufforderte, Bestrebungen zur Legalisierung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zu bekämpfen und Bischof Kurt Koch eine
Christentum-Verträglichkeitsprüfung anregte, verwahrte sich die CVP-Spitze gegen diese Einmischung mit dem Argument, die CVP sei eine überkonfessionelle Partei
[31].
An ihrer Delegiertenversammlung in Genf präsentierte sich die CVP als
Partei der Familien: Einstimmig und ohne Enthaltung hiess sie einen bezahlten Urlaub für erwerbstätige Mütter gut, obwohl das Parlament die Vorlage zur Mutterschaftsversicherung noch nicht zu Ende beraten hatte; die Stellungnahme war als Antwort auf die Referendumsdrohung der SVP gedacht. Im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen vom Herbst warb Parteipräsident Philipp Stähelin in seiner Rede „Nachwuchs fördern heisst Renten sichern“ dafür, der Familienpolitik einen neuen Stellenwert einzuräumen
[32].
Drei Wochen vor den Wahlen sprach sich Parteipräsident Philipp Stähelin an einem ausserordentlichen CVP-Parteitag in Basel mit Nachdruck für starke Mitteparteien und die Beibehaltung der Konkordanz aus und rechtfertigte damit den zweiten Bundesratssitz der CVP. Die beiden CVP-Bundesratsmitglieder skizzierten die aus ihrer Sicht wichtigsten Herausforderungen der kommenden Legislatur: Rentenalter, Konsolidierung der bilateralen Beziehungen mit der EU, Prioritätensetzung bei den staatlichen Ausgaben, mehr Wettbewerb und Marktöffnung sowie echte Familienpolitik, das heisst steuerliche Entlastung der Familien. Die CVP wolle am Rentenalter 65 festhalten; um die Renten zu finanzieren, sollten die Kinder früher eingeschult werden und junge Erwachsene somit früher die Berufstätigkeit aufnehmen. Praktisch diskussionslos hiessen die Delegierten schliesslich einen 34 Punkte umfassenden „
Wahlvertrag der CVP mit dem Schweizervolk“ gut
[33].
Obschon die CVP einen aufwändigen Wahlkampf betrieben hatte, musste sie 7 Nationalratsmandate abgeben; besonders hoch waren die Verluste in ihren traditionellen Stammlanden. Als erste Reaktion auf die Wahlniederlage stellte CVP-Präsident Philipp Stähelin sein Amt zur Verfügung; die Parteileitung sprach ihm jedoch das Vertrauen aus. Sie schloss den Rückzug eines ihrer Bundesratsmitglieder zugunsten von Christoph Blocher (svp, ZH), den SVP-Präsident Ueli Maurer am Wahlabend gefordert hatte, aus; für die Regierungsbildung stehe die Handlungsfähigkeit des künftigen Bundesrates im Vordergrund. Dieser Entscheid stiess parteiintern nicht auf einhellige Zustimmung; so erklärte der ehemalige CVP-Präsident, Ständerat Carlo Schmid (AI), man käme um einen Bundesrat Blocher nicht mehr herum. Ende Oktober entschied die CVP-Fraktion mit 33:5 Stimmen, mit beiden Bundesratsmitgliedern zur Wiederwahl anzutreten und der Vereinigten Bundesversammlung damit die Entscheidung über die künftige Regierungszusammensetzung zu überlassen. Gemäss Fraktionschef Jean-Michel Cina (VS) anerkenne die CVP den Anspruch der SVP auf einen zweiten Bundesratssitz. Ihrer Meinung nach solle die SVP jedoch den Sitz des zurücktretenden FDP-Bundesrats Kaspar Villiger einnehmen; mit drei Sitzen im Bundesrat und mit der Bundeskanzlerin sei der gemäss Cina neu formierte Rechtsblock von SVP und FDP angemessen vertreten. Dieses Vorgehen stiess bei einigen CVP-Kantonalparteien wie jener von Luzern auf Kritik, weil diese auf die Zusammenarbeit mit der FDP angewiesen sind. Am 10. Dezember
bestätigte das Parlament
nicht CVP-Bundesrätin Ruth Metzler, sondern wählte Christoph Blocher (svp, ZH) in die Regierung. Die Parteileitung der CVP wies jegliche Mitschuld an der Abwahl ihres Regierungsmitglieds von sich und erklärte, die CVP wolle ihr Glück in einer „Politik der radikalen Mitte“ suchen und sich programmatisch erneuern. Die Fraktion werde Ende Januar 2004 in Klausur gehen und im Frühling einen „Grundsatzparteitag“ durchführen
[34].
Einen Tag nach der Bundesratswahl gab
Philipp Stähelin seinen
Rücktritt als Parteipräsident nach nur zweieinhalb Jahren Amtsdauer bekannt. Mit seinem Rücktritt zu Beginn einer neuen Legislatur wolle er der neuen Parteiführung ermöglichen, die eidgenössischen Wahlen 2007 in aller Ruhe vorzubereiten. Das neue Präsidium solle an einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung Anfang 2004 gewählt werden. Der neue Präsident müsse laut Stähelin ein Mitglied des Parlaments sein, da eine enge Verbindung zur nationalen Politik wichtig sei, und von der Fraktion getragen werden. Er würde sich besonders freuen, wenn eine Frau seine Nachfolge anträte. Als Favoriten gehandelt wurden Vizepräsidentin Doris Leuthard (AG), Ständerat Bruno Frick (SZ), Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz (SG), Nationalrätin Thérèse Meyer (FR) und Fraktionschef Jean-Michel Cina (VS). Die Junge CVP forderte den Ausschluss von Ständerat Carlo Schmid (AI) aus Partei und Fraktion. Falls noch andere Fraktionsmitglieder bei den Bundesratswahlen für Christoph Blocher statt Ruth Metzler gestimmt hätten, solle auch gegen diese ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet werden
[35].
Schweizerische Volkspartei (SVP)
Sechs Wochen nach dem knappen Scheitern ihrer Asylinitiative Ende November 2002 verlangte die SVP
Nachbesserungen bei der Revision des Asylgesetzes, so eine Überwachung des Brief- und Zahlungsverkehrs abgewiesener Asylsuchender, welche sich einer Ausreise widersetzten, um deren (wahre) Identität ausfindig zu machen, die Einführung eines neuen Status für rechtskräftig Ab- und Weggewiesene, für die der weitere Verbleib in der Schweiz so unangenehm wie möglich gestaltet werden soll, sowie eine Verschärfung der Haftbedingungen für kriminelle Asylsuchende
[36].
Mitte Januar lancierte die SVP ihre
Volksinitiative „für tiefere Krankenkassenprämien in der Grundversicherung“ mit dem Ziel, die Krankenkassenprämien um 20% zu senken. Das Volksbegehren verlangt die Einführung der monistischen Spitalfinanzierung und die Aufhebung des Kontrahierungszwanges von Versicherern und Leistungserbringern. Ausserdem sollen die heute auf Gesetzesstufe verankerten Grundsätze für die Festlegung des Leistungskatalogs in der Grundversicherung in die Verfassung geschrieben werden. Aufgegeben wurde die im Vorjahr präsentierte Idee, die Grundversicherung einzuschränken und eine neue, freiwillige Ergänzungsversicherung einzuführen, da sie in einer internen Vernehmlassung auf Widerstand gestossen war
[37].
Zwei Wochen später eröffnete die SVP an ihrer Delegiertenversammlung in Biel die Unterschriftensammlung. Zur SP-Gesundheitsinitiative, welche einkommens- und vermögensabhängige Krankenkassenprämien verlangt, beschlossen die Delegierten einstimmig die Nein-Parole. In seiner Rede zur Situation der Sozialwerke forderte Bundesrat Samuel Schmid, die demographische Entwicklung zu berücksichtigen. Nicht Anreize zur Frühpensionierung seien gefragt, sondern
Arbeitsmodelle für ältere Personen, ohne aber einfach das Rentenalter zu erhöhen. Nach einem kurzen Disput zwischen Parteipräsident Ueli Maurer und dem Berner Kantonalpräsidenten Hermann Weyeneth stimmten die SVP-Delegierten dem Antrag der Waadtländer SVP zu, ein Strategiepapier zur Agrarpolitik auszuarbeiten. Weyeneth hatte eingewandt, die SVP sei kein Ersatz-Bauernverband
[38].
Im Februar forderte die SVP
Steuersenkungen, um den Konsum und damit die Wirtschaft anzukurbeln. Es dürfe nicht sein, dass der Durchschnittsverdiener während über sechs Monaten nur für den Staat arbeite. Fraktionschef Caspar Baader (BL) verlangte, das Steuerpaket auf Anfang 2004 in Kraft zu setzen. Sollte die Vorlage zum Minipaket verkümmern oder verzögert werden, erwäge die SVP eine Volksinitiative „Steuersenkungen für den Mittelstand“
[39].
Anfang April beschlossen die SVP-Delegierten in Lausanne nach engagierter Diskussion mit 165:161 Stimmen die
Ja-Parole zur Armee XXI. Gegner wie Befürworter sorgten sich um den Bedeutungsverlust der Schweizer Armee: Erstere warnten vor einer Zweiklassenarmee und forderten eine Stärkung des Milizsystems und der schweizerischen Unabhängigkeit, letztere argumentierten, die Neutralität stehe überhaupt nicht zur Diskussion, zur Armeereform gebe es keine Alternative, ohne sie arbeite man den Armeeabschaffern in die Hände. Mit 161:151 Stimmen empfahl die SVP auch die Vorlage zum Bevölkerungsschutz zur Annahme. Die sieben von der Linken unterstützten Volksinitiativen wurden praktisch einstimmig abgelehnt
[40].
Mit 272:36 Stimmen beschlossen die Delegierten der SVP im Juni in Grenchen (SO), das
Referendum gegen die Mutterschaftsversicherung zu ergreifen. Besonders stossend fanden die Referendumsgegner (fast ausschliesslich Frauen), dass die Referendumsbefürworter die Mutterschaftsversicherung mit dem Argument bekämpften, sie lasse die nicht erwerbstätigen Frauen ausser Acht und schaffe damit zwei Klassen von Müttern – dabei war die letzte, vom Volk verworfene Vorlage nicht zuletzt deshalb gescheitert, weil sie alle Mütter berücksichtigt hatte. In einem Positionspapier sprach sich die SVP gegen jegliche Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten von AHV, IV oder BVG aus und sagte der „Scheininvalidität“ den Kampf an
[41].
Ende August warnte Parteipräsident Ueli Maurer am
Wahlkampffest in Holziken (AG) die SVP-Mitglieder vor Lethargie in den eigenen Reihen, ein Wahlkampf habe bisher noch nicht stattgefunden. Einziges Thema sei landauf, landab die Frage, ob die SVP ihren Erfolg von 1999 bestätigen könne. Die Botschaft der Partei – weniger Steuern, Abbau der Staatsschulden, Kampf dem Asylrechtsmissbrauch, mehr Sicherheit für den Bürger, Nein zur EU – müsse aggressiver vermittelt werden
[42].
Im September hielt die SVP am geographischen Mittelpunkt der Schweiz, auf der Aelggi-Alp (OW), einen Parteitag unter freiem Himmel ab, wo sie die Stossrichtung zweier
Volksinitiativen festlegte, die sie nächstes Jahr lancieren will. Im
Asylbereich verlangt die SVP eine konsequente Drittstaatenregelung, bessere Grenzkontrollen und schärfere Sanktionen gegen straffällige Asylsuchende. Für
Einbürgerungen sollen Gemeinden auch Urnenabstimmungen durchführen dürfen; gegen das Ergebnis soll keine Beschwerde möglich sein. Mit diesem Vorstoss reagierte die SVP auf ein Urteil des Bundesgerichts, das Urnenabstimmungen über Einbürgerungen als nicht mit der geltenden Verfassung vereinbar ausgeschlossen hatte. Ursprünglich hatte der SVP-Vorstand geplant, diesen Parteitag zugleich als Auftakt zur Unterschriftensammlung zu nutzen und damit die letzte Phase des Wahlkampfes einzuläuten. Laut Parteisprecher Yves Bichsel sei die Zeit zu knapp gewesen, die Initiativtexte noch vor den Wahlen von der Bundeskanzlei formell prüfen und publizieren zu lassen. Ein Grund für die Verschiebung der beiden Initiativen sei auch, dass die Unterschriftensammlung für die Prämiensenkungsinitiative weniger gut als erhofft vorankomme
[43].
Ende September luden die Westschweizer SVP-Anhänger ihre Parteikollegen jenseits der Saane zu einer „
nationalen Begegnung“ ins Casino von Montreux ein. Die Veranstaltung sollte den Auftakt zu einem jährlichen Treffen in der Romandie bilden und zugleich verdeutlichen, dass die SVP nicht länger nur eine Partei der Deutschschweiz ist
[44].
Zwei Wochen vor den eidgenössischen Wahlen rief die SVP ihre Delegierten mit einem Mobilmachungszettel zum
Wahlappell in die Diskothek Alpen-Rock-House beim Flughafen Zürich. Die Schweiz habe zweimal in Zeiten grösster Not, 1914 und 1939, als die beiden Weltkriege ausbrachen, die allgemeine Kriegsmobilmachung ausgerufen. Nach Parteipräsident Ueli Maurer sei die Lage heute ernst. Schuld daran seien SP, FDP und CVP, welche die Schweiz in die Mittelmässigkeit geführt hätten. Maurer appellierte an die Delegierten, in ihrem Umfeld Wähler zu mobilisieren, und Mitglieder der Jungen SVP riefen den Anwesenden lautstark die Themen ihrer Wahlkampagne in Erinnerung, indem sie ihre politischen Forderungen und ihren Unmut über die gegenwärtige Politik vortrugen. In seiner Rede bemühte sich Bundesrat Samuel Schmid, auch die positiven Seiten der Schweiz in Erinnerung zu rufen
[45].
In den eidgenössischen Wahlen gelang es der SVP, 11 zusätzliche Nationalratsmandate und einen zusätzlichen Ständeratssitz zu erobern. Am Abend des Wahlsonntags überraschte SVP-Parteipräsident Ueli Maurer die Präsidenten der anderen Parteien vor laufender Fernsehkamera mit der ultimativ vorgetragenen Forderung, dass bei der Gesamterneuerungswahl des Bundesrates vom Dezember Christoph Blocher (ZH) zu wählen sei, ansonsten die SVP aus der Regierung austreten werde. Gegen dieses Ultimatum regte sich parteiinterner Widerstand. So forderte die Berner SVP eine allfällige Urabstimmung, sollte sich die SVP Schweiz aus der Regierungsverantwortung zurückziehen. An einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung in Sempach (LU) bekräftigten die Mitglieder der SVP das Partei-Ultimatum für die Bundesratswahl mit 449:7 Stimmen bei 57 Enthaltungen. Kritische Voten gegen das Vorgehen wurden mit für die SVP ungewohnt viel Respekt aufgenommen, der Vorbehalt von Bundesrat Samuel Schmid, er wolle über sein Verbleiben in der Regierung frei entscheiden, respektiert. In einem Zusatzbeschluss stützten die Delegierten auf Antrag welscher SVP-Mitglieder auch die Variante, dass Blocher in der sechsten Wahlrunde den Sitz von SP-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey angreifen solle, falls die SVP zuvor keinen Sitz der CVP erobern könne; auf den frei werdenden Sitz der Freisinnigen erhob die SVP hingegen keinen Anspruch. Am 10. Dezember wählte die Vereinigte Bundesversammlung
Christoph Blocher in den
Bundesrat; erstmals seit 131 Jahren wurde mit Ruth Metzler (cvp) ein Regierungsmitglied nicht bestätigt. Tags darauf kündigte die SVP in Inseraten mit dem Titel „SVP: Wählerauftrag verpflichtet – auch im Bundesrat“ an, auch als gestärkte Regierungspartei ihrem Programm treu zu bleiben und ihre Doppelrolle als Regierungs- und Oppositionspartei nicht aufgeben zu wollen. Bei der Departementsverteilung wurde Christoph Blocher mit der Leitung des EJPD betraut; damit ist er mit der Asyl- und der Ausländerpolitik für jene Bereiche zuständig, in denen seine Partei bis anhin besonders deutlich in Opposition zum Bundesrat stand. – Bei den kantonalen Parlamentswahlen eroberte die SVP 14 zusätzliche Sitze, bei den Regierungsratswahlen errang sie in Appenzell Ausserrhoden ein zweites Mandat
[46].
Liberale Partei (LP)
Am ihrem
Wahlkongress in Lausanne bekräftigten die Liberalen ihre Absicht, wieder eine bedeutendere Rolle in der Bundespolitik spielen zu wollen. Ziel sei es, in den eidgenössischen Wahlen vom Herbst die 1999 verlorenen Ständeratsmandate zurückzuerobern. Deshalb bewarben sich die Liberalen nicht nur in ihren vier Stammkantonen (VD, GE, NE, BS) für einen Sitz in der kleinen Kammer, sondern erstmals auch im Wallis. In den meisten Kantonen gingen sie zudem eine Listenverbindung mit der FDP ein. Gemäss Parteipräsident Claude Ruey (VD) sollte das Verhältnis zur FDP aber nicht über die Zweckgemeinschaft der Listenverbindung hinausgehen – eine Fusion komme nicht in Frage
[47].
Im Juli stellten die Liberalen in Bern ihre in Lausanne verabschiedete
Wahlplattform „Für eine Schweiz, die vorwärts kommt“ vor. Als Hauptziel nannte Parteipräsident Claude Ruey eine Steigerung des Wirtschaftswachstums von 3%. Wenn die Wirtschaftsentwicklung wieder anziehe, könne die Schweiz auch ihre Probleme im sozialen Bereich, im Gesundheitswesen und in der Bildung lösen. Zu den weiteren Leitlinien der Wahlplattform gehörten neben der Förderung von Bildung und Forschung die Redimensionierung des Staates, die Gewährleistung von Sicherheit und Lebensqualität und die Weltoffenheit (mittelfristiger Beitritt zur EU)
[48].
Ende August führten die Liberalen in Morges (VD) ihre erste
Sommeruniversität durch; derartige Veranstaltungen sind vor allem in Frankreich bekannt und dienen der Reflexion wichtiger gesellschaftlicher Fragen. Am Anlass der Liberalen, welcher dazu diente, den Zusammenhalt der Parteimitglieder im Wahljahr zu intensivieren, referierten bekannte Wissenschaftler über die Zukunft des Liberalismus, über die Forschung und die Altersvorsorge
[49].
Bei den
eidgenössischen Wahlen verlor die Liberale Partei zwei ihrer sechs bisherigen Mandate im Nationalrat (darunter den Sitz von Christine Wirz-von Planta, BS) und büsste damit ihre Fraktionsstärke ein. Die vier liberalen Parlamentarier, welche alle aus der Romandie stammen, schlossen sich der FDP-Fraktion an; diese trug dem Zuwachs Rechnung, indem sie sich in der französischen Version in „groupe radical-liberal“ umbenannte. Erste Gespräche über eine engere Zusammenarbeit der beiden Parteien auf nationaler Ebene hatten bereits im Sommer stattgefunden; der gemeinsame Ständeratswahlkampf der beiden Präsidenten Claude Ruey (lp) und Christiane Langenberger (fdp) in der Waadt sowie die Verluste beider Parteien in den Nationalratswahlen hatten die Annäherung gefördert. Auf nationaler Ebene bilden Liberale und Freisinnige künftig eine Föderation, die kantonalen Parteistrukturen bleiben jedoch erhalten. Die Empfehlungen der LP zu den eidgenössischen Vorlagen deckten sich mit jenen der FDP, mit Ausnahme der Revision der Volksrechte, zu der die Liberalen die Nein-Parole herausgaben
[50].
Grüne Partei (GP)
Nach seiner Wahl in die Genfer Stadtregierung gab der Co-Präsident der Grünen,
Patrice Mugny (GE), bekannt, er werde sein Nationalratsmandat nach der Sondersession
abgeben und Ende Jahr das
Vizepräsidium der Partei. Im November liess Co-Präsidentin Ruth Genner (ZH) durchblicken, sie würde das Präsidium gerne im Vollamt übernehmen. Als Vizepräsidenten wünsche sie sich einen welschen Fraktionskollegen. Die Delegiertenversammlung der Grünen entscheidet im Januar 2004 über die Neuerungen an der Parteispitze
[51].
Mit einem Fest mit Biomarkt und Podiumsgespräch feierte die Grüne Partei im Mai in Bern ihr
20-Jahr-Jubiläum. Co-Präsidentin Ruth Genner rief zu mehr Bewegung an der Basis auf und ermunterte die Parteimitglieder, utopische Ziele anzupeilen. Gefragt sei insbesondere der Nachwuchs
[52]. Einen Monat vor den eidgenössischen Wahlen präsentierten sich die
Jungen Grünen, die bisher nur kantonal in Erscheinung getreten waren, erstmals als nationale Bewegung und luden zu einem „Fair-Trade-Frühstück“ auf der Bundesterrasse in Bern ein. Als ersten politischen Vorstoss übergaben sie dem Parteipräsidium eine Forderung an die Bundesverwaltung: Diese solle in ihren Cafeterias nur noch Kaffe aus fairem Handel ausschenken
[53].
Anfang Jahr beschlossen die Grünen an ihrer Delegiertenversammlung in Luzern die Nein-Parole zum Bundesbeschluss über die Änderung der Volksrechte, auf Kritik stiess vor allem die hohe Unterschriftenzahl für die allgemeine Volksinitiative. Ausserdem verabschiedeten die Delegierten den Text zur Volksinitiative „für Lebensmittel aus gentechnikfreier Landwirtschaft“, welche ein fünf- (statt wie ursprünglich vorgesehen ein 10-jähriges)
Gentech-Moratorium vorsieht. Mit 35:24 Stimmen bei 5 Enthaltungen sprachen sie sich zudem für die Mitlancierung der Volksinitiative „für eine soziale Einheitskrankenkasse“ aus. Die Befürworter hofften auf mehr Transparenz, demokratische Strukturen und Sparmöglichkeiten, die Gegner hingegen befürchteten einen aufgeblähten Verwaltungsapparat und die Gefährdung des Grundleistungskatalogs. Schliesslich stimmten die Grünen einer Resolution gegen den Irak-Krieg zu, in welcher sie den Bundesrat aufforderten, alle diplomatischen Mittel zu nutzen, um möglichst viele Regierungen gegen den Krieg zu mobilisieren
[54].
Im April beschlossen die Grünen die Ja-Parole zu den beiden Atominitiativen „Strom ohne Atom“ und „Moratorium Plus“, zur Initiative „Gleiche Rechte für Behinderte“, zur Lehrstelleninitiative, zur Initiative „Ja zu fairen Mieten“, zur Sonntagsinitiative, zur Gesundheitsinitiative der SP sowie zur Revision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes. Umstritten war einzig die Vorlage zur Armee XXI, zu der die Delegierten auf Antrag des Vorstandes mit 43:16 Stimmen bei 8 Enthaltungen leer Einlegen empfahlen; der Antrag, die Nein-Parole herauszugeben, wurde mit 44:29 Stimmen abgelehnt. Anschliessend verabschiedeten die Grünen eine Resolution, worin sie wegen der ihrer Ansicht nach völkerrechtswidrigen Intervention der USA im Irak den Umzug der UNO von New York in die neutrale Schweiz nach Genf anregten. Zu reden gab schliesslich die
Erhöhung des Mitgliederbeitrags, welcher erstmals seit dem 20-jährigen Bestehen der Partei angehoben wurde (von 25 auf 35 Fr. pro Jahr). Dadurch verfügt die nationale GP neu über ein Jahresbudget von knapp 500 000 Fr.
[55].
In einem Positionspapier forderten die Grünen eine
ganzheitliche Gesundheitspolitik, welche die Prävention ins Zentrum stellt. Die gesundheitspolitische Debatte dürfe sich nicht länger fast ausschliesslich um Kostenfragen drehen; Voraussetzung für ein gesundes Leben seien intakte ökologische und soziale Lebensbedingungen. Nach Meinung der Grünen seien Gesundheitskosten von 43 Mia Fr. (10,7% des BIP) für die reiche Schweiz nicht zuviel. Sparpotenziale böten unter anderem eine bessere Spitalplanung, die Aufhebung des Vertragszwangs für Spezialärzte, Einkommensplafonds für Ärzte mit Privatpraxis im Spital, Parallelimporte billiger Medikamente und die Förderung der Generika-Abgabe. Ausserdem unterstützten die Grünen die Forderung der SP-Initiative nach Abschaffung der Kopfprämien und nach Prämienbefreiung der Kinder
[56].
Ende Juni beschloss der Vorstand der Grünen Partei, sich aktiv für ein
Referendum gegen das Steuerpaket zu engagieren und sich nicht allein auf das Kantonsreferendum zu verlassen
[57].
Im Zusammenhang mit einem Bundesgerichtsurteil, das Urnenentscheide über Einbürgerungen als verfassungswidrig bewertet, forderten die Grünen eine
Migrationspolitik, welche auf der Anerkennung der Menschenrechte gründet und konsequent die Integration fördert; obligatorische Deutschkurse lehnten sie jedoch ab. Die Einbürgerungsfrist solle auf acht Jahre gesenkt, die zweite und die dritte Ausländergeneration automatisch eingebürgert werden
[58].
Mit dem Hinweis, Klimapolitik sei für die Grünen nicht erst seit diesem Hitzesommer ein heisses Thema, rechtfertigte Fraktionschefin Cécile Bühlmann (LU) das lange Schweigen der Partei. Anstelle der punktuellen Massnahmen wie befristeten Temporeduktionen im Tessin und in Graubünden fordere die GP eine Verlagerungspolitik hin zum öffentlichen Verkehr auch im Personenverkehr. Anfangs September verabschiedeten die Delegierten eine Resolution „für eine glaubwürdige Klimapolitik“, welche die dringliche Einführung der CO2-Abgabe auf den 1. Januar 2004 und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs verlangte. Um die Mehrkosten zu finanzieren, solle ein
Klimafranken pro Liter Benzin erhoben werden. Vor allem die Waadtländer Grünen kritisierten diesen Vorschlag als unausgegoren; sie vermissten eine vorgängige Vernehmlassung in den Kantonalparteien und verlangten eine Abfederung für die Bewohner der Randregionen. Die Resolution wurde schliesslich mit 39:0 Stimmen bei vier Enthaltungen angenommen
[59].
Bei den
eidgenössischen Wahlen konnten die Grünen die Zahl ihrer Nationalratsmandate von 9 auf 13 erhöhen. Als Reaktion auf die Drohung der SVP, in die Opposition zu gehen, falls ihr das Parlament nicht einen zweiten Bundesratssitz für Christoph Blocher (svp, ZH) zugestehen würde, brachten die Grünen Co-Präsidentin Ruth Genner (ZH) als Kandidatin für den Bundesrat ins Spiel, um eine allfällige Regierung mit einer Mitte-links-Mehrheit ohne SVP-Beteiligung zu ermöglichen. Gewählt wurde Christoph Blocher an Stelle von CVP-Bundesrätin Ruth Metzler. Bei den kantonalen Wahlen errangen die Grünen insgesamt 5 zusätzliche Sitze
[60].
Evangelische Volkspartei (EVP)
Die EVP führte erstmals ein nationales Wahlfest durch. Ihren Wahlkampf stellte sie unter das Motto „Teilen macht ganz“ und plädierte für
Ausgleich, Mitbeteiligung und Mitverantwortung statt Polarisierung; mit dem Hahn als Logo forderte sie ihre Mitglieder zu einer verantwortungsvollen Politik auf der Basis des Evangeliums auf. In ihrem Programm sprach sich die EVP für eine Schweiz aus, in der das Fremde seinen Platz einnehmen darf; von Urnenentscheiden bei Einbürgerungen sei abzusehen, doch sollten die Einbürgerungswilligen einer Landessprache mächtig sein. Zur Deckung der Gesundheitskosten sollten die Abgaben für Alkohol- und Raucherwaren erhöht werden; Erträge aus den Treibstoffzöllen sollten die indirekten Kosten im Gesundheitswesen decken sowie für den Umwelt- und Lärmschutz verwendet werden. Ziel der EVP bei den eidgenössischen Wahlen war es, Fraktionsstärke zu erreichen, weshalb sie in elf Kantonen (erstmals in Freiburg, Luzern und der Waadt) antrat. Sie konnte jedoch nur ihre insgesamt drei Sitze im Aargau, in Bern und in Zürich verteidigen und bildete mit der EDU zusammen eine parlamentarische Fraktion. In den kantonalen Wahlen konnte die EVP ihre drei Sitze in Basel-Land und ihre neun Mandate in Zürich verteidigen
[61].
Partei der Arbeit (PdA)
Unter dem Titel „Eine andere Schweiz ist möglich“ formulierten Exponentinnen und Exponenten der Solidarités aus Genf und Neuenburg, der Liste „Pour une Alliance socialiste – solidarités“ Waadt, der PdA und der Alternativen Listen Zürich, Aargau und Winterthur eine Wahl- und Aktionsplattform, auf der sie sich insbesondere gegen eine Einschränkung der Volksrechte, für effektive Lohngleichheit von Mann und Frau, einen Mindestlohn von 3500 Fr., den Kampf für würdige Pensionen, welche diesen Namen verdienten, sowie eine Aufenthaltsbewilligung für die Sans-Papiers stark machten. Erklärtes Ziel war der Gewinn von mindestens fünf Nationalratsmandaten, um die
Bildung einer gemeinsamen Fraktion links von SP und Grünen zu ermöglichen. Bei den eidgenössischen Wahlen verlor die PdA einen ihrer ursprünglich zwei Sitze zugunsten der Solidarités. Bei den Kantonsratswahlen im Kanton Tessin eroberte die PdA ein Mandat
[62].
Freiheits-Partei (FP)
Das Obergericht des Kantons Bern bestätigte ein Urteil gegen den Präsidenten der Freiheitspartei, Jürg Scherrer (BE), wegen
Rassendiskriminierung [63].
Die Freiheitspartei kandidierte zwar in den Kantonen Zürich, Bern, Basel-Land, Aargau und Thurgau für den Nationalrat, errang jedoch keinen Sitz.
Lega dei Ticinesi
Bei den
Wahlen ins Tessiner Parlament erlebte die
Lega einen
massiven Einbruch und verlor mehr als einen Drittel ihrer Wählerschaft; sie stellt noch 11 Abgeordnete. Für die Nationalratswahlen erwog sie ein Zusammengehen mit der SVP, welche jedoch nicht gemeinsam mit Flavio Maspoli antreten wollte. Als bekannt wurde, dass Maspoli Unterschriften für ein von ihm lanciertes Referendum gefälscht hatte und ein Strafverfahren gegen ihn lief, forderten Parteikollegen seinen Rücktritt von allen Ämtern (Nationalrat, Grossrat, Vizepräsident der Lega). Anstatt auf sein Mandat als Nationalrat zu verzichten, gab der Mitbegründer der Lega seinen Austritt aus der Bewegung bekannt und kandidierte im Herbst erfolglos mit einer eigenen Liste „Risorgimento ticinese“ (Tessiner Wiederauferstehung). Für die Lega wurde als einziger Vertreter Attilio Bignasca, der Bruder von Präsident Giuliano Bignasca, in den Nationalrat gewählt; der im April bestätigte Staatsrat Marco Borradori verzichtete zur Enttäuschung seiner Partei und der SVP auf eine Kandidatur für den Ständerat; Giuliano Bignasca musste selber antreten und wurde nicht gewählt
[64].
Schweizer Demokraten (SD)
Die Schweizer Demokraten lancierten eine
Volksinitiative „Begrenzung der Einwanderung aus Nicht-EU-Staaten“. Sie verlangt, dass die Zahl der in einem Jahr einwandernden Personen, inklusive der Asylsuchenden, nicht höher sein darf als die der im Vorjahr Ausgewanderten
[65].
Die Schweizer Demokraten gaben die Ja-Parole zur Sonntagsinitiative und zu den beiden Atominitiativen heraus; die übrigen vier Volksbegehren lehnten sie ab.
Bei den Nationalratswahlen konnten die SD ihren Sitz im Kanton Bern verteidigen. Bei den kantonalen Wahlen in Basel-Land und in Zürich büssten sie insgesamt sechs Mandate ein und stellen noch 4 (BL) resp. 1 Parlamentarier (ZH).
Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU)
Im Januar beschlossen die Delegierten der EDU, gegen eine allfällige Einführung einer eingetragenen Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare das
Referendum zu ergreifen
[66].
In den Nationalratswahlen erzielte die EDU zwei Sitze, einen im Kanton Bern und neu einen im Kanton Zürich. In den Zürcher Kantonsratswahlen konnte sie ihr einziges Mandat verteidigen.
Andere Parteien
Das
Freie Forum, bis anhin nur im Kanton Zürich tätig, beabsichtigt, sich in der ganzen Schweiz zu etablieren, obschon es ihm nicht gelungen war, den Sitz seines Präsidenten Roland Wiederkehr (
ehemals ldu) im Nationalrat zu halten. Die Schwerpunkte des Freien Forums liegen bei den Themen Gesundheit, Natur und Umwelt, Migration, Kinder und Jugend, Geschlechterfragen, Wirtschaft und Arbeit sowie Verkehr und Sicherheit
[67].
Weiterführende Literatur
Armingeon, Klaus, Das Parteiensystem der Schweiz im internationalen Vergleich: Eine Studie mit Daten der Nationalratswahlen 1971-1999, Neuenburg (BFS) 2003.
Hermann, Michael / Leuthold, Heiri, Atlas der politischen Landschaften: ein weltanschauliches Portrait der Schweiz, Zürich 2003.
Ladner, Andreas, Kantonale Parteiensysteme im Wandel: eine Studie mit Daten der Wahlen in den Nationalrat und in die kantonalen Parlamente 1971-2003, Neuenburg (BFS) 2003.
Mazzoleni, Oscar, Nationalisme et populisme en Suisse: la radicalisation de la «nouvelle» UDC, Lausanne 2003.
Rauber, André, Formierter Widerstand: Geschichte der kommunistischen Bewegung in der Schweiz 1944-1991, Zürich 2003.
Sciarini, Pascal / Hardmeier, Sibylle / Vatter, Adrian (Hg.), Schweizer Wahlen 1999 – Elections fédérales 1999, Bern (Haupt) 2003.
Seitz, Werner, Nationalratswahlen 2003: der Wandel der Parteienlandschaft seit 1971, Neuenburg (BFS) 2003.
Vatter, Adrian, „Legislative party fragmentation in Swiss cantons: A function of cleavage structures or electoral institutions?“, in Party Politics, 2003, Nr. 3, S. 445-461.
Weibel, Friedrich, Die Erosion der Mitte: Europa und die Krise der Bürgerlichen in der Schweiz, Zürich 2003.
Zurbriggen, Ludwig, Soziales Kapital und symbolische Praxis der Christlichdemokraten: Koalitionen und Reproduktion des christdemokratischen Feldes in der Schweiz, s.l. (thèse sc. écon. Genève) 2002.
[1]
24h und
LT, 12.3.03;
Lit. Sciarini/Hardmeier/Vatter.
[2]
TA, 11.10.03;
Lit. Hermann/Lüthold. Zur These der sachpolitischen Nähe zwischen SVP und FDP siehe die Beiträge von Michael Dreher (svp, ZH) und Andreas Textor resp. Claude Longchamp sowie Simon Hug und Tobias Schulz in
NZZ, 11.2. und 20.2.03.
[6]
SoZ, 29.6.03; Presse vom 30.6.03.
[10] Presse vom 31.10., 8.11., 1.12. und 11.-19.12.03. Bei den kantonalen Wahlen eroberte die SP 15 zusätzliche Parlamentsmandate; nach den Regierungsratswahlen ist sie im Kanton AR nicht mehr vertreten; in ZH und in SO gewann sie aber je einen Sitz hinzu.
[11]
BZ, 15.11.03;
NZZ, 20.11.03; Presse vom 20.12.03; vgl.
SPJ 2000, S. 347 f. Brunner hatte bereits im Sommer erklärt, sie werde als Parteipräsidentin zurücktreten, wenn sie als Ständerätin nicht wiedergewählt würde; ihre Wahl war gefährdet gewesen, weil die äusserste Linke im Kanton Genf ein Zusammengehen mit der SP verweigert hatte (Presse vom 15.8.03).
[12] Presse vom 9.-10.1.03;
NZZ, 11.1.03;
SoZ, 12.1.03; Presse vom 13.1.03; vgl.
SPJ 2002, S. 328.
[15]
NZZ, 22.2.03; Presse vom 15.3. und 17.3.03. Zur Wahlplattform vgl.
SPJ 2002, S. 329. Zu den beiden Atominitiativen beschloss die FDP eine Woche später die Nein-Parole, die beiden Bundesratsvorlagen zur Armee- und zur Zivilschutzreform empfahl sie zur Annahme.
[16] Presse vom 5.7.03. Frauenkandidatur: Presse vom 10.3.03;
LT, 14.6. und 29.7.03;
24h und
NLZ, 28.7.03.
[17]
BZ und
NLZ, 6.8.03;
NLZ und
TA, 8.8.03.
[20]
BaZ, 30.8.03; Presse vom 1.9.03.
[21] Presse vom 17.-18.9.03; vgl.
SPJ 2002, S. 328.
[23] Wahlresultate:
NZZ und
TA, 21.10.03; Presse vom 10.-11.11.03. Fraktion: Presse von 4.11. und 8.11.03. Ausrichtung der Partei: Presse vom 5.11. und 11.11.03;
NZZ und
SGT, 13.11.03. Bundesratswahl: Presse vom 17.11., 24.11. und 11.12.03. Auch bei den kantonalen Parlamentswahlen war die FDP die Verliererin; sie büsste insgesamt 16 Sitze ein.
[24]
Lib. und
NZZ, 6.12.03.
[25]
SoZ, 21.12.03; Presse vom 22.12.03;
TA, 23.12.03;
LT, 24.12.03.
[26]
BaZ, 4.1.03;
NZZ, 11.1.03; Presse vom 13.1.03.
[29] Presse vom 16.6.03;
NZZ, 17.6.03.
[31]
SoZ, 10.8.03; Presse vom 11.-12.8.03;
NLZ, 14.8.03;
LT, 15.8. und 23.8.03; siehe auch oben, Teil I, 8b (Kirchen).
[32] Presse vom 25.8.03;
BZ, 27.8.03.
[34] Presse vom 20.-21.10., 30.-31.10. und 11.12.03; siehe auch oben, Teil I, 1c (Regierung).
[35] Presse vom 12.10.03.
[37] Presse vom 17.1.03; vgl.
SPJ 2002, S. 332.
[38] Presse vom 3.2.03. Zur Reaktion des Bauernverbandspräsidenten Hansjörg Walter (svp, TG) siehe
TA, 8.3.03.
[40]
NZZ, 2.4.03;
BZ, 5.4.03; Presse vom 7.4.03.
[43]
Bund und
NZZ, 13.9.03; Presse vom 15.9.03. BG-Urteil: siehe oben, Teil I, 1b (Bürgerrecht und Stimmrecht). Prämiensenkungsinitiative:
TA, 3.9.03;
LT, 4.9.03.
[44]
Bund und
SGT, 20.9.03;
Lib., 22.9.03;
NF, 24.9.03. Zum Aufbau der SVP-Sektionen in der Romandie siehe auch
LT, 2.4.03 und
TA, 3.4.03.
[46] Presse vom 20.-21.10., 23.10., 1.12., 11.-12.12. und 16.12.03. Zu den Bundesratswahlen siehe auch oben, Teil I, 1c (Regierung).
[47]
24h, 14.6.03; Presse vom 16.6.03.
[49]
LT, 30.8.03;
24h und
LT, 8.9.03.
[50]
TG, 27.6.03; Presse vom 24.10. und 8.11.03. Zur ideologischen Nähe zwischen den Liberalen und der Deutschschweizer FDP siehe
LT, 14.10.03; zu Differenzen zwischen den einzelnen LP-Kantonalsektionen siehe
LT, 25.10. und 3.11.03.
[51]
LT und
TA, 6.5.03;
NZZ, 22.11.03.
[52] Presse vom 26.5.03. Für Rückblicke auf die Entwicklungsgeschichte der Grünen siehe
Bund, 20.5.03;
TA, 21.5.03; Presse vom 23.-24.5.03.
[54]
NZZ, 18.1.03; Presse vom 20.1.03; vgl.
SPJ 2002, S. 335.
[59] Presse vom 13.8. und 1.9.03.
[60] Presse vom 22.11.03; siehe auch oben, Teil I, 1c (Regierung).
[61]
NZZ, 26.3.03;
SGT, 27.3.03; Presse vom 25.8.03;
NZZ, 25.10.03.
[62]
24h und
LT, 20.6.03;
WoZ, 17.7.03.
[64] Presse vom 11.4., 17.-20.5. und 19.6.03;
CdT, 26.6.03;
LT und
NZZ, 26.8.03;
NZZ und
TA, 10.11.03.
[67]
NZZ, 21.11.03; siehe auch oben, Teil I, 1e (Elections fédérales).